Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 15. Berufungskammer | Entscheidungsdatum | 16.01.2019 | |
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Aktenzeichen | 15 Sa 1307/18 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2019:0116.15SA1307.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 2 KSchG, § 1 Abs 3 KSchG, § 17 Abs 2 KSchG, § 17 Abs 3 KSchG, § 134 BGB, § 613a Abs 4 BGB |
1. Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie übergegangen ist, ist zuerst zu prüfen, ob eine bestimmte Einheit als „wirtschaftliche Einheit organisiert war“, was Sache des nationalen Gerichts ist. Erst danach schließt sich die Prüfung an, ob die Voraussetzungen für den Übergang einer solchen Einheit erfüllt sind (EuGH 10.12.1998 – verb Rs. C-173/96 u. C-247/96 – Hidalgo u.a. – Rn 28f).
2. Die wirtschaftliche Einheit muss vor dem Übergang insbesondere über eine ausreichende funktionelle Autonomie bezogen auf die Leitung der Arbeitnehmergruppe verfügen (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 31f).
3. Einzelfallentscheidung im Rahmen von ca. 2000 gerichtlich angegriffenen Kündigungen zu den Fragen, ob jedes einzelne Flugzeug, die jeweiligen Abflugstationen, der Bereich Wet Lease oder die Bereiche Langstrecke einerseits und Kurz- und Mittelstrecke andererseits jeweils eine wirtschaftliche Einheit darstellen (verneint).
4. Ein Betriebsübergang im Ganzen ist allenfalls dann denkbar, wenn mindestens die Hälfte der ursprünglich eingesetzten Flugzeuge übernommen wird.
5. Ein Arbeitgeber darf im Konsultationsverfahren die Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen von bestimmten Bedingungen abhängig machen (BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16 – juris Rn. 50).
Hinweis: Dieses Verfahren betraf 3 verbundene Berufungsverfahren.
I. Die Berufungen
des Klägers zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.6.2018,
Az. 23 Ca 16556/17,
des Klägers zu 2) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4.7.2018,
Az. 24 Ca 16388/17 und
des Klägers zu 3) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4.7.2018,
Az. 24 Ca 16389/17
werden zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben jeweils die Gerichtsgebühren des zweiten Rechtszugs zu tragen, wobei sich die Gebühren nach den Streitwerten des einzelnen Berufungsverfahrens richten.
Die Kläger zu tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Sie haben die vor der Verbindung der Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten jeweils nach Maßgabe des Gegenstandswerts des einzelnen Berufungsverfahrens zu tragen. Die nach der Verbindung der Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben der Kläger zu 1) zu 13,6 %, der Kläger zu 2) zu 57,7 % und der Kläger zu 3) zu 28,7 % zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten – wie in ca. 2.000 weiteren Verfahren allein in Berlin – im Kern über die Wirksamkeit einer Kündigung, die auf eine beabsichtigte Betriebsstilllegung gestützt wird. Nach Einlegung der Berufung sind vorliegend drei Verfahren gemäß § 147 ZPO verbunden worden.
Der Beklagte ist durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg, der am 17.01.2018 veröffentlicht wurde, zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden: Schuldnerin) mit Sitz in Berlin bestellt worden.
Die Kläger zu 1), 2) und 32) (künftig: die klagenden Parteien) waren seit mehr als 6 Monaten bei der Schuldnerin in der Funktion als Flugzeugführer beschäftigt. Sie waren in Berlin-Tegel stationiert.
Bei der Schuldnerin handelte es sich im Jahre 2017 um die zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands, die von ihren Drehkreuzen in Düsseldorf und Berlin-Tegel hauptsächlich Ziele überwiegend in ganz Europa anflog. Sie beschäftigte nach Angaben des Beklagten mit Stand August 2017 6.121 Beschäftigte, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden. Das fliegende Personal der Schuldnerin war in Deutschland an den Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, München, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, Leipzig, Köln, Hamburg und Paderborn stationiert.
Die Schuldnerin nutze für den Flugbetrieb ausschließlich geleaste Flugzeuge, nach ihren Angaben insgesamt 132 zum Stichtag 12.10.2017. Sie war weiterhin alleinige Eigentümerin des österreichischen Flugbetriebs N. Luftfahrt GmbH mit Sitz in Wien, welche 21 Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge der A 320-Familie betrieb.
Seit dem Jahr 2016 unterhielt die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich einen eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern war auch im sog. „Wet-Lease“ für die E. GmbH (im Folgenden: E.), einer 100 %-igen Tochter der Deutschen L. AG, sowie die Deutsche L. AG (im Folgenden: L.) tätig. Beim Wet-Lease, bei der Schuldnerin auch als ACMIO bezeichnet, stellt eine Fluggesellschaft einer anderen Fluggesellschaft ein Flugzeug mit Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung bereit.
Um eine Flugstrecke am Markt anbieten zu können, benötigt eine Fluggesellschaft so genannte „Slots“, d.h. „Zeitnischen“ im Sinne der VO (EWG) Nr. 95/93. Hierbei handelt es sich um das Recht, an einem Flughafen, dessen Kapazitäten eine entsprechende Koordinierung erforderlich machen, an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit zu starten oder zu landen. Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte.
Der gesamte Flugbetrieb wurde zentral in Berlin geplant. Dies betraf den Einsatz von Maschinen und Personal, den saisonalen und monatlichen Flugplan, aber auch Entscheidungen bei kurzfristigen Ausfällen.
Für die Piloten wurde gemäß § 117 Absatz 2 BetrVG auf Basis des „Tarifvertrags Personalvertretung für das Cockpitpersonal der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG“ (im Folgenden: TV PV) eine Personalvertretung (im Folgenden: PV Cockpit) gebildet.
Unter dem 14.02.2017 schloss die Schuldnerin mit der PV Cockpit einen Rahmen-Interessenausgleich ab, der einen von der Geschäftsführung gewünschten Transformationsprozess zum Gegenstand, der u.a. eine Umstrukturierung hin zu einer gewissen Verselbständigung des Wet Lease vorsah.
Im Juni 2017 kaufte die Komplementärin der Schuldnerin die Luftfahrtgesellschaft W. mbH (im Folgenden: LGW) mit Sitz in Dortmund. Diese verfügte zum damaligen Zeitpunkt über 20 als Dash bezeichnete Flugzeuge. Diese Flugzeuge leaste die Schuldnerin dann von der LGW (Head-lease) und überließ sie an die LGW zurück (Sub-Lease). Die LGW erbrachte bis dahin lediglich Wet-Lease-Leistungen für die Schuldnerin. Eigene Flugstreckenrechte (Slots) hatte die LGW nicht inne.
Durch die Schuldnerin wurde am 15.08.2017 beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Gericht hat mit Beschluss vom gleichen Tag die Eigenverwaltung angeordnet und den Beklagten zum vorläufigen Sachwalter bestellt.
Für die eigene Leistungserbringung im „Wet-Lease“ waren zum Zeitpunkt der Anmeldung der Insolvenz 33 Flugzeuge für die E. und fünf weitere Flugzeuge für die L.-Tochter A. Airlines an den Stationen Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und München im Einsatz, wobei an den Stationen Köln, Hamburg und Stuttgart ausschließlich Wet-Lease-Einsätze für E. geflogen wurden.
Unmittelbar nach dem 15.08.2017 startete die Schuldnerin einen Investorenprozess mit dem Versuch, die wesentlichen Vermögenswerte der Schuldnerin auf einen oder mehrere Investoren zu übertragen. Nach Ablauf der Angebotsfrist am 15.09.2017 wurden die eingegangenen Gebote dem vorläufigen Sachwalter und dem vorläufigen Gläubigerausschuss vorgestellt. Der vorläufige Gläubigerausschuss traf am 21.09.2017 die Entscheidung, mit zwei Interessenten weitere Vertragsverhandlungen zu führen, wobei nach Auffassung des vorläufigen Gläubigerausschusses und des vorläufigen Sachwalters beide potentiellen Investoren lediglich nur für einzelne Vermögenswerte am Unternehmen Interesse bekundet hatten, nicht jedoch für das Unternehmen als Ganzes.
Den Zuschlag für weitere Verhandlungen erhielten namentlich eine Bietergruppe um die L. und ihre Konzerntöchter (im Folgenden: L. Group) sowie die Fluggesellschaft E. Jet Europe Airline GmbH (im Folgenden: E. Jet).
Am 12.10.2017 unterzeichneten der vorläufige Sachwalter Herr Prof. Dr. F., der Generalbevollmächtigte Dr. K. sowie der Executive Director der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin Herr T. W. eine gemeinsame Erklärung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
„I. […]
1. Die im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung aufgestellte Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat vorgesehen, dass unter Berücksichtigung des durch einen mit Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredit i.H.v. 150 Mio € der Flugbetrieb bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (voraussichtlich Ende Oktober 2017) aufrechterhalten werden kann.
2. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im eröffneten Insolvenzverfahren ist nur möglich, sofern das Unternehmen bzw. Teile des Unternehmens im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen oder mehrere Erwerber zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen wird. Ein entsprechendes Angebot liegt nicht vor, so dass eine übertragende Sanierung des Unternehmens bzw. von Teilen des Unternehmens nicht erfolgt. Eine kostendeckende Betriebsfortführung im eröffneten Insolvenzverfahren ist somit nicht möglich und wäre unzulässig. Dies ergibt sich aus der fortgeschriebenen Liquiditäts- und Fortführungsplanung ab dem 15. August 2017. Vor diesem Hintergrund ist die A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG gezwungen, zum Stilllegungszeitpunkt die für sämtliche Flugzeuge bestehenden Leasingverträge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen zu beenden und die Flugzeuge zurückzugeben.
3. Die Geschäfts- und Betriebsgrundlage für eine Fluggesellschaft wird damit zum Stilllegungszeitpunkt wegfallen.
II. Die Unterzeichner dieses Beschlusses stimmen daher darin überein, dass beabsichtigt ist, den Geschäftsbetrieb der A. B. Flüge einzustellen. Die Einstellung und Stilllegung des Geschäftsbetriebs der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG soll wie folgt umgesetzt werden:
1. Beendigung der Flugzeug-Leasingverträge der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG als Leasingnehmer durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018.
2. Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG. Dabei wird mit Ablauf des 28. Oktober 2017 der operative Flugverkehr im Namen und auf Rechnung der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG eingestellt. Flugbuchungen für Flüge nach dem 28. Oktober 2017 sind nicht mehr möglich.
3. Erbringung der Dienstleistungen gegenüber E. im Rahmen des sog. „Wet Lease“ für den Zeitraum bis maximal zum 31. Januar 2018. Dies betrifft 13 Flugzeuge.
4a. Derzeit verfügen 6.054 Arbeitnehmer/innen über ein Arbeitsverhältnis und 8 Auszubildende (nachfolgend Arbeitnehmer) über ein Ausbildungsverhältnis mit der A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG. Die A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG beabsichtigt, sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist, begrenzt auf die maximale Frist von drei Monaten zum Monatsende gemäß § 113 S. 1 InsO, soweit gesetzlich zulässig, nach Durchführung der Interessenausgleichs- sowie Massenentlassungsanzeigeverhandlungen (§ 17 KSchG) und nach Durchführung der Anhörungsverfahren mit den Mitbestimmungsgremien (Betriebsräte/Personalvertretungen) zu kündigen. Die A. B. PLC & Co. Luftverkehrs KG wird – soweit erforderlich – eine Zustimmung für Arbeitnehmer mit etwaigem Sonderkündigungsschutz (z.B. SGB IX, BEEG, MuSchG) beantragen und auch diese Arbeitsverhältnisse zeitnah kündigen. Es werden auch Sozialplanverhandlungen geführt werden.
[…]
5. Dauerschuldverhältnisse (Leasingverträge, Gewerbemietverträge, Versorger etc.) werden unter Berücksichtigung der Abwicklungsplanung durch Abschluss von Aufhebungsverträgen beendet bzw. unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen gekündigt, sofern die Vertragspartner nicht selbst kündigen bzw. die Verträge bereits gekündigt sind.
[…]
7. Die Gesamtabwicklung des Geschäftsbetriebs der A. Berlin PLC Co. Luftverkehrs KG soll nach derzeitiger Planung zum 31. Januar 2018 abgeschlossen sein, so dass im Anschluss daran die Stilllegung erfolgt.“
Dieses Ansinnen wurde vom vorläufigen Gläubigerausschuss am 24.10.2017 gebilligt.
Durch betriebsinterne Mitteilung vom 12.10.2017 setzte die Geschäftsführung der Schuldnerin die Belegschaft in Kenntnis, dass sie sich mit der L. Group über den Verkauf von Teilen der Schuldnerin geeinigt habe und die L. Group die Tochtergesellschaften LGW und N. sowie weitere 20 Flugzeuge übernehmen wolle. Mit der Fluggesellschaft E. Jet, welche ein Angebot zur Übernahme eines Teils der A.-B.-Flotte abgegeben habe, würden die Verhandlungen noch andauern.
Ebenfalls mit Schreiben vom 12.10.2017 leitete die Schuldnerin das Konsultationsverfahren gemäß § 17 KSchG gegenüber der Personalvertretung Cockpit ein.
Am 27.10.2017 wurde der letzte eigenwirtschaftlich Flug der Schuldnerin durchgeführt.
Das Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg eröffnete mit Beschluss vom 01.11.2017 auf der Grundlage des Gutachtens des vorläufigen Sachwalters, des späteren Beklagten, vom 27.10.2017 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und ordnete Eigenverwaltung an. Der Beklagte wurde zum Sachwalter bestellt. Dieser zeigte noch am gleichen Tage gegenüber dem Amtsgericht drohende Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO an.
Am 17.11.2017 schloss die Schuldnerin mit der PV Cockpit einen Interessenausgleich und einen Insolvenzsozialplan. Darin wurde u.a. geregelt, dass die Arbeitnehmer des Cockpit-Personals an den Stationen Hamburg, Köln und Stuttgart zur Durchführung des Wet-Lease bis zum 31.01.2018 weiterbeschäftigt werden. Alle anderen Cockpitmitarbeiter sollten unverzüglich unwiderruflich freigestellt werden. Darüber hinaus bestätigte die PV Cockpit die Einleitung des Konsultationsverfahrens mit Schreiben vom 13.10.2017, den Abschluss dieses Verfahrens und dass nur dieser Interessenausgleich als alleinige Stellungnahme der PV Cockpit der Agentur für Arbeit zu übersenden ist.
Am 20.11.2017 hörte die Schuldnerin die PV Cockpit zu den beabsichtigten betriebsbedingten Kündigungen sämtlicher Pilot/innen an. Mit E-Mail vom 27.11.2017 teilte der Vorsitzende der Personalvertretung Herr W. der Schuldnerin mit, dass die PV Cockpit beschlossen habe, gegen die vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen Bedenken zu erheben und daher den beabsichtigten Kündigungen nicht zuzustimmen.
Mit Schreiben vom 24.11.2017 erstattete die Schuldnerin bei der Agentur für Arbeit Berlin Nord eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG. Die Agentur für Arbeit Berlin Nord bestätigte der Schuldnerin mit Schreiben vom 28.11.2017 einen vollständigen Eingang der Anzeige.
Mit Schreiben vom 28.11.2017 kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis jeweils zum 28.02.2018. Mit der innerhalb von drei Wochen bei Gericht eingegangenen – ursprünglich noch gegen die Schuldnerin gerichteten – Klage wird u.a. die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung begehrt.
Die E. Jet Airline Company PLC (im Folgenden: E. Jet) meldete am 07.11.2017 einen Zusammenschluss nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (im Folgenden: Fusionskontrollverordnung) bei der Europäischen Kommission an.
Ausweislich der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 12.12.2017 übernimmt E. Jet 25 Flugzeuge des Typs A 320, mit ausdrücklicher Zustimmung des Flughafenkoordinators Slots in erheblichem Umfang am Flughafen Tegel und anderen Zielflughäfen, Kundenbuchungen, nicht näher bestimmte Flugzeugeinrichtungen nebst Ausrüstung sowie Nachtabstellplätze für Flugzeuge in Berlin Tegel. Während Easy Jet bisher ca. 5 bis 10 % sämtlicher zur Verfügung stehender Slots an den Flughäfen Tegel und Schönefeld nutzte, erhöht sich die Zahl der Berechtigungen auf 10 bis 20 %.
Zur Rekrutierung von Personal schlossen E. Jet und ver.di am 30.10.2017 einen Tarifvertrag.
Am 10.10.2017 beantragte die Deutsche L. AG bei der Europäischen Kommission eine Ausnahme von der Aussetzungspflicht gem. Art. 7 der Fusionskontrollverordnung. Die Europäische Kommission erließ eine Ausnahmeregelung, die zur Folge hatte, dass während der laufenden Fusionskontrolle 49 der 57 der im Rahmen der ursprünglichen Transaktion bestehenden Flugzeuge betrieben werden konnten (Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 21.12.2017). Am 13.12.2017 entschied die L., die Anteile am Touristikflugbetrieb N. wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken der europäischen Wettbewerbsbehörde nicht zu erwerben. Am 21.12.2017 erteilte die Europäische Kommission dem übrigen Zusammenschluss ihre Erlaubnis. In der Folge schrieb die LGW Stellen für Copiloten und Kapitäne auf den Flugzeugmustern der A 320-Familie an den Stationen Stuttgart und Berlin-Tegel aus. Sowohl die LGW als auch die E. GmbH und die E. Europe GmbH kündigten an, für Flugbesatzungsmitglieder der Schuldnerin ein verkürztes Auswahlverfahren durchzuführen.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden unter der AOC der Schuldnerin keine eigenwirtschaftlichen Flüge mehr durchgeführt. Lediglich bis Ende Dezember 2017 führte die Schuldnerin im Rahmen des „Wet-Lease“ noch Flüge für die E. GmbH im eingeschränkten Umfang mit bis zu 13 Maschinen durch. Die für die Aufrechterhaltung eines Flugbetriebs erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen waren bis zum 31.01.2018 befristet und sind mit Ablauf dieses Datums erloschen.
Durch Beschluss des Insolvenzgerichts, der am 17.01.2018 veröffentlicht wurde, ist die Eigenverwaltung aufgehoben und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestimmt worden.
Die klagenden Parteien haben sich im Wesentlichen darauf berufen, dass nicht eine Betriebsstilllegung, sondern ein Betriebs- bzw. Teilbetriebsübergang stattgefunden habe. Als wirtschaftliche Einheiten seien auf LGW der Bereich Wet Lease und auf E. Jet die Station Berlin -Tegel übergegangen. E. habe Slots und Flugzeuge übernommen. Insgesamt profitiere die Deutsche L. und ihre Töchter LGW und E., so dass ein Gesamtbetriebsübergang nicht auszuschließen sei, zumal die Deutsche L.- Gruppe Zugriff auf 81 Flugzeuge erhalten habe. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft, da wegen der Betriebsteilübergänge eine solche zuvor hätte vorgenommen werden müssen. Es sei nicht erkennbar, dass vor Ausspruch der Kündigung die Personalvertretung Cockpit ordnungsgemäß angehört worden wäre. Fehlerhaft sei insofern, dass die Personalvertretung nicht über die Angebote der übrigen 79 Interessenten informiert worden sei. Auch seien keine näheren Informationen zu den beiden zuletzt abgeschlossenen Kaufverträgen erteilt worden. Das Konsultationsverfahren sei mangelhaft durchgeführt worden. Es hätte nicht überprüft werden können, dass am 15.09.2017 keine weiteren annahmefähigen Angebote vorgelegen hätten. Hinsichtlich der Kaufverträge Deutsche L. und E. Jet sei der Einblick in die zum größten Teil geschwärzten Vertragsunterlagen nicht ausreichend gewesen. Insofern hätte auch die Massenentlassung nicht wirksam angezeigt werden können.
Die klagenden Parteien haben zuletzt nach Klagerücknahmen jeweils beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.11.2017 nicht zum 28.02.2018 aufgelöst worden ist.
Der Beklagte hat jeweils beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass die Kündigung wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung gerechtfertigt gewesen sei. Zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang sei es deswegen nicht gekommen, weil alle potenziellen Investoren nur Interesse am Erwerb einzelner Vermögenswerte gezeigt hätten. Eine Veräußerung darüber hinaus habe auch nicht stattgefunden. Es habe keine abgrenzbaren Betriebsteile gegeben, was sich schon daraus ergebe, dass der gesamte Flugbetrieb zentral geplant worden sei. Zum Zeitpunkt der Kündigung hätte die beabsichtigte Stilllegung auch greifbare Formen angenommen. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass der eigenwirtschaftliche Flugbetrieb mit dem 27.10.2017 schon eingestellt war und der Wet Lease-Bereich nach der geänderten Vereinbarung spätestens am 31.01.2018 hätte auslaufen sollen, wozu es auch gekommen war. Die Anhörung der Personalvertretung zu den beabsichtigten Kündigungen, das Konsultationsverfahren und die Massenentlassungsanzeige seien wirksam, was sich aus den eingereichten Unterlagen ergäbe.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klagen jeweils abgewiesen. Hierbei wurde jedes Mal davon ausgegangen, dass die jeweils streitgegenständliche Kündigung wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung gerechtfertigt gewesen sei. Es seien keine Betriebsteile und auch nicht der Betrieb im Ganzen als wirtschaftliche Einheit identitätswahrend auf einen Erwerber übergegangen. Insofern habe es keiner Sozialauswahl bedurft. Das Konsultationsverfahren mit der Personalvertretung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. In der Massenentlassungsanzeige gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit Berlin Nord seien alle notwendigen Angaben enthalten gewesen. Die abschließende Stellungnahme der Personalvertretung sei ebenfalls beigefügt gewesen. Die Personalvertretung sei auch ordnungsgemäß zur beabsichtigten Kündigung angehört worden.
Hiergegen richten sich die Berufungen der klagenden Parteien, wobei erstinstanzliches Vorbringen teilweise wiederholt wird. In den arbeitsgerichtlichen Entscheidungen seien die Voraussetzungen für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit verkannt worden. Insofern seien vier wirtschaftliche Einheiten feststellbar: jedes einzelne Flugzeug, die Stationen, der Bereich Wet Lease und Langstrecke/ Kurz- und Mittelstrecke. Die Stationen seien auch ohne Vorgesetzte vor Ort selbständig. Dies ergebe sich aus der Kombination von Slots, Passagieren, Flugzeugen und Personal. Es sei auch zu einem Übergang von Betriebsteilen gekommen. Es müsse berücksichtigt werden, dass LGW nicht nur als Vehikel zur Übernahme von Slots gedient habe. Durch die LGW hätte das Wet Lease für E. nahtlos fortgesetzt werden können. Die Station Berlin sei auf Easy Jet übergegangen. Eine Betriebsstillegung sei bei ernsthaften Verhandlungen über einen Betriebs(-teil)übergang ausgeschlossen. Die Deutsche L. hätte den Zugriff auf 77 Flugzeuge beabsichtigt gehabt. Insgesamt nutze sie nach Angaben aus dem Internet inzwischen tatsächlich 77 Flugzeuge. Im wirtschaftlichen Sinne trete die Deutsche L. in die Rolle des Erwerbers, da sie innerhalb des Konzerns entscheide, welche Produktionsfaktoren welchem Konzernunternehmen zugeordnet werden. Eine Sozialauswahl hätte jedenfalls bei einem Betriebsteilübergang vorgenommen werden müssen. Die Mangelhaftigkeit der Durchführung des Anhörungsverfahrens der Personalvertretung und des Konsultationsverfahrens wird mit den gleichen Argumenten gerügt, die erstinstanzlich erhoben worden waren. Die Massenentlassungsanzeige hätte auch an den übrigen Stationierungsorten erfolgen müssen.
Die klagenden Parteien stellen folgende Anträge:
1. Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.06.2018, Az. 23 Ca 16556/17, abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.11.2017 nicht zum 28.02.2018 aufgelöst worden ist.
2. Auf die Berufung des Klägers zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04.07.2018, Az. 24 Ca 16388/17, abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.11.2017 nicht zum 28.02.2018 aufgelöst worden ist.
3. Auf die Berufung des Klägers zu 3) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04.07.2018, Az. 24 Ca 16389/17, abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.11.2017 nicht zum 28.02.2018 aufgelöst worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidungen für rechtlich zutreffend. Betriebsteile hätten weder bei der Schuldnerin bestanden, noch seien solche bei Erwerbern fortgeführt worden. Daher sei eine Sozialauswahl nicht notwendig gewesen. Diese scheitere auch daran, dass die jeweilige klagende Partei nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts auf den in Betracht kommenden Arbeitsplatz hätte umgesetzt werden können. Die Massenentlassungsanzeige sei wirksam. Insofern müsse auch berücksichtigt werden, dass sie mit E-Mail vom 13.10.2017 vorab bei der Arbeitsagentur um Auskunft gebeten habe, die mit E-Mail vom 16.10.2017 erteilt worden sei. Auf diese Vorabentscheidung hätte sie vertrauen dürfen.
Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die Berufungen der klagenden Parteien sind zulässig, aber unbegründet. Daher sind sie zurückzuweisen.
A.
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaften Berufungen der klagenden Parteien sind gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie sind form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.
B.
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist jeweils durch die ausgesprochene Kündigung vom 28.11.2017 zum 28.02.2018 aufgelöst worden.
I.
Die jeweilige Kündigung vom 28.11.17 ist nicht unwirksam gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.
1. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der jeweils klagenden Partei Anwendung. Die klagende Partei war länger als 6 Monate bei der Schuldnerin beschäftigt. Bei dieser waren mehrere 1.000 Arbeitnehmer tätig. Die klagende Partei hat auch innerhalb von drei Wochen das Arbeitsgericht angerufen, so dass die Kündigung auf ihre rechtliche Wirksamkeit hin gerichtlich überprüft werden kann. Damit sind sämtliche Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 KSchG, § 4 Satz 1 KSchG und §§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 2 KSchG erfüllt.
2. Die betriebsbedingte Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gerechtfertigt. Dies folgt aus dem ernsthaften und endgültigen Entschluss der Schuldnerin, den gesamten vorhandenen Flugbetrieb stillzulegen, so dass die Arbeitsleistung der klagenden Partei zum Ablauf der Kündigungsfrist entbehrt werden konnte.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass eine betriebsbedingte Kündigung nicht erst nach erfolgter Betriebsstilllegung ausgesprochen werden kann, sondern auch schon wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung. In diesem Fall ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn die entsprechende unternehmerische Entscheidung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits endgültig getroffen ist und eine vernünftige betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist entbehrt werden kann. Insofern reicht es nach der Rechtsprechung aus, wenn sich ein Arbeitgeber entschließt, ab sofort keine neuen Aufträge mehr anzunehmen, allen Arbeitnehmern zum nächstmöglichen Kündigungstermin zu kündigen und zur Abarbeitung der vorhandenen Aufträge eigene Arbeitnehmer nur noch während der jeweiligen Kündigungsfristen einzusetzen (KR-Griebeling/Rachor 11. Auflage 2016 § 1 KSchG Rn. 579b m.w.N.).
All diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die gefasste unternehmerische Entscheidung zur beabsichtigten Betriebsstilllegung wurde nach außen hinreichend kommuniziert. Dies ergibt sich aus der Erklärung vom 12.10.2017, den Zustimmungen des vorläufigen Gläubigerausschusses, den Verhandlungen mit der jeweiligen Personalvertretung und der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Die getroffene Prognose war realistisch. Der letzte eigenwirtschaftliche Flug fand am 27.10.2017 statt. Der stark reduzierte Bereich des Wet Lease (mit 13 statt ursprünglich 38 Flugzeugen) sollte spätestens zum 31.01.2018 eingestellt werden. Damit gab es spätestens zum Ablauf dieses Datums keinerlei Bedarf mehr für den Einsatz von Pilot/innen oder Kabinenpersonal. Der tatsächliche Ablauf hat diese Prognose auch bestätigt, denn danach wurden keinerlei Passagierflüge mehr durchgeführt.
All dies ist zwischen den Parteien im Kern auch nicht streitig. Auch die Klägerseite deutet an keiner Stelle auch nur an, dass angesichts der Insolvenz der Schuldnerin mit Ablauf der Kündigungsfrist für die Schuldnerin selbst noch ein Bedarf an Arbeitsleistungen des fliegenden Personals bestanden hätte.
3. Gegen die beabsichtigte Betriebsstilllegung kann die Klägerseite auch nicht mit Erfolg einwenden, dass es zu einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang gekommen ist. Ein solcher liegt schon deswegen nicht vor, weil die von der Klägerseite angeführten Vorgänge teilweise keine „wirtschaftliche Einheit“ im Rechtsinne betreffen bzw. der Flugbetrieb im Ganzen nicht übergegangen ist.
3.1. Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Eine Stilllegung des Betriebes liegt auch dann nicht vor, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird. Gleiches gilt, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebes im Wege des Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB veräußert werden (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 33).
3.2. Die deutsche Begrifflichkeit wird überlagert durch das Europarecht, da die deutsche Norm der Umsetzung der europäischen Betriebsübergangsrichtlinie dient (ErfK/Preis 19. Aufl. 2019 § 613a BGB Rn. 6). Art. 1 I lit. a RL 2001/23/EG, die die frühere Richtlinie ersetzt hat, bezeichnet als Übergang den „Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit“. Insofern geht auch das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass es nicht relevant sei, ob es sich insofern um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“oder „Betriebsteil“ selbst im Sinne des jeweiligen nationalen Rechts handelt. Entscheidend sei nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Richtlinie betreffe (BAG 25.01.2018 – 8 AZR 338/16 – juris Rn. 28).
3.3. Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie übergegangen ist, ist zuerst zu prüfen, ob eine bestimmte Einheit als „wirtschaftliche Einheit organisiert war“, was Sache des nationalen Gerichts ist. Erst danach schließt sich die Prüfung an, ob die Voraussetzungen für den Übergang einer solchen Einheit erfüllt sind, wobei insofern dann sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden müssen (EuGH 10.12.1998 – verb Rs. C-173/96 u. C-247/96 – Hidalgo u.a. – Rn 28f). Dem entspricht die deutsche Terminologie, wonach die Frage, ob ein Betriebs(teil) vorliegt, von der Frage zu trennen ist, ob ein Betriebs(-teil) übergegangen ist (ErfK/Preis 19. Aufl. 2019 § 613a Rn 8). Auch das BAG geht davon aus, dass die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen bereits beim Veräußerer eine wirtschaftliche Einheit dargestellt und damit die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben muss, um die Voraussetzung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können (BAG 13.10. 2011 – 8 AZR 455/10 – juris Rn. 36; BAG 10.11.2011 – 8 AZR 538/10 – juris Rn. 21; BAG 7. 6. 2018 – 8 AZR 573/16 – juris Rn. 31).
3.4. Was unter dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit zu verstehen ist, ist durch die Rechtsprechung des EuGH hinreichend geklärt.
Eine solche Einheit muss auf Dauer angelegt sein und darf sich nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränken. Dies ist gegeben bei jeder hinreichend strukturierten und selbstständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck. Die wirtschaftliche Einheit muss vor dem Übergang insbesondere über eine ausreichende funktionelle Autonomie verfügen, „wobei sich der Begriff der Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind.“ (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 31f).
Angesichts dieses klaren Wortlauts stellt die Autonomie der Leitung sehr wohl eine notwendige Voraussetzung für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit dar. Damit verbleibt auch kein Raum für die Rechtsansicht der Klägerseite, einer eigenen Leitungsstruktur bedürfe es für die einzelnen Stationen nicht, da auch ohne einen eigenen Vorgesetzten eine Station selbständig sei.
In den eher seltenen Fällen, in denen das Vorhandensein einer wirtschaftlichen Einheit unterhalb der Betriebsebene streitig ist, geht auch das BAG davon aus, dass bezogen auf einzelne Geschäftsbereiche in hinreichendem Maße Führungs- und Organisationsstrukturen vorhanden sein müssen, um das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit bejahen zu können (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – juris Rn. 49).
3.5. Bei Anwendung dieser vom EuGH entwickelten Kriterien kann nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerseite angeführten Einheiten wirtschaftliche Einheiten sind. Dies hat zur Folge, dass schon deswegen ein Betriebs-(teil)übergang ausscheidet. Für den Flugbetrieb insgesamt ist ein Betriebsübergang ebenfalls nicht ersichtlich.
3.5.1. Die einzelnen Flugzeuge stellen vorliegend keine wirtschaftliche Einheit dar.
Dies scheitert schon daran, dass mit dem jeweiligen Flugzeug als Betriebsmittel keine Gesamtheit von Personen auf Dauer verbunden ist. Die Besatzungen wechseln von Umlauf zu Umlauf. Auch fehlt es an der notwendigen Autonomie der Leitung, da niemand innerhalb der Flugzeugbesatzung darüber entscheidet, wer jeweils mitfliegt. Die teilweise als relevant angenommene Kommandantenstellung des jeweiligen Flugkapitäns (ArbG Berlin 19.07.2018 – 41 Ca 15.666/17 – juris Rn. 187) ist unerheblich, da ihr jedenfalls die notwendige Dauerhaftigkeit fehlt. Es kann auch keine Parallele zu der Entscheidung des BAG gezogen werden, wonach im Einzelfall ein Forschungsschiff eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit darstellt (BAG 02.03.2006 – 8 AZR 147/05 – juris Rn. 17), denn dort wird die Verknüpfung zwischen den Betriebsmitteln Schiff und der Besatzung über einen jeweils viel längeren Zeitraum hergestellt, so dass offen bleiben kann, ob der dogmatischen Begründung des BAG angesichts der sich erst später entwickelnden Differenzierungen durch die EuGH- Rechtsprechung so noch zu folgen ist.
Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des BAG zu Speditionen. Danach stellt ein einzelner Lkw eines Transportbetriebes für sich genommen lediglich ein Betriebsmitteln und keinem Betriebsteil dar (BAG 26.08.1999 – 8 AZR 718/98 – juris Rn. 22).
3.5.2. Die zehn einzelnen Abflugstationen stellen ebenfalls jeweils keine wirtschaftliche Einheit dar.
Es fehlt an der erforderlichen ausreichenden funktionellen Autonomie. An keiner der Stationen ist eine Leitung mit der Befugnis ausgestattet, die Arbeit der dort stationierten Arbeitnehmer in der Weise zu strukturieren, dass sie Arbeitsaufgaben auf die einzelnen Gruppenmitglieder verteilen könnte. Die Steuerung des Einsatzes des gesamten fliegenden Personals erfolgte vielmehr zentral von Berlin aus. Dort wurde der saisonale Flugplan erstellt. Auch im Falle von Havarien und Krankmeldungen wurden die notwendigen Entscheidungen dort getroffen. Über solche Kompetenzen verfügten die Area Manager nicht. Diese Personen haben zu 60 % selbst Flugleistungen erbracht. Ihre Kompetenzen waren unterhalb der Zuweisung von Arbeitsaufgaben angesiedelt. Sie waren Bindeglied zwischen dem Führungspersonal in Berlin und dem Cockpitpersonal. Ihnen standen keine Kompetenzen zu, Arbeitsaufgaben dem fliegenden Personal vor Ort zuzuweisen.
Ob die Abflugstationen Kristallisationspunkte des Flugbetriebes sind, muss nicht entschieden werden. Dies ist kein Kriterium für die Bestimmung der hier relevanten wirtschaftlichen Einheit.
3.5.3. Der Bereich Wet Lease ist im Gegensatz zur Auffassung der Klägerseite nicht als wirtschaftliche Einheit organisiert.
Der Rahmen-Interessenausgleich vom 14.02.2017 sah allerdings durchaus vor, diesen Bereich in gewisser Hinsicht zu verselbstständigen. Nach § 1 Abs. 2 wurden Überlegungen mitgeteilt, im Laufe des sechsjährigen Wetleases einige Flugzeuge in einem separaten AOC zusammenzufassen. In § 6 der Anl. 1 zu diesem Interessenausgleich war demgegenüber weiterhin festgehalten, dass alle Mitarbeiter in einem einheitlichen Flugbetrieb verbleiben sollten. Es kann offen bleiben, wie eine solche Einheit dann zu beurteilen gewesen wäre. Entscheidend ist nicht eine unternehmerische Planung, sondern deren tatsächliche Umsetzung. Tatsächlich ist es zu dieser angedachten Transformation in den darauf folgenden sechs Monaten gar nicht mehr gekommen. Ein konkretisierender Interessenausgleich wurde hierzu nicht abgeschlossen. Der Flugbetrieb und die Einteilung der Besatzungen wurde während der gesamten Zeit einheitlich in Berlin und unabhängig davon geplant, ob die Flüge eigenwirtschaftlich oder im Wet Lease durchgeführt wurden. Damit fehlt es auch hier an der notwendigen funktionellen Autonomie bezogen auf die Leitungsmacht für diesen Bereich.
Dies hier gefundene Ergebnis deckt sich auch mit der Rechtsprechung des BAG zu möglichen Betriebsteilen eines Transportbetriebes. Mehrere Lkw aus einer einheitlich organisierten Gesamtheit von Lkw eines Betriebes stellen danach keinem Betriebsteil dar. Selbst wenn Betriebsmittel und Arbeitnehmer ständig in bestimmter Weise eingesetzt werden, entstehen dadurch nicht ohne weiteres jeweils selbstständig organisierte Einheiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer alle Fahrer einheitlich angewiesen und eingeteilt hat (BAG 26.08.1999 – 8 AZR 718/98 – juris Rn. 22f).
Auch ab November/Dezember 2017 stellt dieser Bereich keine eigenständige Einheit dar. Zu diesem Zeitpunkt befand sich dieser Bereich nur noch für den kurzen Zeitraum von zwei Monaten in Abwicklung. Damit fehlt es an einem weiteren notwendigen Element, nämlich der Dauerhaftigkeit, die nach der EuGH-Rechtsprechung (EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – Amatori Rn. 31) schon beim Veräußerer vorhanden gewesen sein muss. Ein Vorhaben, hier die Durchführung des Abwicklungsbetriebes, reicht insofern nicht für die Herausbildung einer neuen Struktur als wirtschaftliche Einheit aus.
3.5.4. Die Bereiche Langstrecke einerseits und Kurz- und Mittelstrecke andererseits stellen ebenfalls keine wirtschaftlichen Einheiten dar. Auch hier ist eine funktionelle Autonomie mangels eigenständiger Leitungsstruktur nicht erkennbar.
3.5.5. Somit kann auch offen bleiben, inwiefern die jeweils klagende Partei überhaupt dieser Einheit angehörte, von der sie annahm, dass sie übergeben würde.
3.5.6. Als einzige wirtschaftliche Einheit, die im Rechtssinne übergangsfähig wäre, kommt wegen der zentralen Steuerung nur der Flugbetrieb im Ganzen in Betracht.
Für die Beurteilung der Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit übergeht, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und können deshalb nicht isoliert beurteilt werden (EuGH 09.09.2015 – C-160/14 – Ferreira da Silva e Britto u. a., juris Rn. 26).
Mit dem LAG Düsseldorf (17.10.2018 – 1 Sa 334/18 – Rn. 127) ist davon auszugehen, dass ein Flugbetrieb als wirtschaftliche Einheit geprägt wird durch die eingesetzten Flugzeuge, die Piloten und die öffentlich-rechtlich erteilten Lizenzen und Genehmigungen einschließlich der Slots. Der EuGH (09.09.2015 – C-160/14 – Ferreira da Silva e Britto u. a., juris Rn. 29f) hat den Übergang von Material als ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebsübergangs bei einem Flugbetriebsunternehmen erachtet. Die tatsächliche Nutzung von Flugzeugen wird als unerlässliche Voraussetzung für die Fortsetzung der zuvor ausgeübten Flugtätigkeit angesehen.
Zum Stichtag 12.10.2017, der Erklärung über die beabsichtigte Betriebsstilllegung, hat die Schuldnerin noch 132 Flugzeuge genutzt. Unterstellt man ferner, dass ein potentieller Übernehmer für jedes dieser Flugzeuge auch die notwendige Anzahl an fliegendem Personal eingestellt hat, das ursprünglich bei der Schuldnerin beschäftigt war, so wäre ein Betriebsübergang im Ganzen allenfalls dann denkbar, wenn mindestens die Hälfte der ursprünglich eingesetzten Flugzeuge übernommen worden wäre. Die Klägerseite trägt auch unter Berücksichtigung einer abgestuften Darlegungslast keine Anhaltspunkte dafür vor, dass einer der möglichen Übernehmer (Deutsche L., E., E.Jet oder LGW) eine Mehrzahl an Flugzeugen für seinen Betrieb übernommen hätte. Da ein Flugbetrieb auch nach der Rechtsprechung des EuGH als „betriebsmittelgeprägt“ gilt, wäre dies aber eine notwendige Mindestvoraussetzung. Auch kommt es nicht darauf an, welche Flugzeuge die „L.-Gruppe“ übernommen haben soll. Ein Betriebsinhaberwechsel nach § 613a BGB setzt einen Wechsel in der juristischen Person voraus, die den Betrieb führt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich eine Mehrzahl von Unternehmen zusammengeschlossen hätte, um einen einheitlichen gemeinsamen Flugbetrieb als Gemeinschaftsbetrieb im arbeitsrechtlichen Sinne zu unterhalten. Die Abstimmung nach Geschäftsfeldern reicht insofern nicht. Es fehlt eine einheitliche Leitung, die über den Einsatz von sächlichen Mitteln und Personal zu entscheiden hätte. Dieses Bild bestätigt sich durch die von der Klägerseite eingereichte Anlage zur Berufungsbegründung „Überblick – Wo die A.-B.-Maschinen heute fliegen“, die mit Datum 17.8.2018 insgesamt 132 Flugzeuge auflistet. Für die E. sind danach 52 ehemalige Maschinen (davon 32 Maschinen über LGW) und für E. Jet 16 - 18 ehemalige Flugzeuge der Schuldnerin im Einsatz. Die weiteren 64 Maschinen verteilen sich auf eine Vielzahl anderer Unternehmen. Auch insofern ist nicht ersichtlich, dass durch einen Übernehmer nunmehr eine Mehrzahl von Flugzeugen der Schuldnerin übernommen worden wäre.
Die klägerische Auffassung, die Deutsche L. trete in wirtschaftlichem Sinne in die Rolle des Erwerbers ein, da sie innerhalb der Konzernstruktur über die Verteilung der Produktionsmittel entscheide, wird nicht geteilt. Es kommt nicht auf eine Verteilung von Produktionsmittel, sondern darauf an, ob mit den sächlichen Mitteln eine eigene Betriebstätigkeit aufgenommen wird (BAG 10.05.2012 – 8 AZR 434/11 – Rn. 42). So ist z.B. nicht ersichtlich, dass die Dash-8 Flugzeuge zu irgendeinem Zeitpunkt nicht von der LGW, sondern der Deutschen L. genutzt worden wären. Auch sonst wird die Deutsche L. AG in der Anlage K 40 bei den einzelnen 132 Flugzeugen nirgends als Betreiber aufgeführt.
Auch das LAG Düsseldorf (17.10.2018 – 1 Sa 334/18 – juris Rn. 128) sieht keinen Ansatzpunkt für eine Betriebsübernahme im Ganzen, worauf zusätzlich verwiesen wird.
4. Die Kündigung ist nicht deswegen unwirksam, weil die Sozialauswahl fehlerhaft vorgenommen worden wäre (§ 1 Abs. 3 KSchG).
Eine Sozialauswahl ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, wenn allen Arbeitnehmern gekündigt wird (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 58). Entschließt sich ein Arbeitgeber jedoch zu einer Teilbetriebsstilllegung und andererseits zu einem Betriebsteilübergang, dann ist eine Sozialauswahl vorzunehmen (BAG aaO Rn 37).
Da es zu keinem Zeitpunkt zu einem Betriebs-(teil)übergang gekommen ist und die Schuldnerin sämtlichen Cockpitbeschäftigten gekündigt hatte, war vorliegend eine Sozialauswahl nicht erforderlich.
5. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht an einer vorzunehmenden Interessenabwägung.
Nach der Rechtsprechung des BAG (22.10.2015 – 2 AZR 582/14 – juris Rn. 29) kann eine Interessenabwägung bei einer betriebsbedingten Kündigung sich allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken. Angesichts der Insolvenz der Schuldnerin ist vorliegend ein solcher Ausnahmetatbestand nicht ersichtlich. Auch eine hohe soziale Schutzbedürftigkeit kann schon deswegen nicht zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führen, weil ein solches wegen der Betriebsstilllegung sinnentleert wäre.
II.
Die Kündigung ist nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Dies folgt schon daraus, dass nach den obigen Ausführungen zu keinem Zeitpunkt ein Betriebs- oder Betriebsteil auf einen anderen Erwerber übergegangen ist.
III.
Die Kündigung ist nicht deswegen unwirksam, weil die Schuldnerin das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs. 2 nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat.
Insofern ist erforderlich, dass der Arbeitgeber die notwendigen Informationen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich erteilt, den Betriebsrat zu Beratungen auffordert und die Gründe für die Massenentlassung mitteilt und zweckdienliche Auskünfte erteilt (BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16 – juris Rn. 40).
Mit Schreiben vom 12.10.2017 ist die Einleitung schriftlich und unter Mitteilung der Angaben nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Nr. 1 bis 6 KSchG erfolgt. Der Entlassungsgrund, die beabsichtigte Betriebsstilllegung, war ebenfalls unter Mitteilung weiterer Hintergründe erfolgt. So war insbesondere dargelegt worden, dass bis auf zwei Angebote keine annahmefähigen Angebote vorgelegen hätten. Auch diese hätten nur die Übernahme von einzelnen Vermögensgegenständen beinhaltet.
Im Gegensatz zur Auffassung der klagenden Parteien mussten weitere zweckdienliche Angaben (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1) nicht erteilt werden. Das Begehren der Personalvertretung, sowohl ihr gegenüber die weiteren 79 Angebote als auch die beiden mit L. und E. Jet abgeschlossenen Verträge im Detail offenzulegen, hätte auch im Falle der Erfüllung die Personalvertretung nicht in die Lage versetzt, alternativ zur Betriebsstilllegung ein anderes Konzept vorschlagen zu können. Die 79 Angebote haben die Schuldnerin und der vorläufige Gläubigerausschuss als nicht annahmefähig erachtet. Ein Arbeitgeber darf im Konsultationsverfahren die Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen von bestimmten Bedingungen abhängig machen (BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16 – juris Rn. 50). Dazu gehört nach hiesiger Auffassung auch die Vorentscheidung, Vertragsverhandlungen nur mit solchen möglichen Investoren zu führen, die annahmefähige Angebote vorlegen. Als sinnlos erachtete Verhandlungen, z.B. weil das Finanzierungskonzept nicht überzeugt, müssen nicht durchgeführt werden. Dies gilt im Rahmen einer Insolvenz mit dem einhergehenden Zeitdruck verstärkt. Auch die späteren Verträge mit L. und E. Jet mussten nicht komplett offengelegt werden. Aus Perspektive der Personalvertretung war solches nur erforderlich, um überprüfen zu können, ob nicht doch ein Betriebsübergang vorlag. Dies wäre eine reine Rechtskontrolle, was aber nicht Gegenstand des Konsultationsverfahrens ist. Es sind auch keine Indizien dafür ersichtlich, dass die mitgeteilte Einschätzung der Schuldnerin, es lägen nur Angebote zum Kauf einzelner Vermögensgegenstände vor, auch nur irreführend gewesen sein könnte. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung war diese Einschätzung auch zutreffend. Die Unterrichtung soll es der Arbeitnehmervertretung aber ermöglichen, konstruktive Vorschläge zu unterbreiten, um die geplante Massenentlassung zu verhindern oder einzuschränken (BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16 – juris Rn. 50). Mit Abschluss dieser beiden Verträge gab es keinen Raum mehr für alternatives Handeln in Bezug auf die Veräußerung von Betriebsmitteln und damit einen eventuellen Betriebsübergang. Im Übrigen ist schon die Vorstellung, einer der Vertragspartner könnte zur Übernahme des ganzen Flugbetriebes in arbeitsrechtlicher Hinsicht bereit gewesen sein, extrem unrealistisch, da er dann auch das gesamte Personal der unrentablen Schuldnerin hätte übernehmen müssen. Die Kombination aus Betriebsmitteln und Personal hatte sich aber in der Vergangenheit in hohem Maße als unrentabel herausgestellt. Angesichts der Insolvenz und des Kapitalbedarfs von 150 Mio. € für einen Zeitraum von nur 3 Monaten, was in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden war, musste der wirtschaftliche Zustand des bestehenden Flugbetriebes der Schuldnerin jedem möglichem Investor klar gewesen sein.
Mit Abschluss des Interessenausgleichs am 17.11.2017 war dann auch das Konsultationsverfahren abgeschlossen. Davon ging auch die Personalvertretung aus. Sie hielt nur an der Rechtsauffassung fest, nicht genügend informiert worden zu sein.
IV.
Die Personalvertretung Cockpit ist vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß nach § 74 TV PV angehört worden, so dass kein Unwirksamkeitsgrund für die Kündigung vorliegt.
Der Inhalt der notwendigen Unterrichtung ist grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss nur die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (BAG 23.10.2014 – 2 AZR 736/13 – juris Rn. 14).
Danach sind alle erforderlichen Angaben gegenüber der Personalvertretung erfolgt. Soweit gerügt wird, dass die übrigen 79 Angebote und die beiden zuletzt ausgehandelten Verträge hätten vorgelegt werden müssen, gelten zum einen die vorangegangenen Erwägungen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass nach Einschätzung der Schuldnerin nur einzelne Vermögensgegenstände übertragen wurden. Schon deswegen musste sie über einen (eventuellen) Betriebsübergang nicht näher informieren. Sie kann diesbezüglich auch keine Falschangaben gemacht haben, da es zu einem Übergang nicht gekommen ist.
V.
Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht deswegen, weil das Verfahren zur Massenentlassung fehlerhaft durchgeführt worden wäre.
Fehler im Rahmen einer notwendigen Massenentlassungsanzeige können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen (BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16 – Rn. 68).
Eine Massenentlassungsanzeige war gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 Z. 3 KSchG geboten. Sie ist auch erfolgt. Relevante Fehler liegen insofern nicht vor. Die Schuldnerin hat insbesondere die örtlich zuständige Behörde angehört, denn alle drei Kläger waren in Berlin stationiert. Dies war die Agentur für Arbeit Berlin-Nord.
Die Klägerseite rügt diesbezüglich nur, dass die Schuldnerin die für die übrigen Stationen außerhalb von Berlin zuständigen Arbeitsagenturen hätten angehört werden müssen. Dies kann hier als rechtlich zutreffend unterstellt werden. Fehler im Verfahren führen jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige, wenn hierdurch die Prüfungs- und Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitsverwaltung hinsichtlich der Arbeitnehmer, deren Entlassung angezeigt worden ist, weder positiv noch negativ beeinflusst werden (BAG 28.06.2012 – 6 AZR 780/10 – juris Rn. 50). Jedenfalls für die drei Kläger war die Prüfungs- und Reaktionsmöglichkeit nicht eingeschränkt, da die zuständige Arbeitsagentur eingeschaltet war.
C.
I.
Da die Berufungen erfolglos sind, hat die Klägerseite die Kosten zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Wegen der nach Einlegung der Berufung erfolgten Verbindung der Verfahren ist hinsichtlich der Kostentragung nach verschiedenen Zeitabschnitten und Gebührentatbeständen zu unterscheiden.
Die Gerichtsgebühren entstehen mit der Einlegung der jeweiligen Berufungen (Nr. 8220 Anlage 1 zum GKG), so dass jeder Berufungsführer die Verfahrensgebühren nach seinem individuellen Streitwert zu tragen hat. Die spätere Verbindung der Verfahren ändert hieran nichts.
In Bezug auf die außergerichtlichen Kosten haben die Berufungskläger jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Gebühren des Beklagten ist zu unterscheiden. Vor der Verbindung bemisst sich die Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten des Beklagten nach Maßgabe des Gegenstandswertes des einzelnen Berufungsverfahrens. Die Terminsgebühr, die erst nach der Verbindung entstanden ist, richtet sich aber nach dem Streitwert des verbundenen Verfahrens. Da das Monatseinkommen der jeweils klagenden Partei und damit auch der Streitwert stark differieren, ist die Kostenbeteiligung nach § 100 Abs. 2 ZPO anteilig zu berechnen.
II.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) sind nicht erfüllt. Insofern ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) wird hingewiesen.