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Entscheidung 21 Sa 1109/19


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 21. Berufungskammer Entscheidungsdatum 24.09.2020
Aktenzeichen 21 Sa 1109/19 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2020:0924.21SA1109.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 12 Abs 1 TV-L

Leitsatz

Auch bei der Eingruppierung von Beschäftigten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften nach den besonderen Tätigkeitsmerkmalen (Teil II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1) der Entgeltordnung zum Tarifverträg für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) gelten für die Bestimmung der Arbeitsvorgänge und deren Bewertung die allgemeinen, das Eingruppierungsrecht des TV-L prägenden Regelungen des § 12 Absatz 1 TV-L einschließlich der Protokollerklärungen.

Tenor

I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10. April 2019 - 5 Ca 1217/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Zur Klarstellung wird der Tenor 1. des Urteils des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10. April 2019 - 5 Ca 1217/18 - wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 nach Entgeltgruppe 9 und seit dem 1. Januar 2019 nach Entgeltgruppe 9a des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbeträge ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die 1970 geborene Klägerin absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik. Seit dem 27. Juli 1998 ist sie mit kurzzeitiger Unterbrechung bei dem beklagten Land auf der Grundlage mehrerer befristeter und unbefristeter Arbeitsverträge beschäftigt und im Amtsgericht N. tätig.

Nach § 2 des zwischen den Parteien zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrages vom 3. August 2001 (Blatt 491 f. (folgende) der Akten) bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des beklagten Landes jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

Zunächst war die Klägerin im Amtsgericht N. als Schreibkraft und, nachdem 1999 in den einzelnen Abteilungen des Amtsgerichts sogenannte Servicegeschäftsstellen eingerichtet worden waren, in einer Servicegeschäftsstelle der „Strafabteilung“ (Abteilung für Straf- und Bußgeldverfahren) tätig und wurde nach der Vergütungsgruppe VII BAT-O vergütet. 2001 wechselte sie in eine Servicegeschäftsstelle der „Insolvenzabteilung“ (Abteilung für Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzverfahren) des Amtsgerichts und wurde 2003 rückwirkend ab dem 1. Januar 2001 der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1a des Teils II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O zugeordnet. Von 2006 bis 2012 wurde sie wieder in einer Servicegeschäftsstelle der „Strafabteilung“ eingesetzt und der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1b des Teils II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O zugeordnet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Änderungsverträge vom 17. März 2003 (Blatt 493 der Akten) und vom 5. Januar 2006 (Blatt 494 der Akten) verwiesen. Seit dem 1. Februar 2012 ist die Klägerin erneut in einer Servicegeschäftsstelle der „Insolvenzabteilung“ tätig und wird nach Entgeltgruppe 6 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vergütet. Ihre monatliche Bruttovergütung betrug zuletzt 3.162,17 Euro.

Der Aufbau, die Organisation, die Leitung und die Aufgaben der Geschäftsstelle der ordentlichen Gerichte des beklagten Landes sind in der Geschäftsstellenordnung für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und für die Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg (GStO-ordG-StA) vom 26. September 2016 (JMBl. (Justizministerialblatt)/16, S. 103) geregelt. Darin heißt es auszugsweise:

„…

§ 4
Aufbau und Organisation der Geschäftsstelle

(1) Die Geschäftsstellentätigkeit soll in Serviceeinheiten, in denen eine ganzheitliche Bearbeitung durch Servicekräfte (Beamtinnen oder Beamte des mittleren Dienstes oder vergleichbare Beschäftigte) erfolgt, wahrgenommen werden. …

(2) Die Geschäftsstelle kann nach Maßgabe von Art und Umfang der zu erledigenden Aufgaben in verschiedene Organisationseinheiten (zum Beispiel Serviceeinheit, Servicegruppe) eingeteilt werden, …

(3) Mehrere Serviceeinheiten können zu Servicegruppen zusammengefasst werden.

§ 5
Aufgaben der Geschäftsstelle

Die Geschäftsstelle ergreift neben den Geschäften, die ihr nach Rechts- oder Verwaltungsvorschriften obliegen, alle Maßnahmen selbstständig, die im Interesse des Geschäftsbetriebes im Allgemeinen oder zur Förderung einer einzelnen Sache angezeigt oder im Rahmen der Sachbearbeitung angeordnet sind. Die Bediensteten der Geschäftsstelle erledigen ihre Aufgaben einschließlich des Schreib- und Protokolldienstes unter Anwendung der zur Verfügung stehenden IT-Technik effizient und gesamtverantwortlich im Team, sofern die Leitung des Gerichts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft keine davon abweichenden Regelungen getroffen hat.

§ 6
Funktionelle Zuständigkeit

(1) Die Aufgaben der Geschäftsstelle einschließlich der Aufgaben der Urkundsbeamtinnen und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) werden von Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten wahrgenommen, soweit die Aufgaben nicht nach anderen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften den Beamtinnen und Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Beschäftigten vorbehalten sind. …

(2) Die Aufgaben der Kostenbeamtin oder des Kostenbeamten im Sinne der Kostenverfügung und anderer Verwaltungsvorschriften obliegen den Beamtinnen oder Beamten des mittleren Dienstes und können geeigneten vergleichbaren Beschäftigten übertragen werden, soweit die Aufgaben nicht nach dieser Verfügung oder anderen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften den Beamtinnen oder Beamten des gehobenen Dienstes vorbehalten sind.

…“

Wegen des weiteren Inhalts der GStO-ordG-StA wird auf deren Abdruck (Blatt 520 ff. (fortfolgende) der Akten) verwiesen.

Nach der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts N. für den mittleren Dienst ist die Geschäftsstelle nach Rechtsgebieten bzw. (beziehungsweise) Abteilungen (Servicegruppen) mit eigener Gruppenleitung untergliedert und innerhalb der Rechtsgebiete bzw. Abteilungen nach Servicegeschäftsstellen (Serviceeinheiten) mit bestimmten Aufgaben (Zuständigkeiten). Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts N. für den nichtrichterlichen Dienst - Mittlerer Dienst - für das Jahr 2019 (Blatt 445 ff. der Akten) obliegen der Klägerin als Servicegeschäftsstelle innerhalb der „Insolvenzabteilung“ (Abteilung 15) folgende Aufgaben:

- Gesamtvollstreckungsverfahren und Verfahren nach der Insolvenzordnung (Regel- und Verbraucherinsolvenzen) mit der Endziffer 2 (ganze EZ) und mit der Endziffer 5 mit den Vorziffern 0 bis 2 einschließlich der Anfragen, Kosten der nachträglichen Prüfungstermine, Tabellenführung mit Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen und öffentlichen Bekanntmachungen zu diesen Aktenzeichen,

- zentrale Eingangsgeschäftsstelle,

- Festsetzung und Anweisung der Sachverständigen mit schriftlichen Gutachten bei den Gerichten zu gewährende Entschädigung in Insolvenzsachen,

- Führung der Generalakte InsO, der Verwalterakten und der Akten der Schlussrechnungsprüfer.

Bei den Aufgaben der Klägerin im Bereich Zentrale Eingangsgeschäftsstelle, Festsetzung und Anweisung der Sachverständigenentschädigungen und Führen der Generalakte sowie der Verwalter- und Schlussrechnungsprüferakten handelt es sich um Sonderaufgaben, die der Klägerin zusätzlich zu den in einer Servicegeschäftsstelle für Insolvenzsachen üblicherweise anfallenden Tätigkeiten übertragen worden sind. Die Tätigkeit der Klägerin als „reguläre“ Servicegeschäftsstelle macht zeitlich etwa 65 % Prozent ihrer Gesamttätigkeit aus und umfasst folgende Einzeltätigkeiten:

- Aktenanlage, Prüfung und Abgleich der erfassten Daten im PC,

- Fertigung des Schreibwerks auf Anordnung des oder der Richter*in oder Rechtspfleger*in,

- Fristenkontrolle einschließlich der Überwachung von Zustellfristen,

- Schriftgutverwaltung einschließlich der Stammdatenerfassung und -pflege,

- Zuordnung eingehender Schriftsätze einschließlich Umlaufverwaltung,

- Aktenführung,

- Kontrolle und Überwachung von Akteneinsicht und -versendung,

- Beglaubigen und Ausfertigen gerichtlicher Schreiben,

- Erteilung von Bescheinigungen (Rechtskraftvermerke, Negativbescheinigungen),

- Bearbeitung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen einschließlich Kostenerhebung,

- Vorbereitung von mündlichen Verhandlungen sowie Teilnahme an mündlichen Verhandlungen und Protokollführung,

- Erfassung und Kontrolle von Ratenplänen in Stundungsverfahren,

- Überwachung von Ratenzahlungen (eigenständiges Anmahnen nach Fristablauf),

- Führung und Korrektur der Insolvenztabelle in eigener Zuständigkeit,

- Erteilen von vollstreckbaren Ausfertigungen in eigener Zuständigkeit einschließlich der Entwertung von bereits vorhandenen vollstreckbaren Titeln,

- Kosten nachträglicher Prüfungstermine in eigener Zuständigkeit,

- MiZi-Mitteilungen in eigener Zuständigkeit (Verfahrensstatus).

Wegen der Einzelheiten und des Ablaufs der Tätigkeit der Klägerin in der Servicegeschäftsstelle der Insolvenzabteilung einschließlich der zentralen Eingangsgeschäftsstelle wird auf die Darstellung der Klägerin auf Seite 4 bis 6 ihres Schriftsatzes vom 18. Mai 2020 (Blatt 403 ff. der Akten) verwiesen.

Neben den im Geschäftsverteilungsplan aufgeführten Aufgaben sind der Klägerin auch noch weitere Tätigkeiten übertragen. Wegen der Einzelheiten einschließlich der jeweiligen Zeitanteile an der Gesamtarbeitszeit der Klägerin wird auf die stichwortartige Darstellung ihrer Gesamttätigkeit auf Seite 5 ff. der Klageschrift (Blatt 7 ff. der Akten) verwiesen.

Mit Schreiben vom 23. August 2018 (Blatt 23 der Akten) machte die Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2018
- 4 AZR 816/16 - zur Eingruppierung einer Geschäftsstellenverwalterin bei einem obersten Bundesgericht Ansprüche auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TV-L geltend.

Mit der beim Arbeitsgericht Neuruppin am 27. November 2018 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansprüche weiterverfolgt.

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 11 zum TV-L vom 2. März 2019 ist die Entgeltgruppe 9 TV-L rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 durch die Entgeltgruppen 9a und 9b TV-L ersetzt worden. Ferner ist die Entgeltordnung zum TV-L bezogen auf die Beschäftigten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften (Teil II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L) dahin geändert worden, dass an die Stelle der Entgeltgruppe 9 die Entgeltgruppe 9a tritt.

Die Klägerin hat gemeint, ihre Tätigkeit bestehe aus den folgenden zehn Arbeitsvorgängen, wobei der neunte Arbeitsvorgang den Hauptteil ihrer Tätigkeit ausmache:

1. Zentrale Eingangsgeschäftsstelle für Insolvenzsachen,

2. Führung der Generalakte der Insolvenzabteilung einschließlich Umlaufverwaltung,

3. Statistikerledigung der gesamten Insolvenzabteilung,

4. Überwachung und Ablage sowie Weiterleitung der Statistikmeldungen der Insolvenzverwalter*innen und Treuhänder*innen an die zuständige Geschäftsstelle zur Erfassung im PC,

5. Verwaltungsgeschäftsstelle der Bewerbungen als Insolvenzverwalter*in/Treuhänder*in und Schlussrechnungsprüfer*in beim Amtsgericht N.,

6. Festsetzung und Anweisung der Vergütungsrechnungen der Treuhänder*innen und Insolvenzverwalter*innen sowie Schlussrechnungsprüfer*innen für die gesamte Insolvenzverwaltung nach dem JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz), Erfassung der Daten im PC,

7. Pflege der Datenbank MEGA-InsO einschließlich Berichtigungen und Neuerfassungen von Behörden und Institutionen,

8. Erstellen und Korrigieren von Formularen des Programms MEGA-InsO nach Weisung Gruppenleiter*in/Systemadministrator*in,

9. Servicegeschäftsstelle in Insolvenzsachen mit Untertätigkeiten,

10. Erstellen des Ausbildungsplans der Justizfachangestellten und Verteilung gemäß Ausbildungsplan auf die jeweiligen Geschäftsstellen einschließlich Ausbildung der Justizfachangestellten.

Sie bringt vor, schwierige Tätigkeiten im Tarifsinne fielen bei allen Arbeitsvorgängen mit Ausnahme des zweiten, vierten und achten Arbeitsvorgangs an. Im Rahmen des neunten Arbeitsvorgangs seien als schwierig anzusehen die Fertigung des Schreibwerks auf Anordnung des oder der Richter*in oder Rechtspfleger*in, die Fristenkontrolle einschließlich der Überwachung von Zustellfristen, das Beglaubigen und Ausfertigen gerichtlicher Schreiben, die Erteilung von Bescheinigungen, die Bearbeitung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen einschließlich Kostenerhebung, die Vorbereitung von mündlichen Verhandlungen sowie die Teilnahme und Protokollführung, die Überwachung von Ratenzahlungen, die Führung und Korrektur der Insolvenztabelle in eigener Zuständigkeit, die Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen in eigener Zuständigkeit einschließlich der Entwertung von bereits vorhandenen vollstreckbaren Titeln sowie die Erhebung von Kosten für nachträgliche Prüfungstermine in eigener Zuständigkeit. Bei der Protokollierung verwende sie zwar Textbausteine. Diese müssten jedoch häufig ergänzt und geändert werden. Zudem nähmen an den Terminen häufig zahlreiche natürliche und juristische Personen teil, weshalb schon das Prüfen und Vergleichen mit den Beteiligten eine recht intensive Aufgabe sei. Außerdem würden im Rahmen der Protokollierung auch Beschlüsse des oder der jeweiligen Richter*in aufgenommen und protokolliert. Insgesamt machten die schwierigen Tätigkeiten etwa 60 % des Arbeitsvorgangs aus und erreichten damit ein rechtserhebliches Ausmaß.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Februar 2018 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 des TV-L zu zahlen und etwaige Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 1. März 2018 ab dem jeweiligen Ersten des Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat gemeint, zutreffend sei, dass im Rahmen des neunten Arbeitsvorgangs die Erteilung von Rechtskraftvermerken, das Bearbeiten von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen einschließlich der Kostenerhebung, das Überwachen von Ratenzahlungen, die Führung und Korrektur der Insolvenztabelle, die Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen und die Kostenerhebung für nachträgliche Prüftermine als schwierig im tarifrechtlichen Sinne anzusehen sei. Hingegen habe die Klägerin die Vorbereitung von mündlichen Verhandlungen einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen und die Protokollführung als zu anspruchsvoll dargestellt. Die Tätigkeit beschränke sich auf das Aufrufen des Protokollformulars im PC-Programm, das Anklicken vorgefertigter Textbausteine sowie das Speichern und Ausdrucken des individualisierten Protokolls. Außerdem falle die Tätigkeit nur sehr selten an und werde von der Klägerin freiwillig erbracht. Es sei auch unzutreffend, dass das von der Klägerin zu fertigende Schreibwerk, die Fristenkontrolle einschließlich der Überwachung von Zustellfristen und das Beglaubigen und Ausfertigen von gerichtlichen Schreiben als schwierig anzusehen sein. Die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen oder Anordnungen gehöre nicht zum Aufgabenbereich der Klägerin. Derartiges Schreibwerk werde von den Richter*innen und Rechtspfleger*innen eigenständig gefertigt. Die Klägerin habe nur gelegentlich sehr kleines Schreibwerk insbesondere aufgrund handschriftlicher Verfügungen des oder der Richter*in zu erstellen.

Im Übrigen könne der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2018
- 4 AZR 816/16 - nicht gefolgt werden, weil durch die Entscheidung der Wille der Tarifvertragsparteien bei der Vereinbarung der Entgeltordnung zum TV-L ausgehebelt werde. Das zeige sich bereits daran, dass bei der Übertragung der Entscheidung auf die Eingruppierung der Servicebeschäftigten nach der Anlage A zum TV-L die Entgeltgruppen 6 und 8 nicht mehr zur Anwendung kämen mit fatalen Auswirkungen auf das Entgeltgefüge innerhalb der Serviceeinheiten und Geschäftsstellen sowie zwischen den verschiedenen Diensten. Bei der Ermittlung der Arbeitsvorgänge habe sich das Bundesarbeitsgericht an der für die Eingruppierung des Verwaltungsdienstes nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des Teils I der Anlage A zum TV-L geltenden Definition und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert. Die Eingruppierung von Geschäftsstellenverwalter*innen und Servicebeschäftigten richte sich jedoch nicht nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen, sondern nach den für den Justizdienst geltenden besonderen Tätigkeitsmerkmalen. Bei diesen besonderen Tätigkeitsmerkmalen hätten die Tarifvertragsparteien klar und eindeutig zwischen gewöhnlichen und schwierigen Tätigkeiten differenziert.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 79 - 86 der Akten) und die zwischen den Parteien erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Mit Urteil vom 10. April 2019 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 87 - 94 der Akten) verwiesen.

Gegen dieses der Klägerin am 13. Mai 2919 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Juni 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des beklagten Landes, welche es nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. August 2019 mit am 15. August 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Das beklagte Land setzt sich - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Die Klägerin sei schon ihrer Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf das Vorliegen des Heraushebungsmerkmals schwierige Tätigkeiten nicht ausreichend nachgekommen. Dies gelte auch soweit die Klägerin hierzu im Berufungsverfahren weiter vorgetragen habe. Zudem sei der Zeitraum von acht Wochen, über den sie ihre Tätigkeiten aufgezeichnet habe, nicht repräsentativ.

Das beklagte Land meint, das Arbeitsgericht hätte unter Zugrundlegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht von einem einzigen einheitlichen Arbeitsvorgang ausgehen dürfen, da die in der Servicegeschäftsstelle für Insolvenzsachen anfallenden Tätigkeiten in keinem engeren Zusammenhang mit den übrigen von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten stünden. Abgesehen davon bilde aber auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht die Wirklichkeit in den Servicegeschäftsstellen ab, da die Betreuung der Aktenvorgänge vom Eingang des Verfahrens bis zu dessen Abschluss nicht allein den Servicegeschäftsstellen obliegen, sondern auch Richter*innen und Rechtspfleger*innen mitwirkten, deren Verfügungen von den Servicegeschäftsstellen abgearbeitet werden. Es handele sich vielmehr um organisatorisch voneinander getrennte Aufgaben. Außerdem negiere die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Abstufungen bei der Bewertung der Tätigkeiten in einer Servicegeschäftsstelle und greife damit in bedenklicher Weise in die Tarifautonomie nach Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 GG ein. Die von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Abstufungen seien deshalb zumindest bei der Frage des nicht unerheblichen Maßes der schwierigen Tätigkeiten innerhalb des jeweiligen Arbeitsvorgangs zu berücksichtigen.

Mit am 14. September 2020 eingegangenem Schriftsatz von demselben Tag vertritt das beklagte Land außerdem die Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil die Klägerin im Klageantrag neben der Entgeltgruppe nicht auch die Entgeltstufe benannt habe.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10. April 2019 - 5 Ca 1217/18 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass der Klageantrag wie folgt lautet:

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. Februar 2018 nach Entgeltgruppe 9 und seit dem 1. Januar 2019 nach Entgeltgruppe 9a des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbeträge ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Ferner beantragt sie mit in der mündlichen Verhandlung am 24. September 2020 gestelltem Antrag für den Fall, dass der vorstehende Feststellungsantrag unzulässig sein sollte, hilfsweise,

die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass der Klageantrag wie folgt lautet:

festzustellen, das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. Februar 2018 nach Entgeltgruppe 9 Stufe 4 mit Zulage („Stufe 5“) und seit dem 1. Januar 2019 nach Entgeltgruppe 9a Stufe 6 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbeträge ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Klägerin verteidigt - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - das angefochtene Urteil. Aufgrund der Änderung ihrer Tätigkeit ab dem 1. Februar 2012 richte sich ihre Eingruppierung nach der Entgeltordnung zum TV-L. Nach ihren Tätigkeitsaufzeichnungen im Zeitraum vom 17. Februar 2020 bis zum 1. April 2020 (Blatt 416 ff. der Akten) fielen im Rahmen ihrer regulären Servicegeschäftsstellentätigkeit folgende als schwierig anzusehende Tätigkeiten mit folgenden Zeitanteilen bezogen auf den Gesamtumfang dieses Arbeitsvorgangs an:

        

 Tätigkeit

 Zeitanteil

 1.    

 Fertigung des Schreibwerks einschließlich der Erteilung von Restschuldbefreiungen, Beschlüssen, Bestellung von Sachverständigen, Aufhebung und Einstellung des Insolvenzverfahrens, Erstellung von Ratenplänen und Stundungen und zur Erhebung der Kosten für das Schreibwerk

  54 %

 2.    

 Fristenkontrolle und Kontrolle der Zustellnachweise nebst selbstständigem Anfordern von Zwischenberichten und neuer Fristsetzung

  10 %

 3.    

 Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen

  7 % 

 4.    

 Überwachung von Ratenzahlungsplänen

  2 % 

 5.    

 Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen

  5 % 

 6.    

 Tabellenberichtigungen in eigener Zuständigkeit

  7 % 

 7.    

 Erteilung von Rechtskraftvermerken, Negativbescheinigungen und Kostenerhebung von nachträglichen Prüfterminen

  2 % 

Ergänzend verweist die Klägerin auf von ihr gefertigte schematische Darstellungen des Verfahrensablaufs bei der Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen und der Tabellenberichtigung (Blatt 412 ff. und 411 der Akten) und macht dazu weitere Ausführungen. Die Berichtigung der Tabelle sei mit Berichtigungen nach der Grundbuchordnung, welche von den Tarifvertragsparteien als schwierig eingestuft worden seien, vergleichbar.

Zum hilfsweisen Feststellungsantrag trägt die Klägerin vor, unter Berücksichtigung ihrer langjährigen Beschäftigung und der zurückgelegten Stufenlaufzeiten aus der Zeit vor dem 1. Februar 2018 sei sie nach der Endstufe der Entgeltgruppe 9 bzw. ab dem 1. Januar 2019 nach der Endstufe der Entgeltgruppe 9a TV-L zu vergüten.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien, wird auf die Schriftsätze des beklagten Landes vom 15. August 2019 (Blatt 146 - 182 der Akten), 30. Januar 2020 (Blatt 284 - 313 der Akten), 14. September 2020 (Blatt 509 - 512 der Akten) und 15. September 2020 (Blatt 519 der Akten), die Schriftsätze der Klägerin vom 23. Oktober 2019 (Blatt 191 - 198 der Akten), 18. Mai 2020 (Blatt 400 - 410 der Akten) und 22. September 2020 (Blatt 525 - 527 der Akten) sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen am 13. Februar 2020 (Blatt 386 f. der Akten) und 24. September 2020 (Blatt 532 f. der Akten) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Absatz 1 und 2 Buchstabe b ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von § 66 Absatz 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Absatz 1 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgeben. Auf Grund der Ersetzung der Entgeltgruppe 9 TV-L durch die Entgeltgruppen 9a und 9b TV-L durch den Änderungstarifvertrag Nr. 11 zum TV-L vom 2. März 2019 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2019 und der Übernahme der hier maßgeblichen Tarifmerkmale der Entgeltgruppe 9 TV-L in die Entgeltgruppe 9a TV-L war der Sachtenor des Urteils des Arbeitsgerichts zur Klarstellung neu zu fassen. Der Hilfsantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen.

1. Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig. Es handelt sich um eine allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach § 256 Absatz 1 ZPO einschließlich des Zinsantrags grundsätzlich keine prozessualen Bedenken bestehen (BAG (Bundesarbeitsgericht) 10. Juni 2020 - 4 AZR 167/19 - Rn. (Randnummer) 12 mwN (mit weiteren Nachweisen)). Gegen die klarstellende Modifizierung des Antrags in der mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2020 bestehen ebenfalls keine Bedenken. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes ist der Antrag auch nicht deshalb unzulässig, weil er keine Angaben zur Entgeltstufe enthält.

a) Der Angabe der Entgeltstufe bedarf es für die Zulässigkeit der Klage nur, wenn zwischen den Parteien nicht nur die Entgeltgruppe, sondern auch die Entgeltsstufe im Streit steht und deshalb allein die Feststellung der Entgeltgruppe nicht geeignet wäre, den Streit zwischen den Parteien über die Höhe der Vergütung endgültig zu beseitigen (vergleiche BAG 23. Januar 2019 - 4 AZR 539/17 - Rn. 20; BAG 17. Oktober 2007
- 4 AZR 1005/06 - Rn. 15). Andernfalls fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse für die Feststellung nicht nur der zutreffenden Entgeltgruppe, sondern auch der maßgeblichen Entgeltstufe (vergleiche BAG 16. Oktober 2019
- 4 AZR 76/19 - Rn. 10; BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 827/08 - Rn. 13). Denn bei der Entgeltgruppe und der Entgeltstufe handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände, für die es jeweils eines besonderen Feststellungsinteresses bedarf (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/2008 - Rn. 22; vergleiche auch BAG 10. Juni 2020 - 4 AZR 167/19 - Rn. 12).

b) Vorliegend steht zwischen den Parteien lediglich die Entgeltgruppe im Streit. Anhaltspunkte, dass zwischen den Parteien über die Entgeltgruppe hinaus auch die maßgebliche Entgeltstufe streitig ist, sind nicht gegeben. Solche hat auch das beklagte Land bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 24. September 2020 nicht vorgebracht. Insbesondere hat es auch keine Einwände gegen die von der Klägerin in ihrem Hilfsantrag benannten Stufen erhoben.

2. Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2018 Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TV-L und ab dem 1. Januar 2019 nach der Entgeltgruppe 9a TV-L nebst Verzugszinsen auf die Bruttodifferenzbeträge zu.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet seit dem 1. November 2006 kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf den BAT-O der unter anderem diesen Tarifvertrag mit Wirkung ab dem 1. November 2006 ersetzende TV-L in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung der Übergangsrechts (TVÜ-Länder) Anwendung.

b) Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich nach § 12 Absatz 1 Satz 1 TV-L und der zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Entgeltordnung zum TV-L (Anlage A zum
TV-L). Dies ergibt sich aus § 29a Absatz 1 Satz 1 TVÜ-Länder, wonach für Eingruppierungen der in den TV-L übergeleiteten Beschäftigten - wie der Klägerin - ab dem 1. Januar 2012 die §§ 12, 13 TV-L sowie die Entgeltordnung zum TV-L gelten. Etwas anderes folgt vorliegend auch nicht aus dem Absatz 2 des § 29a Absatz 2 TVÜ-Länder.

aa) Nach § 29a Absatz 2 Satz 1 TVÜ-Länder in Verbindung mit der Protokollerklärung zu dieser Tarifvorschrift sind in den TV-L übergeleitete Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2011 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2012 (weiterhin) unter den Geltungsbereich des TV-L fallen, zum 1. Januar 2012 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Entgeltgruppe in die Entgeltordnung zum TV-L übergeleitet, ohne dass aufgrund der Überleitung eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung stattfindet. Dies gilt jedoch nur für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Mit der Regelung, durch die die Tarifautomatik des § 12 TV-L zeitweilig außer Kraft gesetzt wird (Augustin, ZTR 2012, 484, 485; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, Stand 6/2013, § 29a TVÜ-Länder Rn. 29), sollten einerseits Streitigkeiten über die Eingruppierung aus Anlass der Überleitung in die neue Entgeltordnung bei unveränderter Tätigkeit vermieden und die Personalstellen entlastet werden (BeckOK (Beck ’scher Online-Kommentar)/Dannenberg, Stand 1. Januar 2013 § 92a TVÜ-Länder Rn. 9) und anderseits ein zeitlich auf die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit begrenzter Bestandsschutz geschaffen werden (Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, § 29a TVÜ-Länder Rn. 24 ff.). Ändert sich die auszuübende Tätigkeit durch die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes (näher zur Änderung der auszuübenden Tätigkeit Augustin, ZTR 2012, 484, 486), greift die Tarifautomatik des § 12 TV-L wieder ein (Augustin, ZTR 2012, 484, 485; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, § 29a TVÜ-Länder Rn. 29). Dies gilt auch dann, wenn die geänderte Tätigkeit nach ihr Wertigkeit der bisherigen Entgeltgruppe entspricht (BeckOK/Dannenberg § 29a TVÜ-Länder Rn. 14; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, § 29a TVÜ-Länder Rn. 30).

bb) Indem die Klägerin zum 1. Februar 2012 von der „Strafabteilung“ in eine Servicegeschäftsstelle in der „Insolvenzabteilung“ des Amtsgerichts N. umgesetzt worden ist, hat sich ihre Tätigkeit geändert. In einer mit Straf- und Bußgeldverfahren befassten Servicegeschäftsstelle fallen andere Tätigkeiten an als in einer mit Insolvenzsachen befassten Servicegeschäftsstelle. So hat das beklagte Land ausweislich der mit der Klägerin geschlossenen Änderungsverträge vom 17. März 2003 und vom 5. Januar 2006 die Tätigkeit in einer Servicegeschäftsstelle in der Abteilung für Insolvenzdachen als anspruchsvoller eingeschätzt als die Tätigkeit in einer Servicegeschäftsstelle in der Abteilung für Straf- und Bußgeldverfahren.

c) Nach § 12 Absatz 1 Satz 3 und 4 TV-L ist die Klägerin in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.

aa) Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist damit der Arbeitsvorgang.

(1) Was unter einem Arbeitsvorgang zu verstehen ist, haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 12 Absatz 1 TV-L definiert. Nach dem Satz 1 der Protokollerklärung sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die bezogen auf den Aufgabenkreis des oder der Beschäftigten zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (zum Beispiel unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Betreuung bzw. Pflege einer Person oder Personengruppe, Fertigung einer Bauzeichnung, Erstellung eines EKG, Durchführung einer Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeit). Nach dem Satz 2 der Protokollerklärung ist jeder einzelne Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

(2) Danach ist für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs das Arbeitsergebnis maßgebend. Zu einem Arbeitsvorgang gehören alle Einzeltätigkeiten und Arbeitsschritte, die demselben Arbeitsergebnis dienen. Wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten können zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte der Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des oder der Arbeitgeber*in als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines oder einer Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (vergleiche BAG 16. Oktober 2019 - 4 AZR 284/18 - Rn. 17; BAG 28. Februar 2018
- 4 AZR 816/16 - Rn. 24 mwN zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 22 BAT (Bundes-Angestelltentarifvertrag)/BAT-O).

(3) Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (vergleiche BAG 16. Oktober 2019 - 4 AZR 284/18 - Rn. 17; BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 - Rn. 25). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist (vergleiche BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 - Rn. 25 mwN). Dies wird insbesondere auch durch das in Satz 2 der Protokollerklärung enthaltene „Aufspaltungsverbot“ deutlich (Eylert/Kreutzberg-Kowalcyk, ZfA (Zeitschrift für Arbeitsrecht) 2019, 320, 338).

(4) Entgegen der vom beklagten Land erstinstanzlich vertretenen Ansicht gilt die in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 12 Absatz 2 TV-L enthaltene Definition des Arbeitsvorgangs auch nicht nur für den Teil I der Entgeltordnung und die dort für den Verwaltungsdienst aufgeführten allgemeinen Tätigkeitsmerkmale, sondern als übergreifende, vor die Kammer gezogene Regelung für sämtliche von der Entgeltordnung erfassten Tätigkeiten.

bb) In Anwendung dieser Grundsätze bilden jedenfalls die von der Klägerin als „reguläre“ Servicegeschäftsstelle dauerhaft auszuübenden Tätigkeiten einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Da diese Tätigkeiten für sich gesehen zeitlich etwa 65 % der Gesamttätigkeit der Klägerin ausmachen, kommt es für die Eingruppierung der Klägerin auf die übrigen der Klägerin zugewiesenen Tätigkeiten nicht an. Es spielt deshalb auch keine Rolle, um wie viele weitere Arbeitsvorgänge es sich bei diesen übergreifenden, nicht nur die einzelne Servicegeschäftsstelle, sondern die gesamte Insolvenzabteilung betreffenden Tätigkeiten handelt. Daher ist auch unerheblich, dass die Klägerin diese Tätigkeiten auf die Auflage der Berufungskammer nicht näher beschrieben hat.

(1) Bereits 1985 hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, dass die Tätigkeit von gerichtlichen Geschäftsstellenverwalter*innen in aller Regel ein (großer) Arbeitsvorgang ist, weil deren Aufgaben im Sinne einer vorgegebenen einheitlichen Funktion einem Arbeitsergebnis dienen, welches in der Verwaltung der Geschäftsstelle mit allen dazugehörenden Aufgaben bestehe (BAG 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - AP (Arbeitsrechtliche Praxis) Nr. 109 zu §§ 22,23 BAT 1975 und dem folgend BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 - Rn. 27 ff.). Dies gilt erst recht für Serviceeinheiten, wie sie in der GStO-ordG-StA des beklagten Landes vorgesehen und im Amtsgericht Neuruppin in Form von Servicegeschäftsstellen eingerichtet sind.

(a) Nach den §§ 4 ff. der GStO-ordG-StA sollen die in der Geschäftsstelle anfallenden Tätigkeiten durch die in den Serviceeinheiten tätigen Servicekräfte ganzheitlich bearbeitet werden, wobei die Geschäftsstelle neben den ihr nach Rechts- und Verwaltungsvorschriften obliegenden Aufgaben nicht nur alle Maßnahmen selbstständig ergreifen soll, die im Rahmen der Sachbearbeitung angeordnet sind, sondern auch alle Maßnahmen, die im Interesse des Geschäftsbetriebes im Allgemeinen oder zur Förderung einer einzelnen Sache angezeigt sind. Als Servicekräfte können sowohl Beamt*innen des mittleren Dienstes als auch vergleichbare Beschäftigte eingesetzt werden. Diese sollen - vorbehaltlich anderweitiger Regelungen - ihre Aufgaben effizient und gesamtverantwortlich im Team erledigen. Mit anderen Worten bedeutet das, dass den Servicekräften sämtliche dem mittleren Dienst im Zusammenhang mit der Aktenbearbeitung obliegenden Aufgaben einschließlich bestimmter Kostenangelegenheiten zur ganzheitlichen Bearbeitung zugewiesen sind, soweit nicht nach der Geschäftsverteilung des jeweiligen Gerichts bestimmte übergreifende Aufgaben - wie im Fall der Klägerin zum Beispiel die Aufgaben der Eingangsgeschäftsstelle - einer bestimmten Servicekraft neben ihrer „regulären“ Servicegeschäftsstellentätigkeit übertragen sind.

(b) Damit dienen bei natürlicher Betrachtung sämtliche der Klägerin im Amtsgericht Neuruppin als „reguläre“ Servicegeschäftsstelle für Insolvenzsachen im Rahmen der ganzheitlichen verwaltungsmäßigen Bearbeitung der Aktenvorgänge obliegenden Tätigkeiten einem einheitlichen Arbeitsergebnis. Dieses besteht in der Betreuung der ihr nach der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts zugewiesenen Insolvenzsachen vom Eingang der Akten in der Servicegeschäftsstelle bis zum Abschluss der Verfahren.

Dazu gehören die Anlage der Akten, die Überprüfung der im PC erfassten Daten, die Fertigung von Schreibwerk auf Anordnung des oder der Richter*in oder Rechtspfleger*in, die Fristenkontrolle einschließlich der Überwachung von Zustellfristen, die Schriftgutverwaltung einschließlich der Stammdatenerfassung und
-pflege, die Zuordnung eingehender Schriftsätze einschließlich Umlaufverwaltung, die Aktenführung, die Kontrolle und Überwachung von Akteneinsicht und -versendung, die Beglaubigung und Ausfertigung gerichtlicher Schreiben, aber auch die gelegentliche Unterstützung des oder der Richter*in bei mündlichen Verhandlungen, die Erfassung und Kontrolle von Ratenplänen in Stundungsverfahren, die Überwachung von Ratenzahlungen einschließlich des Anmahnens überfälliger Raten, da auch diese Tätigkeiten nicht einem eigenständigen Zweck, sondern der Förderung der einzelnen Sache und damit der effektiven Bearbeitung der Insolvenzsachen durch das Gericht dienen. Weiter gehören dazu auch die Erteilung von Rechtskraftvermerken und Negativbescheinigungen, die Bearbeitung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen einschließlich der Kostenerhebung, die Führung und Korrektur der Insolvenztabelle, die Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen einschließlich der Entwertung von bereits vorhandenen vollstreckbaren Titeln, die Erhebung der Kosten für nachträgliche Prüfungstermine und die sogenannten MiZi-Mitteilungen nach der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (dort insbesondere unter IX. „Mitteilungen in Insolvenzsachen“ im 2. Teil 3. Abschnitt der Anordnung). Denn auch wenn diese Tätigkeiten nicht unmittelbar dem Vorantreiben der Verfahren dienen, stehen sie doch in einem inneren Zusammenhang mit der Betreuung der Aktenvorgänge, da die Klägerin die Akten durch die sonstigen Arbeitsschritte kennt und diese Kenntnisse für die effektive Erledigung dieser Aufgaben benötigt und darauf auch zurückgreift.

(2) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Betreuung der Aktenvorgänge vom Eingang des Verfahrens bis zu dessen Abschluss nicht allein der Klägerin obliegt, sondern auch der oder die zuständige Richter*in sowie der oder die zuständige Rechtspfleger*in mitwirkt und die Klägerin unter anderem deren Verfügungen abarbeitet. Denn dies ändert nichts daran, dass sich die der Klägerin im Rahmen der Aktenbetreuung obliegenden Tätigkeiten nicht sinnvoll voneinander abgrenzen lassen, sondern insgesamt als unterstützende Tätigkeiten der ordnungsgemäßen Abwicklung der einzelnen Insolvenzsachen durch das Amtsgericht als Insolvenzgericht dienen. Insbesondere kann entgegen der vom Arbeitsgericht Berlin in einer der von dem beklagten Land zitierten Entscheidungen vertretenen Ansicht (ArbG Berlin vom 5. Juni 2019 - 60 Ca 1302/18 - unter 1. f) dd) (2) (b) der Gründe) auch mit Blick auf die im Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Absatz 1 TV-L aufgeführten Beispiele für Arbeitsvorgänge nicht jeder von der Servicegeschäftsstelle in den Akten vorzunehmende Arbeitsschritt als eigener Arbeitsvorgang angesehen werden. Abgesehen davon, dass dies zu einer tarifwidrigen „Atomisierung“ der Tätigkeit der Servicegeschäftsstellen führen würde, werden von den Servicegeschäftsstellen auch keine Aktenvorgänge, Widersprüche oder Anträge unterschriftsreif bearbeitet, sondern verschiedene Unterstützungstätigkeiten für die unterschriftsreife Bearbeitung durch die Richter*innen und Rechtspfleger*innen erbracht.

d) Die Bewertung des hier allein maßgeblichen Arbeitsvorgangs „Wahrnehmung der Aufgaben einer „regulären“ Servicegeschäftsstelle in Insolvenzsachen“ ergibt, dass die Klägerin überwiegend Tätigkeiten ausübt, die die Tarifmerkmale der Entgeltgruppe 9 und seit dem 1. Januar 2019 der Entgeltgruppe 9a des Teils II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L erfüllen.

aa) Vorliegend sind folgende für Beschäftigte im Justizdienst bei Gerichten und Staatsanwaltschaften geltenden besonderen Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L relevant:

Entgeltgruppe 9 bzw. 9a

1. …

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie schwierig ist.

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2 und 3)

Entgeltgruppe 8

1. …

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel schwierig ist.

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2 und 3)

Entgeltgruppe 6

1. …

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 4 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist.

(Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt I Nr. 11.)

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2, 3 und 4)

3. …

4 Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften.

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 2)

Protokollerklärungen

1. …

2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften sind Beschäftigte, die die Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten/zur Justizfachangestellten vom 16. Januar 1998 (BGBl. I S. 195) erfolgreich abgeschlossen haben und Aufgaben des mittleren Justizdienstes bzw. der entsprechenden Qualifikationsebene und der Justizfachangestellten (z.B. Geschäftsstellentätigkeit, Protokollführung, Assistenztätigkeiten) ganzheitlich bearbeiten, sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten in Serviceeinheiten ausüben.

3. Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind z.B.:

b) die Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen sowie die Erteilung von Vollstreckungsklauseln, …

d) die dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle

- nach der Grundbuchordnung übertragenen Geschäfte einschließlich des Entwerfens von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen und des Entwerfens von Berichtigungen und Ergänzungen derselben sowie

e) die Aufgaben des Kostenbeamten, die Aufgaben der Geschäftsstelle bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung, die Festsetzung und Anweisung der den Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richter sowie den Beteiligten zu gewährenden Entschädigungen (einschl. etwaiger Vorschüsse),

f) die Mitwirkung bei der Überwachung … von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen,

g) die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die Anordnungen für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger, die Vorprüfung von Klagen und Anschuldigungsschriften, Anträgen sowie Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen in Gerichtsverfahren (Spruchkörperzuständigkeit, Ermittlung des Berichterstatters, Fristwahrung, … u.Ä.) …,

h) die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art ...“

bb) Der Arbeitsvorgang „Wahrnehmung der Aufgaben einer „regulären“ Servicegeschäftsstelle in Insolvenzsachen“ der Klägerin erfüllt die Tarifmerkmale der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 9 bzw. 9a des Teils II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L.

(1) Die Klägerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen der Fallgruppe 2 der maßgeblichen Entgeltgruppe. Sie ist Beschäftigte in einer Serviceeinheit im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zum Unterabschnitt 1 des Abschnitts 12 des Teils II der Anlage A zum T-VL. Zwar verfügt sie nicht über die dort genannte Ausbildung zur Justizfachangestellten. Sie gehört aber zu den „sonstigen Beschäftigten“, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten in einer Serviceeinheit ausüben. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin sei vielen Jahren als Servicekraft in wechselnden Serviceeinheiten bzw. Servicegeschäftsstellen des Amtsgerichts N. tätig ist, und wird auch von dem beklagten Land nicht in Abrede gestellt. Vielmehr hat das beklagte Land die Klägerin beim Wechsel der Servicegeschäftsstelle in der Vergangenheit selbst ausdrücklich dem inhaltsgleichen Begriff der „Angestellten in einer Serviceeinheit“ im Teil II Abschnitt T Unterabschnitt 1 der Anlage 1a zum BAT-O zugeordnet.

(2) Das Tätigkeitsmerkmal „schwierige Tätigkeit“ im Sinne der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 9 bzw. 9a des Teils II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L ist ebenfalls erfüllt. Die Klägerin übt mit dem Arbeitsvorgang „Wahrnehmung der Aufgaben einer „regulären“ Servicegeschäftsstelle in Insolvenzsachen“ mindestens zur Hälfte ihrer Gesamttätigkeit schwierige Tätigkeiten aus. Ihre Tätigkeit ist damit insgesamt als schwierig zu bewerten.

(a) Das Merkmal der schwierigen Tätigkeiten, das in den Protokollerklärungen Nr. 3 zu der maßgebenden Entgeltgruppe konkretisiert ist, ist im Umfang von mindestens der Hälfte erfüllt, wenn Arbeitsvorgänge, die mindestens die Hälfte der gesamten Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch nehmen, schwierige Tätigkeiten enthalten. Dabei ist es entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfallen. Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt würde (BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 - Rn. 38 mwN; BAG 9. September 2020 - 4 AZR 185/20 - Pressemitteilung Nr. 30/20). Die Anforderungen dürfen also nicht nur von untergeordneter Bedeutung sein (vergleiche BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 - Rn. 42).

(b) Der Anwendung dieser nach den tariflichen Regelungen des § 12 Absatz 1 Satz 4 und 7 TV-L maßgeblichen Grundregel auf die Eingruppierung der Klägerin und der übrigen im Justizdienst bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften beschäftigten Servicekräfte nach den besonderen Tätigkeitmerkmalen im Teil II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 des Anlage A zum TV-L stehen nicht die von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Abstufungen nach dem Umfang der schwierigen Tätigkeiten im Verhältnis zur Gesamttätigkeit von mindestens der Hälfte, einem Drittel oder einem Fünftel entgegen. Zwar ist dem beklagten Land darin zuzustimmen, dass es sicherlich nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entspricht, wenn im Rahmen der ganzheitlichen Betreuung der Aktenvorgänge in den Servicegeschäftsstellen für eine Eingruppierung in den Entgeltgruppen 6 und 8 nach dem Teil II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L kein Anwendungsbereich mehr verbleibt. Dies ändert aber nichts daran, dass es umgekehrt auch nicht mit dem Willen der Tarifvertragsparteien in Einklang zu bringen wäre, zu verlangen, dass entgegen den das Eingruppierungsrecht des TV-L prägenden Regeln des § 12 Absatz 1 Satz 4 und 7 TV-L im Fall eines großen Arbeitsvorgangs schwierige Tätigkeiten innerhalb dieses Arbeitsvorgangs mindestens zur Hälfte, zu einem Drittel oder zu einem Fünftel anfallen müssen (vergleiche dazu auch BAG 9. September 2020 - 4 AZR 195/20 - Pressemitteilung 30/20). Zudem ist fraglich, ob in diesem Fall nach dem Teil II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L noch ein Anwendungsbereich für die Entgeltgruppe 9 bzw. 9a verbliebe, was ebenfalls nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen dürfte.

(c) Gemessen daran übt die Klägerin mindestens zur Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeiten schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 9 bzw. 9a des Teils II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L aus. Denn im Rahmen des 65 % der Gesamttätigkeit der Klägerin ausmachenden Arbeitsvorgangs „Wahrnehmung der Aufgaben einer „regulären“ Servicegeschäftsstelle in Insolvenzsachen“ fallen schwierige Tätigkeiten in rechtlich erheblichem Umfang an.

(aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sämtliche von der Klägerin im Rahmen dieses Arbeitsvorgangs zuletzt als schwierig bezeichneten Tätigkeiten tatsächlich als schwierig im Tarifsinne anzusehen sind und in dem von der Klägerin angegebenen Umfang anfallen. Zweifel bestehen diesbezüglich, soweit die Klägerin als schwierige Tätigkeiten die Fertigung des Schreibwerks einschließlich der Erteilung von Restschuldbefreiungen, Beschlüssen, Bestellung von Sachverständigen, Aufhebung und Einstellung des Insolvenzverfahrens, Erstellung von Ratenplänen und Stundungen und zur Erhebung der Kosten für das Schreibwerk mit einem Umfang von 54 % und die Fristenkontrolle und Kontrolle der Zustellnachweise nebst selbstständigem Anfordern von Zwischenberichten und neuer Fristsetzung mit einem Umfang von 10 % am Gesamtumfang des Arbeitsvorgangs angibt, ohne näher auszuführen, worin die Schwierigkeit dieser auf den ersten Blick nicht notwendigerweise zusammenhängenden Tätigkeiten besteht bzw. unter welches Tätigkeitsbeispiel der Protokollerklärung Nr. 3 zu den Entgeltgruppe 9 bzw. 9a des Teils II Abschnitt 12 Unterabschnitt 1 der Anlage A zum TV-L die Tätigkeiten fallen oder mit welchem der in der Protokollerklärung genannten Tätigkeitsbeispiele sie vergleichbar sein sollen.

(bb) Denn auch wenn man davon ausgeht, dass es sich hierbei nicht um schwierige Tätigkeiten handelt, fallen unter Berücksichtigung der übrigen von der Klägerin aufgelisteten Tätigkeiten schwierige Tätigkeiten in einen rechtlich erheblichen Umfang an. So sind schwierige Tätigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen nach Buchstabe h der Protokollerklärung, die Erteilung von Rechtskraftvermerken und Negativbescheinigungen sowie die Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen nach Buchstabe b der Protokollerklärung und die Kostenerhebung für nachträgliche Prüftermine nach Buchstabe e der Protokollerklärung. Entsprechendes gilt für die Überwachung von Ratenzahlungen und die Tabellenberichtigungen. Diese Tätigkeiten sind zwar nicht ausdrücklich in der Prokollerklärung genannt. Jedoch ist die Überwachung der Ratenzahlungen mit der Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen im Sinne vom Buchstabe f der Protokollerklärung und sind die Berichtigungen der Insolvenztabelle mit den nach der Grundbuchordnung anfallenden Berichtigungen und Ergänzungen im Sinne von Buchstabe d, 1. Spiegelstrich der Protokollerklärung vergleichbar und damit ebenfalls als schwierig anzusehen. Dass es sich bei all diesen Tätigkeiten um schwierige Tätigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals handelt, hat auch das beklagte Land bereits erstinstanzlich eingeräumt.

(cc) Die Klägerin hat vorgetragen, dass die vorstehend unter (bb) genannten Tätigkeiten insgesamt 23 % des Arbeitsvorgangs ausmachen. Dem ist das beklagte Land nicht hinreichend entgegengetreten, sondern hat lediglich gerügt, der Zeitraum, für den die Klägerin Tätigkeitsaufzeichnungen vorgelegt habe, sei nicht repräsentativ, und im Übrigen gemeint, das Vorbringen der Klägerin zu den Zeitanteilen sei nicht ausreichend. Dieses Vorbringen des beklagten Landes genügte in Anbetracht dessen, dass es nicht auf die genauen Zeitanteile ankommt, nicht. Zudem wäre in quantitativer Hinsicht ein rechtlich erhebliches Maß auch dann noch erreicht, wenn man zu Gunsten des beklagten Landes die von der Klägerin vorgetragenen Zeitanteile am Gesamtarbeitsvorgang der als schwierig anzusehenden Tätigkeiten jeweils um die Hälfte reduziert (vergleiche dazu BAG 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 Rn. 41 f.).

(dd) Die als schwierig anzusehenden Tätigkeiten sind auch im Übrigen nicht von untergeordneter Bedeutung. Ohne diese Tätigkeiten ließe sich ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielen und ließen sich die Verfahren insbesondere nicht effektiv vorantreiben.

e) Die Ausschlussfrist des § 37 Absatz 1 TV-L ist gewahrt. Die Klägerin hat ihre Ansprüche gegenüber dem beklagten Land mit Schreiben vom 23. August 2018 geltend gemacht und damit die Ausschlussfrist für den streitgegenständlichen Zeitraum ab Februar 2018 eingehalten. Hiergegen hat das beklagte Land auch keine Einwände erhoben.

f) Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Absatz 1 und 2 Nr. 1, § 288 Absatz 1 BGB in Verbindung mit § 24 Absatz 1 Satz 2 und 3 TV-L.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO. Danach hat das beklagte Land die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Absatz 2 ArbGG liegen nicht vor.