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Entscheidung 10 Sa 1403/17


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer Entscheidungsdatum 15.02.2018
Aktenzeichen 10 Sa 1403/17 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2018:0215.10SA1403.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 56 Abs 2 ArbGG, § 283 BGB, § 296 ZPO

Leitsatz

Die Einräumung einer Erklärungsfrist mit nachfolgendem Beratungs- und Verkündungstermin ist keine Verzögerung im Sinne des § 296 ZPO.

Auch einen verspäteten Vortrag hat das Gericht zur Kenntnis zu nehmen und auf Erheblichkeit zu prüfen.

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 14. September 2017 - 4 Ca 414/17 - wird wegen des Hilfsantrages zu d) und des allgemeinen Fortbestehensantrags als unzulässig verworfen, im Übrigen zurückgewiesen.

II.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

III.

Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.000,00 EUR festgesetzt.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung, die Weiterbeschäftigung des Klägers sowie hilfsweise auf die Erteilung eines Zeugnisses und die Wiedereinstellung des Klägers.

Der Kläger ist 37 Jahre alt (geb. …. 1980), verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit dem 1. Dezember 2003 mit ca. 2.000,00 EUR brutto monatlich bei der Beklagten als Lackierer beschäftigt. Am 12. Mai 2017 ging dem Kläger die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 11. Mai 2017 zum 31. Oktober 2017 zu. Vom 15. Mai 2017 bis 9. Juli 2017 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Am 23. Mai 2017 hat der Kläger Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet.

Auf der Homepage der Beklagten ist zu lesen: „Heute beschäftigen wir als moderner Fachbetrieb für Lackierungen und Karosserie 10 qualifizierte Mitarbeiter.“ Dieses stand dort auch schon kurz nach Ausspruch der Kündigung.

Im Gütetermin am 19. Juni 2017 vor dem Arbeitsgericht wurde der Kläger beauflagt, bis zum 3. Juli 2017 zur Anwendbarkeit des KSchG vorzutragen. Der Beklagten wurde aufgegeben, auf den zu erwartenden Schriftsatz bis zum 21. Juli 2017 zu erwidern und dem Kläger wurde ein Erwiderungsrecht auf den zu erwartenden Schriftsatz der Beklagten bis zum 4. August 2017 eingeräumt.

Erstinstanzlich hatte der Kläger zunächst am 3. Juli 2017 vorgetragen, dass folgende Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt seien:

1. C. P.
2. T. K.
3. M. G.
4. Herr B.
5. Z. V.
6. F. K.
7. Frau Sch.
8. St.
9. R. P.
10. Reinigungskraft
11. D. U.
12. Herr Pr. (Senior)
13. Kläger

Den Hilfsantrag zur Wiedereinstellung hatte der Kläger damit begründet, dass eine solche Wiedereinstellung in Betracht komme, wenn innerhalb der Kündigungsfrist veränderte Umstände bezüglich der Kündigungsprognose eintreten oder bekannt würden.

Die Beklagte hatte am 21. Juli 2017 erwidert, dass folgende Arbeitnehmer mit jeweils 39 Wochenstunden beschäftigt seien:

1. M. G.
2. F. K.
3. Th. K.
4. Ch. P.
5. B. B.
6. A. St.
7. K. V.
8. R. P.
9. Kläger

sowie mit 11 Wochenstunden Herr M. P., wie der in Kopie vorgelegte Arbeitsvertrag und die ebenfalls in Kopie vorliegenden Abrechnungen belegen wurden. Der vom Kläger genannte Mitarbeiter U. sei bereits am 31. März 2016 ausgeschieden. Die Mitarbeiterin H. Sch. sei nur vom 15. April 2016 bis 30. April 2017 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit als Sekretärin beschäftigt worden. Nach einem Jahr der Beschäftigung hätten die Geschäftsführer festgestellt, dass sie die von Frau Sch. erledigten Arbeiten auch selbst erledigen könnten. Deshalb sei das Arbeitsverhältnis mit ihr beendet worden. Eine Ersatzeinstellung habe es nicht gegeben. Reinigungsarbeiten würden durch eine Fremdfirma erledigt, was die Beklagte durch Vorlage einiger Rechnungen der Fremdfirma in Kopie belegte.

Im Jahre 2013 habe die Beklagte 9 Mitarbeiter, in den Jahren 2014 und 2015 jeweils 7-9 Mitarbeiter, im Jahre 2016 dann 8-10 Mitarbeiter, ab 14. November 2016 10,5 Mitarbeiter und ab 1. Mai 2017 wieder 9,5 Mitarbeiter beschäftigt. Ab dem 1. November 2017 würden nur noch 8,5 Mitarbeiter beschäftigt.

Mit Schriftsatz vom 6. September 2017 teilte der Kläger mit, dass seit Juni 2017 auch noch ein Arbeitnehmer M. J. als Vorbereiter/Fahrzeuglackierer mit 39 Wochenstunden beschäftigt werde. Auch werde der Arbeitsumfang von Herrn Pr. mit 11 Stunden und dessen Vergütung mit 450,00 EUR bestritten. Tatsächlich werde Herr Pr. 39 Wochenstunden beschäftigt.

Durch ein Urteil vom 14. September 2017 hat das Arbeitsgericht, soweit für die Berufung relevant, die Klage abgewiesen. Der Vortrag im Schriftsatz vom 6. September 2017 sei als verspätet zurückzuweisen, der vorhergehende Vortrag des Klägers ergebe angesichts des Vorbringens der Beklagten keine Anzahl von mehr als 10 Arbeitnehmern. Der allgemeine Feststellungsantrag zur Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses sei unbegründet, da unstreitig keine weiteren Beendigungstatbestände bestehen würden. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers sei aufgrund der Unbegründetheit der Kündigungsschutzklage auch unbegründet, ebenso der hilfsweise gestellte Wiedereinstellungsantrag. Ein Zeugnis könne der Kläger erst zum Ende des Arbeitsverhältnisses erhalten. Auch habe er bereits unter dem 19. Mai 2017 ein Zeugnis erhalten.

Gegen dieses dem Klägervertreter am 2. Oktober 2017 zugestellte Urteil legte dieser am 18. Oktober 2017 per Telefax Berufung ein und wiederholte die erstinstanzlichen Anträge. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass sein Vortrag in erster Instanz nicht verspätet gewesen sei. Neben den unstreitigen 9 Arbeitnehmern seien Herr Pr. in Vollzeit und Herr M. J. beschäftigt.

Weiter habe am 27. November 2017 ein Herr D. H. sein Vorstellungsgespräch bei der Beklagten, da weiterer Bedarf an Arbeitskräften bestehe. Der Zeugnisstreit werde für erledigt erklärt. Zum allgemeinen Feststellungsantrag auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und zum Wiedereinstellungsantrag enthält die Berufungsbegründung keine Ausführungen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 14. September 2017 - 4 Ca 414/17 abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde und

a.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 11. Mai 2017, zugegangen am 12. Mai 2017, aufgelöst worden ist;

b.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern unverändert fortbesteht;

c.

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Klageantrags zu a.) zu den bestehenden Arbeitsbedingungen als Lackierer über den Ablauf des 31. Oktober 2017 hinaus weiter zu beschäftigen;

hilfsweise

d.

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen vertraglichen Arbeitsbedingungen als Lackierer per 1. November 2017 wieder einzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert, dass die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens in erster Instanz zu Recht erfolgt sei. Aber auch unabhängig davon beschäftige die Beklagte nicht mehr als 10 Arbeitnehmer. Es habe am 28. August 2017 zum 30. September 2017 der Arbeitnehmer Kai V. gekündigt und sei dann arbeitsunfähig erkrankt. Das Vorstellungsgespräch mit Herrn H. sei aufgrund einer „Blindbewerbung“ erfolgt. Zu einer Einstellung habe es nicht geführt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 27. November 2017 und auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungserwiderung der Beklagten vom 8. Januar 2017 sowie das Sitzungsprotokoll vom 15. Februar 2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist aber teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.

1.

Soweit der Kläger mit dem Antrag zu b.) die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände als die Kündigung ende, sondern unverändert fortbestehe und mit dem Hilfsantrag zu d.) beantragt die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen vertraglichen Arbeitsbedingungen als Lackierer per 1. November 2017 wieder einzustellen, enthält die Berufungsbegründung keinerlei Ausführungen.

1.1

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (ständige Rechtsprechung, z.B. BAG, Urteil vom 14. März 2017 – 9 AZR 633/15 mit zahlreichen Nachweisen).

Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (ständige Rechtsprechung, z.B. BAG, Urteil vom 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG, Urteil vom 19. November 2015 – 2 AZR 217/15).

1.2

Die vom Klägervertreter gefertigte Berufungsbegründung setzt sich hinsichtlich der abgewiesenen Anträge zu b. und d. nicht nur unzureichend, sondern gar nicht mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts auseinander. Entgegen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat er nichts dazu vorgetragen, in welchen Punkten rechtlicher und tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sei.

2.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet.

2.1

Zutreffend geht der Kläger allerdings davon aus, dass sein Vortrag im Schriftsatz vom 6. September 2017 nicht als verspätet zurückgewiesen werden durfte.

Der Schriftsatz des Klägers war nicht innerhalb der nach § 56 Abs.1 ArbGG in der Güteverhandlung gesetzten richterlichen Frist eingegangen. Die Versäumung dieser Frist kann nach § 56 Abs.2 ArbGG zum Ausschluss verspätet vorgebrachten Tatsachenvorbringens führen. Das Arbeitsgericht hat deshalb zu Recht die Voraussetzungen einer Präklusion nach § 296 Abs. 1 ZPO geprüft.

Nach dieser Vorschrift sind Angriffsmittel, die erst nach Ablauf einer gesetzten Frist vorgebracht werden, zuzulassen, wenn nach der Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert, oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Zutreffend hat das Arbeitsgericht eine genügende Entschuldigung des Klägers für den verspätet eingegangenen Schriftsatz verneint.

Es fehlt in der angefochtenen Entscheidung indes an einer ausreichenden Begründung dafür, warum eine Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägers vom 6. September 2017 die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte. Solange nicht feststeht, ob verspäteter Tatsachenvortrag einerseits erheblich und andererseits streitig und beweisbedürftig ist, scheidet die Anwendung von § 296 Abs. 1 ZPO nach allgemeiner Meinung aus (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. März 2007 – 10 Sa 2042/06 m.w.N.; BPatG München, Beschluss vom 16. August 2012 – 25 W (pat) 8/12; BGH, Urteil vom 24. April 1985 – VIII ZR 95/84).

2.1.1

Zunächst hat das Gericht auch verspäteten Vortrag zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen. Handelt es sich danach nicht um ein erhebliches Vorbringen, das beispielsweise die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes begründen könnte, kann das Arbeitsgericht auch unter Berücksichtigung dieses Vortrags entscheiden. Denn auf ein Bestreiten des Gegners kommt es in diesem Fall nicht an.

Ob das Arbeitsgericht den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 6. September 2017 als erheblich angesehen hat, ist den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Die Berufungskammer hatte jedenfalls erhebliche Zweifel, dass dieser Vortrag ausreichend gewesen wäre, die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes zu begründen, wie nachstehend unter 2.2 ausgeführt.

2.1.2

Handelt es sich bei dem verspäteten Vorbringen um erheblichen Sachvortrag, erlaubt erst eine konkrete Erwiderung des Gegners die Prüfung, ob dieser verspätete Vortrag verzögert und deshalb zurückzuweisen ist. Bloßes pauschales Bestreiten des gesamten gegnerischen Vorbringens ist nach § 138 Abs. 2 ZPO grundsätzlich unbeachtlich. Wenn sich die von dem neuen Vorbringen überraschte Partei nicht sogleich substantiiert erklären kann, hat sie die Möglichkeit wie hier geschehen, die Bewilligung einer Erwiderungsfrist zu beantragen (§ 283 ZPO); andernfalls riskiert sie, dass der verspätete Vortrag der Gegenseite als zugestanden behandelt wird. Ob die Beklagte im Kammertermin zu einer substantiierten Erklärung außer Stande war, obwohl ihr Geschäftsführer im Termin anwesend war, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, folgt daraus die durch das verspätete Vorbringen veranlasste Notwendigkeit, eine Erklärungsfrist nach § 283 ZPO zu gewähren. Dieses stellt für sich allein keine Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne von § 296 ZPO, die eine Zurückweisung rechtfertigen würde (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1984 – VIII ZR 217/83; LAG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 12. Januar 2006 - 1 Sa 301/05 und ausführlich OLG Brandenburg, Urteil vom 15. August 1997 – 4 U 6/97 m.w.N.). Das Gericht ist also nicht befugt, ein an sich verspätetes Vorbringen schon deshalb zurückzuweisen, weil der Gegner im Verhandlungstermin selbst noch keine substantiierte Stellung dazu nehmen kann.

Bei richtigem Vorgehen hätte das Arbeitsgericht hier die bereits beantragte Erklärungsfrist einräumen oder ohne einen solchen vorherigen Antrag im Rahmen seiner Hinweispflicht nach § 139 ZPO - nachdem die zur Erwiderung verpflichtete Seite zu einer konkreten Einlassung im Termin nicht in der Lage ist - diese Seite auf die mangelnde Substantiierung ihres vorsorglichen Bestreitens und auf die Möglichkeit der Beantragung einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO hinweisen müssen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 28. Oktober 2003 – 17 U 59/02 m.w.N.).

Sofern das Arbeitsgericht also den Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 6. September 2017 als erheblich angesehen haben sollte, war die ohne Einräumung einer Erklärungsfrist erfolgte Zurückweisung des Vorbringens der Beklagten verfrüht und deshalb unzulässig.

2.2

Dieser Mangel der angefochtenen Entscheidung führt aber dennoch nicht zur Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Wie der Kläger in der Berufungsbegründung ausgeführt hat, waren zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers im Mai 2017 einschließlich Herrn Pr. senior nur 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Selbst wenn Herr Pr. nicht nur mit 11 Wochenstunden, sondern Vollzeit beschäftigt gewesen sein sollte, bleiben es 10 Arbeitnehmer. Nachdem der Kläger im Mai 2017 gekündigt worden war, wurde im Juni 2017 der Arbeitnehmer M. J. eingestellt. Da danach perspektivisch der Kläger nicht mehr, Herr J. aber sehr wohl beschäftigt werden sollte, verblieb es bei einer Beschäftigtenzahl von 10.

Da § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG die Beschäftigung von mehr als 10 Arbeitnehmern verlangt, wäre bei einer exakten Stichtagsbetrachtung am 12. Mai 2017 von 10 auszugehen gewesen. Allerdings geht diese Vorschrift von den „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmern aus. Dazu hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG zutreffend ausgeführt, dass es eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebs und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung bedürfe, wobei Zeiten außergewöhnlich hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls nicht zu berücksichtigen sind. Wie das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, war nur im Zeitraum vom 14. November 2016 bis 30. April 2017 die Anzahl von 10 Arbeitnehmern überschritten. Dass es sich dabei um eine außergewöhnliche und nicht dauerhafte Beschäftigung einer Sekretärin handelte, hat die Beklagte hinreichend dargelegt. Ansonsten waren sowohl im Zeitraum seit 2013 wie auch nach dem Ausscheiden des Klägers selbst zum 31. Oktober 2017 nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Deshalb war die Kündigung des Klägers von Anfang an wirksam. Anhaltspunkte für eine treuwidrige oder sittenwidrige Kündigung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Berufung einschließlich der Erledigung des Zeugnisstreits zu tragen. Denn das Zeugnis vom 19. Mai 2017, das den Klägervertreter auf ausdrückliche Nachfrage in der Berufungsverhandlung zur Erledigungserklärung veranlasst hat, lag dem Kläger bei Einlegung der Berufung bereits vor.

Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens berechnet sich bei einem Monatsverdienst von ca. 2.000,00 EUR brutto so, dass für die Anträge zu a.) und d.) jeweils drei Bruttomonatsgehälter zu berücksichtigen waren und für die Anträge zu c.) und dem erledigten Zeugnisantrag zu e.) jeweils ein Bruttomonatsgehalt.

Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.