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Türkei; assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger; Erlöschen des Aufenthaltsrechts; Verlassen des Bundesgebiets für einen nicht unerheblichen Zeitraum; Verlagerung des Lebensmittelpunktes ins Ausland; Auslandsaufenthalt vor 2003; Probeaufenthalt zur Prüfung dauerhafter Rückkehr; Verbleib zumindest eines nicht getrennt lebenden Elternteils im Bundesgebiet Erhalt der familiären Wohnung; Stattgabe


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 14.04.2016
Aktenzeichen OVG 11 B 11.15 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 7 S 1 EWGAssRBes 1/80, Art 59 EWGAbkTURZProt, Art 6 Abs 2 EWGRL 360/68, Art 9 Abs 1c EGRL 109/2003, Art 16 Abs 4 EGRL 38/2004

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Oktober 2013 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Izmir vom 4. August 2011 verpflichtet, dem Kläger ein Visum zur Fortsetzung seines Aufenthalts im Bundesgebiet gem. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der in Deutschland als Sohn eines türkischen Arbeitnehmers im August 1986 geborene, hier aufgewachsene und nach erfolgter Ausweisung am 15. März 2004 abgeschobene türkische Kläger begehrt die Erteilung eines Visums zum Zweck dauerhafter Rückkehr ins Bundesgebiet auf der Grundlage von Art. 7 Satz 1 ARB 1/80, hilfsweise zum Zweck der Wiederkehr gemäß § 37 AufenthG.

Mit Bescheid des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Izmir vom 4. August 2011 lehnte die Beklagte den nach zwischenzeitlicher Befristung der Sperrwirkungen der Ausweisung und Abschiebung gestellten Antrag des Klägers ab, ihm ein Visum zur Familienzusammenführung u.a. mit seiner im Bundesgebiet lebenden türkischen Mutter und seiner Schwester vom 21. März 2011 zu erteilen. Zur Begründung heiß es, die begehrte Wiedereinreise nach § 37 AufenthG komme mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen in Absatz 1 (Überschreiten der Altersgrenze und der Rückkehrfrist sowie fehlender Lebensunterhaltssicherung) und in Absatz 2 (besondere Härte) nicht in Betracht.

Seine am 30. August 2011 hiergegen erhobene Klage, die zunächst mit dem Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 37 Abs. 2 AufenthG und nach rückwirkender Aufhebung des Ausweisungsbescheids des Klägers durch Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. April 2012 darüber hinaus mit dem Fortbestehen der als Kind eines türkischen Arbeitnehmers erworbenen Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 begründet worden war, hat das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 25. Oktober 2013 abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Visumerteilunggemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 i.V.m. § 4 Abs. 5 AufenthG stehe dem Kläger nicht zu, da er das ursprünglich erworbene assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht bereits durch seinen Aufenthalt in der Türkei in den Jahren 1997 und 1998 verloren gehabt habe.

Zwar sei in der Rechtsprechung des EuGH noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen von einem Verlassen des Mitgliedsstaats „für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe“, d.h. einem der beiden Erlöschensgründe für die Rechtsstellung aus Art. 7 ARB 1/80, auszugehen sei. Auch entspreche es dessen ständiger Rechtsprechung, dass die Regelungen im Bereich der Freizügigkeit für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen weitestmöglich auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige zu übertragen seien. Damit sei jedoch gleichzeitig die „obere Grenze“ für einen nicht mehr unerheblichen Zeitraum des Auslandsaufenthalts festgelegt. Denn der Wegfall der assoziationsrechtlichen Rechtsstellung müsse sich am Besserstellungsverbot des Art. 59 Zusatzprokoll zum Assoziationsabkommen (nachfolgend ZP) messen lassen, wonach hierdurch Begünstigten keine günstigere Rechtsstellung gewährt werden dürfe als Angehörigen der Mitgliedsstaaten der EU aufgrund des Gründungsvertrags untereinander. Auch wenn es dabei auf eine Gesamtbetrachtung der Rechtsstellungen ankomme, wirke eine dortige zeitliche Begrenzung des Abwesenheitszeitraums nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „zumindest als Orientierungsrahmen“.

Dahinstehen könne vorliegend, ob mit dem Inkrafttreten der Unionsbürgerrichtlinie vom 29. April 2004 und der dortigen Regelung in Art. 16 Abs. 4, der ausweislich des Erwägungsgrundes 17 eine Erweiterung der Rechtsstellung und nicht lediglich eine Klarstellung beinhalte, erst eine Abwesenheit vom Mitgliedsstaat von zwei aufeinander folgenden Jahren zum Verlust des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts führe. Denn im vorliegend maßgeblichen Zeitraum 1997/98 habe diese Richtlinie noch nicht existiert. Damals habe vielmehr noch die Richtlinie 68/360/EWG vom 15. Oktober 1968 gegolten, in deren Art. 6 Abs. 2 geregelt sei: „Aufenthaltsunterbrechungen, die sechs aufeinanderfolgende Monate nicht überschreiten, sowie eine durch Militärdienst gerechtfertigte Abwesenheit berühren nicht die Gültigkeit der Aufenthaltserlaubnis“. Dementsprechend habe das zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassene bundesdeutsche AufenthG/EWG in seiner 1997/98 gültigen Fassung bestimmt, dass die Aufenthaltserlaubnis/EWG erlösche, wenn sich der Ausländer seit mehr als sechs Monaten nicht mehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgehalten habe, es sei denn, der hiesige Aufenthalt sei lediglich zur Ableistung des Wehrdienstes oder eines an seine Stelle tretenden Ersatzdienstes unterbrochen worden.

Sei somit für Unionsbürger ausnahmslos geregelt gewesen, dass ein mehr als sechsmonatiger Auslandsaufenthalt zu anderen Zwecken als zum Wehr- oder Ersatzdienst zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts führe, könne aufgrund des Besserstellungsverbots aus Art. 59 ZP für Assoziationsberechtigte nichts anderes gelten.

Mangels seinerzeitiger Zuzugsgenehmigung bei Wiedereinreise im Jahre 1998 habe der Kläger auch nicht erneut die Rechtsstellung eines Assoziationsberechtigten nach Art. 7 ARB 1/80 erlangen können. Der Annahme, es bestehe ein Folgenbeseitigungsanspruch im Hinblick auf die seinerzeitige Untätigkeit der Ausländerbehörde nach Wiedereinreise in Kenntnis des Erlöschensgrundes, sei nicht zu folgen. Dies könne indes auch dahinstehen, da nicht nachgewiesen sei, dass damals ein Zuzugsanspruch bestanden habe.

Einen Anspruch auf Erteilung eines Visums auf der Grundlage von § 37 Abs. 1 AufenthG besitze der Kläger mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 ebenfalls nicht. Ein Anspruch auf Wiederkehr gemäß § 37 Abs. 2 AufenthG aus Härtefallgründen scheitere jedenfalls am Nachweis eines nach Rückkehr gesicherten Lebensunterhalts.

Der Senat hat durch Beschluss vom 10. September 2015 die Berufung wegen Vorliegens besonderer rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hinsichtlich der Frage zugelassen, ob das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht des Klägers aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 allein wegen seines mehr als sechs Monate andauernden, zwölf Monate aber nicht überschreitenden Auslandsaufenthalts in den Jahren 1997/98 und unabhängig von den Gründen seiner Abwesenheit im Hinblick auf das Besserstellungsverbot aus Art. 59 ZP gemäß Art. 6 Abs. 2 RiL 68/360/EWG erloschen gewesen sei.

Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15. September 2015 zunächst im Wesentlichen auf sein Vorbringen zur Zulassungsbegründung und darüber hinaus darauf verwiesen, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2015 zu 1 C 19.14 führten jedenfalls Abwesenheitszeiten von weniger als einem Jahr allein nicht zu einem Erlöschen des ARB-Anspruchs. Im Übrigen bestehe ein Anspruch auf Wiederkehr, wie erstinstanzlich und im Zulassungsverfahren geltend gemacht worden sei. Ergänzend hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 ausgeführt, der Aufenthalt in der Türkei in den Jahren 1997/1998 habe der Erprobung gedient, ob das Leben in der Türkei das Richtige für sie sei. Darin liege jedoch keine endgültige Verlagerung des Lebensmittelpunkts, die den hiesigen Integrationszusammenhang zerrissen habe. Mit Schriftsatz vom 31. März 2016 hat er zudem geltend gemacht, soweit im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens vorgetragen worden sei, vor dem seinerzeitigen Aufenthalt in der Türkei hätten sich die Eltern des Klägers vorübergehend getrennt gehabt und die Mutter sei zusammen mit den Kindern in die Türkei gezogen, müsse das berichtigt werden. Eine solche Trennung der Eltern habe es damals nicht gegeben. Auch habe sich die Mutter des Klägers in dieser Zeit nicht dauerhaft in der Türkei aufgehalten, sondern sei zwischen der ehelichen Wohnung und der Wohnung in der Türkei gependelt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf gerichtliche Nachfrage ergänzend u.a. ausgeführt, hinsichtlich seines zeitweiligen Vortrags, die Eltern des Klägers hätten sich vor dem Türkeiaufenthalt 1997/1998 getrennt gehabt, habe es ein Missverständnis gegeben. Die Mutter des Klägers habe ihm insoweit ausdrücklich erklärt, eine solche Trennung habe es damals nicht gegeben, ihre Kinder seien während deren Aufenthalts in der Türkei in einem dortigen Internat untergebracht gewesen. Grund der damaligen Übersiedlung sei der Versuch der Feststellung gewesen, ob eine Rückkehr dorthin gelingen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Oktober 2013 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Generalkonsulats in Izmir vom 4. August 2011 zu verpflichten, ihm ein Visum zur Fortsetzung seines Inlandsaufenthalts gemäß Art. 7 ARB 1/80 zu erteilen,

hilfsweise

über den Antrag auf Erteilung eines Visums gemäß § 37 AufenthG gemäß der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2015 zu 1 C 19.14 ergebe sich keineswegs, dass das Aufenthaltsrecht aus Art. 7 ARB 1/80 im Falle einer Abwesenheit aus dem Bundesgebiet von weniger als einem Jahr nicht erlöschen könne. Zwar solle diese Abwesenheitsdauer hiernach gewichtige Indizwirkung haben, entscheidend sei aber letztlich, ob der Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert worden sei. Das hänge von den Gründen des Verlassens des Bundesgebietes ab. Da die Mutter des Klägers mit diesem und seiner Schwester damals nach eigenen Angaben habe ausprobieren wollen, ob das Leben in der Türkei das Richtige für sie sei, habe es sich vor dem Hintergrund der vorgetragenen Trennung der Eheleute um einen Neubeginn bzw. ein neues Leben für die (Rest)Familie gehandelt. Soweit nunmehr behauptet werde, eine Trennung der Eltern habe damals gar nicht stattgefunden und die Mutter des Klägers habe abwechselnd in Deutschland und in der Türkei gelebt, sei darauf hinzuweisen, dass Letzteres ebenso wenig belegt sei wie der behauptete Internatsaufenthalt der Kinder.

Die Beigeladene hat, ohne einen Sachantrag zu stellen, im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verwiesen und ergänzend geltend gemacht, ein zeitweiser Aufenthalt der Mutter im Bundesgebiet während des seinerzeitigen Aufenthalts der Kinder in der Türkei sei nicht belegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten über den streitgegenständlichen und frühere Visumanträge des Klägers (4 Vorgänge), dessen beigezogene Ausländerakten (2 Bände) und die seiner Mutter (1 Band) sowie die beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe betreffend den Kläger (5 Vorgänge) und die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe betreffend die Ausweisung des Klägers und seine Klage auf Aufhebung der Ausweisung (2 Hefter) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in Abwesenheit der Beigeladenen verhandeln und entscheiden, da sie mit der ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Oktober 2013 ist zulässig und auch begründet. Ihm steht ein Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung des mit dem Hauptantrag begehrten Visums zur Fortsetzung seines Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 i.V.m. § 4 Abs. 5 AufenthG zu. Der das Einreisebegehren des Klägers ablehnende Bescheid des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Izmir vom 4. August 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Dass der 1986 in Deutschland als Sohn eines hier lebenden türkischen Arbeitnehmers geborene türkische Kläger durch seinen anschließenden hiesigen Aufenthalt im elterlichen Haushalt bis Juli 1997 ein eigenständiges dauerhaftes Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erworben hatte (vgl. zu dieser Rechtsstellung: BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 1 C 19.14 -, juris Rz. 17 m.w.N.), hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zutreffend festgestellt. Dieser seinerzeitige Erwerb ist zwischen den Verfahrensbeteiligten auch unstreitig.

Dem Verwaltungsgericht ist ferner darin zu folgen, dass der erste von den nur zwei zulässigen Erlöschensgründen für ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 (vgl. BVerwG, a.a.O., Rz. 14), eine Beschränkung des Aufenthalts wegen Vorliegens einer durch das persönliche Verhalten des Berechtigten begründeten schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit im Sinne des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80, dem aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 abgeleiteten Einreise- und Aufenthaltsbegehren des Klägers nicht mehr entgegenzuhalten ist, nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 12. April 2012 seine im Jahre 2003 verfügte Ausweisung rückwirkend aufgehoben hat. Auch das ist zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig.

Entgegen der vom Beklagten sowie der Beigeladenen verteidigten Annahme des Verwaltungsgerichts im streitgegenständlichen Urteil vermag aber auch der Türkeiaufenthalt des Klägers im Jahre 1997/1998 nicht das Vorliegen des zweiten möglichen Erlöschensgrundes für ein Aufenthaltsrecht aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80, das Verlassen des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats „für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe“ (vgl. auch dazu das o.g. Urteil des BVerwG, a.a.O, Rz. 14 ff., m.w.N. auch zur Rechtsprechung des EuGH), zu begründen.

Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des angegriffenen Urteils, dass zwar die Voraussetzungen dieses Erlöschensgrundes in der Rechtsprechung des EuGH nicht abschließend geklärt seien und diese (auch) hinsichtlich der Verlustgründe darauf verweise, die Regelungen im Bereich der Freizügigkeit für Unionsbürger sollten so weit wie möglich auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige übertragen werden, dass aber andererseits mit Blick hierauf das sog. Besserstellungsverbot aus Art. 59 ZP zu beachten sei. Danach dürfe der Türkei in den von diesem Protokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander auf Grund des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft einräumten, und sei der Vergleich beider Rechtsstellungen im Wege der Gesamtbetrachtung durchzuführen, wobei die Unionsbürger betreffenden Regelungen auf die richterrechtliche Ausformung der assoziationsrechtlichen Stellung und ihrer Verlustgründe „zumindest als Orientierungsrahmen“ einwirkten (BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 - 1 C 6.08 -, juris Rz. 27 m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht durfte für die streitgegenständliche Entscheidung auch dahinstehen lassen, ob hinsichtlich des Besserstellungsverbots Orientierungsrahmen die - nicht als Klarstellung, sondern als Erweiterung anzusehende - Regelung in Art. 16 Abs. 4 der Unionsbürgerrichtlinie vom 29. April 2004 (RiL 2004/38/EG) über eine Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedsstaat für die Dauer von mehr als zwei aufeinander folgenden Jahren sein konnte (so das Bundesverwaltungsgericht noch in seinem Urteil vom 30. April 2009 - 1 C 6/08 -, juris Rz. 27, nunmehr ablehnend mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des EuGH in Sachen Ziebell das Urteil vom 25. März 2015 - 1 C 19.14 -, juris Rz. 19 f.). Denn diese Richtlinie hat - so das Verwaltungsgericht zutreffend - im vorliegend maßgeblichen Zeitraum 1997/1998 noch nicht existiert, so dass die Regelung des Art. 16 Abs. 4 RiL 2004/38/EG diesbezüglich schon deshalb keine Anwendung finden konnte.

Aus dem gleichen Grund ist auch das - nur im rechtlichen Ausgangspunkt übereinstimmende - schriftsätzliche Vorbringen des Klägers und der Beklagten im Rahmen des Berufungsverfahrens verfehlt, heranzuziehen sei vorliegend stattdessen entsprechend diesem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2015 die Verlustregelung bei Aufenthalten außerhalb des Gemeinschaftsgebiets von mehr als 12 aufeinander folgenden Monaten in Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (RiL 2003/109/EG). Denn auch diese Richtlinie existierte im vorliegend maßgeblichen Zeitraum des Türkeiaufenthalts des Klägers in den Jahren 1997/1998 noch nicht.

Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung demgegenüber geltend gemacht hat, bei der nunmehr geltenden Rechtslage handele es sich lediglich um eine Konkretisierung des zuvor bereits in diesem Sinne auszulegenden Primärrechts der EG, vermag der Senat dem nicht näher substantiierten Vorbringen nicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, dass bereits das Primärrecht der EG dem Art. 9 Abs. 1 Buchst. c RiL 2003/109/EG entsprechende Regelungen betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen getroffen hat. Dem steht schon entgegen, dass diese Richtlinie ausweislich ihrer Erwägungsgründe (insbesondere Nr. 1 und 2) derartige Ansprüche erstmalig begründet hat. Entsprechendes gilt für die - nach Vorstehendem ohnehin nur im Hinblick auf das Besserstellungsverbot des § 59 ZP relevanten - Regelungen der Unionsbürgerrichtlinie, die das nach dem Vertrag nur vorbehaltlich der in diesem und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen bestehende Recht jedes Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, durch Überwindung der bis zu ihrem Erlass geltenden bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze - darunter der RiL 68/360/EWG - erleichtern (vgl. Erwägungsgründe Nr. 1 und 4 RiL 2004/38/EG) sollte. Die Richtlinie 68/360/EWG wurde gem. Art. 38 Abs. 2 RiL 2004/38/EG erst mit Wirkung vom 30. April 2006 aufgehoben.

Zugrunde zu legen ist hinsichtlich des Besserstellungsverbots somit, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, die Regelung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft (RiL 68/360/EWG). Danach berühren Aufenthaltsunterbrechungen, die sechs aufeinander folgende Monate nicht überschreiten, sowie eine durch Militärdienst gerechtfertigte Abwesenheit nicht die Gültigkeit einer Aufenthaltserlaubnis.

Nicht zu folgen ist dem Verwaltungsgericht allerdings in seiner Annahme - und dies beanstandet der Kläger mit seiner Berufung zu Recht -, dass angesichts der Ausnahmslosigkeit der Erlöschensregelung in Art. 6 Abs. 2 RiL 68/360/EWG aufgrund des Besserstellungsverbots in Art. 59 ZP für Assoziationsberechtigte „nichts anderes gelten“ könne. Insoweit übersieht es seinen eigenen, zuvor dargelegten - und der zitierten, u.a. auf ein Urteil des EuGH zurückgreifenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechenden - rechtlichen Ausgangspunkt, wonach hierbei der Vergleich der Rechtsstellung der Familienangehörigen von türkischen Arbeitnehmern auf der einen und Unionsbürgern auf der anderen Seite „im Wege der Gesamtbetrachtung durchzuführen ist“ und die Unionsbürger betreffenden Regelungen auf die richterrechtliche Ausformung der assoziationsrechtlichen Stellung und ihrer Verlustgründe zumindest „als Orientierungsrahmen“ einwirken. Dass dem Erlöschensgrund des Verlassens des Mitgliedstaates „für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe“ nicht allein die zeitliche Begrenzung in Art. 6 Abs. 2 RiL 68/360/EWG zugrunde gelegt werden darf, ergibt sich zudem aber auch daraus, dass diese Vorschrift völlig unberücksichtigt lässt, ob der Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Europäischen Union durch „berechtigte Gründe“ veranlasst war. Maßgeblich für diesen Erlöschensgrund ist es jedoch, ob der Lebensmittelpunkt aus Deutschland wegverlagert wurde, wobei „das zeitliche Moment und die Gründe für das Verlassen des Bundesgebiets nicht isoliert nebeneinander“ stehen, sondern zwischen ihnen ein Zusammenhang dergestalt besteht, dass desto eher von einer Aufgabe des Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet auszugehen ist, je länger sich der Betroffene im Ausland aufhält (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 1 C 19.14 -, juris Rz. 18). Aus diesem Grund ist die Heranziehung einer Vorschrift, die „nicht nach den Gründen für den Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Europäischen Union differenziert, … als abschließende Regelung zur Konkretisierung des hier maßgeblichen Erlöschensgrundes ungeeignet“ (so zur Frage der Bedeutung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) der RiL 2003/109/EG für diesen Erlöschensgrund: BVerwG, a.a.O., Rz. 21 i.V.m. 18).

Dies zugrunde legend ist das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht des Klägers aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 durch seinen Aufenthalt in der Türkei im Jahre 1997/1998 entgegen der verwaltungsgerichtlichen Annahme nicht erloschen.

Hinsichtlich der Dauer dieses Aufenthalts ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser nicht - wie seitens der Beigeladenen unter Bezugnahme auf ein (Strafgerichts)Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 17. Januar 2002 vorgetragen und offensichtlich auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt - vom 12. September 1997 bis zum 5. Juni 1998 und sodann vom 11. September bis zum 10. Dezember 1998 andauerte, sondern vom 23. Juli 1997 bis zum 15. November 1997, vom 8. Dezember 1997 bis zum 5. Juni 1998 und vom 11. September 1998 bis zum 18. September 1998. Dies wird durch die Einreise- und Ausreisestempel im - dem Senat vorliegenden - türkischen Reisepass des Klägers mit der Nr. TR-J 601802 zweifelsfrei belegt. Die teilweise hiervon abweichenden Melderegisterauskünfte beruhen auf den nicht annähernd vergleichbar zuverlässigen Melderegisterangaben der Eltern und sind deshalb nicht geeignet, das objektive (Urkunds)Beweismittel der Einreise- und Ausreisestempel im genannten Reisepass des Klägers in Frage zu stellen.

Im Hinblick hierauf geht der Senat von einem insgesamt etwa zehneinhalbmonatigen Türkeiaufenthalt des Klägers in der Zeit vom 23. Juli 1997 bis zum 5. Juni 1998 aus. Denn dessen kurzzeitige (ca. dreiwöchige Rückkehr) ins Bundesgebiet vom 15. November bis zum 8. Dezember 1997 während dieses Zeitraums stellt einen zusammenhängenden Auslandsaufenthalt gerade auch angesichts des unstreitigen Schulbesuchs des Klägers in der Türkei in der Zeit davor und danach nicht in Frage. Demgegenüber vermag der nur einwöchige Kurzaufenthalt des Klägers in der Türkei vom 11. bis 18. September 1998 seinen Auslandsaufenthalt bis zum 5. Juni 1998 angesichts der vorangehenden, mehr als dreimonatigen Rückkehr ins Bundesgebiet nicht zu verlängern.

Dieser somit maßgebliche, etwa zehneinhalbmonatige Türkeiaufenthalt überschreitet zwar den nach den obigen Ausführungen maßgeblichen sechsmonatigen Orientierungsrahmen des Art. 6 Abs. 2 RiL 68/360/EWG deutlich. Es liegen jedoch „gewichtige Anhaltspunkte“ dafür vor, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt während dieser Zeit weiterhin im Bundesgebiet behalten hat (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rz. 18 am Ende).

Bei dieser Bewertung geht der Senat davon aus, dass der seinerzeitige Türkeiaufenthalt des damals elfjährigen Klägers lediglich dem Zweck diente festzustellen, ob er dort künftig dauerhaft wohnen könne bzw. dies wolle. Das ergibt sich aus den insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden Erkenntnissen bei Auswertung der Äußerungen des Klägers bzw. seiner Familie zu den Gründen dieses Aufenthalts im Verlaufe von inzwischen deutlich mehr als zehn Jahren:

- So heißt es in den Strafurteilen des Amtsgerichts Pforzheim vom 17. Januar 2002 - 1 Ls 81 Js 10326/01 jug. - und 10. September 2002 - 1 Ls 82 Js 13566/01 jug. - übereinstimmend, das Schuljahr habe der Kläger mit seiner Schwester und seiner Mutter in der Türkei verbracht, weil die Familie „damals plante, wieder zurück zu gehen“, das habe sich aber zerschlagen, so dass er nach der Absolvierung der 5. Klasse wieder nach Deutschland zurückgekehrt sei.

- In einer Stellungnahme der „Familie A...“ vom 2. Juni 2003 an das Regierungspräsidium Karlsruhe heißt es, man habe schon zwei Mal in Anlauf genommen, in die Türkei zu gehen, um dort zu leben, doch man sei dort nicht zurechtgekommen.

- Im - die Ausweisung des Klägers betreffenden - Urteil des VG Karlsruhe vom 18. Dezember 2003 - 2 K 1875/03 - wird ausgeführt, das Schuljahr 1997/1998 habe der Kläger mit Mutter und Schwester in der Türkei verbracht, da die Familie „plante unter Umständen dauerhaft in der Türkei zu bleiben“, allerdings habe man Schwierigkeiten gehabt, sich dort einzuleben, so dass man wieder nach Deutschland zurückgekehrt sei.

- Im Beschluss des diesbezüglichen Berufungszulassungsverfahrens vom 29. März 2004 - 11 S 598.04 - heißt es dazu u.a., seine Mutter sei mit ihm und seiner Schwester seinerzeit in die Türkei gegangen, während der Vater nie die Absicht gehabt habe, dorthin zu gehen, auch die Familienwohnung sei beibehalten worden; zwar sei die Dauer des Aufenthalts zeitlich nicht bestimmt gewesen, der Kläger habe aber nur für einen begrenzten Zeitraum die Schule im Ausland besuchen sollen, um vom Umfeld in Deutschland zunächst Abstand zu gewinnen.

- In einer Erklärung des Klägers im Rahmen des streitgegenständlichen Visumantrags vom 20. März 2011 wird diesbezüglich ausgeführt, man sei in die Türkei gegangen, um einen Versuch zu starten, „ob das Leben in der Türkei das Richtige für uns“ sei. Schon nach einem Jahr sei alles zu viel geworden und man habe unbedingt wieder in „unsere Heimat“ nämlich Deutschland zurückkehren wollen. Dies habe man dann auch gemacht.

- Nach Angaben der Beigeladenen im Schriftsatz vom 11. Mai 2015 habe der Kläger zu den Gründen seines damaligen Türkeiaufenthalts geäußert „um einen Versuch zu starten, ob das Leben in der Türkei das Richtige für uns ist“.

- Sinngemäß entspricht das auch dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers zur Berufungsbegründung, wonach es sich um einen „Aufenthalt auf Probe“ bzw. ein gescheitertes „Experiment“ gehandelt habe.

- Auch in der mündlichen Verhandlung erklärte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers auf die Frage des Gerichts zu dem Grund der damaligen Übersiedlung in die Türkei, man habe „versuchen wollen, ob das geht“.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass dem zehneinhalbmonatigen Türkeiaufenthalt des Klägers zusammen mit seiner Schwester und - zumindest zeitweilig - auch mit seiner Mutter in den Jahren 1997/1998 ein nach (endgültiger) Trennung vom Ehemann und Vater zunächst beabsichtigter und erst nach einem nicht unerheblichen Zeitraum gescheiterter Daueraufenthalt zugrunde lag, gibt es nach Überzeugung des Senats nicht. Zwar hat der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers in einem Schriftsatz im Klageverfahren vom 24. April 2014 - allerdings ohne insoweit nähere Angaben hierzu zu machen - von einer damaligen „vorübergehenden Trennung“ der Eltern und späterer Versöhnung gesprochen, jedoch hat er dies im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 31. März 2016 widerrufen und erklärt, der Sachverhalt sei insoweit zu berichtigen, eine Trennung der Eltern habe es nicht gegeben. So seien 1997/1998 auch nur der Kläger und seine Schwester in die Türkei abgemeldet gewesen, zu keinem Zeitpunkt aber auch die Mutter des Klägers (nach den vorliegenden Melderegisterunterlagen trifft das zu). Diese sei “zwischen der Ehewohnung und der Wohnung in der Türkei“ gependelt. In der mündlichen Verhandlung hat der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers auf gerichtliche Nachfrage hierzu erklärt, insoweit habe es seinerzeit ein Missverständnis gegeben, die Mutter des Klägers habe ihm ausdrücklich erklärt, eine solche Trennung habe es damals nicht gegeben. Ihre Kinder seien in dieser Zeit in einem Internat in der Türkei untergebracht gewesen. Dass es sich hierbei um ein bloß verfahrensangepasstes Vorbringen handelt, vermag der Senat auch deshalb nicht zu erkennen, weil die Vielzahl der o.a., zu verschiedenen Zeitpunkten und Anlässen abgegebenen sonstigen Erklärungen zu den Gründen des damaligen Aufenthalts des Klägers in der Türkei für eine vorangegangene Trennung der Eltern als Auslöser oder Ursache der damaligen Übersiedlung nicht das Geringste hergeben.

Ist nach alledem davon auszugehen, dass der seinerzeitige Türkeiaufenthalt des Klägers, seiner Schwester und - zumindest zeitweise - auch seiner Mutter nicht durch eine beabsichtigte dauerhafte Trennung der Eltern des Klägers veranlasst war, sondern der „Erprobung“ diente, ob es ihnen möglich ist, dauerhaft dorthin überzusiedeln, war auch der Lebensmittelpunkt des Klägers noch nicht „aus Deutschland wegverlagert“.

Diese Einschätzung ist vor allem aus den fortdauernden hiesigen familiären Bezügen des im maßgeblichen Zeitraum noch im Kindesalter befindlichen zehn- bzw. elfjährigen Klägers und seiner noch ca. ein Jahr jüngeren Schwester ins Bundesgebiet abzuleiten. Unstreitig lebte zumindest der Vater des Klägers und seiner Schwester bzw. Ehemann der Mutter weiterhin in Deutschland (vgl. auch dessen im Verlaufe des Klageverfahrens eingereichten, keine Unterbrechung aufweisenden Versicherungsverlauf zur Rentenauskunft vom 21. April 2009). Auch existierte hier die - in dieser Zeit zumindest vom Vater, nach dem klägerischen Schriftsatz vom 31. März 2016 bei ihren zwischenzeitlichen hiesigen Aufenthalten auch von der Mutter bewohnte - familiäre Wohnung in Pforzheim, W..., fort, wo der Kläger und seine Schwester nach den vorliegenden Meldeunterlagen jeweils ab- und später wieder angemeldet worden sind, bis beide Elternteile nach dem vorgelegten Mietvertrag zum 1. Dezember 1998 eine andere gemeinsame Wohnung in Pforzheim anmieteten (vgl. auch das bereits zitierte Vorbringen des Klägers im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 29. März 2004, wonach sein Vater nie die Absicht gehabt habe, in die Türkei zu gehen und auch die Familienwohnung beibehalten worden sei). Belegt ist durch die entsprechenden Ein- und Ausreisestempel im Reisepass des Klägers im zugrunde zu legenden Verlassenszeitraum auch dessen zwischenzeitlicher, ca. dreiwöchiger Aufenthalt außerhalb der Türkei in der Zeit vom 15. November bis zum 8. Dezember 1997, in dem sich dieser nach den Angaben im genannten Beschluss des VGH Baden-Württemberg in Deutschland aufgehalten habe und hinsichtlich dessen angesichts seines Alters von damals elf Jahren ohne weiteres von einem Aufenthalt in der familiären Wohnung bei seinen Eltern ausgegangen werden kann.

Erfolgte die streitgegenständliche Übersiedlung des Klägers danach aber zunächst nur zu Erprobungszwecken für die Dauer eines Schuljahres und war im Hinblick auf einem weiteren, dauerhaften Verbleib in der Türkei im Ergebnis offen, hat sie den hiesigen Integrationszusammenhang noch nicht beseitigt und sie unterscheidet sich auch hinsichtlich der Schutzwürdigkeit des Verhaltens nicht so sehr von den anerkannten „berechtigten Gründen“ für ein sogar längerfristiges Verlassen des Bundesgebiets, etwa die Übersiedlung zu zeitlich begrenzten Schul- und Studienzwecken bzw. die berufliche Entsendung (vgl. Armbruster, HTK-AuslR/ARB 1/80/Art. 7/Erlöschen der Rechtsstellungen 08/2015 Ziff. 2, S. 8 m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2011 - 18 A 2765/07 -, juris Rz. 87), dass die Schutzbedürftigkeit zwingend anders zu beurteilen ist.

Für einen trotz ca. 10-monatiger Abwesenheit jedenfalls unter derartigen Umständen fortbestehenden Integrationszusammenhang spricht im Übrigen auch, dass mit Blick auf die Regelung in Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) RiL 2003/109/EG inzwischen eine Auslandsaufenthaltsdauer von ungefähr einem Jahr - und nicht mehr von nur sechs Monaten - als zeitlicher Orientierungsrahmen für die Frage des Fortbestehens des Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet angesehen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O. Rz. 18).

Da die Klage nach alledem bereits mit dem Hauptantrag auf Erteilung eines Einreisevisums zur Fortsetzung des Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 i.V.m. § 4 Abs. 5 AufenthG Erfolg hat, war über den Hilfsantrag des Klägers auf Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung eines Visums zur Wiederkehr gemäß § 37 AufenthG vorliegend nicht mehr zu befinden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.