Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.06.2016 | |
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Aktenzeichen | VG 1 K 101/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 31 SGB 8, § 39 Abs 1 SGB 8 |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtsgebühren nicht erhoben werden, tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kläger begehren von dem Beklagten die Gewährung von Pflegegeld für die im Zeitraum von Juli 2012 bis März 2013 erfolgte Unterbringung, Betreuung und schulische Förderung der am 4. Dezember 2000 geborenen ……..
Die allein sorgeberechtigte Mutter von ….. lebte in den Jahren 2002 bis 2004 in einer Lebensgemeinschaft mit dem Sohn der Kläger, der nicht der Kindesvater ist. Da sie in dieser Zeit sowie auch nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten mit ……. im Nachbarhaus der Kläger wohnte, kümmerten sich diese mit um das Kind und betreuten es insbesondere, während die Kindesmutter eine Ausbildung absolvierte. Im Jahr 2008 verzog die Kindesmutter mit ……. nach ……..
Erstmals im September 2008 ging bei dem Beklagten anonym eine Meldung ein, dass sich die Klägerin zu 1. Sorgen um …… mache und dass die Kindesmutter unter Umständen Hilfe und Unterstützung benötige. In der Folgezeit sprachen die Kläger wiederholt bei dem Beklagten vor, um auf die aus ihrer Sicht drohende seelische Kindeswohlgefährdung ……. hinzuweisen, deren Bedürfnisse durch die Kindesmutter nicht erkannt bzw. nicht ernst genommen würden. Insbesondere boykottiere die Kindesmutter auch die Kontakte des Kindes zu den Klägern. Am 19. Juni 2009 vereinbarten die Kläger mit dem Jugendamt des Beklagten, dass dieses der Kindesmutter den Vorschlag einer Umgangsvereinbarung vorlege, bei deren Nichtzustandekommen die Kläger eine familiengerichtliche Regelung beantragen würden. Am 4. September 2009 trafen die Kläger sodann vor dem Amtsgericht …… (Familiengericht) mit der Kindesmutter eine Umgangsvereinbarung dergestalt, dass die Kläger das Recht haben, den Umgang mit ……. an jedem zweiten Wochenende des Monats in der Zeit von freitags Mittag bis sonntags Abend und jeweils an einem Tag der Weihnachts- und der Osterfeiertage wahrzunehmen sowie zwei zusammenhängende Wochen pro Jahr Urlaub mit ihr zu verbringen (Az.: 30 F 237/09).
Der Beklagte bewilligte der Kindesmutter zudem mit Bescheid vom 1. September 2009 auf deren Antrag hin Hilfe zur Erziehung in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe gemäß § 31 des Sozialgesetzbuches (SGB) VIII. Die Hilfe endete zunächst zum 30. Juni 2011.
Mit eMail vom 14. November 2011 wandte sich der Kläger zu 2. erneut an den Beklagten, da er eine ernsthafte soziale und schulische Gefährdung …… befürchte, wenn diese nicht bald professionelle Hilfe bekäme. In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren bewilligte der Beklagte der Kindesmutter auf deren Antrag hin mit Bescheid vom 14. März 2012 erneut Hilfe zur Erziehung in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe gemäß § 31 SGB VIII, da sich die alleinerziehende, gerade ihr drittes Kind erwartende Kindesmutter in einer sehr schwierigen Situation befinde, die Beziehung zwischen ihr und …… gestört sei und …….. darüber hinaus auch im schulischen Bereich Leistungs- und soziale Probleme habe.
Am 29. Juni 2012 zeigte die zuständige Familienhelferin bei dem Beklagten eine Kindeswohlgefährdung ……. an, da sie durch ihre Mutter anhaltend emotional vernachlässigt werde. Zu der daraufhin auf den 2. Juli 2012 anberaumten Risikoabschätzung lud der Beklagte auch die Kläger als „soziale Großeltern“ und enge Bezugspersonen, bei denen sich …… regelmäßig aufhalte. Im Ergebnis der Risikoabschätzung stellte der Beklagte eine latente Gefährdung des seelischen Wohls des Kindes fest und vereinbarte mit den Beteiligten unter der Prämisse, dass …… im Haushalt der Kindesmutter verbleibt, einen Schutzplan. Dieser enthielt im Wesentlichen zum einen die Regelung, dass die sozialpädagogische Familienhilfe fortgeführt wird und in ihrem Rahmen wöchentlich zwei Termine mit der Kindesmutter bzw. mit Mutter und Tochter gemeinsam stattfinden sollen. Zudem wurde vereinbart, dass die Kindesmutter …… zu Hause täglich ein Zeitfenster einräumt, in dem sie ihre Aufmerksamkeit ausschließlich …… zur Verfügung stellt und möglichst qualitativ hochwertige Zeit mit ihr verbringt, um die Beziehung zwischen beiden zu verbessern. Zum anderen wurde geregelt, dass ……. die Sommerferien bei den Klägern verbringt, dass diese zukünftig den schulischen Bereich …….. abdecken (Kontakt zu Lehrern, Elterngespräche, Hausaufgabenkontrolle, Lernförderung) sowie dass die Kontakte des Kindes zu den Klägern intensiviert werden und ……. künftig zwei Mal pro Woche bei diesen übernachten wird, wovon die Wochenendbesuche unberührt bleiben sollten.
Nachdem im Rahmen des 7. Hilfeplangespräches am 30. Januar 2013 bereits von der Familienhelferin eingeschätzt worden war, dass alle Punkte des Schutzplanes erreicht worden seien, entschied der Beklagte im Ergebnis seiner Fallreflexion vom 21. Februar 2013, den Schutzplan aufzugeben und in die normale Hilfeplanung zurückzukehren. In diesem Zusammenhang sollten auch die zusätzlichen Umgänge der Kläger mit …… von sonntags bis dienstags beendet und der schulische Bereich wieder auf die Kindesmutter zurück übertragen werden. Die dieser gewährte Hilfe zur Erziehung stellte der Beklagte zum 23. Dezember 2013 ein.
Die Kläger hatten sich bereits mit Schreiben vom 4. November 2012 an den damaligen Leiter des Jugendamtes des Beklagten gewandt und die Durchführung der Hilfe sowie eine mangelnde Unterstützung seitens des Jugendamtes beanstandet. Auch den 7. Hilfeplan vom 12. Februar 2013 beanstandeten sie, da er sachliche Unrichtigkeiten enthalte. Mit eMail vom 9. April 2013 teilten sie dem Beklagten zudem mit, dass derzeit „auf Grund unschöner Vorkommnisse“ – ……. sollte ohne Erlaubnis einer Sparbüchse Geld entnommen haben – derzeit kein Umgang stattfinde. Schließlich erhoben sie mit Schreiben vom 16. April 2013 eine Dienstaufsichtsbeschwerde, mit der sie das Verhalten des früheren Leiters des Jugendamtes ihren Beanstandungen gegenüber sowie die Beendigung des Schutzplanes monierten, die ihnen zudem vom Jugendamt weder schriftlich noch mündlich mitgeteilt worden sei.
Mit Schreiben vom 28. August 2013 beantragten die Kläger bei dem Beklagten die Gewährung von Leistungen nach der Richtlinie des Landkreises ……… über die Vergabe finanzieller Leistungen für die Vollpflege an Pflege- und Gastfamilien, heilpädagogische Pflegestellen sowie Bereitschaftspflegestellen vom 8. Juli 2009 (im Folgenden: Pflegegeld-Richtlinie) in Höhe von 9.820,00 Euro, da sie im Zeitraum von Juli 2012 bis März 2013 Leistungen der Bereitschaftspflege für ……. erbracht hätten.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. Oktober 2013 ab, da es an einer Hilfegewährung im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII fehle und in dem benannten Zeitraum eine Unterhaltssicherung für ……. außerhalb ihres Elternhauses nicht notwendig gewesen sei. Vielmehr habe der Schutzplan neben der Übernahme der schulischen Förderung durch die Kläger lediglich eine Umgangsregelung enthalten, die die familiengerichtlich vereinbarten Umgänge verändert bzw. ergänzt habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger vom 29. Oktober 2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2014, den Klägern zugestellt am 14. Januar 2014, zurück.
Am 7. Februar 2014 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Sie sind der Auffassung, dass sie für ……. Leistungen der Bereitschaftspflege erbracht und deshalb Anspruch auf Leistungen in Form eines Bereitschaftspflegegeldes hätten. Das Kind sei gemäß dem vereinbarten Schutzplan zwei Mal wöchentlich mit Übernachtung von ihnen betreut und erzogen worden, zudem hätten sie sich um das schulische Fortkommen ……. bemüht. Die Übertragung der Verantwortung für die schulische Entwicklung betreffe die Personensorge und nicht den Umgang mit Bezugspersonen. Es habe sich also um Hilfe zur Erziehung gehandelt, die auch nicht lediglich ambulant erbracht worden sei.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 zu verpflichten, ihnen 9.820,00 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Kläger die Mutter von …… auf Grundlage des Schutzplanes im Rahmen einer Umgangsvereinbarung unterstützt hätten, wofür er ergänzend auf sein bisheriges Vorbringen Bezug nimmt. Bereitschaftspflege sei demgegenüber nicht geleitet worden. Vielmehr würden Bereitschaftspflegestellen regelmäßig zur Unterbringung im Rahmen von Inobhutnahmen genutzt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des Vortrages der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang (2 Hefte) sowie auf den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Akte des Amtsgerichts …… (Familiengericht), Az. 30 F 237/09, ergänzend Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 14. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese haben keinen Anspruch auf Gewährung eines Pflegegeldes.
Als Anspruchsgrundlage der begehrten Leistung kommt § 39 SGB VIII in Betracht.
Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist, wenn eine Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35 a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 gewährt wird, auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen (Satz 2). Gemäß Absatz 2 der Regelung soll der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf durch laufende Leistungen gedeckt werden, wobei die laufenden Leistungen im Rahmen der Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII auf Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden sollen, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen, § 39 Abs. 2 Satz 4, Abs. 4 Satz 1 SGB VIII. Gemäß § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII sollen die laufenden Leistungen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalles abweichende Leistungen geboten sind.
Die Kläger sind jedoch schon nicht anspruchsberechtigt nach § 39 SGB VIII. Der Anspruch steht vielmehr, da es sich um eine Annexleistung zu der gewährten Hilfe zur Erziehung handelt, der nach §§ 27 ff. SGB VIII anspruchsberechtigten Kindesmutter als Inhaberin der Personensorge zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 – 5 C 31/95 -, juris Rn. 13; Tammen in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 6. Aufl. 2009, § 39 Rn. 5 m. w. N.). Dass die Kläger den Anspruch vorliegend im Namen der Mutter von …….. geltend machen, haben diese nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in der Praxis die Auszahlung des Pflegegeldes regelmäßig direkt an die Pflegepersonen erfolgt, die es für den Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen verwenden. Dem liegt in diesen Fällen vielmehr eine entsprechende Abtretungserklärung der oder des Anspruchsberechtigten zu Grunde, an der es hier aber fehlt. Zwar kann eine solche Abtretung grundsätzlich auch stillschweigend erfolgen und etwa in einer - in der Regel ebenfalls stillschweigenden - privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Personensorgeberechtigten und Pflegepersonen mit enthalten sein (vgl. hierzu Tammen in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 6. Aufl. 2009, § 39 Rn. 6; Fischer in Schellhorn u.a., SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 33 Rn. 21 f.). Voraussetzung hierfür ist aber, dass zumindest das Bewusstsein für die Erforderlichkeit einer entsprechenden Willenserklärung besteht (vgl. Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 398 Rn. 5).
Daran fehlt es hier ersichtlich. Wie sich den vorliegenden Verwaltungsvorgängen entnehmen lässt und wie auch die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, ist die Frage einer Unterhaltssicherung durch den Beklagten für den Zeitraum der Arbeit im Schutzplan zu keiner Zeit zwischen den daran Mitwirkenden problematisiert und erörtert, sondern erstmals von den Klägern mit ihrem Antrag vom 28. August 2013 aufgeworfen worden. Zuvor findet sich allenfalls in dem Beschwerdeschreiben der Kläger vom 4. November 2012 an den damaligen Leiter des Jugendamtes des Beklagten der Hinweis, dass es, was den Hilfeplan betreffe, noch einige Unklarheiten gebe, wozu unter anderem die „ganze finanzielle Seite“ gehöre, was aber nur bestätigt, dass diese Problematik zwischen den Klägern und dem Beklagten sowie der Mutter von Josephine nicht thematisiert worden ist. Seitens der Kindesmutter selbst finden sich diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte, die den Schluss erlauben würden, dass diese vom Vorliegen eines entsprechenden Anspruchs gegenüber dem Beklagten bzw. einer Verpflichtung gegenüber den Klägern ausgegangen ist. Dass sich die Kläger zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem sie einen Anspruch auf finanzielle Leistungen geltend gemacht haben, insoweit mit der Kindesmutter ins Benehmen gesetzt hätten, ist weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar.
Im Hinblick hierauf kann letztlich dahin gestellt bleiben, ob vorliegend überhaupt ein – ggf. abzutretender – Anspruch auf Pflegegeld gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII besteht. Maßgebliche Anhaltspunkte sprechen jedenfalls gegen die Annahme eines solchen Anspruches.
Ein Fall der Bereitschaftspflege, auf die sich die Kläger ausdrücklich berufen, liegt nicht vor. Bereitschaftspflege stellt eine familienorientierte Form der Krisenintervention im Rahmen der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII dar, bei der insbesondere kleine Kinder, die kurzfristig aus ihrer Familie herausgenommen werden mussten, statt etwa in sog. Jugendschutzstellen vorläufig bei Pflegefamilien untergebracht werden, bis über das weitere Vorgehen und eine sich an die Inobhutnahme ggf. anschließende Hilfegewährung Klarheit gewonnen wurde (vgl. Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 42 Rn. 21, 23). Eine solche Sachlage war hier von vorn herein nicht gegeben, insbesondere war keine Inobhutnahme …….. erfolgt, die zudem ohnehin nicht zu den leistungsauslösenden Tatbeständen des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gehört.
Hilfe zur Erziehung nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35 a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGB VIII ist der Mutter von …….. nicht gewährt worden. Vielmehr erfolgte auch die Arbeit im Schutzplan im Rahmen der ihr zuvor bereits bewilligten sozialpädagogischen Familienhilfe nach § 31 SGB VIII, die ebenfalls nicht von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfasst wird.
Zwar ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass das Gesetz keine abschließende Aufzählung möglicher Hilfeformen enthält. Vielmehr lässt der Wortlaut des § 27 Abs. 2 SGB VIII, wonach Hilfe zur Erziehung „insbesondere“ nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt wird und Art und Umfang der Hilfe sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall richten, Raum auch für andere, ungenannte Hilfeformen, auf die bei entsprechendem erzieherischen Bedarf ein Anspruch besteht (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Dezember 2002 – 5 C 48/01, 5 PKH 42/01 – juris Rn. 30). Dementsprechend besteht die Verpflichtung zur Unterhaltssicherung im Sinne von § 39 SGB VIII auch in den Fällen, in denen eine in der Praxis entwickelte, mit den §§ 32 bis 35 SGB VIII vergleichbare Form voll- oder teilstationärer Hilfe zur Erziehung gewährt wird (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Dezember 2002 – 5 C 48/01, 5 PKH 42/01 – juris Rn. 35; Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 39 Rn. 8).
Vorliegend spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass auch keine mit den §§ 32 bis 35 SGB VIII vergleichbare Form voll- oder teilstationärer Hilfe zur Erziehung in diesem Sinne gewährt worden ist.
Zwar haben die Kläger Josephine über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses betreut. Dabei ist jedoch zum einen zu beachten, dass dieser Betreuung, soweit sie an jedem zweiten Wochenende im Monat, an einem der Weihnachtsfeiertage 2012 und während zwei Urlaubswochen erfolgte, die zwischen den Klägern und der Mutter von …… am 4. September 2009 vor dem Familiengericht …… geschlossene Umgangsvereinbarung zugrunde lag. Die Kläger nahmen insoweit also auch im streitgegenständlichen Zeitraum ihr bereits bestehendes Umgangsrecht wahr, das durch die Vereinbarungen des Schutzplanes ausdrücklich unberührt bleiben, also nicht etwa ausgesetzt werden sollte. Diese Zeiten müssen im vorliegenden Kontext von vorn herein außer Betracht bleiben.
Unter Ziffer 2 der familiengerichtlichen Vereinbarung haben die Kläger und die Kindesmutter zudem vereinbart, dass eine Erweiterung oder Veränderung der Umgänge unter Beratung und Mithilfe des Jugendamtes außergerichtlich erfolgen werde. Den Verwaltungsvorgängen des Beklagten lässt sich entnehmen, dass schon die ersten Kontakte der Kläger mit dem Jugendamt in den Jahren 2008 und 2009 auch der Vermittlung von Umgängen mit ……. dienten, als deren soziale Großeltern und enge Bezugspersonen der Beklagte sie von Anfang an erlebt hat. Diese Umstände bildeten ersichtlich den Hintergrund dafür, dass der Beklagte die Kläger dann auch im Juli 2012 in die Vereinbarungen des Schutzplanes einbezogen hat. Aus Sicht der Kammer sollten hierdurch bereits bestehende außerfamiliäre Ressourcen mobilisiert und intensiviert werden, um in der maßgeblich aus der Überforderung der zu dieser Zeit hochschwangeren und alleinerziehenden Kindesmutter resultierenden Krise – wie es der Schutzplan ausdrücklich ausweist - Entlastung zu schaffen und Aufgaben zu verlagern. Hierbei handelt es sich um ein Kerninstrument der auf Hilfe zur Selbsthilfe gerichteten sozialpädagogischen Familienhilfe, deren integratives Handlungskonzept auf die Sicherung oder Wiederherstellung der Erziehungsfunktion der Familie gerichtet ist. Hierzu gehört neben der Verbesserung des Erziehungsverhaltens der Eltern und der Interaktion der Familienmitglieder auch die Förderung der Rahmenbedingungen unter Anknüpfung an inner- und außerfamiliäre Ressourcen (vgl. zum Ganzen Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 31 Rn. 3 ff.). Richtungsweisend wirkt dabei die Entscheidung des Beklagten im Ergebnis der Risikoabschätzung, ……. im Haushalt ihrer Mutter zu belassen und flankierend unterstützende und entlastende Hilfen zu installieren, die, was die Kontakte …… zu den Klägern betrifft, auch stets als „Umgänge“ bezeichnet worden sind. Maßgebliches Ziel der sozialpädagogischen Familienhilfe ist es gerade, eine Fremdplatzierung und damit Trennung des Kindes von der Familie zu vermeiden, was die Hilfe nach § 31 SGB VIII signifikant von den teil- oder vollstationären Hilfeformen unterscheidet, auf die § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII Bezug nimmt und deren Schwerpunkt in einer Hilfeleistung außerhalb des Elternhauses liegt.
Ebenso spricht die Betreuungsintensität gegen die Annahme einer den §§ 32 bis 35 SGB VIII vergleichbaren Hilfeform. Der Schutzplan sah neben der einmaligen Ferienregelung zwei Übernachtungen ……. pro Woche im Haushalt der Kläger vor. Soweit zwischenzeitlich eine zusätzliche Übernachtung erfolgte, spricht insbesondere der Umstand, dass diese Umgänge ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten vorhandenen Aktenvermerkes vom 15. März 2013 ersichtlich im Zusammenhang mit dem Seilsprung-Training Josephines am Mittwoch standen und von der Beendigung des Schutzplanes unberührt blieben, gegen ihre Einbeziehung in die Hilfe.
Dergestalt zwar regelmäßige, aber dennoch vereinzelte Übernachtungen außerhalb des Elternhauses sind einer (teil-)stationären Hilfe nicht vergleichbar. Hierfür sprechen insbesondere auch Sinn und Zweck des § 39 SGB VIII. Denn grundsätzlich ist die Sicherstellung des notwendigen Unterhaltes Aufgabe der Sozialhilfe nach dem SGB XII bzw. der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Der in § 39 SGB VIII gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe normierte Anspruch soll verhindern, dass der nach dem SGB VIII Leistungsberechtigte sich wegen Unterhaltsleistungen an das Sozialamt oder Jobcenter wenden muss; die Gewährung der pädagogischen Hilfe und der Unterhaltsleistung soll hier vielmehr „aus einer Hand“ erfolgen. Dies ist jedoch nur erforderlich, wenn der Betroffene so in das Leistungssystem der Jugendhilfe eingebunden ist, dass ein Wechsel des Leistungsträgers untunlich erscheint (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. November 2014 – L 19 AS 1772/14 B ER -, juris Rn.21; Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 39 Rn. 2).
So liegt der Fall hier nicht. Basierend auf der Entscheidung, …… im Haushalt ihrer Mutter zu belassen, erfolgte hier weder ein Wechsel des Lebensortes noch eine grundsätzliche Verlagerung der Aufgabe der Unterhaltssicherung, die auch im streitgegenständlichen Zeitraum vielmehr maßgeblich der Kindesmutter oblag, wobei auch insoweit – wie oben bereits dargelegt – die Zeiten, in den die Kläger ihr Umgangsrecht aufgrund der familiengerichtlichen Vereinbarung wahrnahmen, außer Betracht bleiben müssen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass hier Überwiegendes dafür spricht, dass die Einbeziehung der Kläger in die Hilfegewährung nach § 31 SGB VIII ersichtlich im Hinblick auf deren ohnehin schon bestehendes, eine Betreuung über Tag und Nacht einschließendes Umgangsrecht und unter Intensivierung dieser Umgänge erfolgte, ohne dass damit eine den §§ 32 bis 35 SGB VIII nach Art und Intensität vergleichbare (teil-)stationäre Hilfeleistung außerhalb des Elternhauses beabsichtigt war.
Soweit die Kläger auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sog. „Verwandtenpflege“ Bezug nehmen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 9. Dezember 2014 – 5 C 32/13 -, steht diese den hier geäußerten Bedenken nicht entgegen, da diese an die Art der Hilfeleistung, nicht an die soziale Funktion der – ohnehin nicht leiblich mit …… verwandten – Kläger anknüpfen.
Einen - gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe gerichteten – Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen, wie ihn die § 78 b SGB VIII für die in § 78 a SGB VIII abschließend aufgezählten stationären und teilstationären Leistungen vereinbarungsgebundener Einrichtungen vorsieht, normiert das Gesetz nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.