Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 11.03.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 S 1.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 2 S 1 Nr 1 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 146 Abs 4 S 3 VwGO, § 154 Abs 1 BauGB, § 154 Abs 2 BauGB, Ziff 6.3 AusglBetrAV BE |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.032,00 EUR festgesetzt.
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem mehrgeschossigen Vorderhaus und einer Remise bebauten denkmalgeschützten Grundstücks F... in Berlin. Das Grundstück liegt im ehemaligen Sanierungsgebiet W.... Er wendet sich dagegen, dass der Antragsgegner ihn mit Bescheid vom 5. August 2013 zu einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrag in Höhe von 20.128,00 EUR herangezogen hat, und möchte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, dass die aufschiebende Wirkung seines gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs angeordnet wird. Das Verwaltungsgericht hat den dahingehenden Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Ausgleichsbetrag, den die Eigentümer der in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücke nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu entrichten haben, ist eine öffentliche Abgabe (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1992 - BVerwG 4 C 30/90 -, NVwZ 1993, 1112, juris), bei der Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO; § 212a Abs. 2 BauGB). Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs kann daher entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO vom Gericht nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abgabenforderung bestehen, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 3. Februar 2012 - OVG 10 S 50.10 -, NVwZ 2012, 711, juris Rn. 3, Beschluss vom 9. September 2013 – OVG 10 S 12.12 –, NJW-RR 2014, 59; juris Rn. 3 m.w.N.). Es können daher nur solche Einwände gegen die Abgabenforderung eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, die bei der nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Forderung begründen. Dabei ist grundsätzlich von der Gültigkeit der der Abgabenerhebung zugrunde liegenden Vorschriften auszugehen, solange sich nicht deren offensichtliche Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht aus den Einwänden des Abgabenpflichtigen ergibt oder sonst aufdrängt. Die Prüfung findet dort ihre Grenze, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht; diese bleiben dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 25. Februar 2014 – OVG 2 S 49.13 –, juris, Rn. 2).
Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers ist nicht geeignet, derartige Zweifel zu wecken.
Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB hat der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts entspricht. Nach § 154 Abs. 2 BauGB besteht die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert). Der Antragsgegner wendet zur Ermittlung dieser beiden Werte die sogenannte Zielbaummethode (Multifaktorenanalyse) an. Die Einzelheiten der Zielbaummethode und deren Berechnung sind in Ziffer 6.3 der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung und zur Festsetzung von Ausgleichsbeiträgen nach §§ 152 bis 155 BauGB (AVAusgleichsbeträge) vom 23. Dezember 2008 (ABl. Berlin vom 20. Februar 2009, 434 ff.) geregelt.
Die unter Zuhilfenahme einer gutachterlichen Stellungnahme eines Professors für empirische Wirtschaftsforschung und Datenverarbeitung vom 17. Oktober 2013 für ein anderes Grundstück in Berlin-Neukölln erhobene Einwendung des Antragstellers, dass die im Amtsblatt veröffentlichten Formeln der Zielbaummethode falsch berechnet seien und richtigerweise die Werte nach den in der Beschwerdeschrift näher aufgeführten anderen Formeln berechnet werden müssten, bleibt ohne Erfolg. Bei der nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung kann nämlich das Vorbringen des Antragstellers im oben genannten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Ausgleichsbetrags begründen. Bei der Bewertung von Grundstücken ist ein Wertermittlungsspielraum anzuerkennen, da die eigentliche Bewertung immer nur eine Schätzung darstellen kann sowie Erfahrung und Sachkunde voraussetzt. Dieser Spielraum besteht grundsätzlich auch bei der Wahl des Bewertungsverfahrens, weshalb nach der Rechtsprechung die Zielbaummethode nicht grundsätzlich zu beanstanden ist (vgl. näher OVG Bln-Bbg, Urteil vom 5. November 2009 - OVG 2 B 7.07 –, juris, Rn. 15, 22 ff.; Beschluss vom 3. Februar 2012 - OVG 10 S 50.10 -, NVwZ 2012, 711, juris Rn. 6). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die inhaltliche Überprüfung des in der AVAusgleichsbeträge geregelten hier maßgeblichen Zielbaums W und dessen Anlagen 3 und 4 auf ihre mathematische Richtigkeit, die nach der gebotenen summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht offensichtlich mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, schwierige Rechts- und Tatsachenfragen aufwirft, die dem nachfolgenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen. Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und dem hiesigen nachfolgenden Beschwerdeverfahren ist der Umfang der gerichtlichen Überprüfung nämlich durch die Gegebenheiten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Geht es wie hier um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen, die im Hinblick auf den nur summarischen Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht abschließend zu klären sind, scheiden ernstliche Zweifel im Sinne des Gesetzes aus und es verbleibt bei der sofortigen Vollziehbarkeit des Abgabenbescheides im Sinne der gesetzlichen Regelung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
Soweit der Antragsteller weiter rügt, die Problematik, Notenwerte (Rangzahlen) in (metrische) Preise unter Berücksichtigung bekannter Markt- und Preismechanismen für Grundstücke umzurechnen, müsse nicht vertieft werden, legt er nicht unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Beschluss gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dar, weswegen die angegriffene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 3 GKG i.V.m. Ziffer 1.5. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (im Internet abrufbar unter http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php), wobei der Senat der erstinstanzlichen Wertfestsetzung folgt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).