Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 23.10.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 13 WF 202/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 7. August 2013 (Hauptsacheentscheidung) wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung der drei gemeinsamen ehelichen Kinder in den Ehenamen der Antragstellerin und ihres Ehemannes zu ersetzen. Die Kinder wünschten die Einbenennung. Der Antragsgegner komme seinen Pflichten zu Umgang und Unterhalt nicht nach.
Das Amtsgericht hat die Antragsschrift dem Antragsgegner zugestellt (Bl. 39). An der Vereinbarung eines Termins zur Anhörung der Kinder hat es den Antragsgegner nicht beteiligt (Bl. 40). Von dem Termin ist er nicht unterrichtet worden. Das Protokoll des Anhörungstermins (Bl. 41 f.) ist ihm nicht übermittelt worden (Bl. 43). Eine erneute Aufforderung zur Stellungnahme (Bl. 43) ist zweimal mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt“ von dem Postunternehmen zurückgesandt worden (Bl. 44, 46). Das Amtsgericht hat zwei von dem Einwohnermeldeamt auf Nachfrage mitgeteilte Adressen verwendet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen. Die Änderung des Familiennamens der Kinder sei erforderlich, wenn die Beibehaltung des bisher geführten Namens das Kindeswohl gefährde. Da dies nicht zu erwarten sei, komme es auf den Wunsch der Kinder und der Antragstellerin nicht an.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter. Die Kinder wünschten konsequent und nachhaltig, den Namen der Mutter und des Stiefvaters zu führen, denen sie sich zugehörig fühlten. Mit ihrem Vater identifizierten sie sich nicht. Ob und wie sie unter der derzeitigen Namensführung litten, könne nicht herausgearbeitet werden.
Wegen des weiteren Vortrages der Antragstellerin wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
Der Versuch, dem Antragsgegner die Beschwerdeschrift zuzustellen, ist misslungen. Das Postunternehmen hat vermerkt: „Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ (Bl. 81).
Der Senat enscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne die Kinder erneut anzuhören (§ 69 III 2 FamFG). Die Antragstellerin hat, wie dargelegt werden wird, antragsbegründende Umstände nicht ausreichend vorgetragen. In dieser Lage ist das Gericht nicht gehalten, von Amts wegen – etwa durch erneute Anhörung – die Tatsachen zu ermitteln, die dem Antrag doch noch zum Erfolg verhelfen könnten (vgl. Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 26 Rdnr. 5 f.; Zöller-Feskorn, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 26 FamFG Rdnr. 4).
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einem Verfahrensfehler. Das Amtsgericht hat das rechtliche Gehör des Antragsgegners nicht verkürzt, indem es den Antrag abgewiesen hat, obwohl es ihm nach der Zustellung der Antragsschrift (§ 23 II FamFG) weitere Verfahrenshandlungen nicht mitgeteilt hat. Da die ergangene Entscheidung die Rechte des Antragsgegners nicht beeinträchtigt hat, bedurfte es nach § 37 II FamFG seiner vorherigen Anhörung nicht (Zöller-Feskorn, § 37 FamFG Rdnr. 12 a.E.; MüKo-FamFG-Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 37 Rdnr. 21 f.). Auch der Senat sieht deshalb davon ab, eine Suche nach dem Antragsgegner zu veranlassen, der offenbar mit unbekanntem Ziel verzogen ist.
2. Die Antragstellerin hat keine Anhaltspunkte vorgetragen, die dafür sprechen, dass die Einbenennung zum Wohl eines der Kinder erforderlich wäre (§ 1618, 4 BGB).
a) Das Amtsgericht ist dem Bundesgerichtshof gefolgt, der meint, die Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung könne nur dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorlägen, die das Kindeswohl gefährdeten, und wenn die Einbenennung daher unerlässlich sei, um Schäden von dem Kind abzuwenden (BGH, NJW 2005, 1779, 1780 m. Nachw. auf die frühere Rspr.; zustimmend: BeckOK-BGB-Enders, Stand: Aug. 2013, § 1618 Rdnr. 9.1; Palandt-Götz, BGB, 72. Aufl. 2013, § 1618 Rdnr. 18; Erman-Michalski/Döll, BGB, 13. Aufl. 2011, § 1618 Rdnr. 9; MüKo-BGB-v. Sachsen Gessaphe, 6. Aufl. 2012, § 1618 Rdnr. 21).
Dass die Antragstellerin Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung, also für die Erwartung einer in nächster Zukunft eintretenden schwerwiegenden Beeinträchtigung der grundlegenden Bedürfnisse der Kinder, nicht vorgetragen hat, hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt. Dem braucht nichts hinzugefügt zu werden.
b) Die Gleichsetzung des für das Kindeswohl Erforderlichen (§ 1618, 4 BGB) mit dem zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung Erforderlichen begegnet allerdings Zweifeln. Wäre eine Kindeswohlgefährdung Voraussetzung der Einbenennung, so müsste sie von Amts wegen angeordnet werden (§ 1666 I BGB), wenn die im § 1618 BGB vorgesehenen Erklärungen und Einwilligungen nicht erteilt werden. Zu dieser Konsequenz bekennt sich allerdings kein Vertreter dieser strengen Auslegung.
Es wird deshalb mehr dafür sprechen, die Gefährdungsschwelle (§ 1666 BGB) höher zu setzen als die Erforderlichkeitsschwelle (§ 1618 BGB). Die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung wird nicht von einer Kindeswohlgefährdung abhängen müssen. Es wird ausreichen, mit der Einbenennung eine mehr als nur dem Kindeswohl dienliche, an diesem Maßstab wünschenswerte Wirkung auszulösen. Es wird nicht ausreichen, bloße Lästigkeiten zu beseitigen, oder auf eine Lage zu reagieren, in der sich Kinder geschiedener und neu verheirateter Eltern typischerweise befinden. Vielmehr wird eine außerordentliche Belastung des Kindes durch die derzeitige Namensführung verlangt werden müssen, die nur durch die Einbenennung mit zu erwartendem deutlichen Gewinn für das Kind erleichtert werden kann (Staudinger-Coester, BGB, Neubarb. 2007, § 1618 Rdnr. 27).
Der Senat braucht diesen Zweifeln an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht näherzutreten, weil dem Vortrag der Antragstellerin auch Anhaltspunkte, die diese geringen Anforderungen erfüllen könnten, nicht zu entnehmen sind. Sie betont das Desinteresse des Antragsgegners an den Kindern und deren Wunsch, durch die Namensänderung die Zugehörigkeit zu der Familie auszudrücken, die sie mit ihr und dem Stiefvater bilden. Konkrete schwerwiegende Misshelligkeiten, die für die Kinder entstanden wären, die zwischen zwölf und 15 Jahre alt sind und folglich ihren Namen nun schon während mehr als der Hälfte ihrer Schuljahre führen, sind dem Vortrag nicht zu entnehmen. Vielmehr gesteht die Antragstellerin selbst zu, es werde auch in einer Anhörung der Kinder nicht festzustellen sein, ob sie unter der derzeitigen Namensführung litten. Die Antragstellerin verfolgt mithin allein den eigenen Wunsch und den Wunsch der Kinder nach einer Namensänderung. § 1618, 4 BGB sieht indes nicht vor, dass sich ein solcher Wunsch, auch wenn er ernsthaft, begründet und von lauteren Motiven getragen ist, gegen die Weigerung des anderen Elternteils durchsetzen soll.
III.
Verfahrenskostenhilfe kann der Antragstellerin nicht gewährt werden, weil ihre Rechtsverfolgung bereits zu Beginn des Beschwerdeverfahrens keine Aussicht auf Erfolg hatte (§§ 76 I FamFG, 114 S. 1 ZPO).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf den §§ 55 II, 45 I, III FamGKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 II FamFG), besteht nicht, weil die Zweifel des Senats an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sich auf die Entscheidung nicht auswirken.