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Straßenbaubeitragsrecht; Nachholung eines Abschnittsbildungsbeschlusses


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer Entscheidungsdatum 30.10.2013
Aktenzeichen 3 K 683/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 8 KAG BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ... (... der Flur ... in der Gemarkung ...), das im Gebiet der vom Beklagten vertretenen Gemeinde liegt. Die ... verläuft von der ... in nordwestlicher Richtung zunächst durch die geschlossene Ortslage mit beidseitiger Bebauung und passiert dabei die Einmündung der Straßen ..., ..., ... und der ... Ca. 180 m nach der Einmündung der ... verlässt die ... die geschlossene Ortslage und verläuft als Gemeindeverbindungsstraße weiter bis zur Bundesautobahn A 10, die sie auf einer Brücke überquert, um schließlich im Ortsteil ... mit ca. einem Dutzend bebauter Grundstücke in die ... einzumünden. Die ... war schon zu DDR-Zeiten zwischen der ... und der ... auf ihrer nordöstlichen Seite mit einem Gehweg ausgestattet. Dieser Gehweg war überwiegend mit quadratischen Betonsteinplatten, teilweise aber auch mit Asphalt befestigt. Einige Teilstrecken, insbesondere im Bereich von Grundstückszufahrten, waren unbefestigt. Viele der Betonsteinplatten waren gebrochen; auf einigen Teilstrecken hatten sich die Platten gesenkt.

Die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde beschloss am 17. Juni 2004 die „Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde ... bei Berlin“. Gemäß deren § 1 erhebt die vom Beklagten vertretene Gemeinde zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung von öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (öffentlicher Einrichtungen) ... nach Maßgabe dieser Satzung Beiträge von den Pflichtigen, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen wirtschaftliche Vorteile bietet.

Im Jahr 2010 plante die vom Beklagten vertretene Gemeinde den Ausbau des Gehweges in der ... zwischen ... und der ... Im Vorfeld der geplanten Baumaßnahmen holte die Gemeinde ein ingenieurgeologisches Streckengutachten vom 9. März 2010 ein (Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 765/12). Zur Erkundung des Baugrundes wurden Untersuchungen an 3 Stellen im Verlauf des auszubauenden Gehweges vorgenommen. Dabei stellte der Gutachter fest, dass unter den Gehwegplatten aus Beton an zwei Stellen bis in eine Tiefe von 2 m Mittelsand und toniger Sand anstand, während an der dritten Stelle unter einer 15 cm starken Sandschicht ein stark toniges Band (bindiger, stark plastischer Geschiebelehm) angetroffen wurde. Im Ergebnis der Untersuchungen empfahl der Gutachter einen Ausbau mit einem frostsicheren Oberbau mit einer Mindeststärke von 30 cm (Bl. 7 des Streckengutachtens). Der Beklagte ließ dann einen Unterbau mit einer Gesamtstärke von 22 cm herstellen, auf dem ein 8 cm dickes Betonsteinpflaster (Gesamtaufbau 30 cm) verlegt wurde; im selben Zuge wurden die den Gehweg querenden Grundstückszufahrten hergestellt. Die Abnahme der Baumaßnahmen erfolgte am 2. August 2011.

Mit Bescheid vom 08. März 2012 zog der Beklagte den Kläger als Eigentümer des Flurstücks ... zur Zahlung eines Straßenbaubeitrags in Höhe von 701 € und zur Zahlung von Zufahrtskosten in Höhe von insgesamt 1.757,92 € heran.

Der Kläger legte gegen den Bescheid mit Schreiben vom 3. April 2012 Widerspruch ein, den er nicht näher begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2012 (zugestellt per Postzustellungsurkunde am 16. Mai 2012) wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat am 12. Juni 2012 Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die 1. Instanz beantragt.

Zur Begründung hat er u.a. darauf verwiesen, dass „der Erhaltungszustand des Gehweges die vorliegenden Maßnahmen nicht rechtfertige“. Der Gehweg habe sich bis zur Baumaßnahme der Gemeinde in einem guten Zustand befunden. Er sei nämlich in den Jahren 1991 und 1992 aufgrund von Kabelverlegungsmaßnahmen der Post nach bundesdeutschem Standard wieder hergestellt worden. Seit diesen Baumaßnahmen seien lediglich knapp 20 Jahre vergangen, so dass die Voraussetzungen für eine beitragspflichtige Erneuerung nicht vorlägen. Bei den jetzigen Baumaßnahmen habe es sich lediglich um Reparaturarbeiten gehandelt, die nicht beitragspflichtig seien. Im Übrigen sei auch der Gemeindeanteil unrichtig bestimmt. Die ... sei nämlich eine Hauptverkehrsstraße, weshalb der Anliegeranteil zu reduzieren sei.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Juli 2013 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

Der Einzelrichter forderte den Kläger mit Verfügung vom 15. Juli 2013 auf, die zur Entscheidung über seinen Prozesskostenhilfeantrag erforderlichen Angaben zu machen. Mit Beschluss vom 5. September 2013 lehnte der Einzelrichter den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab, weil der Kläger entgegen der Verfügung vom 15. Juli 2013 die darin erbetenen Angaben nicht innerhalb der gesetzten Frist nach Erhalt der Verfügung gemacht hatte. Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angefochten.

Auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts mit Verfügung vom 15. Juli 2013, wonach der Gehwegausbau nicht die gesamte Länge der abzurechnenden Anlage ... betroffen haben dürfte, legte der Beklagte einen Beschluss der Gemeindevertretung vom 29. August 2013 vor, in dem diese „die endgültige Herstellung und die Abschnittsbildung für die Ausbaumaßnahme Gehweg ... für den Abschnitt Einmündung ... bis zur ersten Einmündung ...“ beschloss (Beiakte 6 zum Verfahren VG 3 K 765/12).

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung vertritt er u.a. die Auffassung, der Gehweg habe vor dem abgerechneten Ausbau nicht über einen frostsicheren Unter- und Oberbau verfügt. Dies ergebe sich aus dem vom Beklagten eingeholten Streckengutachten. Bereits die Einbringung einer Frostschutzschicht sei ausreichend für die Annahme einer beitragspflichtigen Verbesserungsmaßnahme. Im Übrigen sei der Gehweg auf seiner ganz überwiegenden Länge bereits untauglich gewesen und habe nicht den Anforderungen an einen sicheren und gefahrlosen Gehweg entsprochen. Durch zahlreiche Baumaßnahmen sei ein Flickenteppich entstanden. Auch der Gemeindeanteil sei richtig bestimmt worden. Bei der ... handele es sich nicht um eine Hauptverkehrsstraße, sondern um eine Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr. Dementsprechend sei der Anliegeranteil richtig festgelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge und der Beiakten zum Verfahren VG 3 K 765/12 Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung des Einzelrichters waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der angegriffene Bescheid und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid erweisen sich auch nach gründlicher Überprüfung als rechtmäßig; sie verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Mit ihnen hat der Beklagte den Kläger zur Zahlung eines Beitrages für den grundhaften Ausbau des Gehwegs der ... zwischen ... und ... in Höhe von 701 € sowie zur Zahlung von Mehrkosten für die Herstellung von Grundstückszufahrten in Höhe von 771,95 € und 985,97 € verpflichtet.

Hinsichtlich der Festsetzung des Straßenbaubeitrages findet der Bescheid seine Grundlage in § 8 des Brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.V.m. den Bestimmungen der „Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde ... bei Berlin vom 17. Juni 2004“ (SBS). Die Wirksamkeit dieser Satzung hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen; formelle oder materielle Satzungsfehler sind auch sonst nicht ersichtlich (vgl. schon den Beschluss der 7. Kammer vom 13. Januar 2009 – VG 7 L 231/08 – sowie die Beschlüsse der Kammer vom 27. Januar 2010 – VG 3 L 107/10 – und vom 01. September 2011 – VG 3 L 95/11 – sowie das Urteil vom 27. März 2012 – VG 3 K 1107/09 –). Hinsichtlich der Erhebung der Kosten für die Herstellung der Grundstückszufahrt beruht der Bescheid auf § 10 a KAG i.V.m. § 14 SBS. Nach diesen Vorschriften haben die Beitragspflichtigen der Gemeinde den Aufwand für (u.a.) die Herstellung und Erneuerung einer Grundstückszufahrt zu den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen in der tatsächlich geleisteten Höhe zu ersetzen. Gegen die Erhebung des Kostenersatzes hat der Kläger keinerlei konkrete Rügen erhoben; rechtlich beachtliche Fehler der Kostenersatzforderung sind auch bei einer Überprüfung von Amts wegen nicht ersichtlich.

Der Kläger hat zur Begründung der Klage allein Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung geltend gemacht und insoweit die Auffassung vertreten:

- die abgerechneten Baumaßnahmen seien nicht beitragsfähig (1.) und
- der Gemeindeanteil sei in rechtswidriger Weise zu hoch angesetzt worden (2.).

Beide Argumente sind nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.

1.

Was die Beitragsfähigkeit der abgerechneten Baumaßnahmen anbelangt, hat sich der Kläger nicht hinreichend substantiiert mit dem Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten konkreten Unterlagen auseinandergesetzt. Tatsächlich lässt sich dem vom Beklagten vorgelegten ingenieurgeologischen Streckengutachten vom 9. März 2010 entnehmen, dass unterhalb der Oberflächenbefestigung mit Betongehwegplatten (4 cm stark) bzw. Asphalt (5 cm stark) keine Tragschicht vorhanden war, sondern lediglich schluffige Sande bzw. bindiger, steif plastischer Geschiebelehm mit einer entsprechend hohen Frostempfindlichkeit. Die von dem Beklagten vorgelegten Lichtbilder zeigen, dass das Fehlen der Tragschicht auch auf erheblichen Teilstrecken des Gehwegs der ... bereits Wirkung gezeigt hatte. Denn die befestigten Teilstrecken wiesen ausweislich der Fotos bereits starke Schäden in Gestalt von Absenkungen und Brüchen der Gehwegplatten auf; andere Teilstrecken waren gänzlich unbefestigt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich die Entscheidung der von dem Beklagten vertretenen Gemeinde für den grundhaften Ausbau des Gehwegs jedenfalls im Rahmen des weiten Entscheidungsspielraums hält, der der Gemeinde bei Entscheidungen über das „Ob“ und das „Wie“ von Straßenbaumaßnahmen zusteht (sogenanntes „Ausbauermessen“, vgl. das Urteil der Kammer vom 25. September 2013 – VG 3 K 885/12 –, juris Rn. 173 und die dort zitierten Entscheidungen: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2007 – OVG 9 N 148.05 –, Seite 11 des Beschlussabdrucks unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Erschließungsbeiträgen; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2009 – OVG 9 S 67.09 –, Seite 4 des Beschlussabdrucks und Beschluss vom 7. Mai 2008 – OVG 9 S 11.08 –, Seiten 2 und 4 des Beschlussabdrucks; OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 7. Mai 2008 – OVG 9 S 11.08 –). In der – danach unter dem Gesichtspunkt der „Erforderlichkeit“ nicht zu beanstandenden – erstmaligen Herstellung einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht liegt jedenfalls eine beitragsfähige Verbesserung i.S.d. § 8 KAG. Eine solche Baumaßnahme überschreitet den Umfang von beitragsfreien Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen bei weitem.

2.

Der Beklagte hat auch den Anliegeranteil für den Gehweg der ... zu Recht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 SBS auf 60 % festgesetzt.

Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, der Gemeindeanteil sei stattdessen nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 SBS zu bestimmen, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der ...im ausgebauten Abschnitt um eine Gemeindeverbindungsstraße im Außenbereich oder um eine öffentliche Einrichtung handeln würde, die überwiegend dem Durchgangsverkehr dient. Der ... kommt nach ihrer Lage im Straßennetz der vom Beklagten vertretenen Gemeinde eine überörtliche Verbindungsfunktion allenfalls für einige wenige Grundstücke an der ... und für den Verkehr von und zum Ortsteil ... zu. Dafür, dass dieser Verkehr den innerörtlichen Verkehr überwiegen würde, fehlen nach wie vor hinreichende Anhaltspunkte. Dass über die ... daneben auch starker innerörtlicher Verkehr aus den Straßen ..., ... und ... fließt, ist bereits durch die Beurteilung als „öffentliche Einrichtung mit starkem innerörtlichen Verkehr“ hinreichend berücksichtigt.

3.

Andere beitragsrechtlich relevante Fehler der angefochtenen Bescheide lassen sich auch nach gründlicher Prüfung weder dem Vortrag des Klägers entnehmen noch sonst erkennen. Soweit der Bescheid hinsichtlich der Beitragsfestsetzung ursprünglich wegen des Fehlens eines Abschnittsbildungsbeschlusses rechtswidrig gewesen sein könnte, hat der Beklagte diesen möglichen Fehler jedenfalls durch die nachträgliche Einholung eines entsprechenden Beschlusses der Gemeindevertretung vom 29. August 2013 geheilt (vgl. zur Nachholung eines Abschnittsbildungsbeschlusses schon den Beschluss der Kammer vom 11. Oktober 2012 – VG 3 L 144/12 –, Seite 8 des Beschlussabdrucks sowie VG Dresden, Beschluss vom 4. Februar 2003 – 14 K 1365/02 –, zitiert nach juris und Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 14 Rn. 13 und § 37 RN 17 m.w.N.).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.