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(Aufrechnung als Anerkenntnis? - Auslegung eines Interessenausgleichs)


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 13. Kammer Entscheidungsdatum 04.06.2010
Aktenzeichen 13 Sa 832/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 111 BetrVG, § 112 BetrVG, § 780 BGB, § 781 BGB

Leitsatz

Gibt ein Schuldner eine Aufrechnungserklärung ab, erklärt er damit, dass er vom Bestehen der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ausgeht, da ansonsten die Aufrechnung unwirksam wäre. Er will damit nur für den Fall der Wirksamkeit der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, seine Erklärung abgeben. In diesem Fall liegt grundsätzlich ein konstitutives Schuldanerkenntnis nicht vor.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 08.12.2009 - 5 Ca 581/09 - die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Abfindung von der Beklagten aus einem Interessenausgleich, hilfsweise stützt sie sich auf ein behauptetes Anerkenntnis der Beklagten.

Zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat ist am 27. September 2005 ein Interessenausgleich geschlossen worden, der unter anderem einen Personalabbau und die Schließung des Geschäftsbereichs „Kaufmännischer Bereich“ beinhaltet. Dazu heißt es unter anderem:

„…

I. Präambel

1. Die Parteien nehmen zunächst Bezug auf die beabsichtigte Sanierungsvereinbarung, über die die Parteien noch eine Regelung treffen wollen.

2. Aufgrund der gegenläufigen Auftrags- und Kostenentwicklung kann das Unternehmen in Gänze nur fortgeführt werden, wenn im Bereich der variablen Kosten, die im Wesentlichen die Personalkosten betreffen, erhebliche Einsparungen erfolgen. Darüber hinaus soll die negative Entwicklung der Auftragslage im „Kaufmännischen Bereich“ durch die zurück gegangenen Abrechnungen von ursprünglich 270.000 auf 30.000 p.a. gestoppt werden.

Der kostenintensive Geschäftsbereich „Kaufmännischer Bereich“, bestehend aus der Verbrauchsabrechnung, kaufmännische Dienstleistung und EDV wird geschlossen und die Abrechnungsfälle ca. 30.000 werden unter Einhaltung der Werk- bzw. Honorarverträge gekündigt bzw. dem Unternehmen O. O. T. und A. GmbH (O.) angedient. Neben kosteneinsparenden Maßnahmen ist ein weiterer Personalabbau unumgänglich.

„Kaufmännischer Bereich“

§ 1 Gegenstand

Um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen, werden folgende Maßnahmen ergriffen:

1. Schließung des „Kaufmännischen Bereichs“ ersatzlos zum 31.12.2005 unter Absicherung der bis dahin vorzunehmenden Abrechnungen mit Auslaufzeit zum 31.03.2006.

2. Schließung des Bereichs EDV unter Andienung einer Geschäftsbesorgung für Herrn T. B. unter Sicherstellung seiner wirtschaftlichen Nettokonditionen als freier Mitarbeiter (Geschäftsbesorgungsvertrag zunächst befristet bis zum 31.12.2007).

3. Abbau des Personalbestands um 13 Mitarbeiter von derzeit insgesamt 37 Arbeitnehmern des Unternehmens auf nunmehr 24.

§ 2 Durchführung

1. Das Unternehmen (bestehend aus den in der Anlage 1 aufgeführten Mitarbeitern) wird den namentlich in einer Anlage 2 bezeichneten Mitarbeitern den Abschluss von Aufhebungs-/Abwicklungsverträgen unter Zahlung einer Abfindung anbieten. Den Mitarbeitern wird unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist die Beendigungskündigung ausgesprochen. Eine Vergleichbarkeit mit den Arbeitsplätzen anderer Mitarbeiter ist auf Grund der Betriebsteilstilllegung nicht gegeben.

3. Die in der Anlage 2 angegebenen Mitarbeiter C., S., Sp., M., Mö., D., T., L., werden nach Möglichkeit in Abstimmung mit der O. ein neues Arbeitsverhältnis nach Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse begründen. Ziel des Unternehmens ist es, insoweit eine Vereinbarung mit der O. herbeizuführen, die unter Verzicht auf die Rechte eines Betriebsüberganges den vorgenannten Mitarbeitern, die weitere Tätigkeit in ihrem Beruf – gegebenenfalls mit Gehaltseinbußen zu ermöglichen. Die Verhandlungen hierzu sollen bis zum 31.10.2005 abgeschlossen sein.

§ 4 Zukünftiger Sozialplan

1. Die Parteien haben die Grundzüge eines zukünftig abzuschließenden Sozialplanes bereits ausführlich für die von dem stillgelegten „Kaufmännischen Geschäftsbereich“ betroffenen Mitarbeiter erörtert. Einigkeit besteht insoweit, bereits wie folgt:

2. Abfindung

2.1. Das Unternehmen zahlt an alle infolge der Stilllegung ausscheidenden Mitarbeiter eine Abfindung nach § 112 BetrVG, § 9 KSchG.

2.2. Die Abfindung ist nach § 3 Nr. 9 EstG steuerfrei, soweit die gesetzlichen Freibeträge nicht überschritten werden. Eine Anrechnung der Abfindung auf das zu zahlende Arbeitslosengeld wird gem. § 117 AFG nicht erfolgen, auch wenn das Unternehmen hierfür keine Garantie übernimmt.

2.3. Die Bemessung der Abfindung richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter, dem Familienstand und den Unterhaltsverpflichtungen, sowie sonstigen sozialen Belangen gem. einem gewählten Punktesystem. Stichtag für die Errechnung der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters ist der 30.09.2005. Bei der Bemessung der Abfindung werden nur volle Jahre der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt.

2.4. Die Abfindungen werden ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen unter Einhaltung der jeweiligen gesetzlichen Kündigungsfrist – mit der jeweiligen Lohn-/Gehaltszahlung im Folgemonat des Ausscheidens – fällig.

3. Volumen

Für den Sozialplan stellt das Unternehmen ein Volumen von 75.000,00 € bis 90.000,00 € zur Verfügung, über dessen endgültiger Aufteilung sich die Parteien bis zum 31. Oktober 2005 verständigen wollen, wobei als Orientierung die in der Anlage 3 aufgeführte Sozialplanberechnung dient.

Auf das Abfindungsvolumen werden die vom Unternehmen bereits in Abwicklungsvereinbarungen geregelten Abfindungen angerechnet.

Anlage

Liste aller Arbeitnehmer (1)

Liste zu kündigender Arbeitnehmer (2)

Musterberechnung der Abfindung (3)“

In der Anlage 2 zum Interessenausgleich ist die Klägerin aufgeführt, ebenso in der Anlage 3, aus der sich eine Abfindung von 10.818,43 € für die Klägerin und ein Gesamtvolumen von 75.000,00 € für zwölf Mitarbeiter ergibt.

Die Klägerin hat sich gegen mehrere betriebsbedingte Kündigungen gewendet. Die gegen die beiden letzten Kündigungen vom 23. März 2007 zum 30. September 2007 und 21. September 2007 zum 31. Dezember 2007 gerichtete Klage ist abgewiesen worden. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 10. Oktober 2008 – 9 Sa 712/08 – die Berufung zurückgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 AZN 1076/08 – zurückgewiesen. Anlässlich des letzten Rechtsstreites schrieb der Beklagtenvertreter am 19. November 2008 an die Klägervertreterin:

„…

Sehr geehrte Kollegen,

sehr geehrte Frau Kollegin B.,

in der vorbezeichneten Angelegenheit nehme ich Bezug auf Ihre an meine Mandantin gerichtete Zahlungsaufforderung hinsichtlich des Abfindungsbetrages in Höhe von 10.818,43 EUR.

Für meine Mandantin erkläre ich nunmehr die

A u f r e c h n u n g

der dieser zustehenden Kostenerstattungsansprüche aus dem Berufungsverfahren 9 Sa 712/08, welche sich gem. Kostenfestsetzungsantrag vom 25.10.2008 auf 1.644,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von % %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 1.644,60 EUR belaufen. Bis heute ergibt sich ein Zinsbetrag von 8,83 EUR.

Nach Verrechnung ergibt sich somit ein Restabfindungsbetrag in Höhe von 9.165,00 EUR, welchen meine Mandantin kurzfristig auf Ihr Konto überweisen wird.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

B.

Rechtsanwalt“

Mit ihrer am 17. März 2009 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage hat die Klägerin die Zahlung von 10.818,43 EUR nebst Zinsen verlangt und sich zur Begründung ihres Anspruchs auf den Interessenausgleich, hilfsweise auf das Schreiben vom 19. November 2008 gestützt, das nach Auffassung der Klägerin ein Anerkenntnis darstelle.

Das Arbeitsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 08. Dezember 2009 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.818,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 01. November 2007 zu zahlen. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass § 4 des als „Interessenausgleich“ bezeichneten Vereinbarung sich als Sozialplanregelung darstelle, aus der die Klägerin einen Anspruch gemäß §§ 112 Abs. 1, 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG erworben habe. Dieser Anspruch sei weder verjährt noch verwirkt. Nach § 4 der Betriebsvereinbarung vom 27. September 2005 sollten die infolge der Stilllegung ausscheidenden Mitarbeiter Abfindungen erhalten. Die Bemessung der Abfindung habe sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter, dem Familienstand und den Unterhaltsverpflichtungen gerichtet, sowie sonstigen sozialen Belangen gemäß einem gewählten Punktesystem. Es handele sich materiell um eine typische Sozialplanregelung, was sich eindeutig daraus ergebe, dass die Staffelung nach sozialen Gesichtspunkten erfolgt sei. Im Ergebnis stelle die Regelung in § 4 der Betriebsvereinbarung vom 27. September 2005 – bezeichnet als Interessenausgleich – eine Vereinbarung über die Abmilderung von wirtschaftlichen Nachteilen dar, die für diejenigen Arbeitnehmer vorgesehen sei, die in den Namenslisten des Interessenausgleichs enthalten und für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vorgesehen gewesen seien. Ausweislich der Anlage 3 sei auch eine entsprechende Punktzahl ermittelt, auf der Grundlage der von den Betriebsparteien festgelegten Staffelung des Punktesystems eingetragen. Für die Klägerin sei ein Betrag in Höhe von 10.818,43 EUR ausgewiesen. Damit handele es sich bei der Regelung in § 4 der Betriebsvereinbarung vom 27. September 2005 um eine Sozialplanregelung, so dass die Klägerin diese Abfindung unmittelbar gegenüber der Beklagten geltend machen könne.

Wegen der weiteren konkreten Ausführungen des Arbeitsgerichts und des Parteivortrages erster Instanz wird auf das Urteil vom 08. Dezember 2009 (Bl. 84 bis 92 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 07. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Januar 2010 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und am Montag, dem 08. März 2010, begründete Berufung der Beklagten. Die Berufung ist über dem maschinengeschriebenen Unterschriftszug „B.“ mit „iV“ und einem anderen Schriftzug handschriftlich unterschrieben, der nicht der Schriftzug von Rechtsanwalt B. ist. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagtenvertreter klargestellt, dass sein Sozius Rechtsanwalt K. die Berufung unterschrieben hat, Rechtsanwalt K. hat dies bestätigt (vgl. das Bestätigungsschreiben vom 02. Juni 2010, Bl. 165 d. A.).

Die Beklagte greift das Urteil aus Rechtsgründen an. Sie meint, dass der Interessenausgleich vom 27. September 2005 einen solchen, aber keinen Sozialplan darstelle, da bereits nach dem Wortlaut die Parteien sich darauf verständigt hätten, nur einen „zukünftigen“ Sozialplan abzuschließen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 08. Dezember 2009 – 5 Ca 581/09 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie meint, dass es sich bei § 4 der Interessenausgleichsregelung in Wirklichkeit um eine materielle Sozialplanregelung handele, aus der sich der Anspruch der Klägerin ergebe.

Wegen der weiteren konkreten Ausführungen der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 08. März 2010 (Bl. 122 ff. d. A.) und 02. Juni 2010 (Bl. 165 d. A.) sowie der Klägerin vom 14. April 2010 (Bl. 151 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; §§ 222 Abs. 2; 519; 520 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden. Insbesondere genügt die Unterschrift des zur Vertretung von Rechtsanwalt B. befugten Rechtsanwalts K. den Anforderungen der §§ 519 Abs. 4; 520 Abs. 5 ZPO für vorbereitende Schriftsätze, nämlich die Unterschrift des postulationsfähigen bevollmächtigten Rechtsanwalts.

II.

Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage war abzuweisen, da die Klägerin weder aus dem Interessenausgleich vom 27. September 2005 noch aus dem Schreiben vom 19. November 2008 einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.818,43 EUR hat.

1. § 4 des Interessenausgleichs vom 27. September 2005 stellt keine Anspruchsgrundlage dar.

a) Beim Interessenausgleich handelt es sich nach allgemeiner Meinung nicht um eine Betriebsvereinbarung, sondern um eine kollektive Vereinbarung besonderer Art (vgl. nur BAG 20.04.1994 EzA § 113 BetrVG 1972 Nr. 22; BGH NJW 2001, 439 ff.; Fitting, BetrVG, 26. Aufl., §§ 112, 112 a Rz. 50 bis 51 m.w.N.), der grundsätzlich keine normative Wirkung für die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer entfaltet (vgl. nur Fitting, a.a.O., Rz. 51). Häufig enthalten Vereinbarungen über einen Interessenausgleich aber nicht nur Regelungen über die Durchführung der Betriebsänderung selbst, sondern auch Folgeregelungen, die ihrer Art nach Geltung für die Arbeitsverhältnisse beanspruchen und den Arbeitnehmern Rechte oder Ansprüche einräumen. Ein derart „qualifizierter“ Interessenausgleich ist eine besondere Vereinbarung, die die Rechtsnatur einer freiwilligen Betriebsvereinbarung aufweist (vgl. BGH, a.a.O.; Fitting, a.a.O., Rz. 52 m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen stellt der Interessenausgleich vom 27. September 2005 einen solchen und keinen Sozialplan dar, sondern regelt innerhalb des Interessenausgleichs – teilweise – feste Grundregeln für einen künftigen Sozialplan.

aa) Bereits der Wortlaut, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG 11.11.2008 – 1 AZR 475/07 – EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 30, zu I 3 a der Gründe, Rz. 12 m.w.N.) für die Beurteilung zunächst heranzuziehen ist, ob und wie eine Betriebsvereinbarung oder eine andere normative Regelung im Betriebsverfassungsrecht auszulegen ist, spricht für das Vorliegen eines Interessenausgleichs.

(1) Die Vereinbarung ist mit „Interessenausgleich“ überschrieben, beide Betriebspartner haben nach dem Wortlaut „folgenden Interessenausgleich“ vereinbart. Nach der Präambel heißt es danach:

„Insoweit schließen die Parteien folgenden: II. Interessenausgleich …“

(2) Auch unter § 3 Mitwirkungsrechte wird mehrmals das Wort „Interessenausgleich“ bei den Mitwirkungsrechten des Betriebsrates bemüht, der letzte Satz lautet:

„Im Übrigen bleiben die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates von diesem Interessenausgleich unberührt“.

(3) Endlich heißt es unter:

„III. Inkrafttreten/Sonstiges,

1. Die Parteien sind sich einig, dass die Verhandlungen über einen Interessenausgleich abgeschlossen sind und das Verfahren zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs beendet ist.

2. Der Interessenausgleich tritt mit Unterzeichnung in Kraft.“

(4) Dagegen spricht nicht die Verwendung des Wortes „Sozialplan“ in § 4 des Interessenausgleichs. Denn dieses Wort wird nur in Verbindung mit dem Adjektiv „zukünftig“ verwendet. So heißt es nicht nur in der Überschrift von § 4 „Zukünftiger Sozialplan“, sondern auch im Text unter „1.“:

„Die Parteien haben die Grundzüge eines zukünftig abzuschließenden Sozialplanes bereits ausführlich für die von dem stillgelegten „Kaufmännischen Geschäftsbereich“ betroffenen Mitarbeiter erörtert.“

bb) Auch nach dem Gesamtzusammenhang und der Systematik der Interessenausgleichsregelungen handelt es sich vorliegend um einen Interessenausgleich. Denn im Interessenausgleich vom 27. September 2005 geht es um einen Fall der Betriebsänderung nach § 111 BetrVG, nämlich um eine Teilbetriebsschließung durch die Schließung des Geschäftsbereichs „Kaufmännischer Bereich“ und der EDV-Abteilung sowie um den Abbau des Personalvolumens von 37 auf 24 Arbeitnehmer. Inhalt des Interessenausgleichs ist eine Vereinbarung über das Ob, das Wann und das Wie dieser Betriebsänderung: Das Ob ist in „§ 1 Gegenstand“ geregelt und umfasst die Teilschließungen und den Personalabbau.

Das Wie ist in „§ 2 Durchführung“ geregelt und beinhaltet das Angebot von Abwicklungs-/Aufhebungsverträgen, betriebsbedingten Kündigungen und die geplante Überleitung der Arbeitnehmer auf das Unternehmen der O..

Auch das Wann ist in § 1 und § 3 geregelt und beinhaltet die Schließung des Kaufmännischen Bereichs zum 31. Dezember 2005 bzw. 31. März 2006 sowie die Verhandlungen über die Übernahme der betroffenen Mitarbeiter zur O. bis 31. Oktober 2005.

cc) Daneben regelt § 4 keine direkten Ansprüche der Arbeitnehmer gegen das Unternehmen. § 4 regelt schon in der Überschrift, dass Ansprüche aus einem Sozialplan erst in der Zukunft bestehen sollen und nicht schon nach der Vereinbarung vom 27. September 2005. Dies geht auch aus Ziffer 1 des § 4 hervor, wonach die „Grundzüge“ eines „zukünftig abzuschließenden Sozialplanes“ zwischen den Betriebsparteien erörtert worden sind und über bestimmte Punkte bereits am 27. September 2005 Einigkeit erzielt worden ist, wozu eine Abfindung gehört, die sich nach einem bestimmten Punktesystem und einem Volumen von 75.000,00 EUR bis 90.000,00 EUR richten soll. Die in der Anlage 3 aufgeführte Sozialplanberechnung, auf die sich die Klägerin als Anspruchsgrundlage bezieht, soll nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 4 Ziffer 3 des Interessenausgleichs nur als „Orientierung“ dienen. Damit haben die Betriebsparteien zwar die Grundzüge eines noch abzuschließenden Sozialplanes geregelt, eine Anspruchsqualität hat diese Norm aber gerade nicht, sie soll nach dem Willen der Betriebsparteien dem zukünftig abzuschließenden Sozialplan vorbehalten bleiben, der bis zum 31. Oktober 2005 abgeschlossen werden sollte, wozu es dann allerdings nicht mehr gekommen ist.

2. Entgegen der erstinstanzlichen Auffassung der Klägerin hat die Beklagte durch das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 19. November 2008 weder ein konstitutives noch ein deklaratorisches, sondern nur ein beweiserleichterndes Anerkenntnis abgegeben.

a) Ob ein konstitutives Anerkenntnis nach §§ 780, 781 BGB vorliegt, ein deklaratorisches oder nur ein beweiserleichterndes, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei soll das konstitutive Schuldanerkenntnis unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung schaffen, auch wenn der ursprüngliche Anspruch nicht (mehr) besteht, während das deklaratorische Anerkenntnis eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigt, aber keine neue begründen will. Zweck des deklaratorischen Anerkenntnisses ist insbesondere der Ausschluss von allen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Art. Das beweiserleichternde Anerkenntnis hingegen enthält keinen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners, sondern dient nur dem Zweck, dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft anzuzeigen, um diesen dadurch von Maßnahmen abzuhalten und/oder ihm den Beweis zu erleichtern (vgl. zum Ganzen nur Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, § 781 Rz. 3 bis 6 m.w.N.; Staudinger/Marburger, BGB [2009], § 781 Rz. 27 m.w.N.). Gibt ein Schuldner eine Aufrechnungserklärung ab, erklärt er damit, dass er vom Bestehen der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ausgeht, da ansonsten die Aufrechnung unwirksam wäre (BGH, 05.11.1997 – XII ZR 20/96 – NJW 1998, 978, 979 m.w.N.). Er will damit nur für den Fall der Wirksamkeit der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, seine Erklärung abgeben.

b) Nach diesen Grundsätzen liegt vorliegend kein konstitutives Anerkenntnis gemäß §§ 780, 781 BGB vor, da die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten gerade keinen selbständigen Schuldgrund setzen wollte, sondern nur vom Bestehen eines Abfindungsanspruches der Klägerin ausging und dementsprechend nur für den Fall des Bestehens der Forderung die Aufrechnung mit Prozesskosten des Kündigungsrechtsstreites erklärte. Dementsprechend liegt aber auch kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor, da Voraussetzung dafür ist, dass vorher Streit über die Abfindung zwischen den Parteien geherrscht hatte oder zumindest eine subjektive Ungewissheit beider Parteien über das Bestehen einer Schuld oder über einzelne rechtliche Punkte (vgl. BAG 25.03.2003 – 1 AZR 335/02 – EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 5).

Gerade hieran fehlt es jedoch zum Zeitpunkt der Abgabe der Aufrechnungserklärung am 19. November 2008: Bis dahin hatten sich die Parteien um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und hilfsweise über die Zahlung eines Nachteilsausgleichs wegen der Abweichung vom Interessenausgleich nach § 113 BetrVG gestritten, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte die Klage abgewiesen. Die Beklagte wollte nicht etwa diesen Nachteilsausgleich anerkennen, denn sie hat in diesem Verfahren bis hin zum Bundesarbeitsgericht diesen Anspruch stets bestritten. Ein daneben bestehender etwaiger Anspruch aus einem vermeintlichen Sozialplan ist dagegen zwischen den Parteien noch nicht zum Gegenstand eines Streits geworden, dieser entstand erst nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 10. Februar 2009, da sich die Beklagte noch während dieses Verfahrens zur Zahlung einer Abfindung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit erklärte für den Fall, dass die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde zurücknahm (vgl. den unwidersprochenen Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 02.12.2009, S. 1 bis 2, Bl. 78 bis 79 d.A.).

c) Damit existiert allenfalls ein beweisrelevantes Anerkenntnisschreiben, welches die Verjährung unterbricht wie ein Anerkenntnis der Leistungspflicht nach einem Versicherungsfall (vgl. dazu nur Palandt/Sprau, a.a.O., Rz. 10 m.w.N. aus der Rechtsprechung), es liegt jedoch kein anspruchsbegründendes Anerkenntnis vor.

III.

Die Klägerin trägt daher die Kosten des Rechtsstreites gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.