Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 04.12.2013 | |
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Aktenzeichen | 11 EK 4/13 (PKH) | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Der Prozesskostenhilfeantrag wird zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Von der Niederschrift tatsächlicher Feststellungen wird - analog § 313a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 525 Satz 1, § 567 Abs. 1 und § 574 Abs. 1 ZPO sowie § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG - abgesehen (vgl. dazu OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02.1988 - 22 U 275/87, NJW 1989, 841 = MDR 1989, 168; OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.04.1995 - 1 W 2/95, NJW-RR 1995, 1212 = MDR 1995, 743; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 329 Rdn. 11; ferner Zöller/
Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 329 Rdn. 34; jeweils m.w.N.).
II.
A.
Dem Antragsteller kann für das geplante Klageverfahren keine Prozesskostenhilfe gewährt werden. Denn im Streitfall liegen weder die persönlichen noch die sachlichen Bewilligungsvoraussetzungen gemäß § 114 Satz 1 ZPO i.V.m. § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG vor. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Dass der Antragsteller die Kosten der beabsichtigten Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder lediglich in Raten aufzubringen vermag, lässt sich nicht feststellen. Mit gerichtlichem Schreiben vom 02. August 2013 (Leseabschrift im PKH-Beiheft I 5 f.), das seinem Verfahrensbevollmächtigten laut dessen Empfangsbekenntnis am 08. August 2013 zugegangen ist (GA I 50), war dem Antragsteller - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO - aufgegeben worden, binnen Monatsfrist seine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27. Mai 2013 in sechs näher bezeichneten Punkten zu ergänzen. Diese Frist endete - unter Berücksichtigung von § 222 Abs. 2 ZPO - mit dem 09. September 2013. Das Befangenheitsgesuch des Antragstellers, das am 04. September 2013 per Telekopie beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen ist (GA I 64), hat den Lauf der Frist nicht beeinflusst (arg. e c. § 47 Abs. 1 ZPO; vgl. dazu BAG, Beschl. v. 28.12.1999 - 9 AZN 739/99, LS und Rdn. 9, DB 2000, 884 = BB 2000, 1948; BayVerfGH, Entsch. v. 26.05.2000 - Vf. 78-VI-99, Rdn. 17, BayVBl. 2000, 508 = NJW-RR 2001, 352; ferner Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 47 Rdn. 3, m.w.N.). Auf die Frage, ob durch die Fristversäumnis eine Verfahrensverzögerung eintritt, kommt es - anders als in dem vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (aaO) entschiedenen Fall - im Rahmen von § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht an (§ 230 und § 231 Abs. 1 ZPO). Doch selbst wenn man, eine Hemmung der Frist bejahen würde, wofür es allerdings keine gesetzliche Grundlage gibt, wäre die dem Antragsteller zur Erfüllung der gerichtlichen Auflagen eingeräumte Zeitspanne inzwischen verstrichen. Da er sich zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bisher nicht weiter geäußert hat, kann nicht festgestellt werden, ob der Antragsteller hilfebedürftig ist, was hier zu seinen Lasten geht. Nach der Erklärung vom 27. Mai 2013 besteht die Möglichkeit, dass er über Einkommen beziehungsweise über Vermögen verfügt, welches gemäß § 115 ZPO einzusetzen ist, um die Kosten der Prozessführung zu bestreiten. Wegen der nach wie vor klärungsbedürftigen Punkte wird auf das gerichtlichem Schreiben vom 02. August 2013 verwiesen.
2. Außerdem bietet die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung schon bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie hier im Prozesskostenhilfeverfahren allein möglich und erforderlich ist (vgl. dazu Saenger/Pukall, Hk-ZPO, 5. Aufl., § 114 Rdn. 13; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rdn. 19; jeweils m.w.N.), keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zwar hat der Antragsteller inzwischen - mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29. Juli 2012 (GA I 38, 39) - einen Klageantrag angekündigt, der den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gerecht wird. Auch gegen die nach der gleichen Vorschrift erforderliche Bestimmtheit von Gegenstand und Grund des Anspruchs, dessen Geltendmachung er beabsichtigt, sind keine durchgreifenden Bedenken mehr zu erheben, weil sich seinem Vorbringen jedenfalls im Wege der Auslegung entnehmen lässt, dass er die Entschädigung wegen einer - nach seiner Auffassung - unangemessenen Dauer des beim Landgericht Cottbus unter dem Aktenzeichen 6 O 79/11 anhängig gewesenen Zivilprozesses begehrt, in dem der Antragsteller die Gas-Versor-gungsbetriebe Cottbus GmbH als Netzbetreiber im Klageweg auf Anschluss des Grundstücks Rennbahnweg 11, 03044 Cottbus, in Anspruch genommen hat. Um die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 198 GVG zu erfüllen, reicht das Vorbringen aber nicht. Da im allgemeinen Zivilprozess, auf dessen Verfahrensvorschriften § 201 Abs. 2 GVG verweist, der Beibringungsgrundsatz herrscht, obliegt es dem jeweiligen Antragsteller auch im Prozesskostenhilfeverfahren - zur Ermöglichung der Erfolgsprognose gemäß § 114 Satz 1 ZPO - ein Mindestmaß an Tatsachen vorzutragen, die ohne Beiziehung der Akten des Ausgangsrechtstreits oder sonstiger Dokumente erkennen lassen, wann es nach seiner Meinung zu einer entschädigungsrelevanten Verzögerung gekommen ist und wann die erforderliche Rüge erhoben wurde; das gilt insbesondere - aber keinesfalls nur - für eine bereits anwaltlich vertretene Partei wie hier (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2013 - III ZR 376/12, Rdn. 41, juris; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 13.09.2012 - 4 EntV 7/12, LS und Rdn. 6 f., NJW 2013, 1249; OVG Greifswald, Beschl. v. 09.08.2012 - 2 K 11/12, LS und Rdn. 3, juris = BeckRS 2012, 56506; Heine, MDR 2013, 1147, 1149).
Die begehrte Entschädigung in Geld kann im Streitfall schon deshalb nicht zuerkannt werden, weil nicht dargetan ist, dass der Antragsteller unverzüglich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) am 03. Dezember 2011 eine rechtsgültige Verzögerungsrüge im Sinne des § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem Landgericht in Cottbus erhoben hat, wo der Ausgangsrechtsstreit damals anhängig war (Art. 23 Satz 2 ÜGRG): Eine zuvor erhobene Rüge vermochte mangels entsprechender Rechtsgrundlage keinerlei Wirkungen zu entfalten. Im Übrigen bedarf sie im Anwaltsprozess stets der Erhebung durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 26.09.2012 - 11 SchH 6/12, Rdn. 10, juris = BeckRS 2012, 23368, m.w.N; ferner Heine, MDR 2013, 1147, 1148).
Eine unangemessen lange Verfahrensdauer nach dem Verständnis von § 198 Abs. 1 GVG ist vom Antragsteller ebenfalls nicht schlüssig vorgetragen worden. Denn es kommt - entgegen seiner Meinung - keineswegs darauf an, ob der jeweilige Prozess länger anhängig war als ein durchschnittliches Verfahren oder wann er unter Idealbedingungen bei rückblickender Betrachtung (ex post) hätte abgeschlossen sein können; maßgeblich ist vielmehr, ob die Verfahrensdauer - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts - menschenrechts- oder grundgesetzwidrig gewesen ist, was selbst bei einem unterdurchschnittlich geförderten Verfahren nicht ohne weiteres der Fall sein muss (arg. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG; vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2013 - III ZR 376/12, Rdn. 25 ff., juris; Zöller/ Lückemann, ZPO, 30. Aufl., GVG § 198 Rdn. 2). Hier sind - wie der Antragsgegner im Schriftsatz vom 22. August 2013 zutreffend ausgeführt hat (GA I 58 ff.) - keine Verfahrensabschnitte ersichtlich, in denen es zu nicht mehr vertretbaren Prozessverzögerungen gekommen ist; solche sind insbesondere dann zu verneinen, wenn - wie geschehen - Terminsverlegungen auf Antrag der Parteivertreter (speziell der des späteren Entschädigungsklägers) erfolgen oder zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör Stellungnahmefristen eingeräumt werden. Dass der Antragsteller im Ausgangsrechtsstreit einen Anspruch auf Anschluss an das Gasversorgungsnetz geltend gemacht hat, um das seinerzeit streitgegenständliche Anwesen, das zu Prozessbeginn schon seit mehr als drei Jahren vom Netz getrennt war, beheizen zu können, ist lediglich ein Aspekt im Rahmen der Gesamtabwägung; um sofortigen Rechtsschutz zu erhalten, hätte er das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wählen können, wovon er keinen Gebrauch gemacht hat. Ob sich nach dem rechtkräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des erstrittenen Titels verzögert hat, kann dahinstehen, weil dieser Abschnitt nicht mehr von der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG enthaltenen Definition des Gerichtsverfahrens umfasst wird.
B.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GKG und § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO. Für eventuelle Auslagen des Gerichts haftet der Antragsteller – soweit sie zu erheben sind – kraft Gesetzes, ohne dass es hierzu eines besonderen richterlichen Ausspruchs bedarf (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GKG; vgl. zu § 49 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.09.1987 - 2 UF 313/86, JurBüro 1988, 71; ferner Hartmann, KostG, 41. Aufl., GKG § 22 Rdn. 6 Stichwort „Prozesskostenhilfe“; Seiler in Thomas/ Putzo, 34. Aufl., § 118 Rdn. 11; Saenger/Pukall, ZPO, 5. Aufl., § 118 Rdn. 8 a.E.; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 118 Rdn. 30, m.w.N.).
C.
Die Rechtsbeschwerde wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den - nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 und § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 27.06.2012 - III ZB 45/12, LS und Rdn. 4, NJW 2012, 2449 = MDR 2012, 987; Beschl. v. 08. 11.2012 - III ZA 27/12, Rdn. 4, juris = BeckRS 2012, 23342; BFH, Beschl. v. 27.06.2013 - X B 82/13, Rdn. 7, BFH/NV 2013, 1598; ferner Heine, MDR 2013, 1147, 1150) - erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen fehlt. Die vorliegende Sache hat weder grundsätzliche - über den Streitfall hinausgehende - Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Rechtsbeschwerdegericht.