Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Ansprüche aus einer KASKO-Versicherung wegen eines Kfz-Diebstahls: Obliegenheitsverletzung...

Ansprüche aus einer KASKO-Versicherung wegen eines Kfz-Diebstahls: Obliegenheitsverletzung durch fehlerhafte Angaben zur Kilometerleistung in der Schadensanzeige; Anforderungen an den Beweis eines Kfz-Diebstahls


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 06.01.2010
Aktenzeichen 4 U 66/06 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 Abs 1 AKB, § 12 Abs 1 AKB, § 6 Abs 3 VVG, § 242 BGB

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 26. April 2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens und der Revision zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt als Rechtsnachfolger der im Laufe des Berufungsverfahrens, am 20. Oktober 2009, verstorbenen ursprünglichen Klägerin, E… D…, die beklagte Versicherung auf Zahlung der Versicherungsleistung in Höhe von 40.000,00 € aus einer Kaskoversicherung mit der Behauptung in Anspruch, das versicherte Fahrzeug, ein Audi A 4 Cabriolet 2.4, 125 kW, 5-Ganggetriebe, mit dem amtlichen Kennzeichen …, Fahrzeugidentifizierungsnummer …, Erstzulassung am 13. März 2003, sei am 7. November 2004 aus der zur Wohnung seiner Lebensgefährtin gehörenden Garage in R… von Unbekannten widerrechtlich entwendet worden.

Die vormalige Klägerin hatte das Fahrzeug Ende 2002 bei einer Lotterie gewonnen und ließ es noch vor Übergabe mit den aus der Rechnung vom 26. Februar 2003 (Bl. 10 d.A.) ausgewiesenen Extras ausstatten. Unter Angabe eines Kilometerstandes von 20.000 km schloss sie über den Versicherungsagenten E… K… in Z… mit Antrag vom 26. März 2004 (Bl. 13 d.A.) bei der Beklagten u.a. eine Fahrzeugteilversicherung mit einer Selbstbeteiligung i.H.v. 150,00 € ab (Bl. 14 ff. d.A.). Nach ihren eigenen Angaben fuhr sie nie selbst mit dem Fahrzeug, weil sie mit dem großen Wagen nicht zurecht kam; sie überließ das Fahrzeug dem Kläger, der am 2. August 2002 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, und dessen Lebensgefährtin U… E…, die es überwiegend alleine nutzte. Am 7. November 2004 zeigte U… E… auf der Polizeiwache in Zo… an, dass in ihr Haus in R… eingebrochen und das in der verschlossenen Garage stehende Fahrzeug gestohlen worden sei, ebenso wie ein im Haus befindlicher Fahrzeugschlüssel und eine Digitalkamera der Freundin S… W…. Polizeibeamte besichtigten den angegebenen Tatort, fertigten Lichtbilder und erstellten einen Spurenbericht, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf die beigezogene Ermittlungsakte 4157 UJs 4533/05 verwiesen wird. Das Ermittlungsverfahren wurde am 17. Juni 2005 eingestellt.

Die ehemalige Klägerin gab in dem ihr übersandten Fragebogen zu der Schadensanzeige (Bl. 97 ff. d.A.) die gelaufenen Kilometer mit „~ 23000“ an und teilte auf einem beigefügten, von ihr unterzeichneten Blatt mit, dass „wir das Auto mal im Frühjahr im Internet“ annonciert hätten. Auf Nachfrage änderte sie diese Angabe dahin, dass sie ihren Kia Pride annonciert habe und in diesem Zusammenhang festgestellt worden sei, dass der Audi ebenfalls – aber nicht von ihr – im Internethandel angeboten worden sei. Nach mehrmaliger Aufforderung übersandte sie der Beklagten – über den Versicherungsagenten E… K… – auch den Originalfahrzeugbrief; ob und wieviele Originalschlüssel mitgeschickt wurden, ist streitig. Mit Schreiben vom 4. August 2005 lehnte die Beklagte die Auszahlung einer Versicherungsleistung mit der Begründung ab, ein deckungspflichtiges Schadensereignis liege nicht vor.

Die frühere Klägerin hat vorgetragen, das Fahrzeug sei in der Nacht vom 6. auf den 7. November 2004 in der daraufhin verschlossenen, neben dem Haus der U… E… in R… befindlichen Garage abgestellt worden. Am 7. November 2004 gegen 5.00 Uhr habe U… E… gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten T… D… und der Freundin S… W… das Grundstück verlassen, um nach P… (Polen) eine Hundeausstellung zu besuchen. Bei ihrer Rückkehr am selben Tag gegen 20.00 Uhr habe man festgestellt, dass das Garagentor offen gewesen sei und sich der Pkw nicht mehr darin befunden habe. Sodann habe U… E… festgestellt, dass in ihr Haus eingebrochen worden sei. Das vor der Abreise verschlossene Fenster des Badezimmers habe offen gestanden, auf dem Spülkasten der Toilette habe sich Sand befunden. Im Wohnzimmer seien alle Behältnisse geöffnet worden. Die vor Reiseantritt im Wohnzimmer befindliche Kamera der S… W… sei nicht mehr da gewesen, ebenso wie der Autoschlüssel und der Garagenschlüssel.

Die ehemalige Klägerin hat zunächst behauptet, es seien insgesamt drei Fahrzeugschlüssel vorhanden gewesen, davon habe sich einer regelmäßig in der Wohnung der U… E… befunden, die anderen zwei Schlüssel hätten sich bei der Klägerin befunden. Sodann hat sie vorgetragen, sie habe bei Übergabe des Fahrzeugs zwei Schlüssel erhalten sowie eine Code-Karte zum Anfertigen von Nachschlüsseln. Sie habe dem Versicherungsagenten K… am 16. Dezember 2004 mit dem Fahrzeugbrief auch einen Schlüssel sowie die Code-Karte übergeben, jener habe diese dann an die Beklagte versandt. Wie in der Schadensanzeige angegeben habe die Laufleistung des Pkw ca. 20.000 km, nämlich „irgendwo zwischen 20.000 km und 25.000 km“ betragen. Das Fahrzeug sei weder von ihr noch von Personen in ihrer Nähe zum Verkauf annonciert worden; die Verkaufsanzeige im Internet sei ohne ihr Zutun geschaltet und sofort gestoppt worden. Der Wert des Pkw habe zum Zeitpunkt der Entwendung 40.000,00 € betragen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin habe den Versicherungsfall vorgetäuscht. Dafür spreche nicht nur das Fehlen von Einbruchsspuren, insbesondere am Badezimmerfenster, durch das ein Einsteigen ohnehin nicht möglich sei. Die Hebelspuren am Badezimmerfenster korrespondierten nicht miteinander und deuteten auch laut Tatortbericht nicht auf ein gewaltsames Eindringen hin. Gegen die behauptete Entwendung des Pkw spräche zudem, dass dieser normalerweise nicht in der Garage geparkt, sondern in der Hofeinfahrt abgestellt gewesen sei. In dem Schreiben des E… K… habe sich nur der Originalfahrzeugbrief befunden. Die Beklagte hielt die Angaben zur Verkaufsannonce und zur Laufleistung des Pkw für widersprüchlich und vertrat die Auffassung, sie sei auch wegen einer Obliegenheitsverletzung – falsche Angaben zur Kilometerleistung – leistungsfrei. Den Wiederbeschaffungswert bemaß die Beklagte auf 28.700,00 €, zudem müsse die Selbstbeteiligung von 150,00 € berücksichtigt werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe den Versicherungsfall nicht bewiesen. Sie habe zwar zum äußeren Bild eines Diebstahls vorgetragen und dieses unter Beweis gestellt. Der Erhebung der angebotenen Beweise habe es jedoch nicht bedurft, weil die Beklagte Indizien aufgezeigt habe, aus denen sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür ergebe, dass der Versicherungsfall lediglich vorgetäuscht worden sei. Neben den widersprüchlichen Angaben zu den Schlüsseln bestünden durchgreifende Bedenken an der Darstellung, der im Gewahrsam der Frau E… befindliche Schlüssel sei bei einem Einbruch in deren Haus gestohlen worden. Angesichts der von der Polizei festgestellten Spurenlage könne weder davon ausgegangen werden, dass ein Einbruch in das Haus der Frau E… stattgefunden habe noch dass bei diesem Einbruch der – nach Angaben der Klägerin lediglich vorhandene – zweite Fahrzeugschlüssel entwendet worden sei. Hinzu komme das sich zu Lasten der Klägerin auswirkende Indiz ihrer wechselnden und nicht miteinander in Einklang zu bringenden Darstellungen zu der unstreitig im Internet erschienenen Verkaufsannonce für das Fahrzeug. Die Klägerin sei im Verhandlungstermin auf die Unvereinbarkeit der beiden Darstellungen hingewiesen worden, ohne dass sie sich weiter zu dieser Thematik geäußert habe. Nach der Darstellung in der Schadensanzeige sei davon auszugehen, dass die Verkaufsabsicht der Klägerin gescheitert sei. Als weiteres – wenn auch weniger schwerwiegendes – Indiz komme hinzu, dass T…D…, einer der beiden hauptsächlichen Nutzer, unstreitig am 2. August 2002 die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, woraus zu schließen sei, dass er sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe.

Gegen dieses Urteil wandte sich die ursprüngliche Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt. Sie meinte, das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, dass ihr der Beweis eines Versicherungsfalles in Gestalt der Entwendung des Fahrzeuges nicht gelungen sei; es hätten die angebotenen Beweise erhoben werden müssen. Zu den Einbruchsspuren sei erstinstanzlich ausreichend vorgetragen worden; ebenso zur Verkaufsannonce im Internet. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch T… D… sei irrelevant.

Die Beklagte verteidigte die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Dezember 2006 – ebenso wie das Landgericht – das äußere Bild einer versicherten Entwendung unterstellt, aber angenommen, dass die Entwendung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht worden sei. Dafür spreche in erster Linie, dass die am Haus der Lebensgefährtin des Sohnes polizeilich festgestellten Spuren nicht zu dem behaupteten Einbruch passten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffer II der Urteilsgründe (Seiten 4 ff. UA, Bl. 211 ff. d.A.) verwiesen.

Der Bundesgerichtshof hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zugelassen und mit Beschluss vom 30. Januar 2008 (IV ZR 18/07) das vorgenannte Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft Beweisantritte der Klägerin nicht berücksichtigt. Es habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die im Tatortbericht beschriebenen Spuren am Türblatt und Rahmen der neben dem Badezimmerfenster liegenden Hauseingangstür sowie Handschuh- und Handabdruckspuren auf dem Badezimmerfenster das Fehlen der vermissten Wischspuren habe erklären können. Das Berufungsgericht habe insbesondere nicht dargelegt, dass es über besondere kriminalistische Erfahrung verfüge und deshalb ohne die klägerseits beantragte Heranziehung eines Sachverständigen in der Lage sei, einen Einstieg durch das Badezimmerfenster bei vollständiger Berücksichtigung der Spuren auszuschließen. Die weiteren aufgeführten Indizien rechtfertigten nicht die Annahme einer erheblichen Vortäuschungswahrscheinlichkeit.

Nunmehr trägt die ursprüngliche Klägerin weiter vor, Grundlage der Schätzung der Laufleistung sei gewesen, dass U… E… wenige Tage vor dem Diebstahl auf den Tacho geschaut und sich an einen Kilometerstand von 21.800 km erinnert habe. U… E… habe das Fahrzeug hauptsächlich für Fahrten zu ihrer Arbeitsstätte in M…, … 23 a, genutzt. Für Einkaufsfahrten und Langstrecken sei der Pkw kaum genutzt worden, einmal habe es eine längere Fahrt in B… gegeben. Bei schlechtem Wetter und im Winter habe der Audi in der Garage in R… gestanden.

Der Kläger, der die ursprüngliche Klägerin allein beerbt hat und den Rechtsstreit weiterführt, beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 26. April 2006 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Senat hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Potsdam 4157 UJs 4533/05 beigezogen und Beweis erhoben durch Vernehmung der S… W…, U… E… und des späteren Klägers T… D… als Zeugen; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10. Dezember 2008 (Bl. 274 ff. d.A.) verwiesen. Er hat des weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines kriminaltechnischen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen M… T… vom 14. April 2009 und die Sitzungsniederschrift vom 25. November 2009 (Bl. 328 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung – das Rubrum hat der Senat nach Fortführung des Rechtsstreits durch den Rechtsnachfolger der Klägerin berichtigt – hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem nunmehrigen Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Versicherungsleistung wegen Entwendung des Audi A 4 Cabriolet gemäß § 12 Abs. 1 I b) AKB i.V.m. dem Versicherungsvertrag vom 23. April 2004 und § 1922 Abs. 1 BGB nicht zu.

1.

Der Senat hält allerdings an seiner im Verhandlungstermin vom 10. Dezember 2008 geäußerten Auffassung fest, dass die Beklagte nicht bereits wegen Falschangaben in der Schadensanzeige zur Laufleistung des Kfz durch die Versicherungsnehmerin – die ursprüngliche Klägerin – gemäß den §§ 7 I Abs. 2 Satz 3, V Abs. 4 AKB, 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. frei geworden ist.

a)Die Versicherungsnehmerin wurde in der Schadensanzeige ausdrücklich und zutreffend über die Folgen einer möglichen Obliegenheitsverletzung durch bewusst unwahre oder unvollständige Angaben belehrt. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Inhalt einer Belehrung, die "klar und unmissverständlich" (so schon BGH, VersR 1973, 174) und "inhaltlich zutreffend" (BGH, VersR 1998, 447 f.; vgl. auch den Beschluss vom 28.2.2007 – IV ZR 152/05 –) erfolgen muss, sind von der Beklagten beachtet worden.

b) Der Senat geht auch davon aus, dass sie in der an die Beklagte versandten Schadensanzeige vom 15. November 2004 (Bl. 97 ff. d.A.) objektiv falsche Angaben zur Laufleistung des Pkw gemacht hat, denn die darin angegebene tatsächliche Kilometerleistung des Audi A 4 von etwa 23.000 km am Schadenstag (7. November 2004) lässt sich mit der Angabe der Laufleistung des Fahrzeugs von 20.000 km zum Zeitpunkt des Antrags auf Abschluss der Vollkaskoversicherung am 26. März 2004 (Bl. 13 d.A.) – deren Richtigkeit die Klagepartei nicht in Abrede gestellt hat – nicht in Einklang bringen. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, inwiefern das Fahrzeug, das am 26. März 2004 eine Fahrleistung von 20.000 km aufwies, nachdem es also bereits über ein Jahr genutzt worden war, im Zeitraum der weiteren, etwa 7 ½ Monate bis zu der vermeintlichen Entwendung lediglich etwa 3.000 km gefahren worden sein soll. Dies gilt umso mehr, als sich die Monate April bis Oktober witterungsbedingt für Fahrten mit einem Cabrio besser eignen, als die Monate November bis März mit regelmäßig kalter und nasser Witterung; auch nach den Aussagen des im Termin vom 10. Dezember 2008 in seiner damaligen Eigenschaft als Zeuge vernommenen Klägers wurde der Pkw in den Wintermonaten „wenig bewegt“. Selbst wenn der Cabrio etwa wegen Wegfalls des „Reizes des Neuen“ im zweiten Jahr nach Erwerb des Fahrzeugs etwas weniger gefahren worden sein sollte – wofür indes weder das klägerische Vorbringen, noch die Bekundungen der das Cabrio nutzenden Personen etwas hergeben – ließe sich eine Reduzierung der tatsächlichen Fahrleistung in einem derart großen Umfang, wie er hier anzunehmen ist, nicht erklären.

c) Grundsätzlich führen falsche Angaben des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer gemäß den o.g. Vorschriften zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Entsprechend der gesetzlichen Vermutung in § 6 Abs. 3 VVG ist davon auszugehen, dass die Falschangabe vorsätzlich erfolgte. Die Klägerin müsste dann die Vorsatzvermutung widerlegen (vgl. BGH, VersR 2004, 1117 f.).

aa) Die bei einer folgenlos gebliebenen Obliegenheitsverletzung nach der sogenannten Relevanzrechtsprechung erforderlichen weiteren Voraussetzungen für den Eintritt der Leistungsfreiheit sind gegeben. Danach kann sich der Versicherer auf die vereinbarte Leistungsfreiheit dann nicht berufen, wenn der Obliegenheitsverstoß generell ungeeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, oder den Versicherungsnehmer subjektiv kein schweres Verschulden trifft (BGH, VersR 1993, 830), wobei diese Grundsätze auch auf die Fahrzeugversicherung Anwendung finden (BGH, VersR 1973, 174; VersR 1998, 447). Eine Falschangabe zur Laufleistung betrifft die Frage der Bewertung des entwendeten Wagens. Falsche Angaben in dem hier in Frage stehenden Umfang sind generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Es liegt auf der Hand, dass die Kilometerleistung bei einem entwendeten, etwa eineinhalb Jahre alten Fahrzeug erheblichen Informationswert für die Wertschätzung durch die Versicherung hat.

bb) Der Beklagten wäre das Berufen auf die Leistungsfreiheit wegen Falschangaben auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn sie dem Versicherungsnehmer die für sie offenkundige Unrichtigkeit der Laufleistungsangabe nicht vorgehalten und nicht auf diese Weise auf eine sachgerechte Klärung der Formularfrage hingewirkt hat.

Ein Versicherungsverhältnis steht in besonderem Maße unter dem Schutz des Grundsatzes von Treu und Glauben, der für den Versicherer gegebenenfalls auch Hinweis- und Fürsorgepflichten beinhalten kann. Dies gilt auch für die Schadensaufnahme und die ergänzende Befragung des Versicherungsnehmers. Auch hierbei darf der Versicherer nicht einseitig seine Interessen in den Vordergrund rücken, sondern hat auch die berechtigten Belange seines Versicherungsnehmers zu wahren. Deshalb kann er sich nicht ohne weiteres auf Leistungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 VVG berufen, wenn sich bereits aus dem ausgefüllten Schadenanzeigeformular ergibt, dass die darin vermerkten Angaben widersprüchlich oder sonstwie unklar sind (BGH VersR 1980, 159, 160 und r+s 1997, 84: Unklarheiten im Schadenanzeigeformular muss der Versicherer mit einer Rückfrage nachgehen). Gleiches muss nach Auffassung des Senats auch dann gelten, wenn der Versicherer zum Zeitpunkt der Auskunfterteilung bereits aus anderer Quelle sichere Kenntnis darüber hat, dass die Angaben des Versicherungsnehmers unrichtig sind (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 – 4 U 171/06 –; ebenso OLG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2000 – 20 U 68/99). Da ein Irrtum oder Missverständnis des Versicherungsnehmers, von dessen Redlichkeit zunächst auszugehen ist, nicht fern liegt, jedenfalls aber möglich ist, ist der Versicherer nach Treu und Glauben verpflichtet, auf seine anderweitige Kenntnis hinzuweisen, um so den Versicherungsnehmer zu einer Überprüfung und Korrektur seiner Falschangaben zu veranlassen. Dies gilt insbesondere bei Angaben zur Laufleistung eines versicherten Fahrzeugs, die senatsbekannt oft auf - fehleranfälligen - Schätzungen des Versicherungsnehmers beruhen. Es widerspricht Treu und Glauben, den Versicherungsnehmer sehenden Auges ohne jede Warnung mit seinem Begehren auf Versicherungsschutz scheitern zu lassen.

Von einer solchermaßen offenkundigen Unrichtigkeit der Angaben zur Laufleistung des versicherten Fahrzeugs kann indes vorliegend nicht ausgegangen werden. Allein daraus, dass der Pkw laut Versicherungsantrag vom 26. März 2004 bereits 20.000 km seit seiner Erstzulassung am 13.03.2003 gelaufen war, musste die Beklagte nicht erkennen, dass die nunmehrige Angabe der Laufleistung in der Schadensmeldung vom 15. November 2004, diese habe ca. 23.000 km betragen, unrichtig war.

cc) Die Versicherungsnehmerin trifft indes nicht der Vorwurf, die Falschangaben zur Laufleistung erheblich schuldhaft getätigt zu haben. Nach Auffassung des Senats ist sie aufgrund ihres unbestrittenen Vortrags im Schriftsatz vom 1. Juli 2008, sie habe sich auf die Angabe der das Fahrzeug nahezu ausschließlich nutzenden U… E… verlassen, vom Vorwurf erheblichen Verschuldens entlastet.

Die Versicherungsnehmerin muss sich auch die Kenntnis der Zeugin E… von der Fehlerhaftigkeit der Angabe zur Laufleistung des Fahrzeugs auch nicht zurechnen lassen. U… E… ist weder als Repräsentantin der Klägerin anzusehen, noch liegen die Voraussetzungen für eine Wissenszurechnung entsprechend § 166 Abs. 2 BGB vor.

(1) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt die bloße Überlassung der alleinigen Obhut zur Begründung der Repräsentanteneigenschaft nicht. Erforderlich ist weiter, dass derjenige, der als Repräsentant angesehen werden soll, befugt sein muss, selbständig in einem gewissen Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln und auch dessen Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmer wahrzunehmen. Dies lässt sich hier nicht feststellen.

(2) In entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 2 BGB muss sich der Versicherungsnehmer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, falsche Angaben dritter Personen zurechnen lassen, wenn er diese Personen zur Erfüllung seiner Aufklärungsobliegenheit beauftragt hat (siehe nur Urteil vom 2. Juni 1992 – IV ZR 72/92 –). Bei dieser Haftung für einen Wissenserklärungsvertreter handelt es sich um keinen Anwendungsfall der Repräsentantenhaftung, sondern um eine Haftung kraft eigenen Zurechnungsgrundes. Wissenserklärungsvertreter ist nicht nur, wer vom Versicherungsnehmer zu dessen rechtsgeschäftlichem Vertreter bestellt ist. Es genügt, dass der Versicherungsnehmer den Dritten mit der Erfüllung seiner Obliegenheiten gegenüber dem Versicherer betraut hat und dass der Dritte die Erklärungen anstelle des Versicherungsnehmers abgibt. Erst in der Übertragung bestimmter Aufgaben liegt - wenn zu ihnen die Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Versicherer gehörten - der Grund, weshalb es gerechtfertigt ist, diese Erklärungen des Dritten dem Versicherungsnehmer zuzurechnen.

Diese Voraussetzungen lagen hier indes nicht vor. Die Zeugin U… E… hat zwar anstelle der früheren Klägerin die Schadensanzeige ausgefüllt – nach ihrer Aussage deshalb, weil sie die bessere Schrift gehabt habe –, unterzeichnet hat die Schadensanzeige die Versicherungsnehmerin selbst, mithin hat diese die Erklärung gegenüber der beklagten Versicherung abgegeben.

2.

Dem Kläger steht als Rechtsnachfolger der Versicherungsnehmerin ein Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung nicht zu, denn er hat den Eintritt des Versicherungsfalls – die Entwendung des Fahrzeugs – nicht zu beweisen vermocht.

a) Da eine Kraftfahrzeugentwendung in der Regel in Abwesenheit des Eigentümers und auch sonstiger Zeugen begangen wird und die hierdurch hervorgerufene Beweisnot des Versicherungsnehmers, der als Anspruchsteller grundsätzlich den vollen Beweis sämtlicher tatbestandlicher Voraussetzungen seines Anspruchs zu erbringen hat, mit der spezifischen Eigenart des Versicherungsfalls selbst zusammenhängt, billigt die Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen an. Er muss lediglich das äußere Bild einer bedingungsmäßigen Entwendung darlegen und ggf. beweisen, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Wegnahme gegen den Willen des grundsätzlich als redlich unterstellten Versicherungsnehmers zulassen. Dieses Mindestmaß wird in der Regel dann erfüllt, wenn dargelegt und ggf. bewiesen wird, dass das Fahrzeug an einem bestimmten Ort zu bestimmter Zeit abgestellt, dort aber nicht wieder aufgefunden worden ist.

Der Senat geht zwar, insbesondere aufgrund der Bekundungen der Zeugin W…, an deren Redlichkeit auch angesichts der freundschaftlichen Verbundenheit mit dem Sohn der Versicherungsnehmerin und dessen Lebensgefährtin U… E… zu zweifeln kein Anlass besteht, davon aus, dass der Beweis für das Abstellen des Audi A 4 am Abend des 6. November 2004 und das Nichtvorfinden des Pkw bei der Rückkehr von der Reise zur Hundeausstellung in P… am Abend des 7. November 2004, geführt ist. Ob dem Kläger damit der Beweis für das äußere Bild des Diebstahls gelungen ist oder ob zum Mindestmaß der vom Versicherungsnehmer darzulegenden und zu beweisenden Tatsachen hier, abweichend vom Regelfall – den der Senat noch seiner Kostenvorschussanforderung im Beschluss vom 10. Dezember 2008 zugrunde gelegt hat –, auch gehört, dass der Einbruch in das Wohnhaus stattgefunden hat, kann letztlich offen bleiben.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der behauptete Einbruch in das von der Zeugin E… bewohnte Haus nicht stattgefunden hat, mit der Folge, dass entweder bereits der erforderliche Vollbeweis für das äußere Bild des Diebstahls nicht geführt ist oder aber – wenn der vorliegende Fall eine Abweichung vom Regelfall nicht rechtfertigte – es der beklagten Versicherung gelungen ist, konkrete Tatsachen nachzuweisen, die die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalls mit mindestens erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen. Den danach erforderlichen Vollbeweis des Diebstahls des versicherten Fahrzeugs kann der Kläger nicht erbringen.

b) Die Versicherungsnehmerin und ursprüngliche Klägerin selbst konnte zu den näheren Umständen des behaupteten Einbruchs in das von der Lebensgefährtin ihres Sohnes bewohnte Haus in R… und der Entwendung von Fahrzeug- und Garagenschlüssel keine Angaben machen, weil sie das Fahrzeug nicht benutzt hat. Auf Grund der Aussagen der von ihr benannten Zeugen U… E…, S… W… und des in seiner damaligen Eigenschaft ebenfalls als Zeuge vernommenen nunmehrigen Klägers einerseits, des Gutachtens des Sachverständigen M… T… vom 14. April 2009 sowie den mündlichen Erläuterungen hierzu kann die behauptete Entwendung des Fahrzeugs durch den oder die unbekannten Täter, die zuvor bei einem Einbruch in das Wohnhaus der Zeugin E… die Fahrzeugschlüssel entwendet haben, nicht als nachgewiesen angesehen werden.

aa) Zwar haben die seinerzeit vernommenen Zeugen – einschließlich des späteren Klägers – bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 10. Dezember 2008 übereinstimmend ausgesagt, dass sie bei ihrer Rückkehr von der Fahrt zur Hundeausstellung in P… das Grundstückstor und das Garagentor offen – beide Tore waren bei der Abfahrt verschlossen gewesen – und im Wohnhaus eine Unordnung vorgefunden hätten, die sie so nicht zurückgelassen hatten und auf ein Eindringen Unbefugter schließen ließen. Der Senat kann indes nicht davon ausgehen, dass tatsächlich der behauptete Einbruch in das Wohnhaus zur Entwendung des Garagen- und Fahrzeugsschlüssels stattgefunden hat.

Soweit die ursprüngliche Klägerin vorgetragen hat, bei der Rückkehr aus P… hätten sich im Flur Schmutzspuren befunden, die bei der Abfahrt noch nicht vorhanden gewesen seien, und auf dem Spülkasten der Toilette im Bad habe sich Sand befunden und das Badfenster sei geöffnet gewesen, haben weder der spätere Kläger, noch die Zeugin E… bei ihrer Vernehmung durch den Senat diesen Sachvortrag bestätigt. Der Kläger vermochte zu Schmutz- und Sandspuren im Bad überhaupt keine Aussage treffen, seine Angaben beschränkten sich darauf, dass „irgendetwas (...) auch mit dem Badfenster“ war. Die Zeugin E… hat zwar ausgesagt, dass sie bei ihrer Rückkehr festgestellt habe, dass „jemand drin gewesen war“; selbst auf Nachfrage des Senats konnte sie indes zu den behaupteten die Schmutzspuren im Flur und dem Sand auf dem Spülkasten der Toilette keine Aussage machen. Ohnehin war die Zeugin, die die Ereignisse des Vorabends lebhaft schilderte, auffallend wenig mitteilsam, sobald die Rede auf die im Haus vorgefundenen, vermeintlich auf einen Einbruch hindeutenden Umstände kam. Der Senat ist aufgrund des Gesamteindrucks, den er sich von der Zeugin bei der Vernehmung hat verschaffen können, davon überzeugt, dass dieses Aussageverhalten nicht auf mangelndem Erinnerungsvermögen beruht – es ist nicht nachvollziehbar, dass ihr zwar das durch ein Fenster wahrgenommene Rangieren mit Fahrzeugen am Vorabend, nicht aber das Entdecken vermeintlicher Einbruchsspuren nach der Rückkehr aus P… als prägendes Ereignis in Erinnerung geblieben sein soll –, sondern dass die Zeugin zu den vermeintlichen Einbruchsspuren, namentlich im Bad – deren Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreit ihr nicht verborgen geblieben sein kann –, bewusst unkonkret geblieben ist.

Auch im Hinblick auf den Garagenschlüssel legte die Zeugin ein Aussageverhalten an den Tag, das sich nicht – wie sie dem Senat hat glauben machen wollen – mit einem Irrtum überzeugend erklären lässt. So hat sie zunächst flüssig und offenkundig aus ihrer Erinnerung heraus ausgesagt, dass sowohl sie als auch ihr Lebensgefährte – der nunmehrige Kläger – je einen Garagenschlüssel am Schlüsselbund gehabt hätten. Mit Nachdruck hat sie in Abrede gestellt, dass sich ein weiterer Garagenschlüssel im Schlüsselkasten befunden habe. Auf zweifachen Vorhalt, zuletzt ihrer Aussagen gegenüber der Polizei, hat sie eingeräumt, dass das, was sie seinerzeit gegenüber der Polizei geäußert habe, richtig sei. Es steht außer Frage, dass einem Zeugen bei der Schilderung von erlebten Geschehnissen, zumal wenn diese bereits mehr als vier Jahre zurückliegen, unbewusst Fehler unterlaufen können. Der Senat ist indes davon überzeugt, dass dasjenige, was die Zeugin E… die Garagenschlüssel betreffend zunächst gegenüber dem Senat bekundete, auch angesichts der anderslautenden Aussage des Klägers bei seiner Vernehmung am 10. Dezember 2008, der Wahrheit entspricht. Auf den ersten Vorhalt des Senats hin erweckte die Zeugin den Eindruck eines Ertappten; ihr wurde offenbar erst in jenem Augenblick die Bedeutung ihrer Aussage klar und sie wusste von sich aus keinen Weg – als denjenigen, sich auf: „dazu kann ich nichts sagen“, zurückzuziehen – ihren Fehler wieder gut zu machen.

bb) Abgesehen davon geht der Senat aufgrund des schriftlichen kriminaltechnischen Gutachtens des Sachverständigen T… und dessen mündlichen Erläuterungen im Senatstermin vom 25. November 2009 davon aus, dass der behauptete Einbruch in das Wohnhaus zur Entwendung von Garagen- und Fahrzeugschlüssel nicht stattgefunden hat. Der Sachverständige hat unter Auswertung der Ermittlungsakte 41 UJs 4533/55, insbesondere der dokumentierten kriminaltechnischen Tatortarbeit, festgestellt, dass die Spurenkomplexe fehlten, die bei einem gewaltsamen Eindringen in das Haus hätten vorgefunden werden müssen.

Ein Eindringen durch die Hauseingangstür konnte der Sachverständige überzeugend mit der Begründung ausschließen, dass die Hauseingangstür zugeschlossen war und ein Täter nach dem Eindringen diese nicht wieder zugeschlossen hätte, und Spuren für ein gewaltsames Eindringen durch die Hintereingangstür fehlten. Ohnehin ist von der Klägerseite nicht behauptet worden, dass sich der oder die Täter auf einem dieser Wege Zutritt zum Haus verschafft hat.

Die frühere Klägerin hat ebenso wie ihr Rechtsnachfolger stets behauptet, der oder die Täter seien durch das Badfenster in das Wohnhaus eingedrungen. Diese Behauptung ist indes widerlegt, weil die vorgefundene und in der Ermittlungsakte dokumentierte Spurenlage gegen ein gewaltsames Eindringen durch das Badfenster spricht.

Dabei legt der Senat seiner Beurteilung nicht zugrunde, dass sich das Badezimmerfenster nach den in der Fotomappe der Ermittlungsakte (Bl. 11, Bild 4) dokumentierten Erkenntnissen der Polizei nur etwa 30 cm öffnen ließ. Der Senat unterstellt vielmehr die durch Lichtbilder (Bl. 324, 323 d.A., Anlagen zum Schriftsatz vom 29. Mai 2009) belegte Behauptung der Klägerseite als wahr, dass sich das Badezimmerfenster zwischen 45 cm und 46 cm (genau: 45,2 cm) öffnen ließ. Er folgt zudem dem Sachverständigen T… darin, dass sich keine Aussage dazu treffen lässt, ob beim Eindringen durch eine Öffnung dieser Größe Spuren an den Wandfliesen hätten hinterlassen werden müssen.

Entscheidend ist, dass sich die übrigen vorgefundenen und polizeilich gesicherten Spuren, insbesondere aber auch das Fehlen von Spuren mit dem behaupteten gewaltsamen Eindringen durch das Badfenster nicht in Einklang bringen lassen. Der Senat kann aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens ausschließen, dass das Badezimmerfenster durch den Einsatz von Werkzeugen gewaltsam aufgehebelt wurde. Ausweislich der Ermittlungsakte fand sich zwar eine deutlich sichtbare Werkzeugspur auf der Innenseite des Fensterrahmens – auf dem Bild 2 der Fotomappe (Bl. 10 d. Beiakte) gut zu erkennen –, die Gegenspur am Fensterflügel – die nach den ohne weiteres nachvollziehbaren überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen auch dann hätte vorhanden sein müssen, wenn sich das Badezimmerfenster nicht richtig schließen ließ – fehlte indes.

Es ist auch ausgeschlossen, dass ein oder mehrere Täter in der Weise gewaltsam in das Haus eindrangen, indem er oder sie das – nicht richtig geschlossene – Fenster mit bloßer körperlicher Gewalt aufdrückten. Unabhängig von der Art und Weise des gewaltsamen Öffnens des Badfensters hätte ein Eindringling beim Einsteigen durch die Fensteröffnung im Umfeld des Badfensters Spuren hinterlassen müssen, die vorliegend nicht festgestellt wurden. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung am 25. November 2009 ausführlich und eingehend erläutert, dass beim Einsteigen durch ein Fenster bestimmte Schrittfolgen erforderlich seien. Eine große Schrittfolge – etwa nach Einsetzen einer Leiter an der Außenwand – ohne Betreten der Sohlbank oder der Fensterbank direkt auf den Spülkasten der Toilette konnte der Sachverständige ausschließen. Abgesehen davon, dass der Spülkasten ohnehin zum Betreten ungeeignet ist, weil er in der Regel – Anhaltspunkte für ein anderes Material sind weder ersichtlich noch dargetan – aus Kunststoff besteht und dem Gewicht nicht standgehalten hätte, fanden sich auf dem Spülkasten weder Schuhabdruckspuren noch entsprechende – also von Anhaftungen an den Schuhen herrührende – Schmutzspuren. Darüber hinaus fehlten jegliche Spuren für ein Festhalten etwa am Fensterrahmen; beim Einsteigen durch die Fensteröffnung mit großen Schrittfolge hätte der Täter sich irgendwo festhalten müssen. Der Senat schließt mit dem Sachverständigen aber auch ein Einsteigen durch das Badfenster mit kleiner Schrittfolge aus. Bei einer kleinen Schrittfolge hätte mindestens ein Schritt auf der Sohlbank oder der Fensterbank stattfinden müssen. Die dabei zwingend hinterlassenen Spuren wurden indes nicht festgestellt. Die Schmutzauflagerungen auf Fenster- und Sohlbank waren – wie der Sachverständige aufgrund eigener Auswertung der Lichtbilder in der Fotomappe bestätigen konnte – relativ homogen, die Verschmutzung ließ keinerlei (Einbruchs-)Spur erkennen.

Der Senat teilt diesbezüglich nicht die Bedenken der Klägerseite gegen die Tatortarbeit der Polizei. Diese mag die Öffnungsweite des Badezimmerfensters von nur etwa 30 cm dadurch ermittelt haben, dass die Messung bei ordnungsgemäß geöffnetem Fenster erfolgte und der Fenstergriff in Öffnungsstellung wegen der Duschwand ein Öffnen auf die klägerseits gemessenen wenig mehr als 45 cm verhinderte (siehe Bild 4, Bl. 11 der Beiakte). Die in der Ermittlungsakte dokumentierte Spurenarbeit im übrigen lässt – worauf der Sachverständige zu Recht verweist – keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, dass die ermittelnden Polizeibeamten unsorgfältig gearbeitet hätten; auch die klagende Partei weist hierzu keine konkreten Umstände auf. Die Polizeibeamten haben im gesamten näheren Umfeld des Fensters Spurensicherungsmittel und Klebeband für Faserspuren eingesetzt – auf Bild 5 der Fotomappe lässt sich das Rußpulver am inneren Fensterflügel und den Wandfliesen gut erkennen – und die vorgefundenen Spuren, allerdings ohne verwertbares Ergebnis, ausgewertet. Soweit die Klägerpartei behauptet hat, auf dem Fensterbrett habe sich kein Staub, sondern Schmutzspuren befunden, hier sei wohl unzulänglich ermittelt worden, stehen dem die vom Sachverständigen ausgewerteten Lichtbilder 6 und 7 entgegen. Der Senat hatte keine Veranlassung, zu dieser Behauptung erneut die Zeugin E… und den Sohn der früheren Klägerin, diesen nunmehr als Partei, zu vernehmen – dies käme ohnehin nur unter den Voraussetzungen der §§ 447, 448 ZPO in Betracht, die hier nicht vorliegen. Abgesehen davon, dass nicht dargetan ist, was für eine Schmutz“spur“ denn vorhanden gewesen sein soll, wurden beide Personen bereits im Senatstermin vom 10. Dezember 2008 eingehend und umfassend zu ihren Wahrnehmungen nach ihrer Rückkehr aus P… befragt und haben keinerlei konkrete Angaben zum Schmutz machen können, die den Erkenntnissen aus der Ermittlungsakte und den Ausführungen des Sachverständigen entgegenstünden.

Der Senat hält es in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen für ausgeschlossen, dass das Eindringen derart hätte erfolgen können, dass – wie vom Klägervertreter im Senatstermin vom 25. November 2009 angesprochen – ein Kind etwa von einer organisierten, rumänischen Bande durch die Fensteröffnung hindurchgereicht wurde. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren sich viel stärker als bewusst handelnde Erwachsene abstützen, was sich mit dem Fehlen von Griff- oder anderweitigen Spuren im Bereich des Badezimmerfensters nicht in Einklang bringen lässt. Soweit es „rumänische Banden“ betrifft, verweist Sachverständige, der seit etwa 30 Jahren als solcher tätig ist und an dessen Sachkunde der Senat keinerlei Zweifel hat, darauf, dass diese nach seiner Erfahrung das Hinterlassen von Spuren nicht interessiert, weil sie noch am selben oder nächsten Tag bereits verschwunden sind.

Ebenfalls rein hypothetischer Natur ist die Möglichkeit, dass sich die homogenen Schmutzauflagerungen erst nach dem gewaltsamen Eindringen durch das Badezimmerfenster abgesetzt haben. Dies hätte innerhalb einer Zeitspanne von höchstens etwa 15 Stunden erfolgen müssen (Abfahrt gegen 5.00 Uhr, Rückkehr gegen 20.15 Uhr), was in Anbetracht der Abwesenheit eines Sturms oder anderweitiger außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse – für deren Vorliegen nichts dargetan ist – außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit liegt.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2009 Beweis durch Vernehmung der Zeugin W… und eines noch zu benennenden Kriminalbeamten anbietet für die Behauptung, ihnen sei von „den Kriminalbeamten“ mitgeteilt worden, wie der oder die Täter durch das Badezimmerfenster eingestiegen, das Fensterbrett von außen betreten und auf dem Toilettendeckel gestanden seien, erfolgte dieser Beweisantritt erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 296 a ZPO). Eine Wiedereröffnung der ohne Verfahrensfehler geschlossenen mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO ist aufgrund des Schriftsatzes des Klägers vom 11. Dezember 2009 weder geboten noch veranlasst.

c) Ohne dass es hierauf nach dem dargestellten Ergebnis der Beweisaufnahme noch entscheidend ankäme, liegen weitere Indizien vor, die in Gesamtschau mit dem oben dargestellten Beweisergebnis gegen die Darstellung der Klägerseite sprechen, der Audi Cabrio sei nach gewaltsamen Eindringen in das Wohnhaus der Zeugin E… und Entwendung des Garagen- und Fahrzeugschlüssels gestohlen worden.

aa) Hierzu gehören allerdings nicht die nach Auffassung der Beklagten wechselnden Angaben der ursprünglichen Klägerin zur Anzahl der Fahrzeugschlüssel. Insofern vermag der Senat keine auffälligen Differenzen in den Darstellungen erkennen; die Versicherungsnehmerin gab bereits in der Schadensanzeige an, dass zwei Fahrzeugschlüssel und ein Code vorhanden gewesen seien. Zugunsten der Klägerseite unterstellt der Senat zudem, dass sie sämtliche vorhandenen Fahrzeugschlüssel über den Versicherungsagenten K… an die Beklagte übersandt hat.

Soweit die beklagte Versicherung behauptet hat, das versicherte Fahrzeug sei in der Regel gar nicht in der Garage abgestellt gewesen, sondern nur am vermeintlichen Schadenstag, unterstellt der Senat die anderslautende Behauptung der Klägerseite ebenfalls als wahr. Anders als die unverzügliche Abgabe sämtlicher vorhandener Schlüssel an die beklagte Versicherung – ein Gesichtspunkt, der für die klägerische Behauptung des Fahrzeugdiebstahls spricht –, ist der regelmäßige Abstellort des Pkw Audi innerhalb oder außerhalb der Garage als Indiz weder für noch gegen einen vorgetäuschten Diebstahl bedeutsam.

bb) Zweifel an der Wahrhaftigkeit der klägerischen Darstellung ergeben sich im Zusammenhang mit den widersprüchlichen Angaben der Versicherungsnehmerin zur Verkaufsanzeige im Internet. Die nach den späteren Angaben der Klägerseite fehlerhafte Angabe auf dem „Beiblatt“ zur Schadensanzeige (Bl. 101 f. d.A.), dass „wir“ den Audi Cabrio „mal im Frühjahr im Internet“ annonciert hatten, lässt sich schwerlich, wie die seinerzeitige Klägerin ausweislich der Sitzungsniederschrift (Bl. 199 ff. d.A.) noch gegenüber dem Senat in der Vorbesetzung bei ihrer mündlichen Anhörung am 29. November 2006 angegeben hatte, mit ihrer sehr großen Aufregung erklären. Das Beiblatt wurde nämlich nicht von der seinerzeitigen Klägerin, sondern von der Zeugin E… geschrieben, mithin von derjenigen Person, die Hauptnutzerin des Fahrzeuges war und Kenntnis davon gehabt haben muss, ob sie („wir“) es im Internet zum Verkauf angeboten hatten oder nicht. Es steht außer Frage, dass Opfer eines Einbruchs in die eigene Wohnung aufgeregt sind und dieser Zustand auch über einen längeren Zeitraum nach dem unbefugten Eindringen Dritter in die häusliche Privatsphäre anhalten kann. Gleichwohl vermag der Senat der Erklärung, es seien lediglich in der Aufregung der tatsächlich seinerzeit zum Verkauf angebotene Kia Pride mit dem Audi A 4 Cabrio verwechselt worden, nicht zu glauben. Abgesehen davon, dass dann zwei Personen – die Zeugin E…, die die Schadensanzeige verfasst hat, und die seinerzeitige Klägerin, die diese unterzeichnet hat – kurzfristig eine fehlerhafte Erinnerung gehabt hätten, erscheint dies auch angesichts des Eindrucks, den der Senat bei der Anhörung der seinerzeitigen Klägerin und der Vernehmung der Zeugin E… hat gewinnen können, wenig nachvollziehbar. Die seinerzeitige Klägerin hat nachdrücklich betont, dass sie Schriftstücke, die sie unterzeichnet, zuvor durchliest; sie hat auch auf den Senat den Eindruck eines Menschen gemacht, der sich der Bedeutsamkeit seiner Angaben gegenüber der Versicherung und deren Richtigkeit für den Bestand des Versicherungsschutzes durchaus bewusst ist. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass ihr beim Durchlesen der betreffenden Textpassage, die aus immerhin fünf Zeilen bestand, die vermeintlich fehlerhafte Darstellung nicht aufgefallen sein soll. Es kommt hinzu, dass die seinerzeitige Klägerin zunächst aussagefreudig war, indes auffallend einsilbig wurde, wenn sie mit Widersprüchen konfrontiert wurde; ein Verhalten, für das der Senat auch angesichts des fortgeschrittenen Alters der indes erkennbar geistig regen seinerzeitigen Klägerin keine plausible Erklärung fand. Schließlich stehen die Angaben der Versicherungsnehmerin mit denen der jetzigen Klägers nicht in Einklang. So ist in dem, auch von der früheren Klägerin unterzeichneten Schreiben vom 6. Juni 2005 (Bl. 48 d.A.) die Rede davon, dass „plötzlich zahlreiche Leute“ anriefen und nachfragten, ob der Audi „noch da“ sei. Bei ihrer persönlichen Anhörung am 29. November 2006 gab sie demgegenüber an, die „potentiellen Käufer sind immer nur um den Audi herumgelaufen und haben sich haben sich für den Kia nicht interessiert“. Den Aussagen ihres Sohnes und jetzigen Klägers gegenüber der Polizei (Bl. 84 ff. der Beiakte) lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem beabsichtigten Verkauf des Kia Pride und den vermeintlich ungebetenen Interessenten an dem Audi A 4 nicht entnehmen.

Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Darstellung des Gesamtsachverhalts ergeben sich auch daraus, dass die Laufleistung des versicherten Fahrzeugs offenkundig viel zu gering angegeben worden ist (siehe oben Ziffer 1.) und der klägerische Sachvortrag zu den Umständen der Kenntniserlangung von der Laufleitung divergiert. So war bis zum Schriftsatz vom 1. Juli 2008 (Bl. 248 ff. d.A.), mit dem die seinerzeitige Klägerin der Aufforderung des Senats in der Verfügung vom 27. Mai 2008 nachkam, die tatsächlichen Umstände ihrer Schätzung der Laufleistung darzutun und unter Beweis zu stellen, zu keinem Zeitpunkt die Rede davon, dass die U… E… einige Tage vor dem Diebstahl „zufällig auf den Tacho geschaut“ und einen Kilometerstand von 21.800 km festgestellt haben will. Zwar gab die Klägerseite in der Klageschrift die Laufleistung zum vermeintlichen Schadenstag mit etwa 22.000 km an, im Schriftsatz vom 2. März 2006 (dort S. 5, Bl. 110 d.A.) legte der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte indes dar, dass „weder die Klägerin noch insbesondere der Zeuge D… sowie die Zeugin E… hier 100%ige definitive Angaben bzw. Erklärungen gegenüber dem Unterzeichner“ hätten machen können, die Laufleistung sei „irgendwo zwischen 20.000 km und 25.000 km“ anzusetzen. Es mutet schon seltsam an – und lässt erhebliche Zweifeln an der prozessualen Wahrheitspflicht Raum –, wenn nach etwa zweieinhalb Jahren Prozessdauer und Anwaltswechsel entgegen der früheren, unmissverständlichen Darstellung behauptet wird, die Hauptnutzerin des versicherten Fahrzeuges habe wenige Tage vor dem vermeintlichen Schadenstag den Tachostand abgelesen – was die Zeugin E… im übrigen bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 10. Dezember 2008 nicht bestätigen konnte und zudem in Anbetracht der vor Absendung an die beklagte Versicherung vorgenommenen Änderung der Angabe zur tatsächlichen Laufleistung in der Schadensanzeige (vgl. Bl. 37 und Bl. 97 d.A.) schwer nachvollziehbar ist.

Dass der Sohn und Rechtsnachfolger der früheren Klägerin, der den Audi A 4 offenbar als sein Eigentum betrachtet hat – was sich aus seiner Zeugenaussage gegenüber der Polizei (Bl. 77. ff., 80 d. Beiakte: „ich hatte ein paar Mal Zettel an meinem PKW. Mein Fahrzeug (...) Ich hatte meinen Preis genannt. Wenn (...) hätte ich mir überlegt, ob ich das Fahrzeug verkauft hätte“) – am 2. August 2002 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und seine finanzielle Verhältnisse offenbar jedenfalls zum Zeitpunkt des vermeintlichen Fahrzeugdiebstahls nicht konsolidiert waren, lässt sich ohne weiteres in den Gesamteindruck eines vorgetäuschten Diebstahls einfügen. Das gleiche gilt für den Umstand, dass es sich bei dem vermeintlich gestohlenen Pkw um ein hochpreisiges Fahrzeug handelt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 47, 48 GKG auf 40.000,00 € festgesetzt.