Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.05.2020 | |
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Aktenzeichen | 3 K 2728/17 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2020:0520.3K2728.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 34 Abs 1 BauGB, § 34 Abs 2 BauGB |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung und den Umbau eines Ladens in eine Spielhalle.
Er beabsichtigt im Erdgeschoss eines mehrgeschossigen Wohnhauses auf dem Grundstück S... in C..., Gemarkung A..., Flur 22, Flurstück 123, in den Räumlichkeiten eines ehemaligen Ladenlokals eine Spielstätte zu betreiben. Am 22. Dezember 2016 beantragte er hierfür eine Baugenehmigung. Die Räumlichkeiten umfassen eine Gesamtnutzfläche von 118 m², wovon ausweislich des Grundrisses 96 m² auf den Raum zur Aufstellung der Spielgeräte und ca. weitere 12 m² auf die in diesem Raum integrierte Bar entfallen. Laut Betriebsbeschreibung sind tägliche Öffnungszeiten von 9.00-22.00 Uhr geplant.
Das Grundstück liegt im unbeplanten Innenbereich. Es befindet sich auf der westlichen Straßenseite der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden S... an der Ecke zur nach Westen verlaufenden C.... An das Vorhaben schließen sich zu beiden Seiten Wohngebäude an. Direkt gegenüber, auf der östlichen Straßenseite der S..., befindet sich ein Ärztehaus, an das sich eine Apotheke anschließt. Im südlichen Abschnitt der S... befinden sich eine Kindertagesstätte, das Autohaus „C...“ und nahe der südlich kreuzenden W...ein Friseur, ein Geigenladen und eine Musikschule. Im nördlichen Teil der S... sind ein Rechtsanwalts-, ein Steuerberater- und ein Immobilienbüro, jeweils im Erdgeschoss eines Wohngebäudes untergebracht; direkt an der Kreuzung zur K... befindet sich der Biergarten H.... Im Übrigen zeichnet sich die S... durch mehrgeschossige Wohnbebauung aus. In der in westliche Richtung verlaufenden und ebenfalls durch zwei- bis viergeschossige Wohnbebauung geprägten K... (Hausnummer 2...) liegt ein chinesisches Restaurant. Auf dem Hof hinter dem Restaurant wird eine Physiotherapie, das Lokal „Z...“ sowie südlich hiervon das an die C...grenzende „L...“ mit Billard- und Dartspielen sowie ein Fitnessstudio betrieben. Direkt gegenüber, auf der südlichen Straßenseite der in Ost-West-Richtung verlaufenden C... befinden sich ein Speditionsunternehmen, schräg gegenüber (Hausnummer 3...) ein Garagenkomplex sowie in westliche Richtung (Hausnummer 1...) ein indisches Restaurant, das „L...“ sowie ein Kosmetikstudio. Die hieran angrenzende Brache wird zum Abstellen von Fahrzeugen genutzt wird. Im Übrigen weist die C... Wohnbebauung auf.
Auf der Karte stellt sich die Situation wie folgt dar:
…
Quelle: Brandenburgviewer
Mit Bescheid vom 4. Mai 2017 lehnte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig. Die Eigenart der näheren Umgebung entspräche einem allgemeinen Wohngebiet i.S.v. § 4 BauNVO, wobei sich das Autohaus „C...“ als Fremdkörper darstelle und nicht am maßgeblichen Umgebungsrahmen teilnehme. Das Vorhaben sei unzulässig, weil es als Vergnügungsstätte zu behandeln sei. Eine solche rufe bodenrechtliche Spannungen in Form von Lärmbelästigungen hervor. Selbst bei angenommener Einordnung der näheren Umgebung als Mischgebiet i.S.v. § 6 BauNVO sei das Vorhaben nicht genehmigungsfähig, weil es in einem Bereich liege, der überwiegend durch Wohnnutzung geprägt sei. Die Vergnügungsstätte könne insbesondere in den Nachtstunden nicht die gebotene Rücksicht gegenüber der Wohnnutzung einhalten.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2017 zurückwies. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, die in der näheren Umgebung vorhandenen Gewerbebetriebe, wie etwa das Ärzte-, Auto- und „L...“ seien zwar nicht allein auf die Gebietsversorgung ausgerichtet und damit nicht wohngebietstypisch; störten das Wohnen aber nicht wesentlich. Eine Mischgebiet läge mangels Gleichrangigkeit von Wohnen und Gewerbe aber nicht vor, weil die nähere Umgebung durch Wohnnutzung geprägt sei. Selbst bei Annahme eines Mischgebiets sei das Vorhaben unzulässig, weil die klägerische Spielstätte mit Blick auf deren Gesamtnutzfläche von mehr als 100 m², die Bar und gute Verkehrsanbindung für ein größeres Publikum erreichbar, anziehend und damit kerngebietstypisch sei. Zudem liege das Vorhaben nicht in einem Bereich, der überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sei. Da das Vorhaben schon nicht in einem Mischgebiet zulässig sei, füge es sich auch nicht in die nähere Umgebung ein, die sich als Gemengelage darstelle.
Am 6. November 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, die nähere Umgebung sei als Mischgebiet einzuordnen, weil neben den vom Beklagten genannten Einrichtungen eine Vielzahl weiterer gewerblicher Nutzungen vorhanden seien. Seine Spielhalle sei nicht kerngebietstypisch, weil sie nur eine Fläche von 96 m² umfasse und damit den Schwellenwert von 100 m² unterschreite.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. September 2017 zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung für den Umbau und Nutzungsänderung des Ladenlokals in eine Spielhalle in der S... in C... zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen in den Bescheiden und führt ergänzend aus, zur Spielhalle zähle nicht nur die eigentliche Spielfläche (hier 96 m²), sondern mit Blick auf § 3 Abs. 2 S. 3 SpielV auch die Barfläche (hier 12 m²).
Das Gericht hat über die örtlichen Verhältnisse Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Ortsterminprotokoll vom 16. Juli 2019 verwiesen.
Die Beteiligten haben im Ortstermin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Beschluss der Kammer vom 6. November 2019 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Das Gericht kann durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil ihr die Kammer den Rechtsstreit durch Beschluss gemäß § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 VwGO übertragen hat bzw. die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Ablehnung der beantragten Baugenehmigung mit Bescheid vom 4. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. September 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
Nach § 72 Abs. 1 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Das Vorhaben ist genehmigungspflichtig. Die Umwandlung der Nutzung des Ladenlokals in eine Schankwirtschaft bedarf gemäß § 59 Abs. 1 BbgBO einer Baugenehmigung, weil die beabsichtigte Nutzungsänderung gegenüber der bisher genehmigten Nutzung in bodenrechtlicher Hinsicht neu zu bewerten ist (vgl. Beschluss der Kammer vom 17. November 2014 – 3 L 278/14 – S. 5 d. Entscheidungsabdrucks). Zudem soll die bauliche Anlage ausweislich des eingereichten Grundrisses umgebaut und damit in Form einer „Änderung“ i.S.d. § 59 Abs. 1 BbgBO umgestaltet werden (zur inneren Umgestaltung einer Spielhalle durch Veränderung der bisherigen Raumaufteilung vgl. VG Köln, Urteil vom 26. Januar 2011 – 23 K 5066/09 – juris Rn. 21 ff.).
Das Vorhaben ist nicht genehmigungsfähig. Es ist bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es sich nicht in die nähere Umgebung einfügt.
Vorliegend ist § 34 BauGB für die planungsrechtliche Beurteilung maßgeblich, weil das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und ein Bebauungsplan nicht existiert.
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist (§ 34 Abs. 1 BauGB). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Bauordnungsnutzung allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).
Die nähere Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 und 2 BauGB reicht soweit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstückes prägt oder doch beeinflusst; es darf also nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstückes insoweit berücksichtigt werden, als sie noch „prägend“ auf dasselbe einwirkt (ständige Rechtsprechung, statt vieler: BVerwG, Beschlüsse vom 27. März 2018 – 4 B 60.17 – juris Rn. 7; vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Juni 2015 – OVG 10 S 11.15 – juris Rn. 4).
Nach den im Ortstermin gewonnenen Eindrücken und den im Brandenburgviewer abrufbaren Kartenmaterial umfasst die hier maßgebliche Umgebung die Bebauung entlang der S..., die in nördliche Richtung durch die K...und in südliche Richtung durch die W... abgegrenzt wird. Ferner ist die Bebauung in der C... einzustellen. In dem vorgenannten Bereich finden sich gewerbliche Nutzungen, Schank- und Speisewirtschaften, Anlagen für soziale und gesundheitliche Zwecke (Kita, Musikschule, Ärztehaus) und vereinzelt freiberufliche Nutzungen (Rechtsanwalt, Steuerberater). Zugunsten des Klägers ist die nähere Umgebung so weit zu ziehen, dass sie auch die baulichen Anlagen auf dem Hof zwischen der K... und der C... erfasst, also insbesondere das „L...“ und das Lokal „Z...“ sowie das Fitnessstudio als Anlage für sportliche Zwecke.
Selbst unter der Prämisse, dass die auf dem Hof der K... vorhandene Bebauung von dem als nähere Umgebung definierten Bereich nicht mehr erfasst wäre, kann dieser entgegen der vom Beklagten im Ausgangsbescheid vertretenen Ansicht nicht als faktisches allgemeines Wohngebiet entsprechend § 4 BauNVO behandelt werden. Ein Teil der vorhandenen gewerblichen Nutzungen ist in einem allgemeinen Wohngebiet nicht allgemein zulässig, weil es sich nicht um lediglich der Versorgung des Gebiets dienende Läden bzw. Schank- und Speisewirtschaften (Autohaus, „L...“, Biergarten) handelt.
Unter der gleichen Prämisse ist die nähere Umgebung auch nicht als faktisches Mischgebiet in entsprechender Anwendung von § 6 BauNVO zu qualifizieren. Ein Mischgebiet dient dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Diese allgemeine Zweckbestimmung verlangt, dass die beiden in dem Gebiet zulässigen Hauptnutzungsarten im Sinne einer etwa gleichgewichtigen und gleichwertigen Durchmischung vorhanden sind. Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe müssen sich zwar nicht – etwa bezogen auf die Geschossflächen oder die Zahl der Betriebe im Verhältnis zu den Wohngebäuden – die Waage halten. Jedoch darf keine der beiden Hauptnutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere haben bzw. optisch eindeutig dominieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November1983 – 4 C 64/79 – juris Rn. 9).
Die im Verhältnis zur Wohnnutzung wenigen vorhandenen gewerblichen Nutzungen (in der S...: ein Geigenladen, Friseur, Autohaus, Biergarten und Immobilienbüro sowie eine Apotheke; in der C...: ein Speditionsunternehmen, indisches Restaurant und Kosmetikstudio sowie das „L...“) stehen ersterer aufgrund der zahlenmäßigen Differenz nicht gleichgewichtig gegenüber, ebenso (wohl) noch dann nicht, wenn auch das Ärztehaus und die freiberuflichen Nutzungen (Rechtsanwalt, Steuerberater) als gebietsprägende „Gewerbebetriebe“ i.S.d. § 6 Abs. 1 BauNVO eingestellt werden (vgl. Spannowsky/Hornmann/Kämper, in: BeckOK BauNVO, Stand: Dezember 2019, § 6 Rn. 17). In der näheren Umgebung dominiert sowohl quantitativ wie auch hinsichtlich des optischen Erscheinungsbildes des Quartiers die Wohnnutzung. Es besteht kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wohn- und Gewerbenutzung. Die Wohngebäude übertreffen von ihrer Anzahl her die gewerblichen Einheiten deutlich. Vorliegend ergibt sich daher nach dem Ergebnis des Augenscheins vom 16. Juli 2019 eine nicht nur zahlenmäßige, sondern auch optisch noch wahrnehmbare Dominanz der Wohnnutzung.
Aber auch – und gerade – bei Einstellung der im rückwärtigen Bereich der K...liegenden Lokale „L...“ und „Z...“ kann die nähere Umgebung nicht als faktisches Mischgebiet eingestuft werden, weil beide Einrichtungen als kerngebietstypische und damit als mischgebietsunverträgliche Vergnügungsstätten zu qualifizieren sind. Vergnügungsstätten sind gewerbliche Einrichtungen, die durch kommerzielle Freizeitgestaltung gekennzeichnet sind und sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa als Diskotheken, Spielhallen und Tanzbars) unter Ansprache und Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten, auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. März 2007 – 8 A 10066/07 – juris Rn. 8; Urteil der Kammer vom 31. Juli 2019 – 3 K 261/15 – juris Rn. 31). Kerngebietstypisch ist eine Vergnügungsstätte regelmäßig dann, wenn sie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls insbesondere Art und Betriebsgestaltung) als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich besitzt und für ein größeres Publikum erreichbar ist (BVerwG, Urteil vom 25. November 2015 – 4 B 54.89 – juris). Hiervon ausgehend sind sowohl das „L...“ als auch das Lokal „Z...“ als Vergnügungsstätten einzuordnen, weil beide Einrichtungen der Unterhaltung zur Freizeitgestaltung dienen. So finden in dem „als Kneipe und Club in einem“ firmierenden Lokal „Z...“ regelmäßig Konzerte, Parties und sonstige Veranstaltungen statt (http://zum-faulen-august.de/programm/); das „L...“ bietet Billardtische, Tisch-Kicker, Dart und „Fun Game Automaten“ sowie „eine gemütliche Lounge zum chillen, relaxen oder Spaß haben“ (vgl. http://lagerhaus-cb.de). Für beide Vergnügungsstätten ist unter Berücksichtigung der Art und dem Leistungsangebot sowie sich der aus der zentralen Innenstadtlage ergebenden Erreichbarkeit für ein größeres Publikum ein größerer Einzugsbereich und mithin eine Kerngebietstypik anzunehmen.
Im Übrigen wäre das Vorhaben des Klägers in einem faktischen Mischgebiet bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es eine Spielhalle i.S.d. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also kerngebietstypisch ist und nicht in einem Bereich liegt, der überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt ist, vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauGB. Mit einer Größe von etwa 108 m² überschreitet sie den zur Beurteilung der Kerngebietstypik von Spielhallen heranzuziehenden Schwellenwert von 100 m² (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1988 – 4 B 119.88 – juris Rn. 3 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2018 – 8 S 2254/17 – juris Rn. 48; VGH Bayern, Urteil vom 17. Dezember 2004 – 25 B 01.2850 – juris Rn. 24). Die Größe der Spielhalle stellt einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Einstufung als kerngebietstypisch dar, weil er sich an der Attraktivität von Spielhallen maßgeblich ausmachenden Anzahl und Variationsbreite der dort zulässigerweise aufgestellten Spielgeräte orientiert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2018 – 8 S 2254/17 – juris Rn. 48 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Barfläche in die Berechnung einzustellen, schon weil sie Teil des Raumes ist, in den die Spielgeräte aufgestellt werden sollen und bei der Berechnung der Grundfläche nach § 3 Abs. 2 S. 4 Spielverordnung nur Nebenräume (wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen, vgl. § 3 Abs. 2 S. 4 SpielV) außer Ansatz zu bringen sind, worunter die Bar nicht fällt. Vielmehr wirkt sie gerade attraktivitätssteigernd, weil das Vorhandensein einer Bar geeignet ist, einen wesentlich größeren Kundenkreis anzuziehen als eine Spielhalle, die über keine Möglichkeit des Ausschanks von Getränken verfügt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1992 – 4 B 103.92; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2018 – 8 S 2254/17 – juris Rn. 50 m.w.N.). Das Leistungsangebot der klägerischen Spielhalle ist darauf zugeschnitten, eine überregionale Kundschaft anzulocken. Dem trägt auch die zentrale, wie oben beschrieben Lage in der Innenstadt von C... Rechnung.
Demnach ist die nähere Umgebung als eine nicht der Baugebietsarten der Baunutzungsverordnung entsprechenden Gemengelage aus Wohnnutzung bis zu mischgebietstypischer Nutzung mit Elementen einer kerngebietstypischen Nutzung anzusehen. Die Zulässigkeit des Vorhabens ist demnach an § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB zu messen. Danach fügt sich ein Vorhaben seiner Art nach in die nähere Umgebung ein, wenn es den seiner Umgebung ableitbaren Rahmen einhält, in dem es dort ein Vorbild oder eine Entsprechung findet, es sei denn es würde an der gebotenen Rücksichtnahme auf die Umgebungsbebauung fehlen. Letzteres ist hier der Fall. Die streitgegenständliche Spielhalle verstößt gegen das nachbarschaftliche Gebot der Rücksichtnahme.
Sie findet in der näheren Umgebung zwei Vorbilder, weil sie ebenso wie das „L...“ und Lokal „Z...“ als Vergnügungsstätte zu behandeln ist. Die geplante Spielhalle lässt aber die gebotene Rücksichtnahme auf die Umgebungsbebauung missen.
Ein Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 BauGB dann ausgeschlossen, wenn es die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet. Wann dies der Fall ist, hängt von den jeweiligen konkreten Gegebenheiten ab. Ein Vorhaben fügt sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es die Gefahr heraufbeschwört, dass der gegebene Zustand in negativer Richtung in Bewegung gebracht wird. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der von der Bebauung bisher eingehaltene Rahmen überschritten wird, ohne dass dies durch eine Besonderheit begründet wäre. Ob von dem Vorhaben eine negative Vorbildwirkung für Nachbargrundstücke ausgehen kann, hängt von der Bewertung im Einzelfall ab (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. März 1999 – 4 B 15.99 – juris Rn. 5 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. Juli 2017 – 2 A 471/15 – juris Rn. 70 ff.). Dies ist dann anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass eine städtebauliche Situation sonst zum „Umkippen“ gebracht wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1974 – IV C 72.72).
Hiervon ausgehend fügt sich das Vorhaben nicht ein, weil es nach typisierender Betrachtungsweise zu bodenrechtlichen Spannungen führt. Vergnügungsstätten entfalten regelmäßig negative Auswirkungen auf die besonders sensible Wohnnutzung, weil sie mehr oder weniger von Unruhe und anderen der Wohnruhe abträglichen Begleiterscheinungen geprägt sind. Die Störungen, die im Zusammenhang mit dem Betreib von Vergnügungsstätten zu erwarten sind, wie etwa der Zu- und Abfahrtsverkehr sowie Gespräche der kommenden, gehenden und sich vor der Vergnügungsstätte aufhaltenden Gäste, sind im Allgemeinen nur schwer zu unterbinden (vgl. Wahlhäuser, in: Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, 2. Aufl. 2018, § 4a Rn. 71).
Wie ausgeführt macht aber die Wohnnutzung eine wesentliche Prägung der näheren Umgebung insgesamt und insbesondere der unmittelbar angrenzenden Bereiche des Vorhabengrundstücks aus. Das Vorhaben befindet sich im Erdgeschoss eines Gebäudes, das im Übrigen – ebenso wie die unmittelbar angrenzenden Gebäude – ausschließlich durch Wohnnutzung geprägt ist. Darin unterscheidet sich die geplante Spielhalle wesentlich vom Lokal „Z...“ und „L...“, die auf einem ausschließlich durch gewerbliche Nutzungen geprägten Hof liegen. Auch unter Berücksichtigung der Betriebszeiten des Vorhabens (täglich von 9.00 bis 22.00 Uhr, auch am Wochenende) sind erhebliche Auswirkungen auf die Wohnnutzung zu erwarten, wenngleich mit Lärmeinwirkungen zur besonders ruhebedürftigen Nachtzeit nicht zu rechnen ist. Der Umstand der Kerngebietstypik der Spielhalle und der daraus resultierenden Annahme verstärkter Einwirkungen auf die Nachbarschaft bestärkt das gefundene Ergebnis.
Bei seiner Zulassung würde das Vorhaben ein Vorbild darstellen, das die Ablehnung weiterer Nutzungen als Vergnügungsstätte mindestens erschwerte. Denn jedenfalls bei einer Häufung von Vergnügungsstätten stehen erhebliche Auswirkungen auf die Wohnruhe in Rede. Mit der Zulassung des Vorhabens würde damit eine Situation negativ in Gang gesetzt. Denn es entspricht einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten, zumindest wenn sie in einem Gebiet gehäuft auftreten, negativ auf ihre Umgebung auswirken, etwa indem sie ihrerseits zu einem „Trading-Down-Effekt“ führen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.