Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 24. Senat | Entscheidungsdatum | 20.01.2012 | |
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Aktenzeichen | L 24 KA 2/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 85 Abs 4 SGB 5 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. November 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,- € festgesetzt.
I.
Streitig ist eine höhere Vergütung des Klägers aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die Quartale IV/2003, I, II, III, IV/2004 und I/2005.
Der Kläger ist seit dem 4. Januar 1994 als Facharzt für Orthopädie in P zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Nach § 9 Abs. 1 des ab dem 1. Juli 2003 eingeführten Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten galt für alle bereichseigenen Beteiligten der in der Anlage 2 aufgeführten Arztgruppen, wozu auch Orthopäden zählen, eine fallzahlabhängige Leistungssteuerung in Gestalt von kassenartenspezifischen Punktzahlgrenzvolumen (PZGV). Das kassenartenspezifische PZGV einer Arztpraxis errechnete sich gemäß § 9 Abs. 2 HVM aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen Grenzfallpunktzahl (GFPZ) mit der kassenarten- und arztgruppenspezifischen Grenzfallzahl (GFZ) und dem praxisindividuellen Anteil an ambulant kurativen Behandlungsfällen einer Kassenart zur Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen Korrekturfaktors (KF) nach § 9 Abs. 3 HVM. Der praxisindividuelle KF ergab sich nach § 9 Abs. 3 HVM aus dem Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle gemäß § 9 Abs. 1 HVM zur durchschnittlichen Fallzahl (DFZ) der entsprechenden Arztgruppe im Jahr 2000. Hierbei galt: bis 25% Faktor 0,25, mehr als 25% bis 50 % Faktor 0,5, mehr als 50% bis 75% Faktor 0,75, mehr als 75% bis 100% Faktor 1, mehr als 100% bis 125% Faktor 1,25 und mehr als 125% Faktor 1,5. Lag in mindestens vier aufeinander folgenden Quartalen die individuelle Zahl der Behandlungsfälle gemäß Abs. 1 über oder unter der für die Ermittlung des Korrekturfaktors berücksichtigen individuellen Fallzahl, so konnte der Vorstand auf Antrag des Arztes oder der Beklagten den Faktor für nachfolgende Abrechnungen um jeweils 0,25 nach oben (jedoch maximal 1,5) bzw. nach unten individuell anpassen. Bei der Arztgruppe des Klägers – Orthopäden - betrug die DFZ 1.570 und die GFPZ 820 (Anlage 2 HVM). Die angeforderten der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung unterliegenden Punktzahlen wurden maximal bis zu dem ermittelten individuellen PZGV gemäß § 8 Abs. 7 HVM mit einem Punktwert von 4,1 Cent vergütet. Das Restzahlpunktvolumen, die Differenz zwischen abgerechneten und anerkannten Punktzahlvolumen und kassenarten- und arztgruppenspezifischen PZGV, werden gemäß § 10 Abs. 2 HVM mit dem sich als Quotient aus noch zur Verfügung stehenden Mitteln und dem Restzahlpunktvolumen ergebenden floatenden Punktwert vergütet.
Ab dem III. Quartal 2004 legte die Beklagte der Honorierung des Klägers § 9 ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) i.V.m. der Richtlinie zur Auslegung des HVM (RiLi HVM) vom 23. Juni 2004, gültig ab dem 1. Juli 2004, zugrunde. Danach galt für alle bereichseigenen Beteiligten der in Anlage 1 aufgeführten Arztgruppen ein fallzahlabhängiges Regelleistungsvolumen (RLV). Die Ermittlung des RLV einer Arztpraxis erfolgte wie des PZGV. Der praxisindividuelle KF entsprach dem im Rahmen der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Honorarverteilung festgesetzten praxisindividuellen Fallzahlkorrekturfaktor. Die angeforderten dem fallzahlabhängigen Regelleistungsvolumen unterliegenden Punktzahlen wurden gemäß § 8 Abs. 7 HVM nunmehr mit einem Punktwert von mindestens 4,1 Cent vergütet. Das Restpunktzahlvolumen wurde gemäß § 12 Abs. 2 HVM mit dem sich als Quotient aus noch zur Verfügung stehenden Mitteln und dem Restzahlpunktvolumen ergebenden floatenden Punktwert vergütet. Auch nach diesem HVM galt für den Kläger eine DFZ von 1.570 und eine GFPZ von 820.
Für die dem PZGV/RLV nach dem jeweiligen HVM unterliegenden Leistungen forderte er in den einzelnen Quartalen folgende Punkte an.
Im IV. Quartal 2003 forderte er für 1.197 Fälle 827.500 Punkte an. Mit Honorarbescheid vom 29. April 2004 wurde ihm insgesamt ein Honorar in Höhe von 31.684,26 € gewährt. Dem lagen folgende Werte zugrunde:
Primärkassen
Ersatzkassen
GFZ
870
1.040
Fälle nach § 9 HVM
628
569
Individuelle GFZ
Angepasste ind. GFZ457
343495
372PZGV
281.260
305.040
Abgerechnet durch Kläger
444.240
383.260
Vergütet nach § 8 Abs. 7 HVM
281.260
305.040
Vergütet nach § 10 Abs. 2 HVM
162.980
78.220
Fallzahlabhängiger Abstaffelungsfaktor
63,31
79,59
Realer KF:
0,67
Angepasster KF:
0,75
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte er ein höheres Honorar. Auch für eine Praxis mit unterdurchschnittlicher Fallzahl müsse sich eine Möglichkeit der Steigerung des Honorars durch Fallzahlzuwächse bis zur durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe ergeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, eine Anhebung des KF sei gemäß § 9 Abs. 3 HVM i.V.m. mit der Richtlinie zur Auslegung des HVM vom 12. Februar 2003 (RL) nicht möglich, da der aus den realen KF der Quartale I bis IV/2003 errechnete Fallzahlquotient von 0,73 den festgesetzten KF von 0,75 nicht überschreite. Eine Anhebung der GFPZ nach § 9 Abs. 10 und 11 HVM komme nicht in Betracht, da die Fallpunktzahl der klägerischen Praxis (698) im Durchschnitt der Quartale I/2003 bis IV/2003 die GFPZ der Arztgruppe (820) nicht überschreite. Auch die Voraussetzungen einer unbilligen Härte seien zu verneinen.
Im I. Quartal 2004 forderte er für 938 Fälle 624.315 Punkte an. Mit Honorarbescheid vom 29. Juli 2004 wurde ihm insgesamt ein Honorar in Höhe von 28.428,42 € gewährt. Dem lagen folgende Werte zugrunde:
Primärkassen
Ersatzkassen
GFZ
870
1.040
Fälle nach § 9 HVM
499
439
Individuelle GFZ
Angepasste ind. GFZ463
384487
366PZGV
285.360
300.120
Abgerechnet durch Kläger
343.170
281.145
Vergütet nach § 8 Abs. 7 HVM
285.360
281.145
Vergütet nach § 10 Abs. 2 HVM
57.810
0,0
Fallzahlabhängiger Abstaffelungsfaktor
83,15
100,00
Realer KF:
0,60
Angepasster KF:
0,75
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2005 als unbegründet zurück.
Im II. Quartal 2004 forderte der Kläger für 1.020 Fälle 658.825 Punkte an. Mit Honorarbescheid vom 28. Oktober 2004 wurde ihm insgesamt ein Honorar in Höhe von 29.794,01 € gewährt.
Dem lagen folgende Werte zugrunde:
Primärkassen
Ersatzkassen
GFZ
870
1.040
Fälle nach § 9 HVM
513
502
Individuelle GFZ
Angepasste ind. GFZ440
330515
387PZGV
270.600
317.340
Abgerechnet durch Kläger
338.800
320.025
Vergütet nach § 8 Abs. 7 HVM
270.600
317.340
Vergütet nach § 10 Abs. 2 HVM
68.200
2.685
Fallzahlabhängiger Abstaffelungsfaktor
79,87
99,16
Realer KF:
0,65
Angepasster KF:
0,75
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2005 als unbegründet zurück.
Im III. Quartal 2004 forderte er für 996 Fälle 649.380 Punkte an. Mit Honorarbescheid vom 27. Januar 2005 wurde ihm insgesamt ein Honorar in Höhe von 29.485,34 € gewährt. Dem lagen folgende Werte zugrunde:
Primärkassen
Ersatzkassen
GFZ
870
1.040
Fälle nach § 9 HVM
547
443
Individuelle GFZ
Angepasste ind. GFZ481
361466
350RLV
296.020
287.000
Abgerechnet durch Kläger
368.720
280.660
Vergütet nach § 8 Abs. 7 HVM
296.020
280.660
Vergütet nach § 10 Abs. 2 HVM
72.700
0,0
Fallzahlabhängiger Abstaffelungsfaktor
80,28
100,00
Realer KF:
0,63
Angepasster KF:
0,75
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auch nach dem ab dem 1. Juli 2004 geltenden HVM sei die Berechnung des Honorars nicht zu beanstanden. Eine Erhöhung des KF scheide aus, da im Durchschnitt der letzten vier Quartale keine tatsächliche Überschreitung festzustellen sei.
Im IV. Quartal 2004 forderte er für 1.077 Fälle 689.240 Punkte an. Mit Honorarbescheid vom 28. April 2005 wurde ihm insgesamt ein Honorar in Höhe von 29.463,40 € gewährt. Dem lagen folgende Werte zugrunde:
Primärkassen
Ersatzkassen
GFZ
870
1.040
Fälle nach § 9 HVM
566
504
Individuelle GFZ
Angepasste ind. GFZ461
346490
368RLV
283.720
301.760
Abgerechnet durch Kläger
385.110
304.130
Vergütet nach § 8 Abs. 7 HVM
283.720
301.760
Verg. nach § 10 Abs. 2 HVM
101.390
2.370
Fallzahlabhängiger Abstaffelungsfaktor
73,67
99,22
Realer KF:
0,68
Angepasster KF:
0,75
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Im I. Quartal 2005 forderte er für 909 Fälle 561.060 Punkte an. Mit Honorarbescheid vom 28. Juli 2005 wurde ihm insgesamt ein Honorar in Höhe von 27.134,87 € gewährt. Dem lagen folgende Werte zugrunde:
Primärkassen
Ersatzkassen
GFZ
870
1.040
Fälle nach § 9 HVM
486
422
Individuelle GFZ
Angepasste ind. GFZ466
350484
363RLV
287.000
297.660
Abgerechnet durch Kläger
304.520
256.540
Vergütet nach § 8 Abs. 7 HVM
287.000
256.540
Vergütet nach § 10 Abs. 2 HVM
17.520
0,0
Fallzahlabhängiger Abstaffelungsfaktor
94,25
100,00
Realer KF:
0,58
Angepasster KF:
0,75
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Honorarabrechnung entspreche den Regelungen des geltenden HVM. Eine Anhebung des KF oder eine Erhöhung der GFZ und/oder GFPZ schieden aus, da eine Überschreitung des RLV um mindestens 15% nicht vorliege.
Gegen die Widerspruchsbescheide über die dem PZGV/RLV des jeweiligen HVM der Beklagten unterliegenden Leistungen richten sich die jeweils zu den Aktenzeichen - S 1 KA 59/05 - , - S 1 KA 119/05 - und - S 1 KA 36/06 - erhobenen Klagen, die das Sozialgericht (SG) Potsdam unter dem Aktenzeichen - S 1 KA 59/05 - zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Das SG hat die Klagen, mit denen der Kläger anstelle der Berücksichtigung eines KF von 0,75 einen KF von 1 begehrte, mit Urteil vom 19. November 2008 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klagen seien nicht begründet. Der Kläger habe in den in Rede stehenden Quartalen keinen höheren Vergütungsanspruch unter Zugrundelegung eines KF von 1. Bei Berücksichtigung seiner tatsächlichen Fallzahlen, die einen realen KF von 0,58 bis 0,76 ergäben, würde die Zugrundelegung eines KF von 1 gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßen. Durch eine Fallzahlsteigerung habe es der Kläger selbst in der Hand, sein RLV zu erhöhen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Durch die Verwendung des KF von 0,75 sei neben der bereits durch die GFPZ erfolgten Budgetierung eine weitere – unzulässige – Benachteiligung erfolgt. Die Zuordnung des KF ergebe sich allein daraus, dass er – der Kläger – eine unterdurchschnittlich große Praxis betreibe. Kleinen Praxen sei jedoch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine bessere Wachstumsmöglichkeit als durchschnittlich oder überdurchschnittlich großen Praxen einzuräumen. Bei einer Multiplizierung der GFPZ mit der individuellen Fallzahl sei ein reales Ergebnis zu erzielen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 29. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2005, des Bescheides vom 29. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2005, des Bescheides vom 28. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2005, des Bescheides vom 27. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005, des Bescheides vom 28. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 und des Bescheides vom 28. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2006 zu verpflichten, ihn hinsichtlich seiner Vergütungsansprüche für die Quartale IV/2003, I, II, III und IV/2004 sowie I/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers, mit der seine statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Gestalt einer Bescheidungsklage weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Beklagte hat die einschlägigen Bestimmungen der hier anwendbaren HVM, nämlich des ab 1. Juli 2003 gültigen HVM und des HVM vom 23. Juni 2004, zutreffend angewandt. Diese verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Dabei beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf diejenigen Vorschriften der HVM, deren Anwendung den hier in Rede stehenden Honorarbescheiden zugrunde liegt, soweit diese angefochten sind. Der Kläger begehrt hier die Anwendung eines höheren als des von der Beklagten berücksichtigten praxisindividuellen KF bei der Ermittlung des PZGV/RLV. Eine entsprechende Beschränkung des Rechtsbehelfs ist zulässig (vgl BSG SozR 4-1500 § 92 Nr. Rn 12).
Rechtsgrundlage der Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in den hier anzuwendenden, bis 31. Dezember 2003 bzw 31. Dezember 2004 und ab 1. Januar 2005 geltenden Fassungen. Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an, ab 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltenden HVM angewandt (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung). Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wobei (Fassung ab 1. Januar 2004) jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen ist. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (RLV; vgl. § 85 Abs. 4 Satz 7 bzw. Satz 6 SGB V).
Die KVen und die seit 1. Juli 2004 als Vertragspartner beteiligten Krankenkassen haben bei der Ausformung des HVM einen Gestaltungsspielraum. Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. st Rspr. des BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können Arztgruppen, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40). Die sachliche Rechtfertigung für die Bildung von Honorartöpfen folgt aus dem Bestreben, dass die in § 85 Abs. 3 bis 3e SGB V normierten Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen sich in den verschiedenen Arztgruppen bzw. Leistungsbereichen gleichmäßig auswirken und nicht die Anteile einzelner Arztgruppen an den Gesamtvergütungen verringert werden, weil andere Gruppen durch Mengenausweitungen ihre Anteile absichern oder sogar vergrößern. Dadurch werden die Punktwerte in den einzelnen Leistungsbereichen stabilisiert, sodass die Ärzte ihre vertragsärztlichen Einnahmen sicherer kalkulieren können. Der Zuordnung zu einem Honorarkontingent steht nicht entgegen, dass Leistungen betroffen sind, die überweisungsgebunden sind (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 24). Ein Honorartopf kann auch Leistungen erfassen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind. Die Zuordnung zu einem Honorarkontingent wird auch nicht ohne weiteres dadurch rechtswidrig, dass die Leistungsmengen erkennbar durch andere Ärzte und deren Überweisungsaufträge ausgeweitet werden und dadurch ein Punktwertverfall eintritt. Bei der Bildung von Honorarkontingenten kann grundsätzlich an die Verhältnisse in einem früheren Quartal angeknüpft werden (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 6/10 – juris – mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. des BSG).
Für die Arztgruppe, der die Klägerin im streitigen Quartal angehörte (Fachärzte für Orthopädie vgl. Anlagen 2 bzw. 1 zu den HVM), galt gemäß § 9 Abs. 2 HVM ein kassenartenspezifisches PZGV bzw. RLV, innerhalb dessen feste Punktwerte (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung) vergütet wurden. Das kassenartenspezifische PZGV bzw. RLV errechnete sich aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen GFPZ mit der kassenartenspezifischen GFZ und dem individuellen Anteil an ambulant kurativen Behandlungsfällen einer Kassenart zur Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen KF, der sich bei dem Kläger vorliegend auf 0,75 beläuft (Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle zur durchschnittlichen Fallzahl der entsprechenden Arztgruppe gemäß Anlage 2 im Jahr 2000; dieser KF blieb ab 30. Juni 2004 für den Kläger weiter maßgebend; vgl. § 9 Abs. 3 der HVM). Die arztgruppenspezifische Grenzfallzahl betrug für die einschlägige Arztgruppe des Klägers 820 Punkte.
Hieraus ergaben sich die von der Beklagten zutreffend ermittelten PZGV und RLV für den Primärkassenbereich und für den Ersatzkassenbereich, die nach § 8 Abs. 7 der HVM mit einem Punktwert von (mindestens) 4,1 Cent vergütet wurden, bzw. die jeweils verbleibenden Restpunktzahlvolumina, die nach § 10 Abs. 2 bzw. § 12 Abs. 2 der HVM mit floatenden Punktwerten vergütet werden. Die Zugrundelegung des KF von 0,75 ist nicht zu beanstanden.
Es trifft insbesondere nicht zu, dass der Kläger durch Anwendung des KF neben der Festlegung einer GFPZ zusätzlich gegenüber durchschnittlich bzw. überdurchschnittlich großen Praxen benachteiligt wird. Die GFPZ bildet den tatsächlichen abgerechneten Behandlungsbedarf pro Behandlungsfall ab, und zwar völlig unabhängig von der Praxisgröße. Die GFZ der einzelnen Kassenarten stellt die Anzahl der Behandlungsfälle dar, die zu dem im HVM zugesicherten Punktwert unter Berücksichtigung der GFPZ und unter Zugrundelegung der zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung in einer durchschnittlichen Praxis vergütet werden können. Dies entspricht dem KF von 1. Damit ist aber die tatsächliche Anzahl der Behandlungsfälle noch nicht berücksichtigt. Dies geschieht durch den praxisindividuellen KF, der das Verhältnis der der tatsächlichen Behandlungsfälle zu denen einer durchschnittlichen Praxis der betreffenden Arztgruppe im Basiszeitraum darstellt. Hiervon errechnet sich schließlich das für die einzelne Praxis maßgebende PZGV /RLV. Die Leistungen des Klägers werden daher durch die Anwendung des KF nicht zusätzlich budgetiert, sondern sein PZGV/RLV sachgerecht im Verhältnis zur Praxisgröße ermittelt, ohne dass es ihm verwehrt wäre, durch die Steigerung der Zahl der tatsächlichen Behandlungsfälle ein höheres PZGV/RLV zu erreichen. Bei der von dem Kläger vorgeschlagenen Multiplikation der tatsächlichen individuellen Fallzahl mit der GFPZ fände hingegen eine Deckelung des PZGV/RLV gar nicht statt, da alle Leistungen, die sich im Rahmen der GFPZ bewegen, vergütet werden müssten. Dies wäre dann aber zu einem festen Punktwert, wie ihn § 85 Abs. 4 Satz 6 bzw. 7 SGB V gesetzlich vorgibt, gar nicht möglich. Dem von der Rechtsprechung des BSG postulierten Gebot, dass durch Honorarverteilungsbestimmungen unterdurchschnittlich große Praxen faktisch nicht daran gehindert werden dürften, zumindest bis zum durchschnittlichen Umsatz der Facharztgruppe zu wachsen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 28; SozR 4-2500 § 85 Nr. 23), stehen die vorliegend der Berücksichtigung des KF zugrunde liegenden Regelungen der anzuwendenden HVM nicht entgegen. Denn dem Kläger bleibt es unbenommen, durch Steigerung seiner tatsächlichen Behandlungsfälle ein höheres RLV zu erreichen. § 9 Abs. 3 der HVM sieht eine entsprechende Anpassung des KF vor.
Die hier einschlägigen Regelungen der HVM verstoßen auch nicht gegen Art. 12 GG. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit (vgl. BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist. Diese ergeben spezifisch vertragsarztrechtliche Begrenzungen der Honorierung. Die Vorschrift des § 85 Abs. 3 SGB V enthält Vorgaben für die Bemessung der Gesamtvergütungen und die Zuweisung dieser Aufgabe an die dort genannten Vertragsparteien. Das so festgelegte Gesamtvergütungsvolumen haben die KVen und die Krankenkassenverbände zu beachten, wenn sie gemäß § 72 Abs. 2 SGB V ("im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses" bzw. früher: des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) die weiteren Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung treffen. Dabei haben sie zwei Ziele zu realisieren. Sie müssen zum einen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten und zum anderen für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen Sorge tragen. Die unter Umständen bestehenden Schwierigkeiten, im Rahmen des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens diesen beiden Zielen zugleich in vollem Umfang gerecht zu werden, können es notwendig machen, diese in einen verhältnismäßigen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierfür hat der Gesetzgeber des SGB V ineinander greifende Zuständigkeiten verschiedener Institutionen vorgesehen. Die Festlegung der Angemessenheit einer Vergütung ist vorrangig den Kompetenzen von Bewertungsausschuss (§ 87 SGB V - Bestimmung von Inhalt und Punktzahlen der abrechenbaren Leistungen), Gesamtvertragsparteien (§ 85 Abs. 3 SGB V - Bemessung der Gesamtvergütungen; § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V -Honorarverteilungsmaßstab) und KVen (§ 85 Abs. 4 SGB V - Verteilung der Gesamtvergütungen) überantwortet (vgl. BSGE 93, 258). Der danach erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. einer Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG aaO, st Rspr.). Greifbare Anhaltspunkte dafür liegen indes nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 2, 63 Gerichtskostengesetz. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar und berücksichtigt, dass vorliegend die Vergütung für sechs Quartale streitig war.