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Minderjähriger Flüchtling; Nachzug des Vaters; personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet; Anwendbarkeit des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf Elternteil; Schutz des Elternrechts; Kindeswohl; Wohnraum; Obdachlosenunterkunft; Wohnheim; dringende humanitäre Gründe


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 05.12.2018
Aktenzeichen OVG 3 B 8.18 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2018:1205.3B8.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 6 Abs 2 GG, Art 8 MRK, Art 24 Abs 3 EUGrdRCh, Art 51 Abs 1 S 1 EUGrdRCh, § 2 Abs 4 AufenthG, § 7 Abs 1 S 3 AufenthG, § 22 S 1 AufenthG, § 29 Abs 1 Nr 2 AufenthG, § 36 Abs 1 AufenthG, § 36 Abs 2 S 1 AufenthG, Art 2f EGRL 86/2003, Art 4 Abs 1 EGRL 86/2003, Art 4 Abs 2a EGRL 86/2003, Art 7 Abs 1a EGRL 86/2003, Art 10 Abs 3a EGRL 86/2003, Art 12 Abs 1 EGRL 86/2003

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Februar 2017 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung eines Visums zum Nachzug des Klägers zu seinen im Bundesgebiet lebenden drei minderjährigen Kindern.

Der 1992 geborene Kläger ist somalischer Staatsangehöriger, lebt in der Schweiz mit einem vorläufigen Aufenthaltsstatus und ist mit der Mutter seiner drei Kinder nach religiösem Ritus verheiratet. Der ebenfalls aus Somalia stammenden Mutter wurde in der Bundesrepublik die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Sie verfügt über eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG. Die drei gemeinsamen Kinder wurden 2010, 2013 und 2017 im Bundesgebiet geboren. Der Kläger hat für alle Kinder die Vaterschaft anerkannt. Für das 2013 geborene Kind ist die Vaterschaft durch ein Abstammungsgutachten nachgewiesen. Für das zweite und das jüngste Kind besitzen der Kläger und die Mutter aufgrund ihrer Sorgerechtserklärungen das gemeinsame Sorgerecht; für das älteste Kind übt die Mutter das Sorgerecht allein aus. Den Kindern ist - abgeleitet von der Mutter - jeweils die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Das älteste Kind besitzt eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG, das zweite und das jüngste Kind besitzen jeweils Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Die Mutter und die Kinder wohnen zusammen in M... in einer städtischen Unterkunft für Wohnungslose. Bei ihnen lebt ein weiteres Kind der Mutter, das ebenfalls die somalische Staatsangehörigkeit besitzt und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG innehat. Der Kläger ist nicht der Vater dieses Kindes.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu seinen Kindern durch Bescheid der Botschaft in Bern vom 15. Februar 2016 mit der Begründung ab, mit der Mutter lebe ein personensorgeberechtigter Elternteil der Kinder mit diesen zusammen im Bundesgebiet (§ 36 Abs. 1 AufenthG), der Lebensunterhalt sei nicht gesichert und ein Fall außergewöhnlicher Härte (§ 36 Abs. 2 AufenthG) sei nicht erkennbar.

Mit der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger sein Visumbegehren weiter verfolgt und im Wesentlichen vorgetragen, er selbst, seine Kinder und deren Mutter könnten angesichts der in Somalia herrschenden Verhältnisse auf unabsehbare Zeit nicht dorthin ausreisen. Die Verwehrung des Familiennachzugs stehe mit Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und dem Anliegen der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. EU Nr. L 251/12 vom 3. Oktober 2003) nicht im Einklang. § 36 Abs. 1 AufenthG setze die Vorgaben der Richtlinie nicht ausreichend um. Er besuche seine Kinder in M... – in der Summe – mehrere Monate im Jahr und kümmere sich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten um sie, spiele mit ihnen und stehe der Mutter in allen die Erziehung betreffenden Fragen zur Seite. Die Kinder hingen an ihm und weinten, wenn er in die Schweiz zurück müsse. Er komme zu ihnen, wenn sie beispielsweise krank seien. Die Mutter sei auf seinen Beistand angewiesen. Eine Übersiedlung der Kinder mit ihrer Mutter in die Schweiz komme nicht in Betracht, da er mit der Mutter nicht verheiratet sei und deren weiteres Kind nicht in die Schweiz nachziehen könne. Die Kinder und ihre Mutter könnten ihn in der Schweiz nicht besuchen. Er verfüge nicht über genügend Schlafplätze. Als faktisch Alleinerziehende könne die Mutter nicht für den Lebensunterhalt sorgen.

Die Beklagte hat entgegnet, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Kläger und seinen Kindern eine Vater-Kind-Beziehung tatsächlich gelebt werde. Außerdem könne die Mutter die Kinder betreuen. Der Kläger habe die Möglichkeit, sich bis zu drei Monaten innerhalb eines halben Jahres legal im Bundesgebiet aufzuhalten. Soweit sich der Kläger auf fehlende persönliche Kontaktmöglichkeiten aus finanziellen Gründen berufe, könne er sich in der Schweiz um Arbeit bemühen. Versuche, den Nachzug der Kinder und deren Mutter in die Schweiz zu erreichen, seien nicht unternommen worden.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 6. Februar 2017 verpflichtet, dem Kläger nach § 36 Abs. 2 AufenthG ein Visum zum Familiennachzug zu erteilen. Die Kinder des Klägers seien aufgrund ihres Alters nicht in der Lage, ein eigenständiges Lebens zu führen und bedürften der Pflege auch durch den Kläger, der für sie sorgeberechtigt sei und die Personensorge im Rahmen seiner Möglichkeiten ausübe. Ein Umzug der Kinder und ihrer Mutter in die Schweiz komme nicht in Betracht. Zeitlich begrenzte gegenseitige Besuche dienten nicht dem Kindeswohl. Das der Beklagten zustehende Ermessen sei auf Null reduziert.

Die Beklagte trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung insbesondere vor, dass es hier an einer außergewöhnlichen Härte fehle. § 36 Abs. 2 AufenthG stelle keine Auffangvorschrift für diejenigen Fälle dar, in denen der Nachzug eines Elternteils nicht auf § 36 Abs. 1 AufenthG gestützt werden könne. Die Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder stelle nach Nr. 36.2.2.7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz für sich genommen keinen außergewöhnlichen Härtefall dar. Der Betreuungsbedarf der älteren Kinder des Klägers nehme ab. Besonderer Betreuung bedürfe das 2017 geborene Kind; insoweit treffe die Mutter derselbe Betreuungsaufwand wie andere Alleinerziehende. Zudem bleibe die Möglichkeit wechselseitiger Besuche. Es sei überdies kein ausreichender Wohnraum vorhanden. Der Kläger und die Mutter hätten es in der Hand, durch Heirat Nachzugsmöglichkeiten zu schaffen. Dass sie hierauf verzichteten, sei bei der Gesamtbetrachtung des geltend gemachten Nachzugbegehrens zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Februar 2017 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist insbesondere auf den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und auf den Anspruch von Kindern auf regelmäßige persönliche und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen nach Art. 24 Abs. 3 GR-Charta. Es gehe nicht darum, ob die Mutter die Kinder ausreichend betreuen könne, sondern um das Recht von Kindern und Vätern auf Wahrnehmung der Personensorge auch durch den Vater. Dies sei im Rahmen von § 36 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 22 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Fiskalische Interessen müssten zurückstehen. Gleiches gelte für das Wohnraumerfordernis. Verfehlt sei der Hinweis der Beklagten darauf, dass der Kläger und die Mutter seiner Kinder durch Heirat eine Nachzugsmöglichkeit herbeiführen könnten. Es gebe kein Eheschließungsgebot. Nichteheliche Kinder dürften rechtlich nicht schlechter gestellt werden als eheliche Kinder.

Die Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat Beweis erhoben zum Umgang des Klägers mit seinen im Bundesgebiet lebenden Kindern durch Vernehmung der Mutter als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die von der Beklagten und der Beigeladenen beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Der versagende Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2016 ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu seinen drei Kindern noch auf Neubescheidung seines Visumantrags, § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Klagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, zu dem das erstrebte Visum zählt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2015 – 1 C 21/14 – juris Rn. 12). Dies gilt auch dann, wenn die in Betracht kommende Anspruchsnorm der Behörde Ermessen eröffnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 – juris Rn. 7, 10). Der Entscheidung des Senats sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1147), zugrunde zu legen. Das Aufenthaltsgesetz ist anwendbar, nicht das Freizügigkeitsgesetz/EU. Der Kläger und seine drei in M... wohnenden Kinder besitzen ausschließlich die somalische Staatsangehörigkeit und sind keine Unionsbürger (§ 1 FreizügG/EU).

Der Kläger unterliegt als somalischer Staatsangehöriger nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 539/2001 und deren Anhang I der Visumpflicht und bedarf für den von ihm angestrebten Daueraufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG eines vor der Einreise einzuholenden (nationalen) Visums.

Ein Erteilungsanspruch ergibt sich für den Kläger nicht aus § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 AufenthG. Zwar sind seine drei Kinder minderjährig und verfügen über in § 36 Abs. 1 AufenthG genannte Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG), doch hält sich mit der Mutter der Kinder ein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet auf. Sie hat – entweder allein oder gemeinsam mit dem Kläger – das Sorgerecht inne und nimmt dieses wahr.

§ 36 Abs. 1 AufenthG setzt Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 (Familienzusammenführungsrichtlinie), auf dem die bundesdeutsche Vorschrift beruht (BT-Drs. 16/5065, S. 176), hinreichend um. Die aufenthaltsrechtliche Regelung ist auch insoweit mit Unionsrecht vereinbar, als sie einem Elternteil den Nachzug zu seinem minderjährigen Kind im Sinne von § 36 Abs. 1 AufenthG verwehrt, wenn sich bereits ein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält. Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG setzt voraus, dass es sich bei dem Kind um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt. Das ist nicht mehr der Fall, sobald sich der Minderjährige tatsächlich in der Obhut eines nach dem Gesetz oder Gewohnheitsrecht für ihn verantwortlichen Erwachsenen befindet (vgl. Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2003/86/EG).

Der Kläger hat nach § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG weder ein Anspruch auf Visumerteilung noch auf Neubescheidung seines Antrags.

Die Anwendung des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG scheitert nicht daran, dass die Kinder des Klägers Aufenthaltstitel im Sinne von § 36 Abs. 1 AufenthG besitzen und mit ihrer Mutter sich ein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält. Insbesondere hat § 36 Abs. 1 AufenthG keine Ausschließlichkeitsfunktion dergestalt, dass der Nachzug der Eltern oder eines Elternteils zu minderjährigen Ausländern, die einen der in der Vorschrift genannten Aufenthaltstitel besitzen, einzig unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung erfolgen soll. Die bis 27. August 2007 geltende Fassung des § 36 Satz 1 AufenthG (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGB. I S. 1950) entsprach dem jetzigen Abs. 2 Satz 1 und lautete: „Einem sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist.“ Einzig hierauf konnte der Nachzug von Eltern minderjähriger Flüchtlinge gestützt werden (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 176). Mit der Einführung des § 36 Abs. 1 AufenthG durch Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) ist die Anspruchsposition der Eltern der in der Vorschrift genannten Minderjähriger verbessert worden, indem sie einen Erteilungsanspruch erhalten haben, der zudem - anders als bei § 36 Satz 1 AufenthG in der bis 27. August 2007 geltenden Fassung (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., 2005, § 36 AufenthG Rn. 4) und § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG - nicht davon abhängig ist, dass der Lebensunterhalt gesichert ist und ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht. Daraus folgt nicht, dass die bis dahin mögliche Anwendung einer bestehenden Anspruchsgrundlage ausgeschlossen werden sollte. Eine solche Ausschließlichkeits- und Begrenzungsfunktion des § 36 Abs. 1 AufenthG wird auch durch die Gesetzesmaterialien nicht getragen, in denen lediglich vermerkt ist, dass mit § 36 Abs. 1 AufenthG die Vorgaben von Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der RL 2003/86/EG umgesetzt werden sollten (BT-Drs. 16/5065, S. 176).

Es erschlösse sich nicht, dass § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf das Gesuch eines im Ausland lebenden Elternteils zum Nachzug zu seinem minderjährigen Kind, das einen anderen als die in § 36 Abs. 1 AufenthG genannten Aufenthaltstitel hat, auch dann, wenn der andere Elternteil bereits im Bundesgebiet lebt, anwendbar ist, nicht hingegen auf das Nachzugbegehren eines Elternteils zu einem in § 36 Abs. 1 AufenthG genannten Minderjährigen, wenn dessen anderer Elternteil sich im Bundesgebiet aufhält, obwohl der Gesetzgeber durch § 36 Abs. 1 AufenthG den familienbezogenen Schutz im Hinblick auf diese Minderjährigen verbessert hat. Ein sachlicher Grund für den Ausschluss des Familiennachzugs des im Ausland lebenden Elternteils zu diesen Minderjährigen ist nicht ersichtlich.

Ein genereller Ausschluss trüge zudem dem familienbezogenen Schutzanspruch aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG nicht Rechnung. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gewährt keinen unmittelbaren Aufenthaltsanspruch, verpflichtet die staatlichen Stellen jedoch, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, umfassend zu berücksichtigen. Die Pflicht des Staates zum Schutz der Familie drängt einwanderungspolitische Belange erst dann zurück, wenn die gelebte Familiengemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann, etwa weil besondere Umstände demjenigen Mitglied dieser Gemeinschaft, zu dem der Ausländer eine außergewöhnlich enge Beziehung hat, ein Verlassen des Bundesgebiets unzumutbar machen. Handelt es sich bei diesem Mitglied der Familiengemeinschaft um ein Kind, so ist maßgeblich auf die Sicht des Kindes abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 – juris Rn. 15 m.w.N.). Die Entwicklung eines Kindes wird nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Januar 2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 15 m.w.N.). Es ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Juni 2013 – 2 BvR 586/13 – Rn. 13 f. m.w.N.) und das Kind beide Eltern braucht (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Mai 2018 – 2 BvR 941/18 – juris Rn. 7). Der von der Beklagten angeführte Automatismus, unter Berufung auf Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK könne der zweite Elternteil regelmäßig den Nachzug über § 36 Abs. 2 AufenthG erreichen, dürfte insoweit nicht bestehen, als bei minderjährigen Kindern, die bereits älter sind, die Bedeutung des unmittelbaren Kontakts mit beiden Elternteilen an Bedeutung verliert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. September 2018 – OVG 3 S 47.18, OVG 3 M 52.18 – juris Rn. 4) und die Folgen räumlicher Trennung von einem Elternteil nicht durchweg als „außergewöhnliche Härte“ einzustufen sein dürften.

 Es kann dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 AufenthG vorliegen und der Nachzug des Klägers zu seinen Kindern zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Dem auf § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gestützten Nachzugbegehren steht hier jedenfalls entgegen, dass für den Kläger, seine Kinder, deren Mutter und Halbgeschwister kein ausreichender Wohnraum im Sinne von § 2 Abs. 4 AufenthG zur Verfügung steht (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
Das Wohnraumerfordernis muss beim Familiennachzug nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erfüllt sein (Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 36 Rn. 76, Stand: Mai 2018; Oberhäuser in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl., 2016, § 36 AufenthG Rn. 36). Als ausreichender Wohnraum wird nach § 2 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Der Begriff der Beschaffenheit betrifft neben Anforderungen an die Größe des Wohnraums solche an die Ausstattung (vgl. Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., 2018, § 2 AufenthG Rn. 145; Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 29 Rn. 35, Stand: Juni 2017).
Die Mutter der Kinder des Klägers und die Kinder habe die bisher von ihnen bewohnte Wohnung in M. verloren und sind von der Beigeladenen in eine Unterkunft für Wohnungslose eingewiesen worden. Insoweit kann offen bleiben, ob es unschädlich ist, dass die Mutter und ihre Kinder neben den ihnen ausschließlich zugewiesenen Räumen den Küchen- und Sanitärbereich mit anderen in der Unterkunft untergebrachten Familien gemeinsam nutzen (für das Vorliegen von Wohnraum in einem solchen Fall vgl. Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 29 Rn. 33, Stand: Juni 2017). Jedenfalls dient die Unterbringung in einer Wohnunterkunft für Wohnungslose dazu, den Betreffenden ein vorübergehendes Obdach zu bieten und stellt als befristete Übergangslösung keinen für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet bestimmten Wohnraum dar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2017 – OVG 3 S 47.17, OVG 3 M 83.17 – juris Rn. 3; Bender/Welge, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl., 2016, § 2 AufenthG Rn. 25; Hailbronner, Ausländerrecht, § 29 Rn. 7, Stand: Mai 2017; Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 29 Rn. 36, Stand: Juni 2017; Welte, in: ders./Jakober, Aktuelles Ausländerrecht, § 2 AufenthG Rn. 182, 186, Stand: Dezember 2017). Insbesondere kann bei der Unterbringung in einer derartigen Unterkunft dem mit dem Wohnraumerfordernis verfolgten integrationspolitischen Anliegen (vgl. Zimmermann, DÖV 1991, 401 [406]) grundsätzlich nicht entsprochen werden. Sie ist vielmehr ein Anzeichen für eine nicht weit vorangeschrittene Integration der hier lebenden Familienangehörigen in die hiesigen Lebensverhältnisse.
Soweit die Beigeladene der als Zeugin vernommenen Mutter mitgeteilt hat, diese werde im Januar 2019 eine Wohnung bekommen, genügt dies nicht für die Annahme, dass den Familienangehörigen des Klägers tatsächlich in Kürze ausreichender Wohnraum im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zur Verfügung stehen wird. Diese Regelung erfordert mehr als die bloße Aussicht auf den Erhalt von zudem noch nicht näher bezeichnetem Wohnraum, nämlich eine rechtlich hinreichende Gewissheit, dass der Betroffene ausreichenden Wohnraum erhalten wird. Der insoweit zu führende Nachweis muss in dem nach § 2 Abs. 4 AufenthG erforderlichen Maß aussagekräftig sein, also insbesondere die Wohnfläche erkennen lassen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2015 – OVG 7 B 39.14 – juris Rn. 23). In der von der Zeugin beschriebenen Inaussichtstellung ist keine derartige belastbare Zusage zu sehen.

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wird jedenfalls im Anwendungsbereich des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht von Unionsrecht verdrängt. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entspricht Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG, wonach der Mitgliedstaat den Nachweis verlangen kann, dass der Zusammenführende über Wohnraum verfügt, der für eine vergleichbar große Familie in derselben Region als üblich angesehen wird und der die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen Sicherheits- und Gesundheitsnormen erfüllt. Zwar ist hiervon nach Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG bei der Familienzusammenführung mit Flüchtlingen abzusehen, doch allein in Bezug auf Anträge betreffend die in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG genannten Familienangehörigen eines Flüchtlings, bei denen es sich einzig um den Ehegatten und die minderjährigen Kinder des Zusammenführenden handelt, nicht dessen Eltern. Aufgrund des begrenzten Verweises auf Anträge der in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG Genannten – Ehegatte und minderjährige Kinder des Zusammenführenden – kann, anders als der Kläger meint, Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG nicht der allgemeine Grundsatz entnommen werden, dass dann, wenn der Zusammenführende ein Flüchtling ist, dessen Familienangehörige einschließlich seiner Eltern ohne Bindung an das Wohnraumerfordernis nachziehen könnten.

Auch im Übrigen kann der Kläger im Rahmen von § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus dem Unionsrecht keinen Verzicht auf das Wohnraumerfordernis für sich ableiten. Insbesondere folgt dies nicht aus der von ihm vorgenommenen Gesamtschau der Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG. Bereichsspezifische Regelungen gehen vor. Den Nachzug der Eltern zu Kindern betreffen Art. 4 Abs. 2 Buchst. a und Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG. Die für das Begehren von Eltern auf Nachzug zu ihren als Flüchtlinge anerkannten minderjährigen Kindern wesentliche Vorschrift des Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG sieht den Verzicht auf die Sicherung des Lebensunterhalts vor (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG), verhält sich zum Wohnraumerfordernis hingegen nicht (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2017 – OVG 3 S 47.17, OVG 3 M 83.17 – juris Rn. 7).

Verschiedentlich (Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., 2018, § 36 AufenthG Rn. 30 ff.; Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 36 Rn. 53, 55, 67, Stand: Mai 2018) wird allerdings angenommen, § 36 Abs. 2 AufenthG beinhalte eine Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der RL 2003/86/EG, sodass die Nachzugsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG immer erfüllt seien, wenn der Zusammenführende für den Unterhalt des den Nachzug erstrebenden Verwandten in gerader aufsteigender Linie, mithin der Eltern, aufkomme (so Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 36 Rn. 67, Stand: Mai 2018) und der Nachziehende in seinem Herkunftsland keinerlei sonstige familiäre Bindungen mehr habe (so Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., 2018, § 36 AufenthG Rn. 37).

Abgesehen davon, dass die Kinder des Klägers nicht für dessen Unterhalt aufkommen und somit die Voraussetzungen nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG nicht erfüllt sind, hat der deutsche Gesetzgeber entgegen der vorgenannten Auffassung die Option in Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der RL 2003/86/EG im nationalen Aufenthaltsrecht nicht genutzt (BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 – juris Rn. 29). Hiernach handelt es sich bei § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, jedenfalls soweit die Vorschrift den Nachzug der Eltern zu ihren Kindern betrifft, einzig um eine solche des nationalen Rechts, die nicht auf Unionsrecht basiert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Februar 2014 – OVG 2 B 12.12 – juris Rn. 33), sodass bei ihrer Inhaltsbestimmung entgegen der Ansicht des Klägers auch Art. 24 Abs. 3 GR-Charta ohne Bedeutung ist (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GR-Charta). Des Weiteren vermittelt Art. 24 Abs. 3 GR-Charta als solcher kein subjektives Recht auf Aufnahme in einen EU-Mitgliedstaat (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2006 – C-540/03 – juris Rn. 58 f.).

 Ebenso wenig erfordert Art. 6 GG, hier vom Wohnraumerfordernis abzusehen. Der Gesetzgeber ist weitgehend frei festzulegen, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Ausländern der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll, wobei er nach der in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltenen wertentscheidenden Grundsatznorm die familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend ihrem Gewicht zur Geltung zu bringen hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Dezember 2008 – 2 BvR 1830/08 – juris Rn. 25 f. m.w.N.). Dies ist mit § 29 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, § 36 Abs. 1 AufenthG geschehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2017 – OVG 3 S 47.17, OVG 3 M 83.17 – juris Rn. 8). Das Wohnraumerfordernis soll ein soziales Gefälle zwischen deutscher und ausländischer Wohnbevölkerung verhindern (vgl. BT-Drs. 11/6321, S. 60), vor Missständen wie Überbelegung und Obdachlosigkeit schützen und hygienische Standards sichern (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 29 Rn. 6, Stand: Mai 2017; Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 29 Rn. 29, Stand: Juni 2017). Ausreichender Wohnraum wird überdies als Grundbedingung einer erfolgreichen Integration angesehen (Tewocht, in: Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 2016, § 29 AufenthG Rn. 4).
Diese öffentlichen Interessen setzen die genannten Regelungen in ein angemessenes Verhältnis mit dem Nachzugsinteresse und berücksichtigen über § 29 Abs. 2, § 36 Abs. 1 AufenthG besondere Bedarfslagen, insbesondere in Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2003/86/EG (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 172). Das Wohnraumerfordernis ist nicht zuletzt aufgrund der Berücksichtigung der Unterkunftskosten nach § 22 SGB II, § 35 SGB XII grundsätzlich auch erfüllbar. Der Verzicht auf die Erfüllung des Wohnraumerfordernisses in einzelnen Bestimmungen des Familiennachzugs zu Ausländern (§ 29 Abs. 2 und § 36 Abs. 1 AufenthG) zeigt außerdem, dass der Gesetzgeber im Übrigen beim Familiennachzug zu Ausländern bewusst davon abgesehen hat, Ausnahmen anzuerkennen. Insbesondere hat er keine Ausnahme aus Härtefallgründen zugelassen. Es kommt daher nicht darauf an, aufgrund welcher Umstände, sei es wegen der finanziellen Lage des stammberechtigten oder des den Nachzug erstrebenden Familienangehörigen, sei es wegen der Situation auf dem örtlichen Wohnungsmarkt, ausreichender Wohnraum nicht beschafft worden ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2017 – OVG 3 S 47.17, OVG 3 M 83.17 – juris Rn. 6 und Urteil vom 31. Juli 2015 – OVG 7 B 39.14 – juris Rn. 23).
Des Weiteren greift der Hinweis des Klägers auf Art. 8 EMRK nicht durch, da der Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG klar ist und die konventionskonforme Auslegung von Gesetzen ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut der betreffenden Norm sowie im erkennbaren Willen des Gesetzgebers findet; sie darf Wortlaut und gesetzgeberischem Willen nicht widersprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 – 2 C 1/13 – juris Rn. 54; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2017 – OVG 3 S 47.17, OVG 3 M 83.17 – juris Rn. 6).
Der Kläger kann die Visumerteilung oder eine Neubescheidung seines Visumantrags auch nicht nach § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG oder in Verbindung mit § 22 Satz 1 AufenthG beanspruchen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG kann in begründeten Fällen eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen nach dem Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Da der Kläger den Familiennachzug, mithin zum in §§ 27 ff. AufenthG einschließlich § 36 AufenthG erfassten Zweck erstrebt, kann § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nicht zur Anwendung kommen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. November 2016 – OVG 2 B 13.16 – juris Rn. 25 und Beschluss vom 17. Dezember 2009 – OVG 11 N 62.08 – juris Rn. 6 m.w.N.). Auf diese Vorschrift kann auch dann nicht zurückgegriffen werden, wenn der Aufenthaltszweck im Aufenthaltsgesetz geregelt ist, der Betroffene jedoch die Anspruchsvoraussetzungen verfehlt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. November 2016 – OVG 2 B 13.16 – juris Rn. 25).

Gemäß § 22 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Hier kommt das Vorliegen dringender humanitärer Gründe für den Nachzug des Klägers allenfalls aufgrund der etwaigen Betreuungsbedürftigkeit seiner Kinder in Betracht. Die dringenden humanitären Gründe müssen jedoch in der Situation des Visumantragstellers begründet sein. Auf die Lage des im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen, zu dem der Nachzug erstrebt wird, kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2017 – OVG 3 S 52.17, OVG 3 M 93.17 – juris Rn. 14). Aber auch dann, wenn die dringenden humanitären Gründe nicht in der Person des nachzugswilligen Familienangehörigen gegeben sein müssten, sodass auch der Wunsch nach Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem im Bundesgebiet lebenden Angehörigen einen dringenden humanitären Grund ergeben könnte (vgl. OVG Münster, Urteil vom 12. Februar 1997 – 17 A 4938/94 – juris Rn. 34; Burr, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 22 Rn. 7, Stand: September 2012), kann der Kläger das Nachzugbegehren hier nicht auf § 22 Satz 1 AufenthG stützen.

Die Bestimmung stellt grundsätzlich keine allgemeine Härtefallregelung dar, die Ausländern, die die Voraussetzungen für die Einreise nach anderen Vorschriften nicht erfüllen, die Einreise nach Deutschland ermöglichen soll beziehungsweise kann (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Januar 2018 – OVG 3 S 109.17 – juris Rn. 4; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 13 ME 208/18 – juris Rn. 13). Es dürfen nicht die Grenzen spezialgesetzlicher Regelungen unterlaufen werden, sodass sich der Kläger, da er die Voraussetzungen für den Familiennachzug nach § 36 Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt und bereits wegen fehlenden Wohnraums den Nachzug nicht nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erreichen kann, nicht darauf berufen kann, dass im Hinblick auf den beabsichtigten Aufenthaltszweck der Familienzusammenführung mit seinen Kindern ein dringender humanitärer Grund anzuerkennen sei (vgl. Burr, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 22 Rn. 7, Stand: September 2012).

 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.