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Naturschutzgebiet; Biberdämme; Verkleinerung bzw. Beseitigung von aufgestauten Wasserflächen; Eingriff; Biber; Kammmolch; Moorfrosch; Störungsverbot; Beschädigungsverbot; Wohnstätte; Brutstätte; Zufluchtstätte; Gewässerveränderung; Ausnahmegenehmigung; Befreiung; unbeabsichtigte Härte; Vereinbarkeit mit Belangen des Naturschutzes; Abwägung; Ermessen; eigentumsrechtlich unzumutbare Nutzungsbeschränkungen; fehlende Entscheidung über finanziellen Ausgleich; Entschädigung für Nutzungseinschränkungen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 31.03.2011
Aktenzeichen OVG 11 B 19.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 42 Abs 1 Nr 1 aF BNatSchG, § 42 Abs 1 Nr 3 aF BNatSchG, § 43 Abs 8 S 1 Nr 1 aF BNatSchG, § 62 Abs 1 Nr 1a aF BNatSchG, § 21 Abs 1 NatSchG BB, § 21 Abs 2 S 1 NatSchG BB, § 38 NatSchG BB, § 71 NatSchG BB, § 72 Abs 3 NatSchG BB, Art 14 Abs 1 S 2 GG, Art 14 Abs 3 GG, GränertNatSchGebV BB

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Mai 2007 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die mit dem angegriffenen Urteil getroffene Feststellung, dass die vom Kläger im Naturschutz- und FFH-Gebiet Gränert (NSG Gränert) beabsichtigte Reduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zum Hechtgraben um 50 cm und die Entfernung des Biberdammes im weiteren Verlauf des Hechtgrabens zum Möserschen See vor der Bahnunterführung keiner Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Bundesnaturschutzgesetz vom 25. März 2002 in der bis zum 17. Dezember 2007 geltenden Fassung (BGBl. I S. 1193) - nachfolgend: BNatSchG - bedürfe.

Der Kläger erwarb aufgrund Auflassungsvertrags vom 25. November 1996 von der BVVG Waldflächen nahe der Stadt Brandenburg an der Havel im Umfang von 258 ha. Hiervon sind nach seinen Angaben 194 ha im insgesamt 467 ha großen NSG Gränert gelegen, das ca. ein Jahr später durch Verordnung über das Naturschutzgebiet „Gränert“ vom 6. Januar 1998 (NSG-VO) - u.a mit dem Schutzzweck der Erhaltung und Entwicklung des Gebietes als Lebensraum bestandsbedrohter Tierarten - eingerichtet worden ist. In weiten Teilen des NSG Gränert ist inzwischen der Elbebiber heimisch, so u.a. auch im Bereich des Faulen Sees, in dem nach Angaben des Klägers seit 2001 eine Biberburg angelegt ist. An seinem einzigen Abfluss zum Hechtgraben und darüber hinaus in dessen weiteren Verlauf zum Möserschen See vor der Bahnunterführung hatten Biber Dämme angelegt. Hierdurch kam es zumindest ab 2003 zu Überflutungen auf den u.a. rund um den Faulen See liegenden Flurstücken des Klägers. Nach seinen Angaben vergrößerte sich der ursprünglich mit 1,5 bis 2 ha recht kleine See dadurch derart massiv, dass im Frühjahr 2004 Waldflächen im Umfang von ca. 37 ha unter Wasser standen, und im Bereich vor der Bahnunterführung erstmals weitere ca. 8 ha.

Den Antrag des Klägers vom 7. April 2004 auf Genehmigung des teilweisen Abbaus des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees und vollständige Beseitigung von Dämmen an der Bahntrasse lehnte das Landesumweltamt Brandenburg durch Bescheid vom 21. Januar 2005 wegen Verstoßes gegen die Verbote in § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dies würde zu einer verbotenen Störung des Bibers führen. Denn eine Erprobungsphase habe ergeben, dass die Reduzierung der Dammhöhe zu einer permanenten Bauaktivität des Elbebibers mit dem Ziel der erneuten Aufhöhung des Dammes geführt habe. Auch verursache die Wasserstandsabsenkung eine Reduzierung der für den Biber nutzbaren Flächen. Zudem könnten dadurch die Ein- und Ausstiegsöffnungen des Biberbaus ganz oder teilweise trocken fallen und dessen Funktion als Wohn- und Zufluchtsstätte beeinträchtigen. Eine Befreiung von den Verboten nach § 62 Abs. 1 BNatSchG komme nicht in Betracht.

Den Widerspruch des Klägers wies das Landesumweltamt Brandenburg durch Widerspruchsbescheid vom 23. März 2005 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend u.a. ausgeführt, die dargelegten finanziellen Einbußen seien zwar als Härte anzusehen, es handele sich jedoch nicht um eine unbeabsichtigte Härte im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz Nr. 1a BNatSchG, die mit den naturschutzrechtlichen Belangen vereinbar sei. Denn mit der Unterschutzstellung sei der Bau von Biberdämmen als typischer Wesenszug des Bibers und damit die Überschwemmung niedrig gelegener Gebiete in Kauf genommen worden.

Seiner am 18. April 2005 erhobenen Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 21. Januar 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2005 sowie auf Feststellung, dass die Reduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zum Hechtgraben um 50 cm und die Entfernung des Biberdammes im weiteren Verlauf des Hechtgrabens vor der Bahnunterführung keiner Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung von artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG bedürfe, hilfsweise auf Verpflichtung, dass ihm unter Aufhebung der genannten Bescheide eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung nach §§ 43 Abs. 8 und 62 BNatSchG zu erteilen sei, hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 25. Mai 2007 hinsichtlich des Hauptantrags stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG werde durch die beantragten Maßnahmen nicht verwirklicht. Zwar stelle die Höhenreduzierung oder Beseitigung von Biberdämmen eine Störung dar, die negative Einwirkungen auf das psychische Wohlbefinden der Tiere nehmen könne. Auch sei die Höhenreduzierung oder Beseitigung von Biberdämmen als eine "ähnliche Handlung" im Sinne dieser Norm anzusehen. Jedoch liege hierin - trotz des zu erwartenden deutlichen Absinkens des Wasserspiegels auch in der Biberburg - keine Störung an den dortigen abschließend aufgezählten, räumlich begrenzten Teilhabitaten „Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten“. Angesichts der Entfernung von mindestens 200 m zwischen dem Biberdamm ausgangs des Faulen Sees und der dortigen Biberburg sei der räumliche Schutzbereich dieser Wohn- und Zufluchtsstätte nicht betroffen.

Auch der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten sei, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Art nachzustellen, sie zu fangen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, sei nicht einschlägig. Denn es genüge zwar die Vornahme von Handlungen im räumlichem Umfeld der Biberburg, die sich auf diese qualitätsmindernd auswirkten, weil sie deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigten, jedoch sei nach den plausiblen Angaben des Klägers ein Trockenfallen der Ein- und Ausstiegsöffnungen der Biberburg bzw. eine Beeinträchtigung der Wohn- und Zufluchtsstätte nicht zu erwarten.

Schließlich seien auch nicht die Verbotstatbestände der NSG-VO Gränert einschlägig, da eine Veränderung hinsichtlich des Wasser- und Naturhaushalts des NSG Gränert im Vergleich zum Unterschutzstellungszeitpunkt nicht erfolge, eine ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung vorliege und die den obigen Regelungen des BNatSchG gleichlautenden und nicht anders auszulegenden Schutzgebote für wild lebende Tiere hinsichtlich des Elbebibers nicht beeinträchtigt würden.

Bei dieser Sachlage bedürfe es weder einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG noch einer Befreiung nach § 62 Abs. 1 BNatSchG, so dass auch die dies ablehnenden Bescheide der Beklagten aufzuheben seien.

Im Juli bzw. August 2007 hat der Kläger - Antrag auf Zulassung der Berufung hat die Beklagte am 10. Juli 2007 gestellt - nach eigenen Angaben die genannten Eingriffe in die Biberdämme selbst durchgeführt bzw. veranlasst. Nachdem es im Dezember 2007 erneut zu Beschädigungen der zwischenzeitlich durch die Biber wieder reparierten Dämme gekommen war, gab die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Januar 2008 unter Anordnung sofortiger Vollziehung sowie Androhung eines Zwangsgelds auf, weitere Eingriffe, Öffnungen, Beseitigungen und anderweitige Beeinträchtigungen der Biberdämme bis zu einer abschließenden Gerichtsentscheidung generell zu unterlassen und auch nicht Dritte zu solchen Tätigkeiten zu veranlassen. Ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren hiergegen blieb erfolglos (Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Juni 2008 - VG 4 L 65.08 - und Beschluss des Senats vom 11. August 2009 - OVG 11 S 58.08 -, NuR 2009, 898 ff., hier zitiert nach juris). In der Begründung des Senatsbeschlusses heißt es, aufgrund der gesetzlichen Neuregelung in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG vom 12. Dezember 2007 (BGBl I Seite 2873) - BNatSchG n.F. - sei es seit dem 18. Dezember 2007 verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. Eine erhebliche Störung liege vor, wenn sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtere. Entgegen der Annahme des Klägers sei der Biber ganzjährig geschützt. Auch stehe ihm kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu. Ob auch der Schutz weiterer Arten, z.B. des Moorfroschs, den Bescheid rechtfertige, könne dahinstehen.

Gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2009 hat der Kläger nach eigenen Angaben inzwischen Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam erhoben (VG 4 K 2924.09), über die bisher nicht entschieden ist. Dort begehrt er mit dem Hauptantrag die Aufhebung dieser Bescheide mangels „erheblicher“ Störung und hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zu einer Befreiung nach § 67 Abs. 2 BNatSchG 2010 für die o.g. Eingriffe in beide Biberdämme sowie - nur hinsichtlich seither weiterer 21,47 ha überschwemmter Holzbodenfläche - die Festsetzung einer Entschädigung.

Auf gerichtliche Nachfrage, ob trotz Änderung des BNatSchG mit Wirkung vom 18. Dezember 2007 das vorliegende Verfahren fortgesetzt werden solle, hat der Kläger erklärt, er wolle das Verfahren nicht insgesamt für erledigt erklären, weil dann das erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Urteil für wirkungslos erklärt werden würde. Dieses habe jedoch Bedeutung für sein zivilrechtliches Klageverfahren auf Entschädigung vor dem Landgericht Potsdam (Geschäftszeichen 4 O 229/09).

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Beklagte diese im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die verwaltungsgerichtliche Annahme, die Reduzierung bzw. Entfernung der Biberdämme verstoße nicht gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG, so dass es keiner Ausnahmegenehmigung oder Befreiung bedürfe, sei unzutreffend.

Eine Reduzierung der Höhe des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees wirke sich trotz der Entfernung durch ein Sinken des Wasserspiegels unmittelbar in der Biberburg aus und habe damit dort eine Störung des Bibers im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zur notwendigen Folge. Soweit hierdurch die Ein- und Ausstiegsröhre trocken falle, verlasse der Biber den Bau. Aber selbst ein Absinken des dortigen Wasserstands bewirke wegen des geringeren Schutzes der Burg eine erhöhte Gefahr durch die natürlichen Feinde des Bibers und gefährde zudem den Zugang zu den an anderen Orten angelegten Nahrungsvorräten, soweit im Winter eine bis zum Grund des Baus reichende Eisdicke entstehe. Ob die Biber die Biberburg weiterhin nutzen oder sich den veränderten Bedingungen anpassen könnten, sei letztlich aber auch unerheblich. Denn eine gesetzlich verbotene „Störung“ liege bereits deshalb vor, weil das Absinken des Wasserspiegels für den Biber zu einer Stresssituation führe, die ihn von anderen, teilweise lebensnotwendigen Aktivitäten wie Nahrungsbeschaffung und -lagerung sowie Versorgung des Nachwuchses abhalte.

Zudem sei das angestaute Gewässer für den Biber als semiaquatisches Säugetier aber auch Zufluchtstätte im Sinne der genannten Norm, so dass eine Verkleinerung oder gar ein Wegfall einer Wasserfläche ihn auch dort störe und ihm Schutz auf dem Weg zu seinen Nahrungsflächen entziehe.

Die geschilderten Gefahren als Folge des abgesenkten Wasserstands des Faulen Sees erfüllten wegen der damit einhergehenden qualitativen Verschlechterung bzw. der funktionalen Beeinträchtigung auch den Tatbestand der „Beschädigung“ der Biberburg als Wohn-, Brut und Zufluchtsstätte der Biber sowie der Beschädigung der Zufluchtsstätte „Fauler See“ nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

Das Verwaltungsgericht habe ferner übersehen, dass die seinerzeitigen Randbereiche des Faulen Sees ausweislich der Erklärungen diverser Mitglieder des Naturschutzbeirats der Stadt Brandenburg aus dem Jahre 2007 seit langem zum Siedlungs- und Laichgebiet weiterer streng geschützter Tierarten, nämlich des Moorfroschs und des Kammmolchs, gehörten und das Absenken des Wasserspiegels zum Absterben ihrer in den Flachwasserzonen abgelegten Brut bzw. ihrer Entwicklungsformen (Laich und Larvalstadien) sowie der Beschädigung der Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten beider Amphibien führe. Damit aber lägen auch für diese Tiere die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG vor.

Aus den gleichen Gründen sei auch der gleichartige Verbotstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 16 NSG-VO erfüllt, der es u.a. verbiete, wild lebende Tieren mutwillig zu beunruhigen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten zu beschädigen oder zu zerstören.

Schließlich liege auch der Verbotstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO vor. Hiernach seien u.a. Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus sowie die Veränderung von Gewässern jeder Art entgegen dem Schutzzweck oder die Beeinträchtigung des Wasserhaushalts des Gebietes unzulässig. Denn der Hechtgraben werde seit 1992 bewusst nicht mehr unterhalten - im Jahre 1994 sei sogar ein Wehr mit dem Ziel einer Wasserstandserhöhung errichtet worden -, so dass sich dieser entsprechend den Planungen allmählich auf natürlichem Wege zusetze und der Wasserabfluss nachlasse. Die Biberdämme hätten diesen Vorgang nur beschleunigt. Durch deren Beseitigung bzw. Höhenreduzierung werde dem entgegengewirkt und damit eine Entwässerungsmaßnahme durchgeführt, die dem in § 3 Nr. 3 NSG-VO genannten Schutzzweck der Erhaltung und Entwicklung des Gebietes als Lebensraum bestandsbedrohter Tierarten zuwiderlaufe. Damit aber sei dieser Eingriff auch nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 NSG-VO zulässig, zumal dem Kläger für Gewässerunterhaltungsmaßnahmen die Zuständigkeit fehle und darüber hinaus auch nicht das notwendige Einvernehmen der unteren Naturschutzbehörde vorliege.

Dem Kläger habe auch kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 8 Nr. 1 BNatSchG zugestanden, da dies nur aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses bzw. wegen gemeinwirtschaftlicher Schäden und nicht wegen bloßer privater Interessen erteilt werden dürfe. Gemeinwohlbelange aber seien vorliegend weder ersichtlich noch dargelegt. Darüber hinaus habe der Kläger aber auch keine „erheblichen“ forstwirtschaftlichen Schäden belegt, da die betroffenen Flächen teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzt und gepflegt worden seien - nur für 8,45 ha sei dies belegt - bzw. eine solche Nutzung weiterhin - bis auf 3,25 ha, auch dort liege nur eine Teilschädigung vor - möglich wäre. Demzufolge habe die Schadensfläche nur ca. ein Prozent der Gesamtbetriebsfläche des Klägers betragen. Auch seien natürliche Ursachen für diese Schäden - das Jahr 2007 sei besonders regenreich gewesen, vor Ort trete der Erlenpilz auf - nicht auszuschließen. Zudem habe er die Waldflächen zu einem Zeitpunkt erworben, als das Verfahren der Schutzgebietsausweisung schon im Gange und die Vernässung des Gebietes infolge der Aufgabe der Unterhaltung des Hechtgrabens (1992) bzw. des erwähnten dortigen Wehrbaus bereits fortgeschritten gewesen seien.

Im Hinblick hierauf hätten auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 62 Abs. 1 BNatSchG nicht vorgelegen. Insbesondere hielten sich seine Belastungen im Rahmen der eigentumsrechtlich situationsbezogenen Sozialbindung und seien nicht als „unbeabsichtigte Härte“ anzusehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Mai 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, unter Aufhebung des Bescheides des Landesumweltamtes Brandenburg vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2005 festzustellen, dass die unter dem 7. April 2004 von ihm beantragte Reduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zum Hechtgraben um 50 cm und die Entfernung des Biberdammes im weiteren Verlauf des Hechtgrabens zum Möserschen See vor der Bahnunterführung nach der bis zum 17. Dezember 2007 geltenden Rechtslage keiner Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten bedurfte,

hilfsweise,

dass ihm eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu erteilen gewesen sei.

Er verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und macht in prozessualer Hinsicht geltend, im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Erledigung benötige er die begehrten Feststellungen für das vor dem Landgericht Potsdam anhängige Verfahren auf „Entschädigung“.

In der Sache macht er ergänzend im Wesentlichen Folgendes geltend:

Der Faule See sei aufgrund seiner Größe für Biber keine „Zufluchtstätte“ im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Auch eine Störung des Bibers in seiner Burg im Faulen See habe nicht vorgelegen, da deren Funktion als Fortpflanzungs- und Ruhestätte nicht beeinträchtigt gewesen sei. Ein Trockenfallen der Ein- und Ausstiegsöffnungen durch ein Absinken des dortigen Wasserstandes sei aufgrund der Anlegung der Biberburg vor Errichtung des Dammes nicht zu befürchten gewesen. Auch habe der Elbebiber keine natürlichen (tierischen) Feinde. Im Übrigen sei es für ihn ein Leichtes, eine solche Röhre nach unten zu verlängern oder eine neue zu graben. Durch natürliche Wasserstandsschwankungen sei dies auch immer mal wieder erforderlich, so dass eine solche Tätigkeit zu den natürlichen Verhaltensweisen eines Bibers gehöre und keine Stresssituation für ihn begründe. Im Übrigen habe die Reduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees im Sommer 2007 tatsächlich auch nicht zur Aufgabe der dortigen Biberburg geführt.

Auch hinsichtlich des Kammmolchs und des Moorfroschs liege kein Verbotstatbestand gemäß § 42 Abs. 1 BNatSchG vor. Es sei schon zweifelhaft, ob der Verweis der Beklagten auf diese Tierarten prozessual überhaupt noch zu berücksichtigen sei, da deren dortige Existenz weder in den Ablehnungsbescheiden noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwähnt worden seien und zu einer Prüfung insoweit auch kein Anlass bestanden habe. Jedenfalls seien eine Besiedelung und eine Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d.h. des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005, nicht belegt. Auch könnten diese Tierarten ihren Lebensraum bei sinkendem Wasserstand verlagern. Eine Nist- oder Brutstätte im Sinne des Gesetzes sei der Faule See nicht. Geschützt seien hiernach nur die wild lebenden Tiere selbst, nicht aber - anders als nach Nr. 1 - deren Entwicklungsformen. Ein Absterben des Laichs sei zudem nur im Frühjahr denkbar, Eingriffe seien jedoch ganzjährig versagt worden. Auch der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei danach nicht erfüllt.

Nach alledem könne auch kein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Nr. 16 NSG-VO vorliegen. Unzutreffend sei schließlich auch die Annahme der Beklagten, die Höhenreduzierung bzw. Beseitigung der Biberdämme sei als unzulässige „Entwässerungsmaßnahme“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO anzusehen. Denn es komme nur auf die Funktionsfähigkeit des Hechtgrabens im Zeitpunkt der Unterschutzstellung an. Unerheblich sei auch, wer zu dessen Unterhaltung berechtigt sei. Die grundsätzliche Verweigerung des Einvernehmens durch die untere Naturschutzbehörde sei rechtswidrig und mit § 5 Abs. 1 Nr. 5 NSG-VO nicht vereinbar. Auch eine „Beeinträchtigung des Wasserhaushalts des Gebietes in anderer Weise“ liege nicht vor. Denn nach § 10 BbgNatSchG seien Eingriffe in den Grundwasserspiegel nur dann relevant, wenn dessen natürliche Schwankungsbreite überschritten wäre. Auch hierbei sei zudem nur auf den Stand der Unterschutzstellung abzustellen. Insoweit gehe auch der Verweis der Beklagten auf das Ziel der „Entwicklung des Gebietes“ in § 3 NSG-VO fehl, zumal sich die Absicht einer dauerhaften Vernässung hieraus auch nicht ergebe, vielmehr die bisherige ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung in § 5 Abs. 1 Nr. 2 NSG-VO ausdrücklich zugelassen sei.

Auch der Hilfsantrag sei begründet. Zwar werde - so das klägerische Vorbringen in der mündlichen Verhandlung - das Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 8 Nr. 1 BNatSchG nicht mehr behauptet, jedoch hätte ihm damals eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a BNatSchG erteilt werden müssen. Das Eingriffsverbot habe für ihn eine unzumutbare Härte in Form einer unzumutbaren Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse bedeutet. Die durch die Überflutung betroffenen Bereiche seien Waldflächen im Sinne des BWaldG bzw. des BbgWaldG gewesen. Ob die Flächen zuletzt der Holzproduktion gedient hätten oder insoweit Pflegemaßnahmen durchgeführt worden seien, sei unerheblich. Unzutreffend sei die Behauptung der Beklagten, er habe beim Erwerb dieser Flächen schon gewusst oder jedenfalls wissen müssen, dass eine dauerhafte Vernässung der Flächen beabsichtigt gewesen sei. Das ergebe sich nicht einmal aus der NSG-VO selbst, die damals nur als Entwurf vorgelegen habe. Maßstab für die Beurteilung der Unzumutbarkeit sei der Umfang des Schadens an der von der Überflutung betroffenen Forstfläche, nicht hingegen, ein wie großer Teil des Gesamtbetriebs betroffen sei. Eine andere Beurteilung verstoße gegen Art. 3 GG. Die Behauptung der Beklagten, ein Großteil der streitgegenständlichen Flächen sei weder vernässt noch geschädigt, treffe nicht zu. Unsubstantiiert sei auch dessen Behauptung, für die Überflutungen könnten auch natürliche, insbesondere klimatische Ursachen in Betracht kommen. Die Befreiung sei auch mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren, da insoweit keine seine Interessen überwiegenden Belange erkennbar seien. Das behördliche Ermessen sei im Hinblick auf die Bestandsgarantie in Art. 14 GG auf Null reduziert. Die behördlichen Ablehnungsbescheide enthielten im Übrigen nicht die wegen des unzumutbaren Eigentumseingriffs erforderliche Entschädigungsregelung und seien auch deshalb rechtswidrig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Streitakten und den Verwaltungsvorgang der Beklagten (1 Aktenordner) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht Potsdam hat der Klage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Dementsprechend war das Urteil zu ändern und die Klage, soweit sie noch aufrechterhalten wurde, abzuweisen.

Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des klägerischerseits nur noch geltend gemachten Feststellungsbegehrens, hinsichtlich dessen die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich erklärt hat, gegen die Zulässigkeit des Antrags des Klägers keine Einwände (mehr) zu haben, bestehen nicht.

Der Kläger begehrt vorliegend - unter Aufhebung des Bescheides des Landesumweltamtes Brandenburg vom 21. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2005 - nur noch die Feststellung, dass die unter dem 7. April 2004 von ihm beantragte Reduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zum Hechtgraben um 50 cm und die Entfernung des Biberdammes im weiteren Verlauf des Hechtgrabens zum Möserschen See vor der Bahnunterführung nach der bis zum 17. Dezember 2007 geltenden Rechtslage keiner Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten bedurft habe, hilfsweise ihm eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu erteilen ge-wesen sei. Das ist im Hinblick auf die durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2873) mit Wirkung vom 18. Dezember 2007 eingetretene maßgebliche Änderung der Rechtslage nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat insoweit ein berechtigtes Interesse gemäß § 43 Abs.1 VwGO bzw. analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geltend gemacht. Ein solches besteht nach § 43 Abs. 1 VwGO dann, wenn ein Kläger mit einer Feststellungs- oder allgemeinen Leistungsklage zunächst primären Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht begehrt hat, sich dieses Begehren nach Klageerhebung erledigt und deshalb nur noch zivilrechtliche Ausgleichs- und Erstattungsansprüche geltend machen kann, die allerdings nicht offensichtlich aussichtslos sein dürfen (std. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteile vom 11. März 1993 - 3 C 90.90 - und vom 8. Dezember 1995 - 8 C 37.93 -, BVerwGE 92, 172, 176 und 100, 83, 91). Jedenfalls weitergehende Anforderungen sind auch im Fall des Eintritts der Erledigung nach Erhebung einer Verpflichtungsklage, d.h. für ein diesbezügliches Fortsetzungsfeststellungsbegehren analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, nicht zu stellen (vgl. die soeben genannten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger hat vor dem Verwaltungsgericht zunächst primären Rechtsschutz durch Feststellung der Genehmigungsfreiheit des Eingriffs in die Biberdämme, hilfsweise Verpflichtung zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von den Verbotstatbeständen des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG geltend gemacht, nachdem sein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung durch Bescheid vom 21. Januar 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 23. März 2005 zuvor abgelehnt und damit auch deutlich geworden war, dass behördlicherseits das Vorliegen der genannten Verbotstatbestände bejaht wurde. Dieses ursprüngliche Begehren war - insbesondere mit diesen Anträgen nach altem Recht - nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung so nicht mehr aufrechtzuerhalten. Deshalb war insoweit - jedenfalls objektiv - auch ein erledigendes Ereignis eingetreten, das es in die Disposition des Klägers stellte, im Hinblick auf die Änderung der Sach- und Rechtslage und dadurch veränderte Erfolgsaussichten für ein weiteres Feststellungs-, hilfsweise Verpflichtungsbegehren, nach der neuen Rechtslage nur noch Sekundäransprüche auf Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen einer rechtswidrigen behördlichen Feststellung oder Verweigerung der Ausnahmegenehmigung oder Befreiung vor dem Zivilgericht geltend zu machen. Dass der Kläger in der Berufungserwiderung als erledigendes Ereignis wohl eher den Bescheid vom 24. Januar 2008 angesehen hat, ist jedenfalls deshalb unerheblich, weil die veränderte Rechtslage ihm gegenüber erstmals durch den Bescheid konkretisiert wurde.

Dass die nach Ergehen des streitgegenständlichen Urteils des Verwaltungsgerichts erhobene Klage auf „Entschädigung“ vor dem Landgericht Potsdam offensichtlich aussichtslos ist, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insoweit ist auf das klägerische Vorbringen und das von ihm vorgelegte Gutachten des Dipl. Ing. Storandt vom 9. Dezember 2007 über Umfang und Bewertung der Vernässungs-schäden an seinen betroffenen Waldflächen - nachfolgend: Gutachten vom 9. Dezember 2007 - zu verweisen. Hiernach habe die Ablehnung der Reduzierung der Höhe des Biberdamms ausgangs des Faulen Sees bzw. der Beseitigung des anderen Biberdamms umfangreiche Schäden am dortigen Baumbestand verursacht und ihn dadurch unzumutbar in seinen Eigentumsrechten aus Art. 14 GG verletzt. Auch habe angesichts dessen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 100, 226, 246) bereits in den behördlichen Ablehnungsbescheiden eine Entschädigungsregelung getroffen werden müssen, was diese rechtswidrig mache.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Denn das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Mai 2007 geht zu Unrecht davon aus, dass die klägerischerseits beantragten Eingriffe in die Biberdämme ausgangs des Faulen Sees und im weiteren Verlauf des Hechtgrabens vor der Bahnunterführung weder einer Ausnahmegenehmigung noch einer Befreiung von den damals geltenden Verbotsvorschriften des § 42 Abs. 1 BNatSchG bedurften - so nur der Urteilstenor - noch gegen die Verbotsvorschriften der NSG-VO Gränert vom 6. Januar 1998 verstießen - so ausdrücklich die Entscheidungsgründe des Urteils, die dies zu Recht ebenfalls einer Prüfung unterzogen. Dem Kläger stand darüber hinaus, was das Verwaltungsgericht nicht mehr prüfen musste, damals aber auch kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von den genannten Verbotsvorschriften zu.

1. Unzutreffend ist die verwaltungsgerichtliche Annahme, dass die vom Kläger beantragte Reduzierung der Höhe des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees um 50 cm nicht dem Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG unterfiel.

Hiernach war es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten - dazu zählt, wie das Verwaltungsgericht ausführt und zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, auch der Elbebiber (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 11 lit. b) BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV der RiL 92/43/EG) - an ihren Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören.

Störung im Sinne dieser Regelung ist jede zumindest in Kauf genommene negative Einwirkung auf die psychische Verfassung eines geschützten Tieres, d.h. eine Beunruhigung, die zu einem abweichenden Verhalten führt, z.B. das zumindest zeitweilige Verlassen des Baus oder die Unterbrechung des Brütens oder der Aufzucht und Versorgung des Nachwuchses, oder die ernsthafte Gefahr eines solchen Verhaltens bewirkt (Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, Kommentar, 2. Auflage, § 42 Rz. 8; Kolodziejcok u.a., Naturschutz, Landschaftspflege, Kommentar, Bd. 1 § 42 BNatSchG a.F. Rz. 15; so zutreffend aber auch das Urteil des Verwaltungsgerichts). Zu den Handlungsformen der Störung gehören neben den aufgezählten Verhaltensweisen auch „ähnliche Handlungen“. Dass hierunter regelmäßig auch vergleichbare naturschutzwidrige Aktivitäten wie Eingriffe in die Biberdämme zählen, hat das Urteil des Verwaltungsgerichts zutreffend dargelegt.

Demgegenüber ist seine Auffassung verfehlt, der Eingriff in den Biberdamm ausgangs des Faulen Sees stelle keine Störung des Bibers „an“ seiner Brut-, Wohn- und Zufluchtstätte dar, weil die im See befindliche Biberburg von diesem Damm räumlich mindestens 200 Meter entfernt liege und ein Trockenfallen der Ein- und Ausstiegsöffnungen durch das Absinken des Wasserspiegels nicht zu erwarten sei.

Dabei verkennt das Verwaltungsgericht zum einen, dass für die Annahme einer Störung an den geschützten Teilhabitaten im Sinne der damals geltenden Regelung des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entscheidend nicht darauf abzustellen war, wo die störende Handlung vorgenommen wurde, sondern nur darauf, ob diese unmittelbare Auswirkungen auf diese Schutzhabitate hatte. Das belegen schon die im Gesetz - neben dem Aufsuchen - benannten weiteren Handlungsalternativen der Störung: Fotografieren oder Filmen. Damit hatte der Gesetzgeber nämlich bewusst hiervon auf die Schutzhabitate ausgehende störende Lärm- und Lichteffekte einbezogen, deren Ursprung unter Umständen in beträchtlicher Entfernung zu den genannten Lebens- und Zufluchtstätten liegt (so zu Recht Gellermann, Artenschutz in der Fachplanung und der kommunalen Bauleitplanung, NuR 2003, 385, 389; so auch Lorz u.a., a.a.O., Rz. 8; Kolodziejcok, a.a.O., Rz. 16)). Nur dieses Verständnis der Störung entsprach auch dem Schutzzweck der Norm, eine Beunruhigung der streng geschützten Tierarten an den geschützten Stätten, d.h. Einwirkungen auf ihr dortiges Verhalten, zu unterbinden.

Zum anderen legt das verwaltungsgerichtliche Urteil einen falschen Maßstab an den Begriff der Störung an, wenn es - wie geschehen - entscheidend darauf abstellt, dass das Absinken des Wasserspiegels des Sees voraussichtlich ein Trockenfallen der Ein- und Ausstiegsöffnungen der Biberburg nicht zur Folge haben würde.

Dabei mag dahinstehen, ob die hierfür gegebene Begründung, die Biberburg sei vor der Anstauung des Sees durch den Damm errichtet worden, auch ein Ersatzbau am selben Ort nach einer zumindest teilweisen Verwüstung vor etwa zwei Jahren würde dieselbe Gründung in Anspruch genommen haben, eine hinreichende Überzeugungsbildung ohne weitere Sachaufklärung überhaupt zu rechtfertigen vermochte. Jedenfalls für einen Ersatzbau an gleicher Stelle liegt es keineswegs nahe, die Ein- und Ausstiegsöffnungen beizubehalten, insbesondere nachdem zwischenzeitlich durch die Errichtung des Dammes der Wasserstand des Sees deutlich erhöht worden war. Auch entspricht es, wie der Kläger selbst geltend macht, der Natur des Bibers, auf eine Veränderung der äußeren Bedingungen, vor allem auch auf geänderte Wasserstandshöhen, durch bauliche Tätigkeit auch an seiner Burg zu reagieren. Dass hierbei auch Lage und Länge der Zugangsröhren angepasst wurden, erscheint zumindest nicht ausgeschlossen.

Offen bleiben kann ferner - entsprechende tatsächliche Feststellungen sind nicht getroffen worden, die Biberburg wurde nach dem Eingriff in diesen Damm allerdings auch nicht aufgegeben -, ob das Absinken des Wasserspiegels im Faulen See und damit auch in der dortigen Biberburg um bis zu 50 cm zu einer erhöhten Gefährdung dieser Brut-, Wohn- und Zufluchtstätte der Biber zu führen vermochte. In Betracht kommt insoweit insbesondere ein geringerer Schutz gegenüber den natürlichen Feinden des Bibers, wozu - neben dem Wolf, dessen Vorkommen im Gebiet des Gränert allerdings zweifelhaft ist - bei erwachsenen Tieren heute ansonsten allgemein nur streunende bzw. wildernde Hunde gezählt werden, bei Jungtieren allerdings z.B. auch der Fuchs. Daneben kann ein deutliches Absenken des Wasserspiegels aber auch den Zugang zu den an anderen Orten angelegten Nahrungsvorräten des Bibers gefährden. Denn damit steigt das Risiko, dass im Winter im Bereich der Burg eine bis zum Grund des Sees reichende Eisdicke entsteht und der Biber diese deshalb nicht über die Ein- und Ausstiegsröhre verlassen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Biber Dämme dann bauen, wenn die zum Schwimmen und Tauchen benötigte Mindestwassertiefe von 50 bis 80 cm nicht erreicht wird (vgl. „Mit dem Biber leben“, Herausgeber: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Potsdam Mai 2008, S. 15). Das legt es nahe, dass der Faule See im Bereich der Biberburg eine nur relativ geringe Tiefe besaß, die durch den Dammbau korrigiert wurde. Deshalb erscheinen die geschilderten Gefahren durchaus nicht irreal.

Eine Aufklärung hinsichtlich des Umfangs dieser Gefahren war vorliegend jedoch deshalb entbehrlich, weil eine Störung im Sinne des damaligen § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erst dann vorliegt, wenn derart existentielle Risiken drohen. Vielmehr genügt - wie oben dargelegt - eine menschlich verursachte Beunruhigung eines streng geschützten Tieres an den geschützten Habitaten, die dieses zu einer Verhaltensänderung veranlassen. Hierzu zählen insbesondere Einwirkungen, die das Tier zum zumindest zeitweiligen Verlassen des Baus bzw. zur Unterbrechung des Brütens oder der Aufzucht und Versorgung des Nachwuchses veranlassen, oder zumindest die ernsthafte Gefahr eines solchen Verhaltens verursachen. Jedenfalls eine derartige Gefahr für die Biber(familie) in der Biberburg zu verursachen, war der Eingriff in den Biberdamm ausgangs des Faulen See geeignet. Das belegt bereits der oben dargelegte Zweck der Errichtung von Dämmen durch Biber, hinsichtlich deren Bedeutung der Senat bereits im Beschluss vom 11. August 2009 - OVG 11 S 58.08 - Folgendes ausgeführt hat:

„Biber errichten Dämme, um einen ausreichenden Wasserstand sicherzustellen, falls der Wasserspiegel zu flach ist oder zu starken Schwankungen unterliegen sollte. Die durch den Dammbau bewirkte Erhöhung des Wasserstandes gewährleistet, dass der Biber bei Gefahr schnell abtauchen kann und dass der Eingang zur Biberburg unterhalb des Wasserspiegels liegt, namentlich Jungtieren Schutz vor Fressfeinden bietet und im Winter nicht einfriert. Er garantiert weiter, dass das Gewässer nicht bis zum Grund zufriert und die Biber die von ihnen angelegten Nahrungsvorräte im Winter schwimmend erreichen können. Zusätzlich ermöglicht er es ihnen, Material schwimmend zu transportieren. Die zu beobachtende Aktivität der Biber, defekte Dämme wieder aufzubauen, zeigt anschaulich, dass die Dämme für die Sicherung des Überlebens der Biber eine wesentliche Funktion haben.“

Von daher liegt es auf der Hand, dass Eingriffe in Biberdämme, die zu einem erheblichen Abfall des Wasserstandes gerade auch in ihrer Burg führen, Biber zur umgehenden Ursachenfeststellung und sodann zum Versuch einer Reparatur des Dammes veranlassen. Genau das war auch das Ergebnis der im Bescheid des Landesumweltamtes Brandenburg vom 21. Januar 2005 geschilderten Erprobungsphase, wonach als Folge der durch Entnahme von Dammmaterial reduzierten Dammhöhe im Ergebnis festzustellen war, dass hierdurch eine permanente Bauaktivität des Bibers mit dem Ziel erneuter Erhöhung des Dammes zu verzeichnen war.

Dass diese ständige Gegenreaktion des Bibers auf Eingriffe insbesondere in - dem Schutz seiner Burg dienende - Dämme ihn zwangsläufig in seiner dortigen Ruhe stört bzw. von anderen Aktivitäten abhält und auch Energien kostet, kann der Kläger auch nicht mit dem Argument in Zweifel ziehen, derartige Reaktionen auf sich verändernde Verhältnisse gehörten zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Bibern und könnten deshalb keine Stresssituation für ihn bewirken. Hierbei verkennt er, dass das Störungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG den Schutz vor zusätzlichen, d.h. nicht natürlichen Beunruhigungen, bezweckte, die negativ auf die psychische Verfassung des geschützten Tieres einwirken bzw. es zu einer Verhaltensänderung veranlassen. Das aber ist schon dann der Fall, wenn über den Eingriff in einen Biberdamm und das durch bewirkte Absinken des Wasserstandes in der Biberburg die o.g. Gegenreaktion ausgelöst und der Biber dadurch von anderen Aktivitäten zumindest zeitweise abgehalten wird oder jedenfalls die ernsthafte Gefahr dafür besteht. Der in diesem Zusammenhang seitens des Klägers noch erfolgte Hinweis, nach der Höhenreduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zum Hechtgraben im Sommer 2007 sei die Biberburg im Faulen See doch gerade nicht aufgegeben worden, geht deshalb fehl.

2. Anders als der Eingriff in den Damm ausgangs des Faulen Sees konnte die Beseitigung des Dammes im weiteren Verlauf des Hechtgrabens zum Möserschen See vor der Bahnunterführung eine Störung des Elbebibers an seiner Brut-, Wohn- und Zufluchtstätte, d.h. der im Faulen See gelegenen Biberburg, nicht verursachen. Das ergibt sich schon daraus, dass dieser Damm dem ausgangs des Faulen Sees in den Hechtgraben in Abflussrichtung deutlich nachgelagert ist. Solange jener intakt blieb, war dieser Damm für den Wasserstand im Faulen See und damit auch in der Biberburg ohne Bedeutung. Er konnte darüber hinaus aber auch keine Ersatzstaufunktion für den Wasserstand im Faulen See insoweit haben, dass er eine Absenkung des Wasserstandes dort um bis zu 50 cm wenigstens teilweise aufzufangen vermochte. Denn der Biberdamm vor der Bahnunterführung bewirkte eine Stauhöhe von 28,54 m NHN, während jener ausgangs des Faulen Sees eine solche von 29,06 m NHN aufweist (Feststellungen im Rahmen der „Wasserwirtschaftlichen Grundlagenermittlung und Empfehlungen zum Unterhaltungsbedarf für den Hechtgraben“ der HGN Hydrogeologie GmbH, NL Brandenburg, Stand 20.12.2004, S. 2/3 – nachfolgend: HGN-Gutachten).

Entgegen der Annahme der Beklagten kam eine Störung des Bibers nach dem früheren § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass dieser Damm vor der Bahnunterführung seinerseits Überflutungen zur Folge hatte, die als „Zufluchtstätte“ des Bibers hätten angesehen werden können. Dabei kann dahinstehen, ob der dortige Anstaubereich von der Größe und vor allem von der Tiefe her überhaupt geeignet war, ein Untertauchen des Bibers oder jedenfalls einen anderweitig hinreichenden Schutz vor dessen natürlichen Feinden, d.h. Zuflucht, zu bieten. Denn auch ein hinreichend großer und tiefer See stellte keine „Zufluchtstätte“ im Sinne dieser Norm dar, so dass entgegen der Annahme der Beklagten weder das aufgestaute Gewässer vor der Bahnunterführung noch der Faule See eine solche war.

Der Gesetzgeber hatte nämlich - wie das Bundesverwaltungsgericht zu den identischen Begriffen in § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unter Berufung auf Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte, Regelungszusammenhang und die im Hinblick auf die Bußgeldbewehrung notwendige Bestimmtheit der Norm überzeugend ausgeführt hat - durch die Gleichsetzung der Wohn- und Zufluchtsstätten mit Nist- und Brutstätten zum Ausdruck gebracht, nur „jeweils an einen räumlich begrenzten Bereich anknüpfen“ zu wollen, „in dem die Tiere sich zumindest eine gewisse Zeit ohne größere Fortbewegung aufhalten, weil sie dort Ruhe und Geborgenheit suchen“. Zwar kämen „artspezifisch nicht nur kleinräumige Lokalitäten in Betracht“, wobei das zeitliche Moment des Aufenthalts unverzichtbar bleibe. Die Tiere müssten sich jedoch „an einem Ort niederlassen, der ihnen - nach dem Muster einer „Wohnung“ - nicht nur vorübergehend einen ihren artspezifischen Ansprüchen genügenden störungsfreien Aufenthalt ermöglichen soll (BVerwG, Beschluss vom 8. März 2007 - 9 B 19.06 -, NVwZ 2007, 708, 709; vgl. hierzu auch Kolodziejcok, a.a.O., Rz. 9 m.w.N.).

Soweit die Beklagte demgegenüber meint, dieser Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts betreffe nur „Wanderkorridore von Amphibien“ und könne auf den Biber nicht übertragen werden, weil er ein semiaquatisches Säugetier sei, das auf der Flucht vor Feinden bis zu 20 Minuten unter Wasser ausharren könne, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Dabei mag dahinstehen, ob damit das erforderliche zeitliche Moment eines dortigen längeren Aufenthalts erfüllt ist. Denn ein See stellt auch für den Biber keinen räumlich eng begrenzten Bereich nach dem Muster einer Wohnung dar, wo er sich niederlässt, d.h. ohne größere Fortbewegung verharrt, wie dies etwa ein Tier bei seiner Zuflucht in eine hierfür angelegte (Erd)Höhle tut. Vielmehr handelt es sich dabei um den - nicht kleinräumigen - natürlichen Nahrungs- und Lebensraum des Bibers, in dem er sich schwimmend frei bewegen kann und dies - selbst nach Flucht vor Feinden - regelmäßig auch wird.

Im Hinblick hierauf kann auch nicht davon ausgegangen werden - was auch die Beklagte nicht behauptet -, dass der Biberdamm selbst eines der genannten Schutzhabitate des Elbebibers darstellt.

3. Die Beseitigung des Biberdammes im Verlauf des Hechtgrabens vor der Bahnunterführung fiel auch nicht unter den Verbotstatbestand des früheren § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Danach war es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Hinsichtlich des Bibers kam vorliegend - für den Begriff der Zufluchtstätte gelten die obigen Ausführungen - nur in Betracht der Tatbestand der Beschädigung der Biberburg als Brut-, Wohn- und Zufluchtstätte und das auch nur, soweit der Begriff der Beschädigung über einen Eingriff in die Substanz der genannten Schutzhabitate hinaus auch eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bzw. nicht unerhebliche Minderung der Brauchbarkeit oder Funktion bzw. qualitative Verschlechterung dieser Teilhabitate umfasst (so die ganz herrschende und vom Schutzzweck der Norm auch gebotene Auffassung: vgl. Kolodziejcok, a.a.O., Rz. 11; Lorz, a.a.O., Rz. 6; Gellermann, a.a.O., S. 389; anders nur Kammergericht Berlin, Beschluss vom 4. Mai 2000 - 2 Ss 344.99, 5 Ws (B) 86.00 -, NuR 2001, 176,177). Da der Biberdamm vor der Bahnunterführung nach den obigen Ausführungen für den Wasserstand im Faulen See und damit auch den in der Biberburg keine Bedeutung besaß, konnte dessen Beseitigung auch nicht die Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit der Biberburg als geschütztes Teilhabitat beeinträchtigen, so dass eine Beschädigung insoweit von vornherein ausschied.

4. Demgegenüber war die Annahme einer Beschädigung hinsichtlich des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees letztlich davon abhängig, ob bereits das Sinken des Wasserspiegels in der Biberburg um bis zu 50 cm deren Funktion bzw. Brauchbarkeit als Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätte ernstlich in Gefahr bringen oder mindern konnte. Hierfür würde ein Trockenfallen der Ein- und Ausstiegsöffnungen der Biberburg angesichts der hiermit verbundenen und bereits geschilderten Gefahren ohne Zweifel ausgereicht haben. Das jedoch bestreitet der Kläger nachdrücklich, ohne dass insoweit tatsächliche Feststellungen getroffen worden sind. Zwingende gegenteilige Rückschlüsse insoweit lässt im Übrigen aber auch nicht der Umstand zu, dass die Biberburg nach Durchführung des Eingriffs auch in den Biberdamm ausgangs des Faulen Sees im Juli bzw. August 2007 offensichtlich nicht aufgegeben worden war. Denn das schließt notwendige spätere Reparaturmaßnahmen durch Anlegung neuer - und gegenüber Feinden und Zufrieren hinreichend sicherer - Ein- und Ausstiegsöffnungen seitens des Bibers nicht aus.

Letztlich kann die ansonsten aufklärungsbedürftige Frage des Vorliegens einer Beschädigung der Biberburg durch den Eingriff in den Biberdamm ausgangs des Faulen Sees jedoch offen gelassen werden, da insoweit - wie oben festgestellt - bereits der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG einschlägig war.

5. Unzutreffend war die verwaltungsgerichtliche Feststellung, dass die vom Kläger beantragte Reduzierung der Höhe des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees um 50 cm nicht gegen Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG verstoße, darüber hinaus auch deswegen, weil im Bereich des Faulen Sees auch damals schon zwei weitere streng geschützte Tierarten (Amphibien) existierten, und zwar der Moorfrosch und der Kammmolch (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 11 lit. b) BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV der RiL 92/43/EG), und auch hinsichtlich dieser bzw. ihrer Entwicklungsformen - allerdings (jahres)zeitlich begrenzt - der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorlag.

Das damalige Vorkommen beider Amphibien im Bereich des Faulen Sees unterliegt keinen Zweifeln. Insoweit ist auf die Erklärung des Vorsitzenden des Naturschutzbeirats und Vorsitzenden des Vereins „Naturschutz Brandenburg e.V.“ Herrn Weggen vom 3. August 2007 zu verweisen, wo in Bezug auf den Bereich des Faulen Sees ausgeführt wird: „Wir sind auch dieses Gebiet speziell in der Laichperiode seit Beginn unserer Pflegemaßnahmen im NSG „Gränert“ 1993 jährlich abgegangen, um einen Eindruck von der Gesamtentwicklung des NSG zu haben. Bei jeder Begehung konnten wir die Arten Moorfrosch und Kammmolch feststellen.“ Bestätigt wird das Vorkommen ferner durch eine Erklärung des Biologen Dr. Kohl, ebenfalls Mitglied des Naturschutzbeirats, vom gleichen Tage, wonach er „in den letzten Jahren im Rahmen meiner Gebietskontrollen als Beauftragter für das NSG Gränert mehrfach den Moorfrosch (Rana avalis) und auch zweimal den Kammmolch (Triturus cristatus) im Bereich des Faulen Sees und der angrenzenden Gebiete nachweisen konnte“. Zu verweisen ist schließlich auch noch auf die Erklärung „Artennachweise am Faulen See“ des Herrn Ziemer vom NABU Regionalverband Brandenburg vom 28. Juli 2007, er habe den Moorfrosch (Rana avalis) „in den Randbereichen des Faulen Sees regelmäßig beim Laichen beobachtet, insbesondere westlich des Faulen Sees ca. 200 Tiere mit zahlreichen Laichballen, regelmäßig zahlreiche juvenile Tiere (Jungtiere) in den Randbereichen, ein Absenken des Wasserstandes im Frühjahr bzw. Frühsommer kann unzählige Amphibienlarven (Kaulquappen) töten bzw. die Laichballen zerstören“.

Soweit der Kläger geltend macht, es bestünden schon rechtliche Bedenken, das Vorkommen dieser Tierarten prozessual überhaupt noch zu berücksichtigen, da deren dortige Existenz weder in den Ablehnungsbescheiden noch im erstinstanzlichen Verfahren erwähnt worden seien - maßgeblich sei im Übrigen der Erlass des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005 - und zu einer Prüfung insoweit auch kein Anlass bestanden habe, kann dem nicht gefolgt werden. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass schon im verwaltungsgerichtlichen Urteil (S. 10 Absatz 2) ausgeführt ist, dass nach dem Vermerk der Naturschutzstation Zippelsförde vom 27. Mai 2005 u.a. auch der Kammmolch von der Überstauung der Randbereiche des Faulen Sees „profitiert“ habe. Dass beide Tierarten im Bescheid vom 21. Januar 2005 bzw. dem Widerspruchsbescheid vom 23. März 2005 nicht erwähnt werden, ist aber auch unerheblich. Maßgeblich für die Frage, ob Eingriffe einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von den naturschutzrechtlichen Vorschriften bedürfen, ist vielmehr das tatsächliche Vorliegen eines solchen Verbotstatbestandes. Da nach den obigen Erklärungen aus dem Sommer 2007 beide Amphibienarten bereits mehrere Jahre im Bereich des Faulen Sees existierten, bestehen deshalb auch keine Bedenken gegen die prozessuale Berücksichtigung ihres Vorkommens.

Vorliegend kam der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG allerdings nur hinsichtlich des Eingriffs in den Biberdamm ausgangs des Faulen Sees in Betracht, da nur im Bereich dieses Sees die geschützten Amphibien nachgewiesen waren.

Das Absenken des dortigen Wasserstandes und das dadurch verursachte Trockenfallen bisher überfluteter Bereiche des angestauten Sees, worauf es dem Kläger mit diesem Eingriff gerade ankam, war zwar nicht geeignet, die geschützten Amphibien selbst unmittelbar zu verletzen oder gar zu töten. Denn diese können, worauf der Kläger zu Recht hinweist, ihren Aufenthaltsort zu verlagern; auch entzog die bloße Verkleinerung der Seefläche ihnen jedenfalls nicht ihre zum Leben notwendige Nahrungs- und damit auch Existenzgrundlage. Anders ist dies jedoch für ihre Entwicklungsformen, d.h. den Laich bzw. die Larven und Kaulquappen (vgl. nur Kolodziejcok, a.a.O., § 42 Rz. 8), zu beurteilen. Kammmolch und Moorfrosch legen ihren Laich nämlich zum Ausbrüten durch die Sonne auf Blättern bzw. pflanzlichen Strukturen unter Wasser ab. Fällt dieser trocken, führt das zu seiner Vernichtung. Zwar sind Larven und Kaulquappen im Wasser bewegungsfähig, allerdings sterben auch diese, soweit sie sich bei sinkendem Wasserstand in zurückbleibenden Mulden und Vertiefungen aufhalten und diese austrocknen. Das Vorkommen von Laich und Larven bzw. Kaulquappen in den Randbereichen des Faulen Sees und deren Gefährdung belegt auch ausdrücklich die o.g. Erklärung des Herrn Ziemer vom 28. Juli 2007. Allerdings verweist er zu Recht darauf, dass diese Gefahren nur im Frühjahr bzw. Frühsommer bestehen. Denn nach Abschluss der Vollentwicklung zum Kammmolch und Moorfrosch ist die notwendige Bewegungsfähigkeit auf Land hergestellt. Dann aber bedarf es einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von dieser naturschutzrechtlichen Verbotsvorschrift des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bezüglich der Entwicklungsformen von Kammmolch und Moorfrosch auch nur in diesem Zeitraum und nicht ganzjährig.

Über den genannten Schutz der Entwicklungsformen beider Amphibienarten hinaus wurden durch diese Norm aber auch ihre Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten, d.h. die diesen Zwecken dienenden Örtlichkeiten, vor Entnahme, Beschädigung und Zerstörung bewahrt. Als solche sind, wie bereits im Zusammenhang mit dem Begriff der „Zufluchtstätte“ dargelegt, allerdings nur räumlich eng begrenzte Bereiche anzusehen, in denen sich das Tier niederlässt, d.h. für eine gewisse Zeit ohne größere Fortbewegung - nach dem Muster einer „Wohnung“ - aufhält und Ruhe sowie Geborgenheit sucht; zwar müssen derartige Lebensstätten nicht dauerhaft und ständig genutzt werden, nicht erfasst sind allerdings nur einmalig genutzte und sodann verlassene Lebensstätten (BVerwG, Urteil vom 8. März 2007, a.a.O., S. 709, und Urteil vom 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 -, NVwZ 2006, 1161, 1162; Kolodziejcok, a.a.O., § 42 Rz. 9; Lorz, a.a.O., § 42 Rz. 6).

Da Kammmolch und Moorfrosch keine Nester anlegen oder feste Wohnbaue bzw. dergleichen haben und der Faule See - wie dargelegt - auch keine Zufluchtstätte im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG darstellt, sondern nur ein insoweit nicht geschützter Lebens- und Nahrungsraum ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 - 4 C 6.00 -, NVwZ 2001, 1040, 1041, und Urteil vom 21. Juni 2006, a.a.O., S. 1163), wird durch eine infolge der Dammhöhenreduzierung verursachte Verkleinerung der Wasserfläche des Faulen Sees keine der hier nur geschützten Lebensstätten dieser Tiere - diese halten sich im Übrigen regelmäßig auch nur zu bestimmten Jahreszeiten im oder unmittelbar am Wasser auf, so dass auch deshalb kein ganzjähriger Schutz in Betracht kommt - beschädigt oder zerstört.

Als Brutstätte, d.h. örtlich fixierter Bereich, für Kammmolch und Moorfrosch anzusehen wäre hingegen der jeweilig für diese Zwecke genutzte Seebereich; dies allerdings nur in der Laichablagezeit bzw. der Zeit, in der der Laich zum Ausbrüten durch die Sonne im Wasser abgelegt ist. Ob dies für den Fall einer gänzlichen Beseitigung eines Laichgewässers anders zu beurteilen ist (so Gellermann, a.a.O., S. 389), kann vorliegend dahinstehen. Denn hier war dies durch eine bloße Reduzierung der Dammhöhe ausgangs des Faulen Sees nicht zu befürchten. Allerdings geht auch der insoweit bestehende Schutz der Brutstätte für Kammmolch und Moorfrosch nicht über die Zeit im Frühjahr bzw. Frühsommer hinaus, in der die Entwicklungsformen selbst, d.h. der Laich und die Larven bzw. Kaulquappen, bereits dem o.g. Beschädigungs- und Zerstörungsverbot unterliegen. Auch insoweit galt deshalb nur ein (jahres)zeitlich begrenztes Verbot des Eingriffs in den dortigen Biberdamm.

Nichts anderes galt hinsichtlich beider Amphibienarten - geschützt sind hiernach nur die „wild lebenden Tiere“ selbst, nicht aber auch ihre Entwicklungsformen und damit auch nicht die Larven bzw. Kaulquappen - auch für die damalige Verbotsvorschrift des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Da hiernach die Störung nur an ihren Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten verboten war und der Faule See nach den obigen Ausführungen keine Wohn- oder Zufluchtstätte von Kammmolch und Moorfrosch im Sinne dieser Norm darstellte, kam dieser hier nur als deren Brutstätte in Betracht, so dass auch insoweit kein (jahres)zeitlich weitergehender Schutz anzunehmen war.

6. Zu Recht hat das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 25. Mai 2007 in seinen Entscheidungsgründen auch das Vorliegen von sich unmittelbar aus dem Brandenburgischen Naturschutzgesetz vom 26. Mai 2004 (GVBl. I S. 350) - nachfolgend: BbgNatSchG) - ergebenden Verbotsvorschriften geprüft sowie von solchen, die sich in einer hierauf beruhenden Naturschutzgebietsverordnung, vorliegend also der NSG-VO Gränert vom 6. Januar 1998, finden (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchG).

Dass die Verbotstatbestände in § 38 Nr. 1 und 2 BbgNatSchG im maßgeblichen damaligen Zeitraum entweder nicht vorlagen oder jedenfalls vorliegend nicht über die - oben dargelegten - Verbotsregelungen in § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG hinausgingen, ist im Urteil zutreffend dargelegt. Nichts anderes galt für die Regelung in § 4 Abs. 2 Nr. 16 NSG-VO, wonach es verboten war, wild lebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Unzutreffend ist allerdings die Annahme des Verwaltungsgerichts, die seitens des Klägers beantragten Eingriffe in die Biberdämme ausgangs des Faulen Sees und im weiteren Verlauf des Hechtgrabens vor der Bahnunterführung seien nicht durch § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO verboten gewesen. Hiernach ist es untersagt, Be- und Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen.

Dabei kann letztlich offenbleiben, ob die mit der Höhenreduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zwangsläufig verbundene deutliche Verkleinerung der Seefläche und die mit der Beseitigung des anderen Dammes vom Kläger ebenfalls angestrebte Trockenlegung der dortigen Überflutungsflächen als Entwässerungsmaßnahme über den bisherigen Umfang hinaus anzusehen ist. Insoweit hat der Senat allerdings bereits in seinem Beschluss vom 11. August 2009 - OVG 11 S 58.08 - ausgeführt, hierin liege „gerade keine Entwässerungsmaßnahme, die der Verordnungsgeber als vorgefundene und von den Verboten auszunehmende Praxis angesehen haben dürfte“. In der Tat spricht wenig dafür, Eingriffe in Biberdämme als konservierende Erhaltungs- oder Unterhaltungsmaßnahme des Hechtgrabens selbst anzusehen. Vielmehr dürfte hierin ein aktiver, naturgemäße Veränderungen rückgängig machender Eingriff in die zwischenzeitliche Entwicklung des Gebiets entsprechend dem Schutzzweck des § 3 Nr. 3 NSG-VO „als Lebensraum bestandsbedrohter Tierarten“ liegen. Insofern, d.h. wegen dieses Entwicklungszweckes der Verordnung, erscheint auch der Verweis des verwaltungsgerichtlichen Urteils verfehlt, Maßstab müsse der Zustand sein, der im Zeitpunkt der Unterschutzstellung bestanden habe, jedenfalls bewirke das weitere Abfließen des Wassers über den Hechtgraben gerade keine Veränderung, sondern schütze den bisherigen Charakter des Gränert gegen Veränderungen durch Überflutung.

Jedenfalls aber lag in der durch den Eingriff in die Biberdämme bezweckten deutlichen Verkleinerung der Fläche des Faulen Sees und Trockenlegung des Überschwemmungsbereichs vor der Bahnunterführung eine Veränderung von Gewässern des Naturschutzgebiets entgegen ihrem o.g. Schutzzweck. Schon angesichts des Umfangs der durch diese Eingriffe beabsichtigten Veränderung beider Gewässerflächen - die Reduzierung der Stauhöhe am Biberdamm von 29,0 m NHN auf 28,5 m NHN hatte eine Verringerung der durch den Faulen See nunmehr überfluteten Fläche von maximal ca. 33,5 auf ca. 13 ha zur Folge (vgl. HGN-Gutachten S. 8 und das VG-Urteil, S. 4); die Beseitigung des anderen Biberdammes sollte die hierdurch entstandene Überflutungsfläche gänzlich beseitigen - kann von einer „ordnungsgemäßen Unterhaltung der Gewässer“, die § 5 Abs. 1 Nr. 5 NSG-VO als zulässige Handlungen definiert, nicht die Rede sein. Im Übrigen war der Kläger auch weder für die Unterhaltung dieser Gewässer zuständig noch lag das hiernach weiterhin erforderliche Einvernehmen der unteren Naturschutzbehörde vor. Dass die genannten Eingriffe auch nicht als „ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung“ im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 NSG-VO anzusehen waren, versteht sich von selbst.

Nach allem hat der Kläger keinen Anspruch auf die mit seinem Hauptantrag begehrte Feststellung, denn nach der bis zum 17. Dezember 2007 geltenden Rechtslage waren die beabsichtigte Reduzierung des Biberdammes ausgangs des Faulen Sees zum Hechtgraben um 50 cm jedenfalls gem. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG und § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO und die Entfernung des Biberdammes im weiteren Verlauf des Hechtgrabens zum Möserschen See vor der Bahnunterführung gem. § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO ganzjährig unzulässig und bedurften deshalb einer Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten.

7. Auch der Hilfsantrag des Klägers festzustellen, dass ihm für diese Eingriffe in die Biberdämme nach der bis zum 17. Dezember 2007 geltenden Rechtslage eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu erteilen gewesen sei, hat keinen Erfolg. Denn ein Anspruch hierauf stand ihm nicht zu.

Das Vorliegen eines Anspruchs nach dem damaligen § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach im Einzelfall weitere Ausnahmen von den Verboten des § 42 zugelassen werden konnten, soweit dies zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden erforderlich war, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zu Recht nicht mehr geltend gemacht. Denn für die Erfüllung des genannten Tatbestandes reicht nicht eine Schädigung einzelner forstwirtschaftlicher Betriebe aus, vielmehr muss der Schaden gemeinwirtschaftliche Ausmaße, d.h. negative Auswirkungen auf die Allgemeinheit, angenommen haben, etwa durch Auswirkungen auf einen ganzen Wirtschaftszweig in der Region oder durch eine Schädigung bzw. Gefährdung der Bedarfsdeckung für die Allgemeinheit mit daseinssichernden Produkten (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 - 6 C 3.97 -, NuR 1998, 541, 543; Kolodziejcok, a.a.O., § 43 Rz. 25; Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 43 Rz. 40; Gellermann in: Landmann-Rohmer, Kommentar, Stand April 2008, § 43 BNatSchG Rz. 22). Dafür ist vorliegend jedoch nichts vorgetragen und - angesichts der örtlich begrenzten Auswirkungen der Überflutungen - auch nichts ersichtlich.

Dass die weiteren Ausnahmetatbestände des § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG vorgelegen hätten, hat der Kläger schon zuvor nicht behauptet, dafür gibt es auch keine Anhaltspunkte.

Auch das BbgNatSchG sieht in § 72 Abs. 1 und 2 Ausnahmegenehmigungen nicht für Verbote in Naturschutzgebietsverordnungen - wie vorliegend für § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO „Gränert“ - vor.

Dem Kläger stand auch kein Anspruch auf Befreiung von den damaligen Verbotsvorschriften des § 42 Abs. 1 BNatSchG bzw. der des § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO „Gränert“ zu.

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1a BNatSchG - die weiteren Regelungen in den Nr. 1b und 2 waren unstreitig nicht einschlägig - konnte auf Antrag Befreiung von den Verboten des § 42 BNatSchG gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führte und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren war. Mit dieser Regelung sollte einer „rechtlichen Unausgewogenheit begegnet (werden), die sich ergeben kann, wenn aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles Anwendungsbereich und materielle Zielrichtung einer Vorschrift nicht miteinander übereinstimmen, in derartigen (Sonder-)Fällen soll der generelle und damit zwangsläufig auch schematische Geltungsanspruch der Vorschrift zugunsten der Einzelfallgerechtigkeit durchbrochen werden können“ (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O., S. 543 m.w.N. zur identischen früheren Regelung in § 31 Abs. 1 BNatSchG).

Voraussetzung für das Vorliegen einer im Einzelfall nicht beabsichtigten Härte war zunächst, dass deren Maß beträchtlich die Grenze dessen überschreitet, was zu den üblichen Beeinträchtigungen zählt, und darüber hinaus keine typische Härtefolge eines Verbots ist (Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 62 Rz. 16; Kolodziejcok, a.a.O., § 62 Rz. 17 ff.). Soweit normativ weiterhin die Feststellung einer Vereinbarkeit mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege gefordert wurde, bedeutete das allerdings nicht, dass keinerlei Beeinträchtigung dieser Belange vorliegen durfte, denn dann hätte eine Befreiung praktisch nie erteilt werden dürfen (VGH München, Urteil vom 8. Juli 1998 - 9 B 97.00468 -, NJW 1999, 2914, 2916; Kolodziejcok, a.a.O., § 62 Rz. 19; Lorz, a.a.O., § 62 Rz. 5). Vielmehr bedurfte es im Einzelfall einer umfassenden Abwägung zwischen den privaten Belangen des Antragstellers, d.h. auch solcher subjektiver Umstände, die in seiner Person und seinen persönlichen Umständen begründet liegen, und den entgegenstehenden öffentlichen Belangen, wobei das Gewicht der für eine Befreiung sprechenden Umstände, vor allem auch die individuelle Zumutbarkeit, und das Ausmaß der Beeinträchtigung der Naturschutzbelange sorgfältig gegeneinander abzuwägen waren (VGH München, a.a.O., S. 2916 f.; Kolodziejcok, a.a.O., § 62 Rz. 20).

Für die normativ völlig gleichlautende Befreiungsregelung in § 72 Abs. 3 Nr. 1a BbgNatSchG gelten dieselben Grundsätze (vgl. auch Koch/Tolkmitt, Brandenburgisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 72 Ziff. 3.3.2), so dass die Prüfung insoweit miteinander verbunden werden konnte.

Bei der erforderlichen umfassenden Abwägung der gegenüberstehenden Belange lässt sich ein Überwiegen der privaten Belange dahingehend, dass der Kläger nach der bis zum 17. Dezember 2007 geltenden Rechtslage einen Anspruch auf Befreiung hatte, nicht feststellen.

Zunächst kann es allerdings wenig Zweifeln unterliegen, dass die genannten Biberdämme zu umfangreichen Überflutungen von Waldbeständen des Klägers geführt hatten und zumindest auch hierdurch erhebliche forstwirtschaftliche Schäden bereits eingetreten waren und weiterhin drohten. Das belegt - ungeachtet der Berücksichtigung möglicher Vorschädigungen und zusätzlicher Schadensursachen, wie sie seitens der Beklagten behauptet werden - das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten des Dipl. Ing. Storandt vom 9. Dezember 2007 für den Stichtag „6. November 2007“. Hierin ist ein Schädigungsgrad der betroffenen Waldflächen von 33,8 ha zwischen 20 und 90 % festgestellt und gleichzeitig ein holzwirtschaftlicher Totalschaden mit der Begründung angenommen worden, ein „überlegenswerter“ sofortiger Holzschlag sei nach „üblichen technologischen und vor allem wirtschaftlichen vertretbaren Verfahren nicht möglich“.

Andererseits kann unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und der Zumutbarkeit nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger selbst einräumt, im Zeitpunkt des Erwerbs dieser Flächen - der Auflassungsvertrag datiert vom 25. November 1996 - habe die NSG-VO bereits als Entwurf vorgelegen. Zwar beruft er sich demgegenüber nicht zu Unrecht darauf, weder habe sich aus diesem Entwurf ergeben, dass die streitgegenständlichen Flächen dauerhaft vernässt werden würden, noch habe das ansonsten rechtlich verbindlich festgestanden. Er muss sich allerdings entgegengehalten lassen, dass die Schutzzwecke der Verordnung, insbesondere die Erhaltung und Entwicklung als Lebensraum bestandsbedrohter Tierarten, Konfliktsituationen als naheliegend erscheinen ließen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der Elbebiber schon damals im Land Brandenburg und speziell auch im Umfeld des Gränert heimisch war, so dass die Gefahr der Errichtung von Biberdämmen - und damit auch von Vernässungsschäden hierdurch - real war. Auch kann insoweit nicht außer Acht gelassen werden, dass nach Angaben der Beklagten die Unterhaltung des die Entwässerung dieses Gebietes regelnden Hechtgrabens bereits 1992 mit dem Ziel eingestellt worden war, den dortigen Wasserstand durch natürliche Zusetzung und Nachlassen des Abflusses zu erhöhen und im Jahre 1994 zu diesem Zweck sogar ein Wehr hierin errichtet worden war. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger hiervon positiv gewusst hat, denn er hätte sich vor dem Kauf der dortigen Waldflächen für eine künftige Holzbewirtschaftung hinsichtlich eventueller wasserwirtschaftlicher oder naturschutzrechtlicher Planungen der Beklagten, die diesen Zweck zu gefährden vermochten, sachkundig machen müssen.

Im Rahmen der Abwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass von den Vernässungsschäden, die im vorliegenden Verfahren als Grundlage für das Klageverfahren vor dem Landgericht Potsdam geltend gemacht werden - die später eingetretenen weiteren Überflutungen von 21,47 ha sind Gegenstand des eigenständigen Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Potsdam VG 4 K 2924/09 -, mit 33,8 ha nur ein kleiner Teil (ca. 17 %) der 1996 erworbenen Grundflächen von 194 ha im NSG Gränert - insgesamt hatte er damals sogar 258 ha Waldflächen gekauft - betroffen war. Dass ihn diese Betrachtung seiner individuellen wirtschaftlichen Betroffenheit, die im Rahmen des Härtefallprüfung „im Einzelfall“ anzustellen ist, gegenüber Eigentümern kleinerer Flächen sachwidrig benachteiligt und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, ist nicht zu erkennen. Denn vorliegend muss nach den obigen Ausführungen eine individuell nicht hinnehmbare Härte festgestellt werden (vgl. auch das Urteil des BVerwG vom 18. Juni 1997, a.a.O., S. 543).

Diesen - allerdings durch die soeben aufgeführten Umstände relativierten - wirtschaftlichen Schäden des Klägers standen auf der anderen Seite gewichtige und letztlich auch überwiegende öffentliche Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gegenüber. Insofern ist vor allem zu berücksichtigen, dass vorliegend insgesamt drei streng geschützte Tierarten betroffen waren und diesen - allerdings nur durch den Eingriff in den Biberdamm ausgangs des Faulen Sees - erhebliche Schäden bzw. Gefahren drohten. Hinzu kommen die geschilderten massiven Eingriffe in die Gewässer „Fauler See“ und den Überflutungsbereich vor dem Biberdamm an der Bahnunterführung unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Nr. 20 NSG-VO.

Durch die Ablehnung eines Anspruchs auf Befreiung wird der Kläger auch nicht in unzulässiger Weise in seinen Eigentumsrechten eingeschränkt. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Nutzungsverbote oder -beschränkungen aus Gründen des Naturschutzes zwar grundsätzlich keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG darstellen, sondern als Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen sind. Das schließt jedoch nicht aus, dass hiermit verbundene Belastungen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als sogen. „ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmungen“ zu kompensieren sind. Verfassungsrechtlich geboten ist eine solche Kompensation, der bereits der Gesetzgeber durch entsprechende Regelungen Rechnung zu tragen hat, dann, wenn sich naturschutzrechtliche Nutzungseinschränkungen wie eine Enteignung auswirken oder ihr nahe kommen, etwa dergestalt, dass sie die private Nutzbarkeit der Grundstücke, d.h. eine bisher schon ausgeübte oder eine sich nach Lage der Dinge jedenfalls objektiv anbietende Nutzung, völlig beseitigen. Zur Abgrenzung ist dabei auf die Gesichtspunkte der Zumutbarkeit, des Vertrauensschutzes und einer hinreichenden Differenzierung zwischen betroffenen Grundstückseigentümern je nach Art und Schwere ihrer Belastung abzustellen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: grundlegend in seinem Urteil vom 24. Juni 1993 - 7 C 26.92 -, BVerwGE 94, 1, 4 ff. unter Rückgriff u.a. auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Insoweit ergibt sich auch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - (BVerfGE 110, 226, 244 ff.) nichts anderes. Derartige Ausgleichsregelungen lagen mit den Vorschriften der Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen in § 71 BbgNatSchG hier vor, so dass den Eigentumseingriffen nicht zwingend im Wege einer Befreiung Rechnung getragen werden musste. Eine solche Entschädigung hat der Kläger - anders als in dem bei dem Verwaltungsgericht noch anhängigen Verfahren - für den hier in Rede stehenden Zeitraum allerdings nicht verfolgt; sie ist insbesondere auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Zwar verweist der Kläger zutreffend darauf, dass nicht nur der Gesetzgeber auf normativer Ebene Regelungen über den Ausgleich unverhältnismäßiger Belastungen zu treffen hat, sondern die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den ggf. erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach zu entscheiden hat. Dieser Anspruch ergibt sich daraus, dass der Grundstückseigentümer für seine Entscheidung, ob er den eigentumsbeschränkenden Eingriff mit der Folge der Bestandskraft hinnehmen oder anfechten will, wissen muss, ob und inwieweit ihm ein Ausgleich zusteht (BVerfG, a.a.O., S. 246).

Eine solche Entscheidung über einen finanziellen Ausgleich für die Schäden, die dem Kläger durch die Versagung einer Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung von den naturschutzrechtlichen Verboten entstanden waren oder drohten, war im Bescheid des Landesumweltamtes Brandenburg vom 21. Januar 2005 und in seinem Widerspruchsbescheid vom 23. März 2005 nicht getroffen oder zumindest vorbehalten worden, obgleich die durch die Überflutungen eingetretenen und auch weiterhin absehbaren Nutzungseinschränkungen die Notwendigkeit der Prüfung einer Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen nach § 71 BbgNatSchG nahe legten. Allein die Unterlassung einer Entscheidung über einen derartigen finanziellen Ausgleich in den behördlichen Bescheiden kann indes nicht dazu führen, dem Kläger einen Anspruch auf Befreiung nach den o.g. Vorschriften zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.