Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 18.06.2015 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 B 8.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 154 BauGB, § 128 HGB, § 43 VwVfG, § 47 VwVfG, GebG BE, § 191 AO, § 1 Abs 2 VwVfG, § 2 Abs 1b VwVfG, § 3 Abs 1a VwVfG |
Der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ohne eine Handlungsformermächtigung nicht durch Bescheid als Haftungsschuldner für einen von der Gesellschaft zu leistenden sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrag herangezogen werden.
Die Berufung des Beklagten gegen das den Klägern am 11. März 2013 und dem Beklagten am 12. März 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrages.
Die Kläger waren gemeinsam mit Herrn W...-D...S... mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks L... Straße in Berlin-Wedding eingetragen. Durch die Siebente Verordnung über die förmliche Festsetzung von Sanierungsgebieten vom 17. Januar 1985 (GVBl. S. 239) wurde das Sanierungsgebiet Schulstraße förmlich festgesetzt. Die Aufhebung des Sanierungsgebietes erfolgte mit der Verordnung zur Aufhebung von Verordnungen über die förmliche Festsetzung von Sanierungsgebieten vom 30. März 2004 (GVBl. S. 171).
Mit jeweils an die Kläger „als Mitglied der GbR des Grundstücks L... Straße 3...“ adressierten Bescheiden vom 16. November 2007 setzte das Bezirksamt den zu entrichtenden Ausgleichsbetrag auf 36.935 Euro fest. Herr S... erhielt keinen derartigen Bescheid. Zur Inanspruchnahme der Kläger wurde ausgeführt, es bestehe Gesamthandseigentum, d.h. jeder Gesamthänder sei Eigentümer des Grundstücks und damit Gesamtschuldner, weshalb jeder der Mitgesellschafter einen gleichlautenden Bescheid erhalte, der Ausgleichsbetrag sei aber nur einmal zu entrichten. Den Widerspruch der Kläger wies die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit jeweils an die einzelnen Kläger zu Händen ihres Prozessvertreters gerichteten gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 13. August 2010 zurück.
Der von den Klägern am 7. September 2010 erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit den Klägern am 11. März 2013 und dem Beklagten am 12. März 2013 zugestelltem Urteil im schriftlichen Verfahren stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe die Kläger zu Unrecht als Ausgleichsbetragsschuldner in Anspruch genommen. Ein Grundstück, als dessen Eigentümer mehrere natürliche Personen mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ im Grundbuch eingetragen seien, sei nicht gesamthänderisch gebundenes Eigentum dieser Personen, sondern stehe im Eigentum der Gesellschaft. Die Bescheide könnten nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Adressat die Gesellschaft selber sei. Die Kläger hätten zudem nicht rechtmäßig als Haftungsschuldner für den von der Gesellschaft geschuldeten Ausgleichsbetrag in Anspruch genommen werden können, denn insoweit fehle es an der Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes.
Der Beklagte hat am 11. April 2013 die in dem angefochtenen Urteil zugelassene Berufung eingelegt. Er trägt vor: Das Urteil des Verwaltungsgerichts führe im Ergebnis zu einem Haftungsausschluss der Gesellschafter, der nicht dem Grundsatz der persönlichen Haftung bei Personengesellschaften entspreche. Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hafteten analog § 128 HGB persönlich als Gesamtschuldner für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine Geltendmachung Beitragspflicht der Gesellschaft gegenüber sei hier problematisch, weil im Grundbuch nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschafter mit Zusatz „als Gesellschafter“ eingetragen gewesen seien. Zudem sei weder eine Zustelladresse noch ein Geschäftsführer erkennbar gewesen, weshalb an alle Gesellschafter habe zugestellt werden müssen. Auch sofern die Bescheide nicht als an die Gesellschaft, sondern als Rückgriff auf die haftenden Gesellschafter anzusehen seien, sei deren fehlende Legitimation nicht erkennbar. Ihrer Inanspruchnahme stehe nicht entgegen, dass nicht zunächst ein Bescheid an die Gesellschaft ergangen sei, denn die Verpflichtung zur Leistung eines Ausgleichsbetrages entstehe gemäß § 154 Abs. 1 BauGB kraft Gesetzes mit Abschluss der Sanierung, dem Heranziehungsbescheid komme somit lediglich deklaratorischer Charakter zu. Der Gläubiger könne ohne vorherige Inanspruchnahme der Gesellschaft Erfüllung von den Gesellschaftern verlangen, er habe es in der Hand, von vorneherein nur die Gesellschafter in Anspruch zu nehmen. Angesichts dieser Regelungen könne die Verwaltung den Ausgleichsbetrag gegenüber den Gesellschaftern auch mittels eines Verwaltungsakts geltend machen. Ob für diese Handlungsform eine spezielle Ermächtigungsnorm erforderlich sei, werde in der Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet. Jedenfalls ergebe sie sich aus einer Auslegung des § 154 BauGB. Nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 dieser Regelung erfolge die Erhebung des Ausgleichsbetrages durch Bescheid, also im Subordinationsverhältnis, der Inhalt der Forderung sei in §§ 154 ff. BauGB festgelegt. Dass der Gesetzgeber in § 154 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht auch die Möglichkeit des Vorgehens gegen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geregelt habe, sei unerheblich, denn dort seien nur die unterschiedlichen Eigentümerformen angesprochen, nicht aber die Verantwortlichkeit anderer für den Eigentümer haftender Personen. Das Bundesverwaltungsgericht habe etwa auch den Erlass eines Verwaltungsaktes zur Inanspruchnahme der Bürgin eines Leistungsempfängers für Rückforderungsansprüche als zulässig angesehen. Zudem ergebe sich die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt aus § 43 VwVfG. Diese Vorschrift bewirke, dass jede Stelle, die als Behörde im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG zu qualifizieren sei, wirksame Verwaltungsakte erlassen könne, eine zusätzliche Vorschrift, die die Verwaltung im Einzelfall zum Einsatz der Handlungsform Verwaltungsakt ermächtige, sei nicht erforderlich. Der angefochtene Bescheid sei auch im Übrigen rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten.
Der Beklagte beantragt,
dass den Klägern am 11. März 2013 und dem Beklagten am 12. März 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen vor: Richtiger Adressat der Bescheide wäre die Gesellschaft als Eigentümerin des Grundstücks gewesen, die Bescheide seien aber auch inhaltlich an die Kläger, die Gesellschafter gerichtet gewesen. Hierfür fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber den Gesellschaftern ergebe sich insbesondere nicht aus § 43 VwVfG. Zudem sei der Bescheid materiell nicht rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die angefochtenen Bescheide sind dahingehend auszulegen, dass mit ihnen die Kläger persönlich als Ausgleichsbetragspflichtige in Anspruch genommen werden (vgl. 1.). Die Kläger sind jedoch nicht Schuldner des Ausgleichsbetrages (vgl. 2.). Eine Umdeutung der Bescheide in Haftungsbescheide, mit denen die Kläger als Haftungsschuldner für die Schulden der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anspruch genommen werden, ist nicht möglich (vgl. 3.).
1. Die angefochtenen Bescheide sind dahingehend auszulegen, dass mit ihnen die Kläger persönlich als Schuldner des Ausgleichsbetrages in Anspruch genommen werden und nicht eine Leistungspflicht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts festgesetzt wird.
Die Bescheide sind sämtlich an die Kläger persönlich („als Mitglied der GbR des Grundstücks …“) gerichtet. Angaben, die die Annahme rechtfertigten, dass diese lediglich als Vertreter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anageschrieben worden wären, fehlen. Zudem ergibt der Wortlaut der angefochtenen Bescheide, dass der Beklagte davon ausgegangen ist, dass das Grundstück im Gesamthands-eigentum der Kläger steht und diese damit ausgleichsbetragspflichtig sind. In den Ausgangsbescheiden findet sich unterhalb der Betreffzeile die Angabe:
„Eigentümer zum Zeitpunkt der Abschlusserklärung: Ärzte-Treuhand Ver-mögensverwaltung GmbH, P... J. K... und W...-D... S... als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“.
In der Begründung der Ausgangsbescheide wird zudem ausgeführt:
„Es besteht Gesamthandseigentum, d.h. jeder Gesamthänder ist Eigentümer des Grundstücks und damit Gesamtschuldner. Ihre Mitgesellschafter zum Zeitpunkt der Aufhebung des Sanierungsgebiets erhalten daher einen gleichlautenden Bescheid. Der Ausgleichsbetrag ist aber selbstverständlich nur einmal zu entrichten.“
Diese Ausführungen belegen, dass die Gesellschafter in Anspruch genommen werden sollen. Nichts anderes ergibt sich aus den Widerspruchsbescheiden. In der Begründung wird unter der Überschrift „Ausgleichspflichtiger“ ausgeführt:
„Ausgleichsbetragspflichtig ist gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Eigentümer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierung. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ä...-T... Vermögensverwaltung GmbH, Herr P... J. K... und Herr W...-D...S... als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Das Bezirksamt hat Sie somit zu Recht als Gesamtschuldner zur Zahlung des Ausgleichsbetrages herangezogen.“
2. Die gegenüber den Klägern ergangenen Leistungsbescheide sind rechtswidrig, denn die Kläger sind nicht Schuldner des Ausgleichsbetrages.
Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB hat der Eigentümer eines im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet belegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Diese Vorschrift stellt auf den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff ab.
Die Kläger sind nicht Eigentümer des Grundstücks. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass auf Grund der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts materiell-rechtlich das Eigentum an einem Grundstück, als dessen Eigentümer die Gesellschafter einer solchen Gesellschaft mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ im Grundbuch eingetragen sind, nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft selbst zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2006 - II ZR 218/05 -, juris Rn. 10 f., sowie Urteil vom 23. November 2011 - VIII ZR 74/11 -, juris Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2010 - 4 BN 41.09 -, juris Rn. 4). Demgemäß trifft die Verpflichtung zur Leistung eines Ausgleichsbetrages die Gesellschaft, nicht aber die Gesellschafter (vgl. Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2012 - OVG 2 S 12.12 -, juris Rn. 13). Der Einwand des Beklagten, angesichts des Grundbucheintrags habe Unsicherheit darüber bestanden, ob er sich an die Gesellschaft oder die Gesellschafter hätte wenden müssen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 25. September 2006 (a.a.O. Rn. 11) in einem Fall, in dem genau dieser Zusatz verwandt wurde, entschieden und ausgeführt, dass die Eintragung der Gesellschafter mit dem Zusatz „als GbR“ unzweifelhaft zum Ausdruck bringe, dass die Gesellschaft Eigentümerin der Liegenschaft sei.
Die Kläger sind auch nicht im Hinblick auf ihre Haftung für die Schulden der Gesellschaft Schuldner des Ausgleichsbetrages. Zwar haften für Verbindlichkeiten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts neben dem Gesellschaftsvermögen analog § 128 HGB auch die Gesellschafter persönlich (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 -, juris Rn. 39, sowie Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09 -, juris Rn. 23 m.w.N.). Dies stellt aber lediglich die Haftung für eine fremde Schuld dar, denn die Gesellschaft und ihre Gesellschafter sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, voneinander zu unterscheidende Rechts-subjekte. Bei den Gesellschaftsschulden und der persönlichen Haftung der Gesellschafter handelt es sich mithin um verschiedene Verbindlichkeiten mit verschiedenen Schuldnern (vgl. Schmidt, in: Münchener Kommentar Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2011, § 128 Rn. 1 m.w.N.). § 154 Abs. 1 BauGB lässt sich nicht dahingehend auslegen, dass auch Dritte, die lediglich für die Verbindlichkeiten des Grundstückseigentümers haften, ausgleichsbetragspflichtig wären. Satz 1 der Regelung stellt, wie bereits ausgeführt, ausdrücklich auf den Eigentümer ab, Satz 2 der Vorschrift trifft Sonderregelungen für verschiedene Fälle des Miteigentums; Haftungsfragen sind nicht Gegenstand dieser Norm. Auch eine analoge Anwendung dieser Regelung auf die Gesellschafterhaftung analog § 128 HGB scheidet aus, denn es fehlt bereits an einer Regelungslücke, da mit der Gesellschaft ein Grundstückseigentümer und damit ein Ausgleichspflichtiger vorhanden ist.
3. Die Leistungsbescheide können nicht in Haftungsbescheide umgedeutet werden, mit denen die Kläger für eine Schuld der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anspruch genommen werden.
Nach § 47 Abs. 1 VwVfG, anwendbar gemäß § 1 BlnVwVfG, kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
a) Ob eine Umdeutung schon deshalb ausscheidet, weil nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Leistungs- und Haftungsbescheid auf verschiedene Ziele gerichtet sind, auch wenn sie sich gegen dieselbe Person richten (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Stand: März 2015, § 128 AO Rn. 5; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 191 AO Rn. 110 m.w.N.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 12. August 1998 - 4 B 31/98 -, juris Rn. 26), kann dahingestellt bleiben. Der Beklagte hätte Haftungsbescheide gegenüber den Klägern nicht rechtmäßig erlassen können, da keine Befugnis besteht, analog § 128 HGB haftende Gesellschafter mittels eines Verwaltungsaktes in Anspruch zu nehmen.
Der Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern es muss auch die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes vorliegen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 23, Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 25, 28.). Das ergibt sich aus dem Vorbehalt des Gesetzes, denn das Handeln durch Verwaltungsakt löst, auch wenn es wegen der hierdurch bewirkten Verpflichtung der Behörde zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens und der Rechtssicherheit für den Adressaten vielfach vorteilhaft sein kann, Belastungen aus, indem insbesondere dem Bürger eine Anfechtungslast aufgebürdet wird (vgl. Sachs, a.a.O., sowie § 44 Rn. 55).
§ 154 BauGB enthält keine Befugnis zum Erlass eines Haftungsbescheides. Wie oben ausgeführt, ermächtigt diese Vorschrift in Absatz 1 lediglich zur Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers und trifft Sonderregelungen für die Inanspruchnahme von Miteigentümern. Für diese Fälle enthält Absatz 4 Satz 1 der Regelung eine ausdrückliche Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt. Da § 154 BauGB aber, wie oben ausgeführt, weder im Wege der Auslegung noch im Wege der analogen Anwendung zur Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern ermächtigt, scheidet auch eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten auf Fälle der Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern aus. Nichts anderes folgt daraus, dass Leistungsbescheide nach § 154 BauGB im Subordinationsverhältnis ergehen, denn ein Dritter, der lediglich auf Grund von zivil- bzw. handelsrechtlichen Vorschriften für die Verpflichtung eines Ausgleichbetragspflichtigen haftet, steht außerhalb dieses Subordinationsverhältnisses (vgl. Sachs, a.a.O., § 44 Rn. 62 f.). Soweit der Beklagte dem gegenüber auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verweist, der zufolge die Inanspruchnahme einer Bürgin für Rückforderungsansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz im Wege eines Leistungsbescheides erfolgen durfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. April 1970 - V C 11.68 -, juris Rn. 10; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 3 B 5.07 -, juris Rn. 9), rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Entscheidungen einen auch über das Lastenausgleichsgesetz hinaus Geltung beanspruchenden Grundsatz enthalten, der auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden kann. Sofern dies anzunehmen sein sollte, hat das Bundesverwaltungsgericht diesen jedenfalls nicht aufrechterhalten. In einem Urteil vom 3. März 2011 (3 C 19.10, juris Rn. 14) hat es zwar ausgeführt, § 49a ThürVwVfG ermächtige die Behörde, bei der Rückabwicklung einer Zuwendung den Erstattungsanspruch gegen jeden Erstattungsschuldner mit den Mitteln hoheitlicher Verwaltung durchzusetzen, auch wenn der Adressat des Erstattungsbescheides nicht Zuwendungsempfänger sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies aber für einen Schuldbeitritt entschieden und maßgeblich darauf abgestellt, dass der Beitritt wie eine Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. eine Schuldmitübernahme bewirke und im Gegensatz zur Bürgschaft keinen neuen Anspruch schaffe, sondern der Anspruch gegen den Beitretenden inhaltlich identisch sei mit dem Anspruch gegen den Haupt- bzw. Urschuldner. § 49a ThürVwVfG ermächtige jedenfalls nicht zum Erlass eines Leistungsbescheides gegenüber dem Bürgen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn.19 f). Im vorliegenden Fall ist der Anspruch gegenüber den Klägern nicht identisch mit dem gegenüber der Gesellschaft, da, wie oben ausgeführt, die Gesellschafter nicht selbst ausgleichsbetragspflichtig nach § 154 BauGB sind, sondern lediglich analog § 128 HGB für eine fremde Verbindlichkeit haften (vgl. auch Sachs, a.a.O., § 49a Rn. 34).
Aus anderen Regelungen ergibt sich ebenfalls keine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber Haftungsschuldnern. Das Verwaltungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass das Berliner Gesetz über Gebühren und Beiträge nicht auf § 191 AO oder entsprechende Vorschriften der Reichsabgabenordnung verweist. Das gemäß § 5a BlnVwVfG anwendbare Verwaltungsvollstreckungsgesetz - VwVG - enthält ebenfalls keine Befugnis zum Erlass eines Haftungsbescheides. Zwar kann nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) VwVG als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen werden, wer für die Leistung, die ein anderer schuldet, persönlich haftet. Gegen den Haftungsschuldner muss aber ein Leistungsbescheid ergehen können (vgl. Stammberger, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG, VwZG, 10. Aufl. 2014, § 2 VwVG Rn. 3), denn nach § 3 Abs. 2 Buchst. a) VwVG ist Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung u.a. der Erlass eines Leistungsbescheides, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist. Diese Regelung ermächtigt indes nicht zum Erlass des Leistungsbescheides. Dieser ist Voraussetzung, nicht Bestandteil der Vollstreckung. Würde § 3 Abs. 2 Buchst. a) VwVG grundsätzlich zum Erlass eines Leistungsbescheides ermächtigen, verbliebe kein Anwendungsbereich für die Regelung des § 1 Abs. 2 VwVG, der zufolge vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes solche öffentlich-rechtlichen Geldforderungen ausgenommen sind, die im Wege des Parteistreites vor den Verwaltungsgerichten verfolgt werden, denn alle derartigen Forderungen könnten durch Leistungsbescheid durchgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1968 - VII C 118.66 -, juris Rn. 44; Troidl, in: Engelhardt/App/Schlatmann, a.a.O., § 3 VwVG Rn. 1). Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch dem Verwaltungsverfahrensgesetz, insbesondere der Vorschrift des § 43 VwVfG, keine allgemeine Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten entnommen werden. Diese Vorschriften regeln nur die allgemeine Fähigkeit der Behörde zum Erlass von Verwaltungsakten, das Verfahren und die Wirksamkeitsvoraussetzungen; die Befugnis, diese Handlungsform im Einzelfall anzuwenden, ergibt sich aber aus dem materiellen Recht (vgl. Sachs, a.a.O., § 35 Rn. 26).
Ob der Erlass von Haftungsbescheiden ferner deshalb rechtswidrig wäre, weil kein Leistungsbescheid gegenüber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergangen ist, bedarf angesichts dieser Sach- und Rechtslage keiner Entscheidung. Dagegen spricht allerdings, dass die Ausgleichsbetragspflicht des Grundstückseigentümers kraft Gesetzes entstehen dürfte. § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB bestimmt, dass der Ausgleichsbetrag nach Abschluss der Sanierung zu leisten ist. Diese Vorschrift regelt das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Regelungen zum Entstehen der persönlichen Beitragspflicht enthält das Sanierungsrecht nicht, diese entsteht also zugleich mit der sachlichen Beitragspflicht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2012 - OVG 10 A 7.09 -, juris Rn. 37; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 154 Rn. 22, 18: vgl. auch Kleiber in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Februar 2015, § 154 BauGB Rn. 156, Rn. 204 sowie Kreuter: Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Schuldnerin von Kommunalabgaben, NVwZ 2008, 360, 364).
b) Eine Umdeutung scheidet weiter aus, weil nach § 47 Abs. 3 VwVfG eine gebundene Entscheidung nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden kann. Die Erhebung eines Ausgleichsbetrages nach § 154 BauGB steht weder dem Grunde noch der Höhe nach im Ermessen der zuständigen Behörde, diese ist vielmehr zum Erlass eines entsprechenden Bescheides verpflichtet (vgl. Kleiber, a.a.O., § 154 BauGB Rn. 34). Die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners steht indes im Ermessen der Behörde. Wie bereits ausgeführt, „kann“ nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) VwVG unter anderem als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen werden, wer für die Leistung haftet, die ein anderer schuldet. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden auch die insoweit erforderlichen Ermessenserwägungen nicht angestellt. So hat er angesichts des Umstandes, dass er von der primären Leistungsverpflichtung der Gesellschafter ausgegangen ist, ersichtlich keine Entscheidung darüber getroffen, ob eine Inanspruchnahme der Gesellschaft erfolgen soll.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.