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Abgabenrechtliche Nebenforderungen


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 13.09.2013
Aktenzeichen VG 1 K 1240/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 227 AO, § 227 AO, § 240 AO, § 12 Abs 1 Nr 5b KAG BB

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Forderung von Säumniszuschlägen durch den Beklagten.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Flurstücke x und y der Flur X in der Gemarkung D. Mit Bescheid vom 13. November 2007 zog sie der Beklagte zu Schmutzwasserbeiträgen in Höhe von 13.460,53 € heran. Den - mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbundenen - Widerspruch der Klägerin vom 21. November 2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2008 zurück. Mit Änderungsbescheid vom 18. August 2009 setzte der Beklagte den Beitrag auf 10.768,42 € herab. Auf die Klage der Klägerin hob das Verwaltungsgericht Cottbus diesen Bescheid mit Urteil vom 27. April 2010 - 6 K 197/08 - auf. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg lehnte mit Beschluss vom 8. August 2012 - OVG 9 N 45.10 - den Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung ab.

Unter dem 7. September 2012 erließ der Beklagte einen "Zinsbescheid" und setzte den "Zinsbetrag für den Beitragsbescheid vom 17.11.2007" auf 6.694,50 € fest. Nach der Begründung machte er Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 15. Dezember 2007 bis 6. September 2012 geltend und zwar 21 Monate auf einen Betrag von 13.450,00 € sowie 36 Monate auf einen Betrag von 10.750,00 €.

Die Klägerin erhob mit anwaltlichem Schriftsatz vom 5. Oktober 2012 Widerspruch und beantragte hilfsweise den Erlass der Säumniszuschläge wegen Unbilligkeit. Diese Zuschläge sollten der Behörde bei einem Hinausschieben der Zahlung fälliger Abgaben einen Ausgleich ermöglichen. Um diese materielle Ausgleichsfunktion gehe es hier aber nicht, da die Rechtswidrigkeit des Abgabenbescheides verwaltungsgerichtlich festgestellt worden sei. Auch auf das zweite Ziel der Säumniszuschläge, den Abgabenpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten, könnten die erstmals 2012 geltend gemachten Säumniszuschläge nicht gestützt werden, da die Rechtswidrigkeit des Abgabenbescheides bereits 2010 festgestellt worden sei. Die Erhebung von Säumniszuschlägen sei unbillig, wenn der Aussetzungsantrag von der Behörde abgelehnt worden sei, aber der Rechtsbehelf in der Hauptsache Erfolg gehabt habe. Dem Steuerpflichtigen könne es nicht zum Nachteil gereichen, wenn er zur Vermeidung der Streitvervielfältigung nicht parallel zur Klage auch ein Aussetzungsverfahren gerichtlich weiterverfolge. Sie habe gegen den Bescheid mit dem Widerspruch vom 21. November 2007 auch die Aussetzung der Vollziehung beantragt, dem indes nicht entsprochen worden sei. Zudem sei schon nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 27. April 2010 nicht nur bei summarischer Prüfung eine Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides gegeben gewesen. Die Geltendmachung von Säumniszuschlägen für die Zeit danach stehe im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung, da es sich nicht rechtfertigen lasse, einen Abgabenpflichtigen entgegen einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung zu einer Zahlung eines rechtswidrigen Beitrages anzuhalten. Die beiden Flurstücke seien unbebaut. Das "Versehen", dass im ursprünglichen Abgabenbescheid eine Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen angesetzt worden sei, sei erst mit dem Änderungsbescheid vom 18. August 2009 korrigiert worden. Die späte Korrektur einer offensichtlichen Unrichtigkeit könne ihr nicht zum Nachteil gereichen und die Forderung von Säumniszuschlägen rechtfertigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Rahmen der Begründung verwies er auf die Regelung des § 240 Abs. 1 Satz 4 AO, nach der verwirkte Säumniszuschläge auch dann erhalten blieben, wenn die Festsetzung der Abgabe ganz oder teilweise aufgehoben werde. Eine unmittelbare Abhängigkeit zwischen Abgabe und Säumniszuschlag, die bei Erfolg der Hauptsache gegen den Abgabenbescheid die Säumniszuschläge entfallen ließe, bestehe daher nicht. Die nachträgliche Geltendmachung von Säumniszuschlägen stehe somit nicht im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung des § 240 AO.

Die Klägerin hat am 14. Dezember 2012 Klage erhoben.

Der Beklagte lehnte unter dem 17. Dezember 2012 den Antrag der Klägerin auf Erlass der Säumniszuschläge ab. Der geltend gemachte Einwand der Klägerin, dass ihr Aussetzungsantrag gegen den Beitragsbescheid abgelehnt worden sei, aber der eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache Erfolg gehabt habe, führe nicht zur Unbilligkeit der Erhebung der Säumniszuschläge. Denn diese Konstellation werde durch § 240 Abs. 1 Satz 4 AO ausdrücklich erfasst und unter den gleichwohl erfolgenden Anfall der Zuschläge gestellt. Der Abgabenpflichtige habe zur Vermeidung der Säumniszuschläge die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen. Zahle der Pflichtige nicht, betreibe er aber auch kein Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes, habe er es selbst zu verantworten, wenn er letztlich Säumniszuschläge entrichten müsse.

Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 gegen diese ablehnende Entscheidung Widerspruch. Der Bescheid vom 17. Dezember 2012 gehe auf die im Schriftsatz vom 5. Oktober 2012 dargelegten Besonderheiten nicht ein. Rechtmäßigkeit und Billigkeit würden gleichgesetzt. Eine Abwägung und Berücksichtigung der für sie sprechenden Umstände seien nicht erkennbar. Es könne nicht richtig sein, dass die fehlerhafte Beurteilung der Bebaubarkeit trotz ihrer mehrfachen Hinweise erst nach knapp zwei Jahren korrigiert worden sei und hinsichtlich des zu hohen Betrages Säumniszuschläge geltend gemacht würden. Es könne auch nicht richtig sein, dass die Behörde auch für den Zeitraum nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils, das die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides festgestellt habe, Säumniszuschläge geltend mache.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 wies der Beklagte den Widerspruch vom 20. Dezember 2012 unter Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.

Mit am 20. Februar 2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz erweiterte die Klägerin ihr Begehren hilfsweise um einen Erlassantrag.

Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin an, der wesentliche Teil der Säumniszuschläge entfalle auf den Zeitraum zwischen dem Urteil des Verwaltungsgerichts über die Aufhebung der Beitragsbescheide und dem Beschluss über Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung. Zwischen den beiden Gerichtsentscheidungen liege ein Zeitraum von zwei Jahren und vier Monaten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erfolge nach einer eingehenden Prüfung der Sach- und Rechtslage. Demgegenüber könne in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren in der Regel noch keine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage vorgenommen werden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache stelle daher ein "majus" gegenüber einer Entscheidung im einstweiligen Rechtschutzverfahren dar. Ein weiterer, wesentlicher Teil der Säumniszuschläge beruhe darauf, dass der Beklagte in seinem Beitragsbescheid zu Unrecht eine zweigeschossige Bebauung zugrunde gelegt habe. Trotz ihres Hinweises im Verwaltungsverfahren habe der Beklagte erst nach einem Jahr und neun Monaten Gelegenheit gefunden, einen Änderungsbescheid zu erlassen. Der Vorwurf des Beklagten, sie habe es unterlassen, sofort nach Erhalt des Beitragsbescheides im Jahr 2007 eine Zahlung zu leisten oder ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren zu betreiben, sei nicht gerechtfertigt. Denn sie habe einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Über diesen habe der Beklagte jedoch nicht entschieden. Aus dem sonstigen Verhalten des Beklagten in dem darauf folgenden Zeitraum von mehr als fünf Jahren sei nicht erkennbar gewesen, dass er die sofortige Zahlung von ihr erwartet habe. Die Säumniszuschläge beliefen sich 6.694,50 €, der rechtswidrige Anschlussbeitrag habe sich auf 10.768,42 € belaufen. Der Gesetzeszweck rechtfertige eine entsprechende Relation nicht. Ein weiterer Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebe sich daraus, dass die Flurstücke eine Größe von 0,6487 ha hätten und allenfalls landwirtschaftlich genutzt werden könnten. Bei einer Nutzungsmöglichkeit als Grünland betrage der Verkehrswert weniger als 2.011,00 €. Mit Blick auf den Erlassantrag führt die Klägerin aus, dass die Auffassung des Beklagten, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. April 2010 sei nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt worden und deshalb sei es nicht zu beanstanden, dass die Zinsen bis zur Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht würden, fehlerhaft sei. Da durch eine Hauptsacheentscheidung des Verwaltungsgerichts eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage vorgenommen worden sei, könne der Beklagte keinen der Gesetzeszwecke der Säumniszuschläge anführen, weswegen trotz einer prozessual zutreffend festgestellten materiellen Rechtswidrigkeit ein Grund und Anlass bestanden hätte, sie in diesem Zeitraum zu einer Zahlung anzuhalten. Der Beklagte habe eine Interessenabwägung und Billigkeitsprüfung nicht vorgenommen. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu § 240 AO werde in vollem Umfang auch vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugrunde gelegt. Dem sei zu entnehmen, dass ein Erlass von Säumniszuschlägen durchaus ermessensgerecht sei, selbst wenn der Steuerpflichtige nur in der Hauptsache obsiege. Im vorliegenden Fall seien besondere Umstände gegeben, bei denen es dem Gesetzeszweck widerspräche, an der Geltendmachung von Säumniszuschlägen festzuhalten. Diese Umstände dürfe und könne der Beklagte nicht außer Betracht lassen. Nach einer Aufhebung einer Veranlagung mit Beiträgen zwischen 13.460,53 € und 10.768,42 € von zwei Flurstücken, deren Gesamtverkehrswert und 2.000 € betrage, könne der Beklagte nicht statt der rechtswidrigen Beiträge Säumniszuschläge verlangen, die mehr als das Dreifache des Verkehrswertes der beiden Flurstücke ausmachten.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der angefochtene Säumniszuschlagbescheid durch den Beklagten aufgehoben, soweit darin Säumniszuschläge von mehr als 6.587,00 € festgesetzt wurden. Insoweit haben die Beteiligten übereinstimmend Erledigung des Rechtsstreits erklärt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2012 aufzuheben,

hilfsweise

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 zum Erlass der mit dem Bescheid vom 7. September 2012 festgesetzten Zinsen (Säumniszuschläge) zu verpflichten,

höchst hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, über den Erlassantrag vom 5. Oktober 2012 neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen der Widerspruchsbescheide.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 11. April 2013 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte zum vorliegenden Aktenzeichen und zum Aktenzeichen 6 K 197/08 sowie den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (Beiakte I) Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Folge der teilweisen Aufhebung der festgesetzten Säumniszuschläge übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen ist die zulässige Klage sowohl mit dem Hauptantrag wie mit den Hilfsanträgen unbegründet.

1. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 7. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2012 über die Festsetzung von Säumniszuschlägen in der noch streitgegenständlichen Form ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der vom Beklagten geltend gemachten Forderung ist § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit.b) des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2004 (GVBl. I S. 174), im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. März 2012 (GVBl. I Nr. 16), i.V.m. § 240 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866), zuletzt ändert durch Gesetz vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1566). Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO ist, wenn eine Abgabe nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundeten rückständigen Abgabenbetrags zu entrichten.

Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind vorliegend erfüllt, denn die Klägerin hat unstreitig die mit dem Beitragsbescheid des Beklagten vom 13. November 2007 festgesetzte Beitragsforderung in Höhe von zunächst 13.460,53 € (und ab dem Änderungsbescheid vom 18. August 2009 von 10.768,42 €) bis zum Ablauf des Fälligkeitstages am 15. Dezember 2007 und auch danach bis zur Aufhebung des Bescheides mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 27. April 2010 - 6 K 197/08 - mit Erlass des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. August 2012 - OVG 9 N 45.10 - nicht gezahlt. Der (noch) geltend gemachte Betrag der Säumniszuschläge von 6.587,00 € ist nach Maßgabe des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO zutreffend berechnet (1 % des auf 13.450,00 € abgerundeten Betrages für den Zeitraum von Dezember 2007 bis August 2009 [21 Monate] = 2.824,50 €; 1 % des Betrages von 10.750,00 € für den Zeitraum von September 2009 bis August 2012 [35 Monate] = 3.762,50 €).

Die von der Klägerin wiederholt angeführten "besonderen Umstände" ihres Falles - die aus nach ihrer Auffassung offensichtlich fehlerhafte Festsetzung des Schmutzwasseranschlussbeitrags wegen zu hoher Vollgeschosszahl, der Zeitraum bis zur Korrektur dieses Fehlers, die unterbliebene Bescheidung ihres Antrags auf Aussetzung der Vollziehung, die Geltendmachung von Zuschlägen für die Zeit nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils bis zum Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, das Verhältnis der geforderten Säumniszuschläge zum geltend gemachten Anschlussbeitrag und zum Verkehrswert der veranlagten Flurstücke sowie die Forderung der Säumniszuschläge nach Aufhebung des gerichtlich als rechtswidrig erkannten Beitragsbescheides - vermögen weder jeweils für sich noch im Rahmen einer "Gesamtbetrachtung" die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Säumniszuschläge durch den Beklagten in Frage zu stellen. Denn die Säumniszuschläge sind nicht nur nach dem Wortlaut der Norm, sondern auch nach deren Sinn und Zweck ungeachtet dieser Gegebenheiten verwirkt und können vom Beklagten mit Bescheid geltend gemacht werden.

Ausgangspunkt ist die gesetzgeberische Entscheidung in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (für das Steuerrecht vergleichbar geregelt in § 361 Abs. 1 AO), dass festgesetzte Steuer-, Beitrags- oder Gebührenschulden bei Fälligkeit unbedingt zu zahlen sind, auch wenn der Abgabenschuldner dagegen Rechtsbehelfe in Form von Widerspruch oder Klage eingereicht hat. Diese Abweichung von der Grundregel des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO, dass Anfechtungswiderspruch und -klage den Eintritt der aufschiebenden Wirkung zur Folge haben, rechtfertigt sich aus dem hohen verfassungsrechtlichen Schutzgut der Funktionsfähigkeit des Staates bzw. der öffentlichen Verwaltung im Interesse des allgemeinen Wohls. Die öffentliche Verwaltung ist im Sinne aller - wie im vorliegenden Fall auf dem Gebiet der öffentlichen Daseinsvorsorge in Form der Abwasserentsorgung - darauf angewiesen, dass der jeweilige Finanzhaushalt planbar und jederzeit sicher realisierbar ist. Kurzfristig eintretende Abgabenausfälle in nicht vorhersehbarem Ausmaß sollen möglichst vermieden werden, weil diese die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gefährden würden. Die Zahlung der festgesetzten Abgabe soll demgemäß sogleich erfolgen, um den steten Zufluss der zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben bestimmten Mittel sicherzustellen und den Bedarf für die Aufgabenerfüllung nach dem aktuellen Haushaltsplan decken zu können. Die Zahlung soll nicht durch einen gegebenenfalls längeren Rechtsstreit auf einen ungewissen Zeitpunkt verschoben werden. Die erforderlichen Einnahmen sollen der öffentlichen Hand vielmehr zur kontinuierlichen Erfüllung ihrer Aufgaben zunächst einmal zur Verfügung stehen; der Abgabenpflichtige muss mithin in der Regel vorleisten und sich im Falle seines Obsiegens im Verfahren der Hauptsache auf einen Rückerstattungsanspruch verweisen lassen, dessen Realisierung prinzipiell gesichert ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - OVG 9 N 71.10 -, juris Rn. 15; OVG Berlin, Beschluss vom 3. Juni 2004 - OVG 2 S 18.04 -, NVwZ-RR 2005, 304, juris Rn. 5; OVG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2001 - OVG 2 SN 8.01 -, NVwZ-RR 2002, 306). Hält der Abgabenpflichtige die erfolgte Festsetzung für rechtlich fehlerhaft oder ist er nicht in der Lage die geforderte Leistung zu erbringen, stehen ihm nach der Rechtsordnung verschiedene Instrumente zur Verfügung, seine Interessen gegenüber der Abgabenforderung zu wahren: im Fall von ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheids oder wenn die Durchsetzung der Zahlungsverpflichtung eine unbillige Härte für den Abgabenschuldner bedeuten würde ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde gemäß § 80 Abs. 4 VwGO bzw. ein Antrag an das Verwaltungsgericht auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 und 6 VwGO; sofern die Durchsetzung der Zahlungsverpflichtung eine erhebliche Härte für den Abgabenschuldner bedeuten würde, steht ihm zudem die Möglichkeit offen, beim Abgabengläubiger die Stundung der Forderung nach § 222 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG zu beantragen.

In diesem Regelungszusammenhang kommt dem Säumniszuschlag die Aufgabe eines Druckmittels eigener Art zu, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 2010 - BVerwG 3 B 69.09 -, juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 1973 - BVerwG VII C 25.72 -, BVerwGE 44, 136, juris Rn. 21; BFH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - II B 49/07 -, BFH/NV 2008, 1438, juris Rn. 7; BFH, Urteil vom 30. März 2006 - V R 2/04 -, BFHE 212, 23, juris Rn. 17; BFH, Urteil vom 9. Juli 2003 - V R 57/02 -, BFHE 203, 8, juris Rn. 16). In ihm (nicht zuletzt deutlich im Umstand, dass er mit 1 v.H. pro Monat der Säumnis vom Gesetzgeber höher bewertet ist als die im Fall einer Aussetzung der Vollziehung oder Stundung zu entrichtenden Zinsen von 0,5 v.H. pro Monat nach §§ 234, 237 und 238 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) KAG) drückt sich die rechtliche Missbilligung aus, dass der Herangezogene dadurch rechtswidrig gehandelt hat, dass er das Leistungsgebot des Abgabenbescheides nicht beachtet hat und der wirksamen Zahlungsaufforderung bei Fälligkeit nicht nachgekommen ist (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 1. März 2000 - 1 Q 9/00 -, juris Rn. 11; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 14. März 1989 - 9 A 57/88 -, NVwZ 1990, 270, juris Rn. 23). Der Abgabenschuldner hat demnach entweder die Steuer-, Gebühren- oder Beitragsforderung nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides vorerst zu erfüllen oder Rechtsschutz durch eine Regelung der Vollziehung durch die Behörde oder das Verwaltungsgericht anzustreben. Es ist nicht sanktionsfrei in das Belieben des Adressaten eines Abgabenbescheides gestellt, ob er von den genannten Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch macht oder die Zahlungsverpflichtung unbeachtet lässt. Zahlt der Veranlagte nicht und betreibt auch kein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, hat er es selbst zu verantworten, wenn er letztlich Säumniszuschläge entrichten muss (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - OVG 9 N 71.10 -, juris Rn. 17; Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. September 2012 - 6 ZB 10.1083 -, juris Rn. 7).

Darüber hinaus verfolgt der Säumniszuschlag nach § 240 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) KAG - neben einer Abgeltung der Verwaltungsaufwendungen, die bei den verwaltenden Körperschaften dadurch entstehen, dass Abgabenpflichtige eine fällige Abgabe nicht oder nicht fristgemäß zahlen - den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Abgaben zu erhalten (vgl. BFH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - II B 49/07 -, BFH/NV 2008, 1438, juris Rn. 7; BFH, Urteil vom 30. März 2006 - V R 2/04 -, BFHE 212, 23, juris Rn. 17; BFH, Urteil vom 9. Juli 2003 - V R 57/02 -, BFHE 203, 8, juris Rn. 16). Die Norm steht insoweit im systematischen Zusammenhang mit der Regelung der Zinspflicht bei gewährter Stundung (§ 234 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) KAG) und bei Aussetzung der Vollziehung (§ 237 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) KAG). Der finanzielle Ausgleich für die Wertminderung, die mit einem verzögerten Zahlungseingang verbunden ist, wird im Falle der Aussetzung der sofortigen Vollziehung durch die Erhebung von Aussetzungszinsen und im Falle nicht zinsloser Stundung durch die Erhebung von Stundungszinsen bewirkt. In den genannten Vorschriften kommt zum Ausdruck, dass die Behörde von dem Grundsatz, dass festgesetzte Steuer-, Beitrags- oder Gebührenschulden bei Fälligkeit unbedingt zu zahlen sind, nicht ohne eine Gegenleistung des Zahlungspflichtigen absehen kann. Soweit die Verzögerung des Zahlungseingangs weder auf einer Vollziehungsaussetzung noch auf einer Stundung, sondern auf einer "Säumnis" des Abgabenschuldners beruht, kann der Ausgleich dafür aber nur über die Säumniszuschläge erfolgen, denn irgendeinen anderen Ausgleich sieht das Gesetz in diesem Falle nicht vor. Verwirkte Säumniszuschläge treten - was den Ausgleich für die Wertminderung infolge verzögerten Zahlungseingangs angeht - gleichsam an die Stelle von Stundungs- und Aussetzungszinsen. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung sollen daher nach der Entscheidung des Gesetzgebers entweder Stundungszinsen (§ 234 Abs. 1 AO) bzw. Aussetzungszinsen (§ 237 AO) oder Säumniszuschläge anfallen (vgl. BFH, Urteil vom 29. August 1991 - V R 78/86 -, BFHE 165, 178, juris Rn. 25; BFH, Urteil vom 23. Mai 1985 - V R 124/79 -, BFHE 143, 512, juris Rn. 27; BFH, Urteil vom 15. März 1979 - IV R 174/78 -, BFHE 127, 311, juris Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2005 - OVG 9 S 10.05 -, juris 8).

Auf der Grundlage der kraft Gesetzes gegebenen sofortigen Vollziehbarkeit der Abgabenfestsetzungen und damit verbundenen Leistungsgebote mit der daraus folgenden Konsequenz, dass die erhobene Abgabe unabhängig von ihrer materiellen Rechtmäßigkeit und vom endgültigen Bestand der Festsetzung zunächst zu entrichten ist, und der Funktion des Säumniszuschlages als besonderes Druckmittel rechtfertigt sich auch die Regelung des § 240 Abs. 1 Satz 4 AO (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 1. März 2000 - 1 Q 9/00 -, juris Rn. 10; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30. Juli 2001 - 23 ZB 01.1519 -, BayVBl 2001, 692, juris Rn. 7). Die Norm bestimmt u.a. für den Fall der Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, dass bis dahin verwirkte Säumniszuschläge unberührt bleiben. Der Grundsatz der Akzessorietät, nach dem Säumniszuschläge als steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) grundsätzlich vom Bestehen der ihnen zugrunde liegenden Steuerschuld abhängig sind, wird durch diese Vorschrift nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 7/4292 S. 39) durchbrochen. Dieser hat damit bewusst in Kauf genommen, dass Säumniszuschläge auch dann zu entrichten sind, wenn sich die Steuerfestsetzung später als unrechtmäßig erweist (vgl. BFH, Urteil vom 20. Mai 2010 - V R 42/08 -, BFHE 229, 83, juris Rn. 20; BFH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - II B 49/07 -, BFH/NV 2008, 1438, juris Rn. 9; BFH, Urteil vom 30. März 2006 - V R 2/04 -, BFHE 212, 23, juris Rn. 18). Denn soll die Funktion als Druckmittel zur Durchsetzung der sofortigen Zahlungspflicht auf einen Abgabenbescheid unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Festsetzung nicht leerlaufen, verlangt dies, dass bis zur Begleichung der Abgabenschuld oder Aufhebung des Steuer-, Gebühren- oder Beitragsbescheides verwirkte Säumniszuschläge auch danach noch erhoben werden. Denn für den Fall, dass der Schuldner bei verspäteter Zahlung der Hauptforderung immer damit rechnen könnte, dass zwischenzeitlich entstandene Säumniszuschläge nicht durchgesetzt werden, übten diese keinerlei Druck auf den Schuldner zur möglichst fristgerechten Zahlung aus (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juni 2005 - 9 A 1150/03 -, KKZ 2007, 105, juris Rn. 38).

Gegen die Wirksamkeit der Vorschrift des § 240 AO bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 1995 - BVerwG 8 B 50.95 -, Buchholz 401.0 § 240 AO Nr. 1, juris Rn. 4; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - OVG 9 N 71.10 -, juris Rn. 15; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - OVG 9 N 10.10 -; BFH, Urteil vom 26. Januar 1988 - VIII R 151/84 -, BFH/NV 1988, 695, juris Rn. 25; BFH, Beschluss vom 16. September 2004 - V B 221/03 -, juris Rn. 15). Solche werden auch durch die Klägerin nicht geltend gemacht.

Dass sich der ursprüngliche Abwasseranschlussbeitragsbescheid des Beklagten vom 13. November 2007 über 13.460,53 € im Ergebnis als rechtswidrig erwies, weil zum einen durch den Beklagten ausgehend von fehlerhaften tatsächlichen Annahmen die bauliche Nutzbarkeit der herangezogenen Flurstücke zu hoch angesetzt wurde und zum anderen nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Cottbus im Urteil vom 27. April 2010 die erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlagen für die Beitragserhebung fehlten, spielt angesichts der Regelung des § 240 Abs. 1 Satz 4 AO keine Rolle. Ob sich der erstgenannte Aspekt einer fehlerhaft angesetzten baulichen Nutzbarkeit als offensichtlich dargestellt hat mit der von der Klägerin offenbar für angezeigt erachteten Folge, dass die mit dem Bescheid vom 18. August 2009 erfolgte Änderung des Beitrags auf 10.768,42 € früher hätte erfolgen können und müssen, ist dabei ebenso ohne Bedeutung. Denn auf ein Verschulden (egal auf welcher Seite des Steuerschuldverhältnisses) kommt es für die Entstehung der Säumniszuschläge schon nicht an; diese werden vielmehr kraft Gesetzes verwirkt und fällig und entstehen allein durch Zeitablauf (vgl. BFH, Urteil vom 17. Juli 1985 - I R 172/79 -, BFHE 145, 1, juris Rn. 5; BFH, Beschluss vom 11. Mai 2007 - V B 33/05 -, BFH/NV 2007, 1623, juris Rn. 12; Bayerischer VGH, Urteil vom 11. Februar 1994 - 23 B 92.470 -, NVwZ-RR 1994, 543 [544]). Vor allem aber hatte dieser materielle Fehler allenfalls die (teilweise) Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheides vom 13. November 2007 zur Folge, nicht aber dessen Nichtigkeit im Sinne des § 125 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG. Die Beitragsforderung war damit in Höhe von 13.460,53 € wirksam im formellen Sinn durch Bescheid tituliert und trotz des Widerspruchs bzw. der Klage 6 K 197/08 sofort vollziehbar. Dem Gebot, die Beitragsforderung bei Fälligkeit zu entrichten, ist die Klägerin aber nicht nachgekommen, ohne dass die Vollziehung durch eine Entscheidung des Beklagten ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung ihrer Hauptsacherechtsbehelfe durch das Verwaltungsgericht angeordnet worden wäre. Der Umstand, dass sie mit ihrem Widerspruch im Schriftsatz vom 21. November 2007 die Aussetzung der Vollziehung beim Beklagten beantragt hatte, ändert daran nichts. Denn auch damit war eine Aussetzung der Vollziehung gerade nicht automatisch verbunden. Dass der Beklagte diesen Antrag nicht beschieden hat, spricht mit Blick auf die Verwirkung des Säumniszuschlags ebenso wenig zugunsten der Klägerin. Denn sie hat es unterlassen, den Umstand der Nichtbescheidung zum Anlass zu nehmen, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Gericht zu beantragen, wie es die Regelung des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO zulässt. Ihr Hinweis, der Verzicht auf ein gerichtliches Eilverfahren sei als "Vermeidung der Streitvervielfältigung" gerichtfertigt, überzeugt vor dem Hintergrund der dargelegten Regelungszusammenhänge und der damit verbundenen Rollenverteilung zwischen Abgabenschuldner und -gläubiger und Gericht nicht.

Diese Überlegungen greifen auch Platz, soweit sich die Klägerin gegen die Geltendmachung der Säumniszuschläge für den Zeitraum zwischen dem Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 27. April 2010 und der Ablehnung des Antrags des Beklagten auf Zulassung der Berufung mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. August 2012 wendet. Mit dem auf die Anfechtungsklage der Klägerin ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts war nämlich die Verpflichtung der Klägerin zur sofortigen Zahlung der Beitragsforderung aus dem Beitragsbescheid noch nicht beseitigt. Denn Wirkung gegenüber den Beteiligten entfalten Urteile in der Regel erst mit dem Eintritt der formalen Rechtskraft; Anderes, d.h. eine Regelungswirkung ab Verkündung, gilt nur, wenn die Urteile kraft Gesetzes oder aufgrund besonderer Anordnung (§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO) vorläufig vollstreckbar sind bzw. für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 121 Rn. 2). Nach § 167 Abs. 2 VwGO können aber Urteile auf Anfechtungsklagen nur hinsichtlich der Kosten, nicht aber bezüglich des Hauptsachetenors für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid im Ergebnis seiner (nicht allein summarischen) Überprüfung der Sach- und Rechtslage für rechtswidrig erachtet hat, hindert die Verwirkung der Säumniszuschläge nicht. Denn bis zur Rechtskraft des Anfechtungsurteils steht die Rechtswidrigkeit der Abgabenerhebung gerade nicht abschließend fest, da die Möglichkeit einer Änderung der gerichtlichen Entscheidung im Rechtsmittelzug besteht. Mit dem Erlass des aufhebenden Urteils ist auch nicht automatisch eine Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides verbunden. Der anwaltlich vertretenen Klägerin hätte es vielmehr umso mehr oblegen, nach dem Erfolg im Klageverfahren unter Hinweis auf die nach der gerichtlichen Hauptsacheentscheidung bestehenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit beim Beklagten eine Aussetzung der Vollziehung zu beantragen oder jedenfalls beim Gericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung anzubringen. Ihr war dies auch ohne weiteres zumutbar; dagegen sprechende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

Gegen den vorliegend angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 7. September 2012 führt die Klägerin ohne Erfolg an, dass sich die Zwecke eines Säumniszuschlags nunmehr nach der gerichtlich erklärten Aufhebung des Beitragsbescheides nicht mehr durchsetzen ließen. Insoweit verkennt die Klägerin, dass der Bescheid des Beklagten allein der Realisierung der bereits bestehenden Forderung dient. Denn ein Säumniszuschlag entsteht kraft Gesetzes (ist "verwirkt") bei Verwirklichung des Tatbestands der Säumnis. Weitere Tatbestandsmerkmale gibt es nicht. Insbesondere bedarf es gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG für die Verwirklichung von Säumniszuschlägen keiner Festsetzung des Säumniszuschlags durch die Behörde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - OVG 9 N 71.10 -, juris Rn. 13; Bayerischer VGH, Beschluss vom 26. Oktober 2007 - 4 ZB 06.2301 -, juris Rn. 10). Der Gläubiger der Abgabenforderung ist aufgrund der haushaltsrechtlichen Bestimmungen (vorbehaltlich von Billigkeitsentscheidungen nach §§ 167, 227 AO) sogar verpflichtet, die ihm gesetzlich zustehende Forderung auf Säumniszuschläge einzuziehen, selbst wenn inzwischen die Hauptforderung (Abgabe) bezahlt oder der Abgabenbescheid aufgehoben wurde.

Die Festsetzung des Säumniszuschlags auf (nunmehr noch) 6.587,00 € ist auch nicht unverhältnismäßig. Dem Hinweis der Klägerin, dass dieser Betrag im Verhältnis zum geltend gemachten Anschlussbeitrag und zum Verkehrswert der veranlagten Flurstücke nicht mehr in tragfähiger Relation stehe, ist zu entgegnen, dass die Höhe des Säumniszuschlags direkte Folge ihrer über einen längeren Zeitraum bestehenden Versäumnisse ist, die gesetzlich angeordnete Verpflichtung zur sofortigen Zahlung des von ihr für ungerechtfertigt erachteten Beitrags durch Nutzung der Rechtsschutzmöglichkeiten nach § 80 Abs. 4 bzw. 5 VwGO aufheben zu lassen.

2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Erlass der mit dem Bescheid vom 7. September 2012 festgesetzten Säumniszuschläge noch einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Erlassantrag vom 5. Oktober 2012. Der Bescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 ist rechtmäßig verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

Als Rechtsgrundlage für das Erlassbegehren kommt vorliegend allein § 227 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG in Betracht. Danach kann die abgabenerhebende Behörde Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Dies gilt auch für Säumniszuschläge als steuerliche Nebenleistungen nach § 37 Abs. 1, § 3 Abs. 4 AO. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 114 VwGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (vgl. Gemeinsamer Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 19. Oktober 1971 - GmS-OGB 3/70 -, BVerwGE 39, 355, juris Rn. 26 ff.; BFH, Urteil vom 20. Mai 2010 - V R 42/08 -, BFHE 229, 83, juris Rn. 18). Nach § 114 VwGO ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen Rechtsbehelfsentscheidung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

Maßgebend für die gerichtliche Prüfung einer Entscheidung über einen Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen ist der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde, hier mithin der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013. Dass das Vorliegen von Billigkeitsgründen, soweit es um einen Erlass geht, nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen ist, beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung über einen Billigkeitserlass eine Ermessensentscheidung ist und die Rechtmäßigkeit einer Ermessensausübung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgelegen haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 - BVerwG 8 C 42.88 -, Buchholz 401.0 § 222 AO Nr. 1, juris Rn. 34; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 1986 - 14 S 2323/86 -, GewArch 1988, 223 f.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Dezember 2010 - 14 A 121/10 -, KStZ 2011, 113, juris Rn. 34; Bayerischer VGH, Beschluss vom 2. April 2004 - 4 C 03.2425 -, juris Rn. 17).

Gemessen hieran begegnen die Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 17. Dezember 2012 sowie im Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 keinen durchgreifenden Bedenken.

Ein Erlass von Säumniszuschlägen aus sachlichen Billigkeitsgründen, die hier alleine in Betracht kommen, ist nach § 227 AO möglich und dann geboten, wenn ihre Einziehung im Einzelfall, insbesondere mit Rücksicht auf ihren Zweck, nicht zu rechtfertigen ist, obwohl der Sachverhalt den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, die Erhebung der Säumniszuschläge aber den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 - BVerwG 8 C 31.96 -, NVwZ-RR 1999, 193, juris Rn. 33; BFH, Urteil vom 20. Mai 2010 - V R 42/08 -, BFHE 229, 83, juris Rn. 19; BFH, Urteil vom 30. März 2006 - V R 2/04 -, BFHE 212, 23, juris Rn. 16). Ein Billigkeitserlass darf jedoch nicht gewährt werden, um ein vom Gesetzgeber zulässigerweise gewolltes (oder doch in Kauf genommenes) Ergebnis abzuwenden. Hat der Gesetzgeber die Rechtsfolge trotz des von ihm erkannten Eintritts von (sachlichen) Härten angeordnet und damit diese Härten in Kauf genommen, so ist für einen Billigkeitserlass wegen sachlicher Härte kein Raum. In einem solchen Fall kann sich allein fragen, ob die vom Gesetzgeber getroffene Regelung - in ihren Härten - Bedenken begegnet. Ist dies zu verneinen, so hat es bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung sein Bewenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1982 - BVerwG 8 C 90.81 -, Buchholz 401.0 § 163 AO Nr. 1, juris Rn. 19; BVerwG, Urteil vom 29. September 1982 - BVerwG 8 C 48.82 -, Buchholz 401.0 § 227 AO Nr. 6, juris Rn. 53; BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 - BVerwG 8 C 42.88 -, Buchholz 401.0 § 222 AO Nr. 1, juris Rn. 26).

Ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Die Erhebung der Säumniszuschläge entspricht vorliegend vielmehr der vom Gesetzgeber gewollten Konzeption des Säumniszuschlags nach § 240 AO.

Die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 13. November 2007 durch den Änderungsbescheid vom 18. August 2009 sowie das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 27. April 2010 rechtfertigt einen Erlass nicht. Denn ein Erlass verwirkter Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt nicht allein deshalb in Betracht, weil die Festsetzung von Steuern oder steuerlichen Nebenleistungen zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben worden ist. Der weitere Bestand der Säumniszuschläge entspricht vielmehr der gesetzgeberischen Wertung in § 240 Abs. 1 Satz 4 AO, mit dem der Grundsatz der Akzessorietät, nach dem Säumniszuschläge als steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) grundsätzlich vom Bestehen der ihnen zugrunde liegenden Steuerschuld abhängig sind, nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers durchbrochen wird. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bewusst in Kauf genommen, dass Säumniszuschläge auch dann zu entrichten sind, wenn sich die Abgabenfestsetzung später als nicht rechtmäßig erweist. Dem berechtigten Rechtsschutzbedürfnis des Abgabepflichtigen wird durch die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Abgabenfestsetzung selbst hinreichend Genüge getan ist, was den Eintritt unverhältnismäßiger Härten verhindert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 1995 - BVerwG 8 B 50.95 -, Buchholz 401.0 § 240 AO Nr. 1, juris Rn. 4; BFH, Urteil vom 20. Mai 2010 - V R 42/08 -, BFHE 229, 83, juris Rn. 21; BFH, Beschluss vom 29. Oktober 2004 - IX B 81/04 -, juris Rn. 7; BFH, Urteil vom 7. Juli 1999 - X R 87/96 -, BFH/NV 2000, 161, juris Rn. 20; BFH, Urteil vom 26. Januar 1988 - VIII R 151/84 -, BFH/NV 1988, 695, juris Rn. 25; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - OVG 9 N 10.10 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - OVG 9 N 71.10 -, juris Rn. 16).

Auch der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, nach der eine unbillige Härte im Sinne des § 227 Abs. 1 AO vorliegt, wenn ein Rechtsbehelf des Abgabenpflichtigen gegen die Abgabenfestsetzung Erfolg hatte und der Abgabenpflichtige gegenüber der Behörde alles getan hat, um die Aussetzung der Vollziehung des Abgabenbescheides zu erreichen, und diese, obwohl an sich möglich und geboten, nicht gewährt wurde (vgl. BFH, Urteil vom 20. Mai 2010 - V R 42/08 -, BFHE 229, 83, juris Rn. 22; BFH, Beschluss vom 18. März 2003 - X B 66/02 -, BFH/NV 2003, 886, juris Rn. 4; BFH, Beschluss vom 4. Februar 1999 - IX B 170/98 -, BFH/NV 1999, 908, juris Rn. 4; BFH, Urteil vom 29. August 1991 - V R 78/86 -, BFHE 165, 178, juris Rn. 28), führt zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn die Klägerin hat gerade nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um eine Aussetzung der Vollziehung zu erreichen, da sie es nach ihrem unbeschieden gebliebenen Antrag an den Beklagten vom 21. November 2007 über den gesamten Zeitraum bis zur endgültigen Aufhebung des Beitragsbescheides im August 2012 unterlassen hat, Rechtsschutz durch die Einleitung eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO zu erlangen. Die Folgen eindeutig schuldhafter Versäumnisse des Steuerpflichtigen während des Festsetzungs- und Rechtsbehelfsverfahrens können aber im Billigkeitswege nicht zu seinen Gunsten korrigiert werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - OVG 9 N 60.06 -; Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. September 2009 - 4 BV 07.498 -, BayVBl 2010, 667, juris Rn. 31; Bayerischer VGH, Urteil vom 26. April 2006 - 4 B 04.64 -, juris Rn. 27). Ob (insbesondere nach dem Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts) eine Situation gegeben war, in der eine Aussetzung der Vollziehung von Amts wegen hätte erfolgen können, ändert an dem Versäumnis der Klägerin nichts. Die Vorschrift des § 240 Abs. 1 Satz 4 AO würde auch ihren Anwendungsbereich verlieren, wenn der Schuldner einen Anspruch auf Erlass nach § 227 AO mit der Begründung geltend machen könnte, wegen der unzutreffenden Abgabenfestsetzung hätte eine Aussetzung der Vollziehung von Amts wegen erfolgen müssen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. September 2009 - 4 BV 07.498 -, BayVBl 2010, 667, juris Rn. 33).

Ebenso wenig rechtfertigt die Festsetzung der Säumniszuschläge nach Aufhebung des Beitragsbescheides einen Erlass, denn die Funktion dieser Nebenforderung als Druckmittel verlangt gerade, dass bis zur Aufhebung der Abgabenschuld verwirkte Säumniszuschläge auch nach der Aufhebung der Hauptforderung noch geltend gemacht werden. Denn für den Fall, dass der Schuldner bei verspäteter Zahlung der Hauptforderung immer mit einem Erlass zwischenzeitlich entstandener Säumniszuschläge rechnen könnte, übten diese keinerlei Druck auf den Schuldner zur möglichst fristgerechten Zahlung aus (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juni 2005 - 9 A 1150/03 -, KKZ 2007, 105, juris Rn. 38).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wobei hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten ebenfalls der im Übrigen unterlegenen Klägerin aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.