Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Beitragsnachforderung - Betriebsprüfung - Equal pay - CGZP - Verjährung

Beitragsnachforderung - Betriebsprüfung - Equal pay - CGZP - Verjährung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 29.07.2014
Aktenzeichen L 1 KR 131/14 B ER ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

Das von der DRV-Bund im Anschluss an die BAG-Rechtsprechung zur Tarifunfähigkeit der CGZP erhobenen Beitragsnachzahlungen sind nicht offensichtlich rechtswidrig.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2014 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2014 wird angeordnet, soweit er sich gegen die Beitragsnachforderung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2006 richtet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Antragsgegnerin zu ¼ und die Antragstellerin zu ¾ zu tragen.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 345.489,58 € festgesetzt.

Gründe

I.

Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des von der Antragstellerin gegen eine von der Antragsgegnerin festgestellte Beitragsnachforderung eingelegten Widerspruchs.

Die Antragstellerin betreibt Arbeitnehmerüberlassung. In den Jahren 2005 bis 2009 entlohnte sie ihre Arbeitnehmer auf der Grundlage der von der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (GCZP) geschlossenen Tarifverträge.

Im Anschluss an eine vom 12. September 2013 bis zum 2. Dezember 2013 durchgeführte Betriebsprüfung forderte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 10. Februar 2014 Beiträge für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2009 in Höhe von 690.979,16 € nach. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Daraus folge die Unwirksamkeit der von dieser Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Tarifverträge, welche nach dem im Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) verankertem Equal-Pay-Grundsatz zu höheren Lohn- und damit auch Beitragsansprüchen führe.

Die Antragstellerin legte Widerspruch ein und hat am 18. März 2014 beim Sozialgericht Berlin die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 17. April 2014 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestünden. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens seien offen, weswegen es bei der vom Gesetzgeber vorgegebenen Risikoverteilung bleiben müsse. Bei summarischer Prüfung bestünden keine Bedenken gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in festgesetzter Höhe. Die im Wege der Schätzung ermittelte Forderung ergebe sich aus dem Equal-Pay-Grundsatz. Die durch das BAG festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP habe die Unwirksamkeit des Tarifvertrags zur Folge gehabt. Zumindest seit dem Zeitpunkt der Entscheidung des BAG hätten die Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis auf einen mit der CGZP geschlossenen Tarifvertrag begründet wurde, nach den §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG einen höheren Entgeltanspruch gehabt, auf den entsprechend auch Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden könnten. Auch wenn die Frage der Unwirksamkeit der Tarifverträge für die Vergangenheit noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, sprächen die überwiegenden Argumente für eine Rückwirkung. Viel spräche dafür, dass die vom BAG für erheblich gehaltenen Umstände bereits von Beginn der Tätigkeit der CGZP vorgelegen hätten. Das gelte insbesondere insoweit, als die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auf Satzungsmängeln beruhe. Zudem habe das BAG mittlerweile einen Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg bestätigt, wonach die CGZP auch am 29. November 2004, 19. Juni 2006 und 9. Juli 2008 nicht tariffähig gewesen sei. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ergäben sich auch nicht aus den von der Antragstellerin geltend gemachten Vertrauensschutzgesichtspunkten. Das Sozialgericht Würzburg habe zutreffend entschieden, dass der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht geschützt werde. Wer den Tarifvertrag der CGZP unter Ausnutzung der Möglichkeit des § 10 Abs. 4 AÜG einbezogen habe, sei bewusst ein Risiko eingegangen, da die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge von Anfang an nicht unumstritten gewesen seien. Auch aus dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbotes könne die Antragstellerin nichts herleiten. Das BAG habe sich erstmals mit den Voraussetzungen der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer gewerkschaftlichen Spitzenorganisation befasst und sei schon von daher nicht von seiner bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen. Die Antragstellerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge würden erst 30 Jahre nach Ablauf des Jahres des Eintritts ihrer Fälligkeit verjähren. Es reiche aus, wenn der Vorsatz noch während der regelmäßigen Verjährungsfrist von vier Jahren hinzukomme. Auch insoweit habe das Sozialgericht Würzburg bereits zutreffend entschieden, dass die Entscheidungen der Arbeitsgerichte keine erst nach dem 31. Dezember 2010 eingetretene Überraschung gewesen seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Verleiher die durch sie bedingte höhere Beitragspflicht auch schon vorher für möglich gehalten und die Nichtabführung von Beiträgen billigend in Kauf genommen hätten. Der Beitragsnachforderung stünden die bestandskräftigen Bescheide aus früheren Betriebsprüfungen nicht entgegen. Betriebsprüfungen hätten nur den Zweck, die Beitragsentrichtung zu sichern. Sie bezweckten dagegen nicht den Schutz des Arbeitgebers als Beitragsschuldner oder gar, ihm Entlastung zu erteilen. Gegen eine Entlastung spreche schon, dass sich Betriebsprüfungen auf Einzelfälle und Stichproben beschränkten. Wegen der Höhe der Nachforderung sei die Antragsgegnerin zur Schätzung berechtigt gewesen. Die Antragstellerin habe ihre Aufzeichnungspflicht verletzt. Ob die von der Antragsgegnerin angewandte Schätzmethode richtig wäre, sei in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Die Antragstellerin habe keinen wirtschaftlichen Härtefall glaubhaft gemacht.

Gegen den ihr am 17. April 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22. April 2014 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Die Tarifunfähigkeit der CGZP für die Vergangenheit stehe noch nicht fest. Die Entscheidung des BAG vom 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 beanspruche Wirkung nur für die Zukunft. Soweit das BAG am 23. Mai 2012 – 1 AZB 58/11 eine allgemeine Rückwirkung der Tarifunfähigkeit angenommen habe, sei diese Entscheidung nicht in einem Statusfeststellungsverfahren ergangen und erwachse deswegen nicht in Rechtskraft. Es verstoße auch gegen die Garantie des rechtlichen Gehörs, wenn eine erga omnes Wirkung eintrete, ohne dass sie - die Antragstellerin - an dem Verfahren beteiligt worden wäre. Sie – die Antragstellerin – sei bei Abschluss der Haustarifverträge nicht bewusst ein geschäftliches Risiko eingegangen, sondern habe von einer rechtlich zugelassenen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Die Antragsgegnerin habe selbst eine Verbeitragung auf der Grundlage der CGZP-Tariflöhne vorbehaltlos akzeptiert. Diese gefestigte langjährige Verwaltungspraxis schaffe entsprechend dem Rechtsgedanken des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO ein rechtlich erhebliches Vertrauen. Vertrauensschutz sei auch angesichts der erfolgten Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu gewähren. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, dass bei einer erst durch eine Änderung der Rechtsprechung neu eintretenden Beitragspflicht von Arbeitnehmerbezügen keine Rückwirkung zu Lasten des Arbeitgebers erfolge (Hinweis auf BSG, Urt. v. 18. November 1980 – 12 RK 59/79 – NJW 1983, 1695). Da der Gesetzgeber die Tariffähigkeit von Spitzenorganisationen nicht selbst geregelt habe, komme die Entscheidung des BAG einem Normenneuerlass gleich. Zu kurz greife die Ansicht, es liege keine Änderung der Rechtsprechung vor, weil weder das BAG noch die Instanzgerichte bisher die Tariffähigkeit der CGZP bestätigt hätten. Das BAG habe in seiner Entscheidung die bisher für die Tariffähigkeit geltenden Kriterien verschärft, indem die Tarifzuständigkeit nunmehr erstmals auch Tatbestandsmerkmal der Tariffähigkeit werde, die Festlegung des Organisationsbereichs der Spitzenverbände an die Organisationsbereiche der Mitgliedsverbände gebunden werde und die Spitzenverbände der Arbeitnehmer anderen Anforderungen als die Spitzenverbände der Arbeitgeber unterworfen würden. Zutreffend habe das LG Düsseldorf in seinem Urteil vom 15. Oktober 2013 – 7 O 6/12- ausgeführt, dass der Streit über die Tariffähigkeit der CGZP im Jahre 2006 eher als akademischer Streit anzusehen gewesen sei. In Abwendung von der bisherigen Rechtslage habe das BAG erstmals in seiner CGZP-Entscheidung verlangt, dass die Mitgliedsgewerkschaften ihre Tarifzuständigkeit vollständig auf die Spitzenorganisation übertragen. Auch folge aus der Tarifunfähigkeit der CGZP als Spitzenorganisation nicht zwingend die Unwirksamkeit der abgeschlossenen Tarifverträge. Die CGZP sei nämlich auch als Vertreterin ihrer Mitglieder aufgetreten. Jedenfalls als Tarifgemeinschaft habe sie Verträge schließen dürfen. Die CGZP habe sich ohnehin erst ab ihrer Satzungsänderung vom 5. Dezember 2005 als Spitzenorganisation aufgestellt. Die vorher abgeschlossenen Tarifverträge hätten deswegen gemäß § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz Nachwirkung. Selbst bei Unwirksamkeit der Tarifverträge würden nicht zwingend Equal-Pay-Ansprüche entstehen. Die Vergütungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern seien vielmehr weiter wirksam. Maßgebend seien die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Es sei auf einen tatsächlich vorhandenen Arbeitnehmer abzustellen, nicht auf einen nur hypothetischen. Eine tatsächliche Ungleichbehandlung habe aber mangels vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleiherbetriebs niemals bestanden. Soweit das Europäische Recht einen anderen Ansatz habe und den Vergleich mit einem hypothetischen Arbeitnehmer zulasse, habe der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit noch nicht umgesetzt. Die Umsetzungsfrist habe aber erst zum 5. Dezember 2011 und damit zwei Jahre nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums geendet. Vor Ablauf der Frist gebe es keine Möglichkeit zu einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Rechts. Gleichwohl habe die Antragsgegnerin Beitragsnachforderungen auch für Leiharbeitnehmer festgesetzt, in deren Entleihbetrieb keine Stammarbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Im Übrigen sei für das Entstehen eines Equal-Pay-Anspruchs und damit auch für die Beitragsforderung ein Leistungsverlangen des betroffenen Arbeitnehmers erforderlich. Daran fehle es aber weit überwiegend. Auch die Schätzung der Lohnsumme sei unzulässig. Die Schätzungsbefugnis setze eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers voraus. Die Antragstellerin sei aber nur zur Meldung nach dem jeweils aktuellen Kenntnisstand verpflichtet gewesen. Die Antragsgegnerin habe auch nicht im zumutbaren Umfang eigene Ermittlungen geführt. Das Sozialrecht enthalte auch keine umfassende Korrekturpflicht bereits erstellter Meldungen. Die von der Antragsgegnerin geforderte Korrekturmeldung sei tatsächlich eine Neumeldung. Die Antragsgegnerin trage aber die Prüf- und Durchsetzungslast für die Beitragsansprüche. Für eine Nachermittlungspflicht des Arbeitgebers fehle die gesetzliche Grundlage. Weiter dürfe die Antragsgegnerin überhaupt nur die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen. Nicht Gegenstand einer Schätzung könne dagegen die Höhe des Vergleichslohns und die Frage sein, ob überhaupt vergleichbare Arbeitnehmer vorhanden seien. Zudem sei die Schätzung nicht auf sachliche und nachvollziehbare Erwägungen gestützt. Evident falsch sei die Annahme eines für alle Leiharbeitsverhältnisse stets einheitlichen Lohnabstandes von 24 bzw. 27 Prozent. Es liege auf der Hand, dass es nicht den Anforderungen an eine sorgfältige Schätzung entspreche, wenn ohne Rücksicht auf die Art der Tätigkeit, die Größe des Entleiherbetriebs, seine Branchenzugehörigkeit und örtliche Belegenheit pauschal gemutmaßt werde, dass ein Vergleichslohn stets 24 Prozent oder 27 Prozent über dem tariflich vereinbarten oder gezahlten Entgelt liege. Die Antragsgegnerin habe den Aussagegehalt der Studie des IAB nicht bewertet und keine Rückschlüsse auf die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalles gezogen. Die Antragsgegnerin begründe in anderen Verfahren ganz unterschiedliche Prozentsätze aus der IAB-Studie, die zum Teil erheblich unter den hier angesetzten 24 und 27 Prozent lägen, was die Willkür deutlich mache. Für andere Verleiher der Neptun-Gruppe sei die Antragsgegnerin von einer Lohndifferenz von weniger als 1,5 Prozent ausgegangen. Auch fehle der als Grundlage der Schätzung herangezogenen Studie des IAB deswegen die Beweiseignung, weil das IAB eine Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit sei, die ein eigenes Interesse an den nicht unerheblichen Beitragsnachforderungen habe. Die Antragsgegnerin nehme keinen Gesamtvergütungsvergleich vor, ihre Berechnungen führten zu einer systematischen Besserstellung der Leiharbeitnehmer. Außerdem seien die Ansprüche der Sozialversicherungsträger bis 2008 nach Ablauf der regelmäßigen vierjährigen Verjährungsfrist am 31. Dezember 2012 verjährt gewesen. Ohne hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte unterstelle die Antragsgegnerin ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge. Gegen Vorsatz spreche schon, dass bis heute noch nicht geklärt sei, ob die Beitragsnachforderungen zu Recht erhoben würden. Weiter seien die bestandskräftigen Prüfungsbescheide der Antragsgegnerin vom 20. und 28. Oktober 2010 unberücksichtigt geblieben. Sie hätten für die streitigen Zeiträume keine Beitragsnachforderungen festgesetzt und seien daher als begünstigende Verwaltungsakte anzusehen, welche die Antragsgegnerin binden würden. Eine Rücknahme dieser Bescheide sei nicht erfolgt. Auch ein auf eine vorläufige oder begrenzte Regelung deutender Vorbehalt sei in diesen Bescheiden nirgends ersichtlich geworden. Ferner liege eine unbillige Härte vor, da jedenfalls Liquiditätsverlust, Verwaltungsaufwand und ein Ausfall bei der Beitragsrückforderung drohe. Das öffentliche Interesse an der Vollziehung eines Bescheides, dessen Rechtmäßigkeit höchst fraglich sei, müsse dahinter zurücktreten. Hinsichtlich der Aussetzung liege ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor. Die Antragsgegnerin ignoriere, dass sie früher selbst von der Zulässigkeit einer Veranlagung nach den CGZP-Tarifverträgen ausgegangen sei. Das Gericht habe bei der Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Es komme nicht allein darauf an, ob ohne die Aussetzung der Vollziehung existenzielle Nachteile drohen würden. Die Aussetzung der Meldeauflage beseitige nicht die übrigen mit der sofortigen Vollziehung verbundenen Nachteile. Die bisherige Rechtsprechung zu dem durch die Ergebnisse von Betriebsprüfungen vermittelten Vertrauensschutz dürfe nicht auf die vorliegende Situation übertragen werden. Die Antragsgegnerin habe in ihren bisherigen Betriebsprüfungen zum Ausdruck gebracht, dass sie die langjährige Veranlagung der Arbeitnehmer auf Basis der CGZP-Tariflöhne gebilligt habe. Daran müsse sie sich festhalten lassen. Es sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Antragsgegnerin die Ergebnisse der IAB-Studie von 22 auf 24 bzw. 27 Prozent erhöht habe. Die Studie sei auch nicht geeignet, das Lohnniveau in einem konkreten Entleiherbetrieb zu ermitteln. Auch sei offenkundig falsch, die Höhe der Vergleichslöhne im Entleiherbetrieb davon abhängig zu machen, ob sie – die Antragstellerin – den entsandten Arbeitnehmer tariflich oder übertariflich vergüte. Dies habe mit den tatsächlichen Verhältnissen im Entleiherbetrieb nichts zu tun, sondern diene nur der Beitragsmaximierung. Die Antragsgegnerin sei nicht in der Lage, ihre Schätzmethode nachvollziehbar zu erläutern. Die sich aus der IAB-Studie ergebenden Daten seien „ins Blaue hinein“ erhöht worden. Weder seien die von ihr – der Antragstellerin - verwandten Tarife stets die niedrigsten der Branche gewesen, noch seien ihre Arbeitnehmer regelmäßig in Großbetrieben eingesetzt worden, in denen nach der Vermutung der Antragsgegnerin höhere Löhne gezahlt würden. Vor allem die Differenzierung zwischen der 24 und 27 Prozent Methode zeige, dass die Antragsgegnerin nicht um eine möglichst genaue Ermittlung der Beitragslast bemüht sei. Sie lege ihrer Schätzung zudem falsche Tariflöhne zugrunde. Das führe dazu, dass sie Lohnabstände von bis zu einem Drittel, durchschnittlich rund 30,5 Prozent berechnet habe. Aus der Tarifunfähigkeit der CGZP ergebe sich nicht, dass Equal-Pay-Ansprüche für die nach diesen Tarifen vergüteten Leiharbeitnehmer entstehen. Es komme auf eine Schlechterstellung an, die in keinem Fall konkret dargelegt worden sei. Zu Unrecht nehme die Antragsgegnerin einen stundenlohnbezogenen Vergleich vor, wo richtig ein auf die Gesamtheit der im Entleihzeitraum bezogenen Entgelte abstellender Vergleich wäre. Damit setze sich die Antragsgegnerin mit den Vorgaben des BAG in Widerspruch. Sie – die Antragstellerin – habe ihre Aufzeichnungspflicht nicht verletzt. Der Inhalt der Verpflichtung zur Aufzeichnung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts sei nach dem Stand der Kenntnisse zum Aufzeichnungszeitpunkt auszurichten. Die Rechtsprechung des BAG könne nicht rückwirkend den Inhalt der Aufzeichnungspflicht ändern. Jedenfalls müsse der unverschuldeten Unkenntnis im Rahmen des Vertrauensschutzes und der Verjährung Rechnung getragen werden. Den Nachforderungen stünde auch die Rechtskraft früherer Beitragsbescheide aus den Betriebsprüfungen entgegen.

Die Antragstellerin beantragt (nach dem Sinn ihres Vorbringens),

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2014 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie - die Antragsgegnerin – sei bereit, die Abgabe der Meldungen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auszusetzen. Die Rechtsausführungen der Antragstellerin seien teilweise durch die Rechtsprechung des BAG überholt. Bei dem gewählten Verfahren der Schätzung würden die tariflichen Entgelte pauschal um 27 Prozent erhöht und dann die übertariflichen Leistungen angerechnet. Daraus könne sich für jeden Arbeitnehmer ein unterschiedlicher Abstand zum geschätzten Equal Pay ergeben. Es sei davon auszugehen, dass bereits seit dem Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 bedingter Vorsatz bei den in der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Arbeitgebern eingetreten sei, welche die CGZP-Tarifverträge anwandten. Die Möglichkeit einer Rückwirkung sei spätestens ab dem Zugang des Schreibens der Rentenversicherungsträger vom 23. Dezember 2010 erkennbar gewesen. Aus der Studie des IAB vom 14. April 2011 ergebe sich, dass die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Leiharbeitnehmern und Stammarbeitnehmern in den Entleihbetrieben 22 Prozent betrage. Da die Studie auch Leiharbeitnehmer mit anderen Tarifverträgen als die der CGZP und die Stammarbeitnehmer der Entleiher erfasse, sei davon auszugehen, dass die Lohndifferenz zwischen der Stammbelegschaft der Entleiher und den nach den Tarifen der CGZP tatsächlich höher als 22 Prozent sei. Deswegen sei ein Prozentsatz von 24 Prozent zugrunde gelegt worden. Seien Arbeitsentgelte oberhalb der CGZP-Tariflöhne gezahlt worden, sei eine Erhöhung um 27 Prozent erfolgt. Dadurch solle sicher gestellt werden, dass die übertariflichen Leistungen auf die Entgeltdifferenzen angerechnet werden und dem Umstand Rechnung getragen werden, dass auch die Zahlung von beitragsfreien Arbeitsentgeltbestandteilen zu einer Überschreitung der CGZP-Tariflöhne führe. Der ermittelte erhöhte Betrag sei um das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt vermindert worden. Um den so ermittelten Prozentsatz seien die tatsächlich gezahlten Löhne der Leiharbeitnehmer erhöht worden. Die Entgeltunterlagen seien zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung unvollständig bzw. fehlerhaft gewesen, da tatsächlich höhere Lohnansprüche bestanden hätten. Entscheidend für die Zulässigkeit einer Schätzung sei die objektive Fehlerhaftigkeit der Entgeltunterlagen. Die von der Antragstellerin vorgetragenen methodischen Fehler könne sie – die Antragsgegnerin – nicht nachvollziehen. Die Antragstellerin verkenne die Systematik der vorgenommenen Schätzung. Der bedingte Vorsatz der Antragstellerin ergebe sich daraus, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits seit langem umstritten war und davon auszugehen sei, dass sich die Verwender der Tarifverträge der Problematik bewusst waren. Vor dem Hintergrund der bestehenden gesetzlichen Wertung sei es konsequent, wenn dem Arbeitgeber das Risiko der Verwendung eines Tarifvertrages auferlegt werde. Die Entscheidung des BAG vom 14. Dezember 2010 habe eine erhebliche Öffentlichkeitswirkung gehabt. Deswegen sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin die durch die Entscheidung des BAG bedingte höhere Beitragspflicht auch für die Vergangenheit für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen habe. Auch wenn die Antragstellerin nicht Adressat des Schreibens der DRV-Bund vom 23. Dezember 2010 gewesen sei, müsse sie sich vorhalten lassen, sich einer Abrechnungsstelle bedient zu haben, der in vergleichbaren Fällen das Schreiben zur Kenntnis gegeben worden sei.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Der Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2014 hat nur zum Teil Erfolg.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2014 hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, weil in dem Bescheid Beiträge nachgefordert werden. Anzuordnen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in den Fällen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG jedenfalls dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (Vgl. etwa Beschluss des LSG Schleswig-Holstein v. 25. Juni 2012 – L 5 KR 81/12 B ER – juris Rn 14). Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG. Im Übrigen gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich vor, nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist. Hat der Gesetzgeber aber – wie es § 86b Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG voraussetzt – an anderer Stelle bereits grundsätzlich die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG eine Ausnahme. Zumindest in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Hier gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn 12f mit weit. Nachw.). Bei Beachtung dieser Maßstäbe kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier nur eingeschränkt Erfolg haben. Das gilt insbesondere deswegen, weil der Prüfungsmaßstab hier dadurch geprägt wird, dass die Antragstellerin keine schwere und unwiederbringlich bleibende Belastung für den Fall glaubhaft gemacht hat, dass die Beitragsnachforderung bis zu dem rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchs- und anschließenden Klageverfahrens einstweilen wirksam bleibt. Das von der Antragsgegnerin geforderte entsprechende Testat eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers hat sie nicht vorgelegt. Die Antragstellerin hat auch sonst nicht nachvollziehbar vorgetragen geschweige denn glaubhaft gemacht, dass ihr wirtschaftliches Überleben davon abhängt, dass die Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin nicht durchgesetzt wird.

Der Senat geht mit dem Sozialgericht davon aus, dass es überwiegend wahrscheinlich erscheint, dass die von der Antragsgegnerin nachgeforderten Beiträge dem Grunde nach mit Recht erhoben werden. Er nimmt insoweit gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Bezug auf den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts. Die bestehen bleibenden Restzweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise der Antragsgegnerin können nach dem gerade Ausgeführten nicht im Wege einer Güterabwägung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs rechtfertigen. Lediglich soweit die Antragsgegnerin auch Beiträge für die Zeit von Dezember 2005 bis Dezember 2006 nachfordert, ist der mit dem Widerspruch angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin nach Auffassung des Senats wegen bereits eingetretener Verjährung offensichtlich rechtswidrig, so dass insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen war.

Zur Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung dem Grunde nach sieht der Senat im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen Veranlassung, auf das Folgende noch ausdrücklich hinzuweisen: Der Senat sieht zunächst keinen Grund, der es rechtfertigen würde, der Antragstellerin den von ihr geforderten Vertrauensschutz zuzusprechen. Die Entscheidungen des BAG zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP ändern keine vorher bereits bestanden habende feststehende höchstrichterliche Rechtsprechung. Darauf hat das BAG selbst hingewiesen (BAG, Urt. v. 28. Mai 2014 – 5 AZR 422/12 – juris Rn 19). Dem erkennenden Senat erscheint diese Auffassung schon deshalb überzeugend, weil auch die Antragstellerin bisher keine Entscheidung des BAG vorlegen konnte, in der die Tariffähigkeit des CGZP ausdrücklich bestätigt worden ist. Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass das BAG bei seinen Entscheidungen zur CGZP neue Rechtssätze aufgestellt habe, übersieht sie, dass die Weiterentwicklung des Rechts seit jeher Aufgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen ist. Von daher kann es bereits im Ansatz kein schützenswertes Vertrauen darauf geben, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG keine neuentwickelten rechtlichen Gesichtspunkte oder dogmatischen Kriterien an einen ihr zur Entscheidung vorliegenden neuen Sachverhalt heranträgt und anwendet.

Fehl geht auch der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass die Antragsgegnerin in den von ihr durchgeführten Betriebsprüfungen bereits Gelegenheit gehabt habe, die Unwirksamkeit der Tarifverträge festzustellen, und nun nicht im Nachhinein mehr Wissen von anderen einfordern dürfe, als sie selbst damals gehabt habe. Die Antragstellerin verkennt insoweit die Funktionen des Beitragsabzugsverfahrens und die einer Betriebsprüfung. Der Arbeitgeber hat die Beiträge nach §§ 28d ff Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in eigener Verantwortung zu berechnen und abzuführen (Werner in jurisPK SGB IV, 2. Aufl., § 28e Rn 25). Für Zweifelsfälle steht ihm nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV die Möglichkeit zur Verfügung, eine Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen. Eine im Verfahren nach § 28h SGB IV ergangene Entscheidung der Einzugsstelle erwächst in Bindungswirkung und stünde daher auch weiteren Beitragsnachforderungen entgegen. Unterlässt der Arbeitgeber aber, eine solche Entscheidung herbeizuführen, nimmt er damit das Risiko in Kauf, dass eine sich im Nachhinein als falsch herausstellende Einschätzung von den Trägern der Sozialversicherung nachträglich noch korrigiert werden kann.

Auch die bereits für die Zeiträume 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2009 bis erteilten Betriebsprüfungsbescheide vom 20. Oktober 2010 und 28. Oktober 2010 sind keine Grundlage für ein schützenswertes Vertrauen der Antragstellerin darauf, dass gegen sie keine weiteren Beitragsforderungen mehr erhoben werden. Der Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass eine Betriebsprüfung die Beitragsentrichtung sicherstellen soll, aber nicht die Funktion hat, einem Arbeitgeber für die Prüfzeiträume eine „Entlastung“ zu erteilen (Urteil vom 20. September 2013 – L 1 KR 126/11). Soweit insbesondere das LSG Bayern schon weitergehende Wirkungen einer Betriebsprüfung angenommen hat (vgl. etwa LSG Bayern, Urt. v. 8. Oktober 2013 – L 5 R 554/13), widerspricht dies der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 18. Dezember 2013 – B 12 R 2/11 R – juris Rn 36). Vertrauensschutz auf der Grundlage von unterbliebenen Nachforderungen kann sich nur ergeben, wenn eine bestimmte Frage ausdrücklicher Gegenstand einer Betriebsprüfung war oder von dem zu prüfenden Betrieb zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden sollte. Vorliegend gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tariffähigkeit der CGZP oder die Frage eines Equal-Pay-Anspruchs schon vorher Gegenstand einer Betriebsprüfung war oder von der Antragstellerin ausdrücklich zur Überprüfung gestellt wurde.

Die Schätzungsbefugnis der Antragsgegnerin ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin falsche Lohnaufzeichnungen geführt hat. Sie hat die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge als Maßstab genommen, obwohl diesen keine rechtliche Wirkung zukam. Dementsprechend war auf die Entlohnung abzustellen, die von einem Stammarbeitnehmer des Entleihbetriebs erzielt worden wäre (BAG, Urt. v. 23. März 2013 – 5 AZR 146/12 – juris Rn 14-16). Unerheblich für das Entstehen der Beitragsansprüche ist, ob der Lohnanspruch von den betroffenen Arbeitnehmern selbst durchgesetzt wird (Segebrecht in jurisPK SGB IV, 2. Aufl., § 22 Rn 47). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin setzt der Equal-Pay-Anspruch nicht voraus, dass tatsächlich ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer in dem Entleihbetrieb eingesetzt worden war. Aus der Rechtsprechung des BAG ergibt sich, dass gegebenenfalls auf die Entlohnung abzustellen ist, die einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gezahlt worden wäre (BAG, Urt. v. 19. Februar 2014 – 5 AZR 1046/12 – juris Rn 33). Nach der Rechtsauffassung des Senats, der sich insoweit in Übereinstimmung mit der Haltung anderer Landessozialgerichte sieht (vgl etwa Sächsisches LSG Beschluss v. 22. März 2013 – L 1 KR 14/13 B ER – juris Rn 24), kommt es für die Schätzungsbefugnis nicht darauf an, ob die Antragstellerin zur Zeit der Beschäftigung schon wusste, dass die von ihr getätigten Lohnaufzeichnungen falsch waren. Der gegenteiligen Auffassung (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 5. März 2013 – L 4 R 4381/12 ER-B- juris Rn 25) vermag der Senat nicht zu folgen. Im Gesetz ist keine Formulierung enthalten, welche auf das Erfordernis einer vorsätzlichen Nichterfüllung der Aufzeichnungspflicht hindeuten würde. Der Wortlaut des § 28f Abs. 2 SGB IV spricht eher dafür, dass es allein auf die objektive Unrichtigkeit ankommt. Für die objektive Rechtslage ist unerheblich, zu welchem Zeitpunkt das BAG die fehlende Tariffähigkeit der CGZP festgestellt hat, da diese Entscheidung nicht rechtgestaltend ist sondern lediglich eine bereits bestehende Rechtslage feststellt.

Die Kritik der Antragstellerin an dem von der Antragsgegnerin gewählten Schätzungsmaßstab verkennt, dass es nicht Aufgabe einer Schätzung sein kann, den tatsächlich bestehenden Arbeitsentgeltanspruch möglichst genau festzusetzen. Eine Schätzung muss nur auf nachvollziehbaren Grundlagen beruhen und darf nicht völlig willkürlich erfolgen (Werner in jurisPK SGB IV, 2. Aufl., § 28f Rn 66). Deswegen kann es für die Rechtmäßigkeit der Schätzung nicht darauf ankommen, welche Maßstäbe das BAG für den Erfolg einer gegen den Arbeitgeber gerichtete Klage eines Leiharbeiters auf Zahlung der Lohndifferenz aufgestellt hat. Inhalt einer Schätzung ist vielmehr, vergröbernd von den Umständen des Einzelfalles abzusehen und auf allgemeine Maßstäbe Bezug zu nehmen. Der Senat hält die von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Studie des IAB für genügend aussagekräftig, um Grundlage für die Annahme zu sein, dass die im streitigen Zeitraum an Leiharbeiter gezahlten Löhne im Allgemeinen niedriger waren als die an die Stammarbeitnehmer der Entleihbetriebe gezahlten Entlohnungen. Eine mangelnde Eignung der IAB-Untersuchung als Grundlage einer Schätzung wegen der materiellen Betroffenheit der Bundesagentur für Arbeit (BA) in dem vorliegenden Streitverfahren sieht der Senat nicht. Aufgabe des IAB ist nach § 282 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Forschung, woraus sich ergibt, dass das IAB auf die Einhaltung wissenschaftlicher Standards verpflichtet ist. Zudem ist die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Studie des IAB nicht zur Verwendung in einem Rechtsstreit der hier vorliegenden Art erstellt worden. Von daher erscheint dem Senat die Annahme fernliegend, dass das IAB die Ergebnisse der Studie verfälscht haben könnte, um die Beitragseinnahmen der BA zu maximieren. Die Antragstellerin hat auch nichts dafür vorgetragen, dass die Ergebnisse der IAB in der Sache offensichtlich fehlerhaft seien.

Die von der Antragsgegnerin bei der Berechnung der beitragspflichtigen Entgelte zugrunde gelegten Aufschläge von 24 bzw. 27 Prozent zum CGZP-Tariflohn halten sich beide in etwa in dem Bereich der Feststellungen des IAB. Mehr als ein Anhaltspunkt für eine Schätzung vermag die Studie des IAB ohnehin nicht zu liefern, da sie sich weder hinsichtlich des Zeitraums noch hinsichtlich der ihrer Untersuchung zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisse auf genau die Sachverhalte bezieht, die vorliegend im Streit sind. Unerheblich ist, dass die Binnensystematik der von der Antragsgegnerin gewählten Prozentsätze auch nach Auffassung des Senats bisher nicht nachvollziehbar dargestellt worden ist. Insoweit handelt es sich nämlich nur um eine Differenz von drei Prozentpunkten, die nicht die offensichtliche Rechtswidrigkeit der gesamten Beitragsnachforderung begründen kann und deren Aufklärung damit einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Gegen die Angemessenheit der Schätzung kann auch nicht eingewandt werden, dass sie in Einzelfällen zu ganz unterschiedlichen Prozentsätzen geführt hat, um die der von dem Entleiher bereits gezahlte Arbeitslohn zu erhöhen war. Dies ist nach Darstellung der Antragsgegnerin Folge davon, dass ein Abgleich der durch Schätzung ermittelten Equal-Pay-Ansprüche mit den tatsächlich gezahlten Arbeitslöhnen vorgenommen wird. Insoweit ist die Antragsgegnerin bemüht, den im Einzelnen bestanden habenden tatsächlichen Verhältnissen möglichst gerecht zu werden, was ihr nicht als fehlerhafte Schätzung vorgehalten werden kann. In diesem weiteren auf die tatsächlichen Arbeitsverhältnisse abstellenden Schritt verlässt sie den Bereich der Schätzung nämlich wieder. Die Schätzung bleibt Grundlage der festgestellten Lohnforderungen, ihre Ergebnisse werden aber nach den Verhältnissen im Einzelfall modifiziert. Im Übrigen hat es die Antragstellerin nach wie vor in der Hand, mit der Antragsgegnerin zusammen zu arbeiten und ihr genauere Grundlagen für die vorzunehmenden Berechnungen zu liefern. Gemäß § 28f Abs. 2 Satz 4 SGB IV sind Schätzungen nämlich auch im Nachhinein zu korrigieren, wenn das tatsächliche Arbeitsentgelt später festgestellt werden kann. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Schätzung ist indessen nicht deswegen rechtswidrig, weil sie im Einzelfall zu einem von dem tatsächlichen Anspruch auf Arbeitslohn abweichenden Ergebnis führt.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit dem Bescheid vom 10. Februar 2014 erhobenen Beitragsnachforderung bestehen nach Auffassung des Senats indessen insoweit, als die Antragsgegnerin Beiträge für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2006 nachfordert. Nach Auffassung des Senats spricht nämlich entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts zurzeit alles dafür, dass die Beitragsforderungen für diesen Zeitraum jedenfalls verjährt sind.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgerichtsbuch (SGB IV) verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Fälligkeit bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig werden, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wird. Danach wären die Beiträge für eine Beschäftigung in dem Zeitraum von Dezember 2005 bis Dezember 2009 mit Ablauf des 31. Dezember 2013 und damit noch vor Erlass des mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheides vom 10. Februar 2014 verjährt gewesen.

Allerdings ist nach § 25 Abs. 2 SGB IV die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber. Vorliegend hat die Betriebsprüfung, welche zu dem mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheid geführt hat, bei der Antragstellerin am 12. September 2013 begonnen. Demnach ist die regelmäßige Verjährung für die im Jahre 2009 fällig gewordenen Beiträge bereits durch die Betriebsprüfung unterbrochen worden.

Für die Beschäftigungszeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2008 ergibt sich eine (weitere) Ausnahme von dem Eintritt der regelmäßigen Verjährung nach der Vorschrift des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Dort ist bestimmt, dass eine Verjährungsfrist von dreißig Jahren gilt, wenn Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sind. Für die Annahme eines vorsätzlichen Vorenthaltens reicht bedingter Vorsatz aus, der auch nicht bereits bei Fälligkeit der Beiträge vorhanden gewesen sein muss. Ausreichend für den Eintritt der langen Verjährungsfrist ist vielmehr, dass der Beitragsschuldner während des Ablaufs der regelmäßigen Verjährungsfrist bösgläubig geworden ist (BSG, Urt. v. 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R). Bedingter Vorsatz im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen liegt vor, wenn der Arbeitgeber trotz Kenntnis der Möglichkeit der Beitragspflicht die Beitragszahlung unterlässt und er dadurch die Nichtabführung von geschuldeten Beiträgen billigend in Kauf nimmt (BSG, Urt. v. 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R – juris Rn. 23-25).

Der Senat hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin im Verlaufe des Jahres 2011 bedingten Vorsatz mit Bezug auf das Zurückhalten von Beiträgen entwickelte. Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Arbeitgeber trotz Kenntnis der Möglichkeit der Beitragspflicht die Beitragszahlung unterlässt und dadurch die Nichtabführung von Beiträgen billigend in Kauf nimmt (Urteil des erkennenden Senats vom 20. September 2013 – L 1 KR 126/11). Der Senat hält insoweit an seiner Rechtsprechung fest, dass der innere Tatbestand des Vorsatzes bezogen auf die konkreten Verhältnisse und den konkreten Beitragsschuldner festgestellt werden muss (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 18. Februar 2014 – L 1 KR 361/13 B ER, Urteil vom 20. September 2013- L 1 KR 126/11 und Beschluss v. 13. November 2012 – L 1 KR 350/12 B ER – juris Rn 12). Für die Kenntnis der Möglichkeit, dass für Beschäftigungszeiträume ab dem 1. Dezember 2005 noch höhere Löhne beitragspflichtig werden konnten, reicht allein die Veröffentlichung der Entscheidung des BAG zur mangelnden Tariffähigkeit der CGZP vom 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 - nicht aus. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, inwieweit sich aus der Veröffentlichung der Nachweis ergeben soll, dass die zur Vertretung berechtigten Organe der Antragstellerin von der Entscheidung auch tatsächlich Kenntnis genommen haben, hat das BAG in dieser Entscheidung das Fehlen der Tariffähigkeit auch nur gegenwartsbezogen festgestellt. Demnach kann schon nicht ausgeschlossen werden, dass die vertretungsberechtigten Organe der Antragstellerin schlicht unterlassen haben, sich noch während des Jahres 2010 über rechtliche Entwicklungen mit Bedeutung für die Zeitarbeitsbranche auf dem Laufenden zu halten. Möglich ist auch, dass sie die Entscheidung des BAG zwar zur Kenntnis nahmen, aber sich die daraus für bereits vergangene Beschäftigungszeiten ergebenden Möglichkeiten nicht zeitnah hinreichend vergegenwärtigten. Beides würde zwar unter Umständen den Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit begründen können, nicht aber den eines noch im Verlaufe des Jahres 2010 eingetretenen bedingten Vorsatzes. Daran ändert auch das Schreiben nichts, das von der Antragsgegnerin mit Datum vom 23. Dezember 2010 zu den sozialrechtlichen Auswirkungen der Tarifunfähigkeit der CGZP erstellt und versandt worden war. Es ist schon nicht geklärt, wann dieses Schreiben der Antragstellerin zugegangen ist. Darüber hinaus enthält es auch nur einen Hinweis darauf, dass sich infolge der Entscheidung des BAG vom 14. Dezember 2010 auch die Möglichkeit einer Rückwirkung ergeben könnte, die gegenwärtig von der Rentenversicherung noch geprüft werde. Schon weil zu dem damaligen Zeitpunkt die schriftlichen Entscheidungsgründe des BAG noch nicht vorgelegen haben, kann es höchstens als fahrlässig angesehen werden, wenn die vertretungsberechtigten Organe der Antragstellerin auch in Kenntnis des Schreibens vom 14. Dezember 2010 zunächst davon ausging, dass die mit Bezug zur Gegenwart ergangene Entscheidung des BAG keine Folgen für die Vergangenheit haben würde. Die Annahme eines bedingten Vorsatzes schon im Jahre 2010 hat demnach keine ausreichend tragfähige Grundlage.

Dies ändert sich indessen im Verlaufe des Jahres 2011. Nachdem die Antragstellerin mit Schreiben ihrer jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 26. April 2011 an die Antragsgegnerin herangetreten war, kam es zu Gesprächen über die Umsetzung der BAG-Entscheidung vom 14. Dezember 2010, in denen (u.a.) die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin deutlich wurde, dass in Folge der Entscheidung des BAG wegen des Equal-Pay-Grundsatzes umfangreiche Beitragsnachforderungen für die Vergangenheit gegen die Antragstellerin und andere Verleihunternehmen geltend gemacht werden müssten. Die Antragstellerin mag zwar auch im Jahre 2011 den Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin für falsch gehalten und auf einen ihr günstigen Ausgang von gegen die Nachforderungen betriebenen Rechtsschutzverfahren gehofft haben. Gleichwohl hat sie ernsthaft in Betracht gezogen, dass die Antragsgegnerin Beitragsnachforderungen erheben und diese sich im Ergebnis auch als durchsetzbar erweisen würden. Anderenfalls wäre nicht zu erklären, warum sie überhaupt die Gespräche mit der Antragsgegnerin zur Regelung der Angelegenheit aufgenommen hatte. Der Antragstellerin stand im Jahre 2011 vor Augen, dass sich eine Verpflichtung zur Nachentrichtung von Beiträgen ergeben konnte. Einen durchschlagenden Grund für die sichere Annahme, dass dies nicht eintreten würde, gab es nicht mehr. Wenn die Antragstellerin unter diesen Voraussetzungen auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung in einem gerichtlichen Verfahren baute, hat sie es darauf ankommen lassen, ob sich ihr Rechtsstandpunkt als richtig herausstellen würde. Die Zahlung von Beiträgen unterblieb daher auch für den Fall, dass die von der Antragsgegnerin angenommene Beitragspflicht im Nachhinein bestätigt werden würde. Die Antragstellerin handelte damit ab dem Jahre 2011 bedingt vorsätzlich.

Nach alledem konnte die Beschwerde nur zum Teil Erfolg haben und musste im Übrigen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes nach § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in Fällen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG, bei welchen die Erfolgschancen im Hauptsacheverfahren zu prüfen sind, grundsätzlich nur die Hälfte des Hauptsachenstreitwerts anzusetzen.

Die Abänderung der Streitwertfestsetzung für die erste Instanz folgt aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).