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Prozesskostenhilfe - Verpflichtungsklage - Hinzuziehung einer Bevollmächtigten im Vorverfahren - Klagefrist - Telefax - Wiedereinsetzung - Arbeitslosengeld II


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 18. Senat Entscheidungsdatum 18.02.2014
Aktenzeichen L 18 AS 384/14 B PKH ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 67 SGG, § 73a SGG, § 87 SGG

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2013 aufgehoben.

Der Klägerin wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten bewilligt.

Gründe

Die Beschwerde der – bedürftigen - Klägerin ist begründet; die erstinstanzlich erhobene Klage auf Verpflichtung des Beklagten, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober 2012 (Leistungen für die Zeit ab 1. November 2012) für notwendig zu erklären, hat hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -). Der Klägerin ist daher Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung (vgl § 121 Abs. 2 ZPO) ihres Bevollmächtigten zu bewilligen.

Zunächst bedarf es weiterer Ermittlungen des Sozialgerichts (SG) zur Prüfung der Frage, ob die auf den am 7. März 2013 bekannt gegebenen Widerspruchsbescheid vom 4. März 2013 erhobene Klage – wie behauptet – bereits am 3. April 2013 per Telefax bei dem SG eingelegt worden ist, was der Sendebericht des Bevollmächtigten nahelegen könnte. Entsprechende Ermittlungen hat das SG im eigenen Haus augenscheinlich nicht angestellt. Selbst wenn das Telefax das Empfangsgerät des SG aber nicht erreicht haben sollte, käme hier eine Wiedereinsetzung der Klägerin in die Klagefrist in Betracht (vgl § 67 SGG). Diese hat ein entsprechendes Sendeprotokoll an die zutreffende Faxnummer des SG mit dem Vermerk „OK“ vom 3. April 2013 vorgelegt, dh aus ihrer Sicht alles Erforderliche zur Fristwahrung getan.

Die Klage hat auch in der Sache hinreichende Erfolgsaussichten. Die erhobene Verpflichtungsklage ist statthaft (vgl etwa BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 6 KA 19/11 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 18). Ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig ist, kann nicht allein anhand der im Widerspruchsverfahren geltend gemachten existenzsichernden Leistungen beurteilt werden. Insoweit kann sinngemäß zur weiteren Ausfüllung des Merkmals auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zum Merkmal der Erforderlichkeit von Prozesskostenhilfe entwickelt hat (zB BVerfG vom 24. März 2011 - 1 BvR 2493/10 = NZS 2011, 775; BVerfG vom 24. März 2011 - 1 BvR 1737/10 = NJW 2011, 2039). Entscheidender Maßstab ist gerade im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende hiernach nicht das Verhältnis von Streitwert und Kostenrisiko, sondern die Wahrung des Grundsatzes der „Waffengleichheit“. Da dem Widerspruchsführer – wie auch vorliegend der Widerspruchsführerin - regelmäßig rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (vgl BSG, Urteil vom 2. November 2012 – B 4 AS 97/11 R – juris). Die hier vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme einer Ausnahme vom vorstehend dargelegten Grundsatz nicht, zumal die – letztlich zur Abhilfeentscheidung führende - Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 3. Oktober 2012 dem Beklagten bereits bei Erteilung des Ablehnungsbescheides vom 23. Oktober 2012 bekannt war (vgl Schreiben der Klägerin vom 20. September 2012 nebst Anlage). In einer derartigen Situation lag die Einschaltung eines Rechtsanwalts für einen verständigen Betroffenen jedenfalls nahe.

Eine Kostenerstattung erfolgt im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).