Gericht | FG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 28.02.2018 | |
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Aktenzeichen | 7 K 7174/15 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2018:0228.7K7174.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 24.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 wird in der Weise geändert, dass die Umsatzsteuer 2009 um 1.455,98 € niedriger festgesetzt wird.
Der Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 11.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 wird in der Weise geändert, dass die Umsatzsteuer 2010 um 2.986,83 € (= 837,58 € + 2.149,25 €) niedriger festgesetzt wird.
Der Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 11.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 wird in der Weise geändert, dass die Umsatzsteuer 2011 um 830,98 € (= 274,24 € + 556,74 €) niedriger festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 75 % dem Kläger und zu 25 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Streitig ist bei der Umsatzsteuer 2008 bis 2011, ob Leistungen des Klägers als Bildungsleistungen steuerfrei sind.
Der Kläger ist als Einzelunternehmer im Bereich Personal- und Projektentwicklung sowie Coaching tätig. Er versteuert seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Genehmigung vom 23.03.2004, im Vorhefter von Bd. I der Umsatzsteuerakte – USt -). Die unternehmerische Tätigkeit des Klägers bestand – neben anderen, unstreitig umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen, die in allen Jahren betragsmäßig die hier streitigen Umsätze deutlich übersteigen - in der Beratung von Existenzgründern in der Vorgründungsphase (sog. Coachings).
Grundlage seiner Vergütungen waren Verträge mit verschiedenen Projektträgern (sog. Lotsendiensten), z. B. mit der B… GmbH, dem C… e. V., dem D… Zentrum GmbH und der E… GmbH, Lotsendienst der Uni F…. Die Lotsendienste erhielten Förderzuwendungen aus öffentlichen Kassen von der G… GmbH. In einem Vertrag zwischen dem Kläger und der B… GmbH vom 08.12.2008 (Bd. I Bl. 70 USt) ist geregelt, dass sich der Kläger als Auftragnehmer gegenüber der B… GmbH als Auftraggeber verpflichtete, qualifizierte Beratungsleistungen in der Vorgründungsphase für ein im Vertrag bestimmt bezeichnetes Gründungsvorhaben (Handwerk – Bauunternehmen) eines bestimmten Existenzgründers (H…) zu erbringen. Zu den Verpflichtungen des Klägers gehörte auch, der B… GmbH nach Abschluss der Beratung einen Abschlussbericht sowie den Businessplan und die Gewerbeanmeldung des Existenzgründers und dessen Antrag auf Gründerzuschuss oder Einstiegsgeld zu übergeben. Die B… GmbH verpflichtete sich im Gegenzug zur Zahlung einer pauschalen Vergütung i. H. v. 800,00 € an den Kläger, mit der sämtliche Leistungen des Klägers und seine Aufwendungen abgegolten sein sollten. In dem Vertrag wurden die Leistungen des Klägers als nach § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz – UStG – steuerfrei bezeichnet. Weitere vorliegende Verträge mit der B… GmbH (Bd. I Bl. 75, 80, 113, 139 USt), der E… GmbH (Bd. I Bl. 85, 88, 91, 94 USt) und dem D… Zentrum GmbH (Bd. I Bl. 98, 100, 102, 131 USt) enthalten vergleichbare Regelungen; teilweise ist ausdrücklich die Auszahlung der Vergütung erst nach Eingang von Fördermitteln der G… GmbH beim Auftraggeber fällig. Vorliegende Verträge mit dem C… e. V. (Bd. I Bl. 107, 118, 123, 125, 126, 128, 133, 144, 150 USt) und einige der Verträge mit der E… GmbH (Bd. I Bl. 130, 147 USt) weichen insoweit von den anderen Verträgen ab, als die Existenzgründer dort nicht namentlich benannt wurden und es sich teilweise auch um Veranstaltungen für mehrere Existenzgründer handelte. Direkte Vertragsbeziehungen zwischen dem Kläger und den zu beratenden Existenzgründern gab es bei den hier streitigen Umsätzen nicht.
In der Richtlinie des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg zur Förderung der qualifizierenden Beratung von Gründungswilligen in der Vorgründungsphase, von Existenzgründerinnen und -gründern in der Startphase sowie bei der Begleitung von Unternehmensnachfolgen vom 24.01.2007 (Bl. 136ff. der Gerichtsakte – GA –; ab dem 30.12.2009 ersetzt durch die inhaltsgleiche Richtlinie zur Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen bei Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen im Land Brandenburg, Bl. 146ff GA), welche der Förderung der Lotsendienste im Zusammenhang mit den Leistungen des Klägers zu Grunde liegt und die teilweise in den Verträgen des Kläger mit den Lotsendiensten auch ausdrücklich in Bezug genommen wurde, waren die an die Existenzgründer in der Gründungsphase zu erbringenden förderfähigen Leistungen näher beschrieben. Auszugsweise heißt es dort: „… Betreuung von Gründungswilligen in der Vorgründungsphase einschließlich des Erstberatungsgespräches mit Analyse von Gründungsvorhaben und Feststellung der Eignung der Gründungswilligen (Unternehmerpersönlichkeit) sowie der Organisation von Assessments, Betreuung von Existenzgründerinnen und -gründern in der Startphase (Coaching). … Aufgaben der externen Leistungserbringer sind: für Gründungswillige die Durchführung von Assessments (im Sinne von Potenzialanalysen) von durchschnittlich vier Tagen zur Feststellung der individuellen Eignung, Prüfung der Geschäftsidee und der Unternehmerpersönlichkeit vor Beginn der qualifizierenden Beratung und Beratungs- und Qualifizierungsleistungen in der Vorgründungsphase von durchschnittlich vier Monaten, bei den Lotsendiensten an den Hochschulen nach Nummer 2.1.3 von durchschnittlich neun Monaten. … Coaching gibt eine Unterstützung bei der Klärung und Umsetzung konkreter Ziele und ist eine Kombination aus individueller Beratung, persönlichem Feedback und praxisorientiertem Training … In Assessments wird die zu beurteilende Person in mehreren Situationen durch geschulte Beobachter über einen längeren Zeitraum beobachtet, wodurch bestimmte Fähigkeiten wie Unternehmerpersönlichkeit und Führungsqualitäten festgestellt werden können …“.
Nach Abschluss der Beratungsleistungen stellte der Kläger diese dem jeweiligen Lotsendienst in Rechnung und wies dabei keine Umsatzsteuer gesondert aus, sondern wies auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 21 UStG hin (vgl. Rechnung an die B… GmbH betreffend H… vom 10.01.2009, Bd. I Bl. 69 USt, und die weiteren Rechnungen des Klägers, die in Bd. I USt jeweils bei dem betreffenden Vertrag abgeheftet sind).
Es liegen beispielhaft zwei Zuwendungsbescheide des Landkreises I… an den C… e. V. über die Bewilligung von G… GmbH-Fördermitteln vor (Bd. I Bl. 55ff. USt), ausweislich derer der C… e. V. Zuwendungen auf der Grundlage der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung des Landes Brandenburg – LHO – aus Bundesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfonds – ESF – für Projekte, im Rahmen derer es den Kläger beauftragt hat, erhalten hat.
In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre behandelte der Kläger die Coaching-Leistungen an die Lotsendienste jeweils als steuerfrei.
Die am 10.09.2009 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2008 (Bd. I Bl. 2 USt) wies eine verbleibende Umsatzsteuer von 10.775,58 € und eine Abschlusszahlung von 96,54 € aus; die steuerfreien Umsätze bezifferte der Kläger auf 33.103,00 € (s. Prüfungsbericht vom 19.04.2011). Die Vorsteuern zog er zu 100% ab, in der Gewinnermittlung 2008 werden keine nicht abziehbaren Vorsteuern ausgewiesen.
Ab dem 03.11.2009 wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2007 und 2008 durchgeführt (vgl. Bl. 6 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) – BP(B) -).
Die am 03.12.2010 eingereichte Umsatzsteuererklärung 2009 (Bd. I Bl. 1 USt; der Kläger reichte getrennte Vordrucke für die Personal- und Projektentwicklung und für den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage ein) ergab (zusammengerechnet) eine verbleibende Umsatzsteuer von 7.571,49 € und eine Erstattung von 222,70 €; in der Anlage UR wurden steuerfreie Umsätze i. H. v. 47.995,00 € angegeben. Die als abzugsfähig erklärten Vorsteuern (4.435,98 €) hatte der Kläger ausweislich der Gewinnermittlung 2009 nach § 15 Abs. 4 UStG um 4.052,73 € (nicht abzugsfähige Vorsteuern zu 19%) zzgl. 25,29 € (nicht abzugsfähige Vorsteuern zu 7%) gekürzt.
Unter dem 25.01.2011 übersandte die Prüferin dem Kläger einen Entwurf des Prüfungsberichts zu der Umsatzsteuer-Sonderprüfung betreffend die Jahre 2007 und 2008 (Bl. 41 BP(B)), in dem sie die Einschätzung äußerte, dass die Coaching-Leistungen des Klägers nicht steuerfrei seien.
Nachdem der Kläger einer Aufforderung des Beklagten zur Einreichung einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 UStG im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 2009 nicht nachgekommen war, setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2009 mit Bescheid vom 25.02.2011 (Bd. I Bl. 11 USt) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – VdN – auf 16.690,24 € fest und addierte dabei die als steuerfrei erklärten Umsätze i. H. v. 47.995,00 € (ohne Herausrechnung der Umsatzsteuer) zu den erklärten Umsätzen zum Regelsteuersatz.
In der am 07.03.2011 eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung Februar 2011 erklärte der Kläger u. a. steuerfreie Umsätze i. H. v. 1.000,00 € und meldete eine Erstattung i. H. v. 103,27 € an.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 09.03.2011 (Bd. I Bl. 14 USt) die Anerkennung der Steuerfreiheit bei der Umsatzsteuer 2009 und legte mit Schreiben vom 28.03.2011 (Bd. I Bl. 16, Zugang am 31.03.2011) ausdrücklich „hilfsweise“ Einspruch ein (wobei hier sowohl im Betreff als auch in den Gründen des Schreibens die Umsatzsteuer der Jahre 2009 und auch 2008 genannt ist).
Im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2007 und 2008 kam die Prüferin mit Prüfungsbericht vom 19.04.2011 – neben weiteren, nicht klagegegenständlichen Feststellungen - abschließend zu der Einschätzung, die als steuerfrei erklärten Umsätze seien ab 2008 nicht mehr steuerfrei. Die regelbesteuerten Umsätze 2008 seien daher um 27.818,00 € zu erhöhen. Zur Begründung führte sie im Begleitschreiben zum Prüfungsbericht vom selben Tag (Bl. 59 BP(B)) aus, die Steuerbefreiung komme nur in Betracht, wenn eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 UStG vorliege; eine solche habe der Kläger jedoch nicht vorgelegt.
Mit Bescheid vom 21.04.2011 änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung 2008 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – unter Beibehaltung des VdN entsprechend den Ergebnissen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bl. 139 BP(B)).
Mit Schreiben vom 15.05.2011 (Bd. I Bl. 24 USt) legte der Kläger ausdrücklich Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 ein.
Mit Schreiben vom 17.05.2011 (Bd. I Bl. 22 USt) lehnte der Beklagte eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 im Hinblick auf die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung der streitigen Umsätze ab.
Unter dem 19.05.2011 erinnerte der Kläger an sein Schreiben vom 09.03.2011 und bat darum, dieses als Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 25.02.2011 zu werten, und legte auch gegen das Schreiben vom 17.05.2011 Einspruch ein (Bd. I Bl. 29 USt).
Der Beklagte wies mit Schreiben vom 23.05.2011 (Bd. I Bl. 27 USt) darauf hin, dass der Einspruch vom 19.05.2011 gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 verfristet sei, änderte aber den Umsatzsteuerbescheid 2009 mit Bescheid vom 24.05.2011 (Bd. I Bl. 25 USt) nach § 164 Abs. 2 AO unter Beibehaltung des VdN insoweit, als er einen höheren Vorsteuerabzug (Rückgängigmachung der vom Beklagten vorgenommenen Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 4 UStG) i. H. v. insgesamt 8.488,71 € zuließ, ließ die regelbesteuerten Umsätze jedoch unverändert.
Mit einem auf den 19.05.2011 datierten und am 30.05.2011 beim Beklagten eingegangenen Schreiben (Bd. I Bl. 30 USt) legte der Kläger auch gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2009 vom 24.05.2011 Einspruch ein.
Am 16.06.2011 erhob der Kläger eine „Feststellungsklage“ wegen „unzutreffender Würdigung des Schreibens vom 09.03.2011 als Einspruch“, die zunächst beim 10.Senat des hiesigen Gerichts zum Az. 10 K 10168/11 und nach Abgabe an den hiesigen Senat unter dem Az. 7 K 10168/11 geführt wurde.
Mit Bescheid vom 30.06.2011 (Bl. 84 BP(B)) setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung Februar 2011 abweichend von der Voranmeldung auf 56,22 € fest und behandelte die als steuerfrei erklärten Umsätze (mit dem sich nach Herausrechnung der Umsatzsteuer ergebenden Nettobetrag) als steuerpflichtig zum Regelsteuersatz.
Mit Schreiben vom 02.08.2011 (Bl. 89 BP(B), Eingang am 12.08.2011) beantragte der Kläger die erklärungsgemäße Festsetzung der Vorauszahlung Februar 2011 und legte hilfsweise Einspruch ein.
Der Beklagte wies den Einspruch vom 02.08.2011 gegen den Vorauszahlungsbescheid Februar 2011 mit Einspruchsentscheidung vom 25.10.2011 (Bl. 93 BP(B)) mit der Begründung als unzulässig zurück, dass er verfristet sei. Mit einer weiteren Einspruchsentscheidung vom selben Tag (Bl. 146 BP(B)) wies der Beklagte den Einspruch gegen die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 vom 17.05.2011 als unbegründet zurück.
Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger am 01.11.2011 „Anfechtungsklage“, die beim hiesigen Senat zum Az. 7 K 7266/12 geführt wurde.
Am 02.12.2011 reichte der Kläger die Umsatzsteuererklärung 2010 ein (zunächst in zwei getrennten Vordrucken Bd. II Bl. 1 USt, auf Aufforderung dann am 23.04.2012 in einem zusammengefassten Vordruck, Bd. II Bl. 10 USt), in der eine verbleibende Umsatzsteuer von 6.968,04 €, eine Erstattung von 447,62 € und steuerfreie Umsätze von 27.610,00 € ausgewiesen sind. Die als abzugsfähig erklärten Vorsteuern (4.109,71 €) hatte der Kläger ausweislich der Gewinnermittlung 2010 nach § 15 Abs. 4 UStG um 2.141,73 € (nicht abzugsfähige Vorsteuern zu 19%) zzgl. 7,52 € (nicht abzugsfähige Vorsteuern zu 7%) gekürzt. Aufgrund allgemein erteilter Zustimmung stand die Erklärung einer Festsetzung unter dem VdN gleich.
Mit Schreiben vom 26.03.2012 (Bd. I Bl. 199 USt) lehnte das Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg es ab, dem C… e. V. eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG zu erteilen, und begründete dies dahingehend, dass die Zuschüsse zur Förderung der Träger der Existenzgründungsförderung nicht steuerbar seien, sodass es insoweit keiner Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG bedürfe. Für freie Mitarbeiter sei nach dem 31.12.2007 ein Befreiungstatbestand nach § 4 Nr. 21 UStG nicht mehr gegeben.
Mit (rechtskräftig gewordenem) Gerichtsbescheid vom 03.01.2013 (Bd. I Bl. 207 USt) wies der Berichterstatter des Verfahrens 7 K 10168/11 die Feststellungsklage vom 16.06.2011 im Hinblick auf § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO als unzulässig ab.
In der am 11.02.2013 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2011 (Bd. II Bl. 1 USt) bezifferte der Kläger die verbleibende Umsatzsteuer auf 10.561,93 €, seinen Erstattungsanspruch auf 484,67 € und die steuerfreien Umsätze auf 9.040,00 €. Die als abzugsfähig erklärten Vorsteuern (5.727,99 €) hatte der Kläger ausweislich der Gewinnermittlung 2011 nach § 15 Abs. 4 UStG um 554,66 € (nicht abzugsfähige Vorsteuern zu 19%) zzgl. 2,08 € (nicht abzugsfähige Vorsteuern zu 7%) gekürzt. Aufgrund allgemein erteilter Zustimmung stand die Erklärung einer Festsetzung unter dem VdN gleich.
Mit Bescheiden vom 11.03.2013 (Bd. II Bl. 17, 19 USt) setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2010 und 2011 nach § 164 Abs. 2 AO geändert unter Aufhebung des VdN auf 12.213,57 € fest und erhöhte die erklärten regelbesteuerten Umsätze dabei um den Bruttobetrag der als steuerfrei erklärten Umsätze.
Mit Schreiben vom 14.03.2013 (Bl. 8 Rb) legte der Kläger Einspruch gegen die Änderungsbescheide für 2010 und 2011 vom 11.03.2013 ein.
In einem Erörterungstermin am 27.06.2013 erklärten die Beteiligten die Klage 7 K 7266/12 übereinstimmend für erledigt und gaben an, es sollten zunächst die noch anhängigen Einspruchsverfahren gegen die bestehenden Festsetzungen abgeschlossen werden.
Mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 (Bl. 27 Rb) wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2011 unter Aufhebung des VdN als unbegründet zurück.
Am 17.08.2015 hat der Kläger die hiesige Klage erhoben.
Der Kläger begründet die Klage dahingehend, Leistungen in Form der qualifizierenden Beratung von Existenzgründern in der Vorgründungsphase, wie er sie erbracht habe, seien nach § 4 Nr. 21 UStG umsatzsteuerfrei. Anders sei dies nur bei der Beratung in der Nachgründungsphase, die steuerpflichtig sei; solche Beratungsleistungen in der Nachgründungsphase seien aber nicht Gegenstand seiner streitgegenständlichen als steuerfrei erklärten Umsätze gewesen. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL – seien auch Schulungsleistungen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse diene, von der Mehrwertsteuer zu befreien. Seine Leistungen hätten auf seine planvolle Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten mit einem bestimmten Ziel hingewirkt. Er habe den Teilnehmern spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, welche ihnen die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit überhaupt ermöglicht hätten. Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass er Existenzgründerberatungen im engeren Sinne dahingehend erbracht habe, Unternehmenskonzepte für die künftigen Unternehmer zu erarbeiten und diese im Rahmen dieser Erarbeitung zu beraten. Vielmehr habe er zunächst im Rahmen von Gruppenseminaren Wissen betreffend die Gründung eines selbständigen Unternehmens vermittelt. Im Anschluss seien die Seminare durch den jeweiligen Vorhabenträger gemeinsam mit dem Kläger ausgewertet worden, und man habe abgestimmt, welche Kursteilnehmer für eine weitergehende Fortbildungsmaßnahme im Sinne eines Förderungs- und Einzelunterrichts in Betracht kämen. Mit den ausgewählten Personen sei dann ein sehr intensiver Einzelunterricht durchgeführt worden mit dem Ziel, die Schüler in die Lage zu versetzen, die angedachten Unternehmenskonzepte abschließend auszuarbeiten und zur Gründungsreife zu führen. Es sei nicht Aufgabe des Klägers gewesen, Unternehmenskonzepte selbst zu erstellen. Vielmehr habe er ausschließlich allgemeines Wissen vermittelt und die Anwendung dieses Wissens durch den Schüler überprüft. Beispielsweise bei dem vom Kläger beratenen Existenzgründer H… habe der Kläger die folgenden Inhalte vermittelt: Kalkulation, Preisgestaltung, Tragfähigkeit, Möglichkeit der Werbung und der Präsentation nach außen, Marktrecherchen, Wettbewerbsanalyse, Motivation und Umgang mit Widerstand, Chancen und Risiken der Selbständigkeit, Vereinbarkeit von Beruf/Selbständigkeit und Familie, gemeinsames Erarbeiten des Unternehmenskonzeptes. Letzteres habe aber nur einen sehr geringen Teil der klägerischen Tätigkeit ausgemacht. Bei dem Existenzgründer J…, der eine Rechtsanwaltskanzlei habe gründen wollen, sei Gegenstand der Schulung durch den Kläger das Training der Fähigkeiten der Kundenansprache und Kundengewinnung gewesen. Bei dem Existenzgründer K… habe der Kläger Wissen in den Bereichen Aufgaben des Selbständigen, Entscheidungen, Konsequenzen, Umsetzung, Allgemeine Ausführung zur Preiskalkulation, Kostenplanung, Rentabilitäts- und Tragfähigkeitsplanung, Ausführungen zu Marktauftritt, Markteintritt, Produktportfolio, Zeitmanagement, Verhandlungsführung, persönliche Stärken, Schwächen und Fähigkeiten, spezielle Voraussetzungen und Herausforderungen im Import und Vertrieb vermittelt. Auch bei Herrn K… sei es nicht Aufgabe des Klägers gewesen, für diesen Konzepte individualisiert auf der Basis des Wissens des Klägers als eigene geistige Schöpfungen zu erarbeiten. Deutlich werde dies auch bei der Existenzgründerin L…; hier sei in dem Vertrag mit dem Lotsendienst ausdrücklich geregelt worden, dass in der Vorgründungsphase die Beratung inhaltlich so gestaltet werden solle, dass die künftige Existenzgründerin ein marktgerechtes Wissen erlange und damit ein qualifizierter Start in die Selbständigkeit möglich sei. Auch sein zugehöriges Angebot weise eindeutig darauf hin, dass es sich um eine reine Wissensvermittlung handele.
Auch der Kläger als Einzelperson könne eine berufsbildende „Einrichtung“ i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRL sein. Die danach erforderliche Anerkennung könne sich nicht nur aus einer behördlichen Bescheinigung, sondern auch aus einer Kostenübernahme durch Sozialleistungsträger ergeben. Im Übrigen habe ein anderer Coach, der mit dem Kläger zusammengearbeitet habe, von der für ihn zuständigen sächsischen Landesbehörde für dessen Beratungsleistungen in der Vorgründungsphase eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG erhalten; wenn die für den Kläger zuständige brandenburgische Behörde eine solche Bescheinigung nicht ausstelle, könne das nicht zu seinen Lasten gehen. Für Berufsbildungs-, Berufsförderungs- und Umschulungsmaßnahmen i. S. d. § 2 Nr. 2 der Richtlinie für aus Mitteln des ESF mitfinanzierte Maßnahmen habe das Bundesministerium der Finanzen – BMF – im Einklang mit den obersten Finanzbehörden der Länder geregelt, dass es sich um steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 21 UStG handele. Dies gelte auch für die vom Kläger für verschiedene Träger erbrachten Leistungen im Rahmen der Existenzgründerseminare. Die Rechnungstellung an die Lotsendienste ohne Umsatzsteuer habe deren Vorgaben entsprochen.
Im Klageverfahren hat der Kläger ergänzend zu den bereits in den Steuerakten vorliegenden Unterlagen noch eingereicht:
- eine Coachingdokumentation für H… (Bl. 78 GA), wo neben den vom Kläger genannten Inhalten auch noch „Beratungsabschluss, Unterstützung bei den Antragsformalitäten, Weitere Fördermöglichkeiten“ im Umfang von drei Stunden aufgeführt ist und darauf hingewiesen wird, dass zusätzlich regelmäßiger Kontakt und Austausch per Email und Telefon stattgefunden habe, wobei alle akuten Fragen und Themen besprochen worden seien;
- den Beratungsvertrag mit dem Lotsendienst des Kreises M... betreffend J… über „5 Stunden Spezialberatung“ (Bl. 80 GA);
- den „Gründungsfahrplan“ für K… (Bl. 82 GA);
- den Vertrag mit der B… GmbH betreffend L… (Bl. 87 GA) sowie das zugehörige Angebot (Bl. 90 GA), in dem als Themen mit einem Umfang von 4 Stunden auch „Feinschliff Unternehmenskonzeption“ und mit einem Umfang von 1,5 Stunden „Beantragung der entsprechenden Fördermittel, weitere Fördermöglichkeiten“ genannt sind.
Der Kläger beantragt,
1. den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 21.04.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2008 um 5.285,35 € niedriger festgesetzt wird;
2. den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 24.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2009 um 9.119,05 € niedriger festgesetzt wird;
3. den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 11.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2010 um 5.245,90 € niedriger festgesetzt wird;
4. den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 11.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2015 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2011 um 1.717,60 € niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt aus, es seien zwei Leistungsbeziehungen zu unterscheiden, nämlich diejenige zwischen den Lotsendiensten und der G… GmbH und diejenige zwischen dem Kläger und den Lotsendiensten. Die Zuwendungen der G… GmbH seien für die Lotsendienste nicht steuerbare echte Zuschüsse. Die Leistungen des Klägers an die Lotsendienste seien dagegen steuerbar und steuerpflichtig. § 4 Nr. 21 UStG greife nicht ein, weil seine Leistungen typische betriebswirtschaftliche Beratungstätigkeiten umfassten. Die Steuerbefreiung gelte aber nur für die generelle Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten. Es handele sich bei den von den Lotsendiensten an den Kläger geleisteten Zahlungen auch nicht um nicht steuerbare echte Zuschüsse, sondern um unmittelbare Gegenleistungen für seine Coachingleistungen.
Dem Gericht haben sechs Bände Steuerakten (zwei Bände Umsatzsteuer, je ein Band Einkommensteuer, Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsstelle), Betriebsprüfung (Veranlagungsstelle) und Bilanzen) und ein Hefter Rechtsbehelfsvorgang zur Steuernummer …, die der Beklagte für den Kläger führt, vorgelegen.
I. Die Klage ist nur teilweise begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nur insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als der Beklagte in den Bescheiden für 2009 bis 2011 den Bruttobetrag der als steuerfrei erklärten Umsätze in die Bemessungsgrundlage der regelbesteuerten Umsätze einbezogen hat und in den Jahren 2010 und 2011 die Kürzung der Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG, welche der Kläger in seinen Umsatzsteuererklärungen für diese Jahre im Hinblick auf die von ihm angenommene Steuerfreiheit der streitgegenständlichen Umsätze vorgenommen hat, nicht rückgängig gemacht hat, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -. Von daher ist die Umsatzsteuer 2009 um 1.455,98 € („brutto statt netto“), die Umsatzsteuer 2010 um 837,58 € („brutto statt netto“) zzgl. 2.149,25 € (kein § 15 Abs. 4 UStG) und die Umsatzsteuer 2011 um 274,24 € („brutto statt netto“) zzgl. 556,74 € (kein § 15 Abs. 4 UStG) zu verringern.
1. Die streitgegenständlichen Leistungen des Klägers sind steuerbar und steuerpflichtig.
a) Es ist nicht umstritten und nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Leistungen des Klägers an die Lotsendienste nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar sind. Insbesondere handelt es sich bei den Zahlungen der Lotsendienste an den Kläger um Entgelte für seine Leistungen an die Lotsendienste und nicht um nicht steuerbare Zuschüsse. Ein steuerbares Entgelt liegt vor, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, sodass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, Dokumentenstand EL 72 April 2014, § 1 UStG, Rn. 36 m. w. N.). Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen ist der für die Steuerbarkeit erforderliche Leistungsaustausch dagegen zu verneinen, wenn diese nur aus z. B. struktur- oder allgemeinpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründen erfolgen und lediglich dazu dienen, die Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein zu fördern, nicht aber als Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Träger der öffentlichen Kasse anzusehen sind (Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, Dokumentenstand EL 72 April 2014, § 1 UStG, Rn. 50 m. w. N.). Hier ergibt sich aus den Verträgen zwischen dem Kläger und den Lotsendiensten ein solches Rechtsverhältnis, welches einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Coaching-Leistungen des Klägers und den Zahlungen der Lotsendienste an den Kläger begründet. Die Zahlungen waren jeweils nur unter Bedingung fällig, dass der Kläger konkret bestimmte Leistungen erbrachte und gegenüber seinem jeweiligen Vertragspartner nachwies. Gegenteiliges ergibt sich auch dann nicht, wenn die Zuwendungen der G… GmbH, welche die Lotsendienste jeweils erhalten haben, als echte Zuschüsse anzusehen sind. Denn daraus folgt dann nur, dass die Lotsendienste insoweit keine steuerbaren Leistungen gegen Entgelt an die G… GmbH oder an die Existenzgründer erbracht haben. Der Kläger hat seine Leistungen aber nicht an die G… GmbH oder einen anderen Träger einer öffentlichen Kasse erbracht, sondern seine Leistungsempfänger waren die privatrechtlichen Lotsendienste, und nur von diesen und nicht unmittelbar aus öffentlichen Kassen hat er seine Vergütungen erhalten. Die Zahlung der Lotsendienste an den Kläger hatte - unabhängig davon, woher die Mittel stammten - den Zweck, den Kläger unmittelbar für seine Leistungen zu vergüten.
b) Eine Steuerfreiheit der Leistungen des Klägers nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG scheidet aus. Der Kläger ist unstreitig weder eine staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule i. S. d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) UStG, noch ist ihm eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG erteilt worden. Ob ein anderer Coach eine solche Bescheinigung erhalten hat, kann dahinstehen, weil § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG nur für den Inhaber einer solchen Bescheinigung selbst eingreift. Die Bescheinigung ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung (Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, Dokumentenstand EL 74 April 2015, § 4 Nr. 21 UStG, Rn. 65 m. w. N.). Es kann insoweit auch dahinstehen, ob der Kläger einen Anspruch auf eine solche Bescheinigung hätte, weil ein solcher im Verwaltungsrechtsweg zu erstreiten wäre (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 1. b) der Gründe).
c) Die Leistungen des Klägers sind nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 21 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) UStG. Danach sind umsatzsteuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG erfüllen. Unter den insoweit einzig in Betracht kommenden Tatbestand des § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG fallen berufsbildende Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Dabei muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (BFH, Urteil vom 20.03.2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, II. 1. b) der Gründe m. w. N.).
Dass einem der Lotsendienste, gegenüber denen der Kläger die streitgegenständlichen Leistungen erbracht hat, für die Streitjahre eine diesen Anforderungen genügende Bescheinigung vorgelegen hätte, hat der Kläger nicht dargelegt, obwohl der Beklagte die Ablehnung der Steuerbefreiung ausdrücklich auf das Fehlen einer solchen Bescheinigung stützt. Angesichts der Ausführungen des Landesamtes für Soziales und Versorgung im Schreiben vom 26.03.2012, wonach es die Ausstellung eine solchen Bescheinigung für den C… e. V. ausdrücklich abgelehnt hat, weil es sie wegen der Nichtsteuerbarkeit der Zuschüsse für entbehrlich hielt, ist auch nicht anzunehmen, dass andere Lotsendienste, für die der Kläger tätig war, eine solche Bescheinigung vom Landesamt für Soziales und Versorgung erhalten haben oder dort beantragt haben und noch erhalten werden.
d) Die Umsätze können nicht unter Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL als umsatzsteuerfrei behandelt werden. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten von der Mehrwertsteuer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden. Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf diese Bestimmung berufen (BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. a) aa) der Gründe m. w. N.). Der Begriff „Einrichtung“ ist grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personen und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen. Es ist Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit (BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. a) bb) der Gründe m. w. N.). Allerdings sollen durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Durch diese Vorschrift werden nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind. Folglich kann nicht jede Person, die eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausübt, als eine vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung angesehen werden. So ist die Berufsgruppe der Rechtsanwälte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH – (Urteil vom 28.07.2016 C-543/14 - Ordre des barreaux francophones und germanophone u. a., Umsatzsteuer-Rundschau – UR - 2016, 643, Rn. 60ff.) von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL ausgeschlossen, da Dienstleistungen i. d. S. nur eines der Ziele des Anwaltsberufs darstellen können (BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. a) cc) der Gründe m. w. N.). Dabei hat der EuGH darauf abgestellt, dass die Ziele, die die Berufsgruppe der Rechtsanwälte in ihrer Gesamtheit betrachtet verfolgten, und die Beständigkeit ihres sozialen Engagements zu berücksichtigen seien. Die Berufsgruppe der Rechtsanwälte könne jedoch als solche im Hinblick auf ihr Gesamtziel und die fehlende Dauerhaftigkeit eines etwaigen sozialen Engagements nicht als gemeinnützig angesehen werden. Er hat auch berücksichtigt, dass die im dortigen Verfahren zu beurteilenden Leistungen nicht von allen Rechtsanwälten erbracht wurden (Urteil vom 28.07.2016 C-543/14 14 - Ordre des barreaux francophones und germanophone u. a., UR 2016, 643, Rn. 62, 64).
Der Kläger ist im Bereich der Personal- und Projektentwicklung und des Coachings mit dem überwiegenden Teil seiner Umsätze als Berater tätig und erbrachte daneben auch die streitigen Dienstleistungen. Die Tätigkeit eines solchen Beraters ist in Bezug auf den Regelungsgegenstand des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL mit derjenigen eines Rechtsanwalts vergleichbar. Denn auch bei der Berufsgruppe der Unternehmensberater ist die Erbringung von Leistungen der hier streitigen Art nicht für die Gesamtheit der Ziele prägend, auch wenn sie nicht von allen Mitgliedern des Berufsstandes erbracht wird, sondern nur eines von mehreren Zielen darstellt. Der Kläger hat in allen Streitjahren den überwiegenden Teil seiner Umsätze mit unstreitig steuerpflichtigen Beratungsleistungen erzielt. Selbst wenn die hier streitigen Dienstleistungen als solche unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL fallen würden, stellten sie von daher nur einen Teil seiner beratenden Tätigkeit dar, die für die Qualifizierung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht ausreicht.
e) Der Kläger kann sich nicht auf die Steuerfreiheit seiner Leistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRl berufen. Danach haben die Mitgliedstaaten von der Mehrwertsteuer zu befreien die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Nach Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStVO – (bis 30.06.2011 gleichlautend Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) umfassen die Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung, die unter den Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRL erbracht werden, Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient, wobei die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung hierfür unerheblich ist.
Auch diese Vorschrift ist grundsätzlich berufbar(BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. b) aa) der Gründe m. w. N.). Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) ist dabei grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) zu übertragen (BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. b) bb) der Gründe m. w. N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt es im Streitfall an einer Einrichtung mit sozialem Charakter (s. o.), so dass der Kläger auch nach dieser Vorschrift keine Steuerbefreiung erlangen kann.
Überdies kann das Gericht nicht feststellen, ob überhaupt und wenn ja in welchem Umfang der Kläger tatsächlich „Schul- und Hochschulunterricht“ i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRL erteilt hat. Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts ist in der MwStSystRL nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des EuGH beschränkt er sich aber nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Die nicht einheitlichen Sprachfassungen des Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j) MwStSystRL sind dabei dahingehend auszulegen, dass es sich bei Schul- und Hochschulunterricht um Unterrichtseinheiten zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende handeln muss (BFH, Beschluss vom 16.03.2017 V R 38/16, Deutsches Steuerrecht – DStR - 2017, 1655, II. 4. a) aa) der Gründe m. w. N.). Es ergibt sich entgegen der Behauptung des Klägers, ausschließlich abstrakte Kenntnisse vermittelt zu haben, aus den vorliegenden Unterlagen, dass er wenigstens teilweise auch konkrete betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen erbracht hat. Insoweit ist z. B. auf die eine Coachingdokumentation für H… (Bl. 78 GA) zu verweisen, wonach zu den Leistungen des Klägers „Beratungsabschluss, Unterstützung bei den Antragsformalitäten, Weitere Fördermöglichkeiten“ und ein regelmäßiger Kontakt und Austausch per Email und Telefon zu akuten Fragen und Themen gehört hat, oder auf den Vertrag mit der B… GmbH betreffend L… (Bl. 87 GA) sowie das zugehörige Angebot (Bl. 90 GA), aus denen sich die Leistungsinhalte „Feinschliff Unternehmenskonzeption“ und „Beantragung der entsprechenden Fördermittel, weitere Fördermöglichkeiten“ ergeben. Derartige Tätigkeiten sind aber kein „Schul- und Hochschulunterricht“ i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRL (gleicher Ansicht Finanzgericht – FG – Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.06.2013 5 V 5273/12, n. v., Bl. 9 hinterer Teil Rb).
f) Die Steuerfreiheit seiner Umsätze kann der Kläger auch nicht unter Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j) MwStSystRL erlangen. Danach ist von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht von der Mehrwertsteuer zu befreien. Auch diese Vorschrift ist grundsätzlich berufbar (BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. c) aa) der Gründe m. w. N.).
Der Unterricht wird von einem Privatlehrer i.S. dieser Vorschrift erteilt, wenn der Unterricht „privat“ erteilt wird. Dies kann auch gegenüber einer Einzelperson erfolgen. Erforderlich ist aber, dass der Unternehmer Träger der Bildungseinrichtung ist, an der die Bildungsmaßnahmen erbracht werden. Der Unternehmer muss auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln. Daher sind Leistungen, die an einer anderen Bildungseinrichtung ausgeführt werden, in der Regel nicht „privat“. Ob dies voraussetzt, dass der Unternehmer eigene Vertragsbeziehungen zu dem Unterrichteten unterhalten muss, ist streitig. Schädlich ist aber eine Zwischenschaltung eines Dritten auf der Seite des Leistenden (BFH, Urteil vom 29.03.2017 XI R 6/16, BFH/NV 2017, 1145, II. 2. c) bb) der Gründe m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall daran, dass der Kläger selbst Träger der Bildungseinrichtung ist. Die B… GmbH, die E… GmbH, das D… Zentrum GmbH und der C… e. V., nicht aber der Kläger, waren Träger der Bildungseinrichtungen in Gestalt der Lotsendienste, an denen der Kläger die Unterrichtung und Beratung Gründungswilliger vornahm und Leistungen für die Teilnehmer an diesen Maßnahmen erbrachte.
Im Übrigen steht der Anwendung auch des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j) MwStSystRL entgegen, dass aus den o. g. Gründen nicht festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang der Kläger „Schul- und Hochschulunterricht“ erteilt hat.
2. Richtigerweise ist Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Erhält der Steuerpflichtige einen Geldbetrag als Vergütung für seine Leistung, ist die Umsatzsteuer aus dem Geldbetrag mit dem Faktor 19/119 herauszurechnen. Der Beklagte hat die Umsatzsteuer aber in den angefochtenen Festsetzungen für 2009 bis 2011 jeweils mit dem Faktor 19/100 auf den Bruttobetrag aufgeschlagen. Entsprechend hat der Beklagte im Jahr 2009 die Steuer um 47.995,00 € * (19/100 - 19/119) = 1.455,98 € zu hoch festgesetzt, im Jahr 2010 um 27.610,00 € * (19/100 – 19/119) = 837,58 € und in 2011 um 9.040,00 € * (19/100 – 19/119) = 274,24 €. Darauf sind die Beteiligten hingewiesen worden (Bl. 95 GA) und haben keine Einwendungen erhoben. Im Jahr 2008 hat die Prüferin im Prüfungsbericht vom 19.04.2011 richtig gerechnet, und die Berechnung der Prüferin ist auch zutreffend in den angefochtenen Bescheid übernommen worden.
3. Da die streitgegenständlichen Umsätze die einzigen waren, welche der Kläger als steuerfrei deklariert hat, diese aber tatsächlich nach den vorstehenden Ausführungen steuerpflichtig sind, ist die vom Kläger in den Jahren 2010 (2.149,25 €) und 2011 (556,74 €) vorgenommene Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 4 UStG rückgängig zu machen. In 2008 hat der Kläger ausweisliche der Gewinnermittlung keine Kürzung nach § 15 Abs. 4 vorgenommen, in 2009 hat der Beklagte sie bereits mit Bescheid vom 24.05.2011 rückgängig gemacht.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Kläger hat in der Summe eine Umsatzsteuerminderung um (5.285,35 € + 9,119,05 € + 5.245,90 € + 1.717,60 € =) 21.367,90 € angestrebt und eine solche um (1.455,98 € + 837,58 € + 2.149,25 € + 274,24 € + 556,74 € =) 5.273,79 € erreicht. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 25 %.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.