Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.02.2021 | |
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Aktenzeichen | 6 L 443/20 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2021:0223.6L443.20.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 118 AO, § 12 Abs 1 KAG BB, § 123 Abs 1 VwGO, § 173 VwGO, § 19 Abs 4 VwVfG BB, § 240 Abs 1 AO, § 3 VwVG BB, § 61 Abs 1 VwVfG, § 769 Abs 1 ZPO, § 8 S 1 VwVfG BB |
Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Vollstreckung aus einem subordinationsrechtlichen, öffentlich-rechtlichen Vertrag ohne Unterwerfungsklausel kann im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO erlangt werden.
Ein subordinationsrechtlicher, öffentlich-rechtlicher Vertrag ohne Unterwerfungsklausel stellt keinen Vollstreckungstitel dar.
Eine Mitvollstreckung von Nebenforderungen setzt die Vollsteckungsfähigkeit der Hauptforderung voraus.
Können Nebenforderungen nicht zusammen mit der Hauptforderung vollstreckt werden, müssen auch für deren Vollstreckung die allgemeinen und besonderen Vollsteckungsvoraussetzungen erfüllt sein.
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Zwangsvollstreckung aus dem Vertrag über die Bezahlung des Abwasserbeitrages für die Herstellung und Anschaffung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage N... vom 26. Mai 2015 zuzüglich Nebenforderungen vorläufig einzustellen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird auf 1.225,07 Euro festgesetzt.
Der (sinngemäße) Antrag der Antragstellerin,
dem Antragsgegner aufzugeben, die Zwangsvollstreckung aus dem Vertrag über die Bezahlung des Abwasserbeitrages für die Herstellung und Anschaffung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage N... vom 26. Mai 2015 zuzüglich Nebenforderungen vorläufig einzustellen,
hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
Er ist als Antrag nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu qualifizieren. Die Antragstellerin kann vorläufigen Rechtsschutz gegen die Vollstreckung der Geldforderung aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 26. Mai 2015 nur im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO erlangen. Demgegenüber scheidet vorläufiger Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 769 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) aus, da dieser nur gewährt werden kann, wenn in der Hauptsache zulässigerweise eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 767 ZPO erhoben wird (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2004 - 3 B 147/03 -, S. 2 des E. A.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Januar 2010 – 15 B 1845/09 -, juris, Rn. 1; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 M 49/09 -, juris, Rn. 9; VG Cottbus, Beschluss vom 9. Dezember 2019 – 6 L 306/18 –, juris Rn. 7; Beschluss vom 29. November 2011 – VG 6 L 131/11 -, juris, Rn. 4). Mit der unter dem Aktenzeichen V... erhobenen Klage begehrt die Antragstellerin jedoch die Feststellung der Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 26. Mai 2015.
Davon abgesehen wäre eine Vollstreckungsgegenklage im Hauptsacheverfahren aber auch nicht zulässig. Denn dies setzte einen nach Form und Inhalt zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel voraus (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 – VII ZR 204/90 -, juris Rn. 15; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020; § 167 Rn. 24). Um einen solchen handelt es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Vertrag vom 26. Mai 2015 jedoch nicht. Diesem fehlt die für eine Vollstreckung erforderliche Unterwerfungsklausel. Vorliegend haben die Beteiligten – ungeachtet dessen, ob dies abgabenrechtlich überhaupt zulässig war - einen subordinationsrechtlichen, öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen. Denn anstatt einen Beitragsbescheid zu erlassen, hat der Antragsgegner mit der Antragstellerin und Grundstückseigentümerin, an die er sonst den Beitragsbescheid richten würde, eine vertragliche Vereinbarung über die Bezahlung des Abwasserbeitrages für die Herstellung und Anschaffung seiner öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage getroffen. Ein solcher subordinationsrechtlicher, öffentlich-rechtlicher Vertrag stellt in Anlehnung an § 8 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i. V. m. § 61 Absatz 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nur dann einen Vollstreckungstitel dar, wenn sich die Vertragsparteien der sofortigen Vollstreckung unterwerfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1995 – 8 C 32/93 –, juris Rn. 21 f.; Bonk/Neumann/Siegel in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 61 Rn. 1; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 61 Rn. 7; Kämmerer, in: BeckOK VwVfG, 49. Ed. Stand: 1.4.2020, § 61 Rn. 1; Fehling, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht 5. Auflage 2021, § 61 VwVfG Rn. 29). Daran mangelt es hier aber. Der öffentlich-rechtliche Vertrag vom 26. Mai 2015 enthält zwar in § 2 eine Zahlungsvereinbarung und in § 3 eine Regelung über die Fälligkeit des Beitrages. Weder in diesen noch in anderen Bestimmungen werden aber Aussagen zu einer Vollstreckung aus der Vereinbarung getroffen.
Der Zulässigkeit eines Antrages nach § 123 Abs. 1 VwGO steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin laut Aktenlage keinen (vorherigen) ausdrücklichen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Antragsgegner gestellt hat. Dabei mag dahinstehen, ob vor einem Antrag nach § 123 Absatz 1 VwGO stets ein erfolgloser Antrag bei der zuständigen Verwaltungsbehörde gestellt worden sein muss (vgl. zum Meinungsstand: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 123 Rn. 22). Denn dem Antragserfordernis ist hier jedenfalls genüge getan. Die Antragstellerin hat bereits mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. September 2016 gegenüber dem Antragsgegner die Unwirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages gerügt und damit hinreichend deutlich gemacht, dass sie sich gegen den öffentlich-rechtlichen Vertrag insgesamt und damit auch dessen etwaige Vollstreckung wendet. Davon abgesehen hat der Antragsgegner nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens bereits den Vollstreckungsauftrag erteilt und damit zu erkennen gegeben, dass ein Antrag der Antragstellerin auf Unterlassung der Vollziehung ohnehin keine Aussicht auf Erfolg hätte. Hierauf lässt jedenfalls die Zahlungserinnerung vom 20. August 2020 schließen, welche die Antragstellerin von der Stadt D... als Vollstreckungsbehörde im Sinne von § 17 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (VwVGBbg) erhalten hat.
Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis kann der Antragstellerin auch nicht deshalb abgesprochen werden, weil sie mit ihrem Antrag insoweit der Sache nach möglicherweise vorbeugenden vorläufigen Rechtschutz begehrt, um lediglich künftige Vollstreckungsmaßnahmen abzuwehren. Die insoweit gebotene besondere Qualifizierung des Rechtsschutzbedürfnisses, das gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtet sein muss und für das kein Raum ist, wo und solange der Betroffene in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz – einschließlich der Verfahren nach §§ 80 Abs. 5 und 123 VwGO - verwiesen werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. August 2017 – 13 B 762/17 –, juris Rn. 15; Beschluss vom 1. August 2013 – 4 B 608/13 -, juris Rn. 2; OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. April 2012 – 8 ME 49/12 –, juris Rn. 24; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 1993 – 5 S 1112/93 –, juris Rn. 2 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 28. April 1992 – 21 CE 92.949 –, juris Rn. 5; VG Cottbus, Beschluss vom 30. März 2020 – 6 L 590/19 –, juris Rn. 20; Beschluss vom 29. November 2011 – 6 L 131/11 –, juris Rn. 5), liegt vor. Denn der Antragsgegner hat vorliegend zu erkennen gegeben, aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag in das Vermögen der Antragstellerin vollstrecken zu wollen. In der Antragserwiderung führt er hierzu aus, lediglich bis zu einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von einer Vollstreckung absehen zu wollen. Bei dieser Sachlage ist es der Antragstellerin mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht zumutbar, das Ergehen konkreter Vollstreckungsmaßnahmen als ggf. der Anfechtung und Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO zugängliche Verwaltungsakte abzuwarten, sich sodann gegen diese zur Wehr zu setzen und so ggf. auch den – wenn auch nur vorübergehenden – Verlust von Vermögenswerten hinzunehmen.
Der hiernach zulässige Antrag ist auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer solchen Regelungsanordnung ist das Vorliegen eines die Eilbedürftigkeit der Entscheidung rechtfertigenden Anordnungsgrundes sowie das Vorliegen eines Anordnungsanspruches aus dem materiellen Recht. Sowohl Grund als auch Anspruch müssen gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht werden. Dies ist hier erfolgt.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend daraus, dass der Antragsgegner mit dem – wie oben ausgeführt - erteilten Vollstreckungsauftrag an die Stadt D... die Zwangsvollstreckung aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag bereits eingeleitet hat. Dies wird hier auch dadurch belegt, dass in der Zahlungserinnerung der Stadt D... vom 20. August 2020 Vollstreckungsgebühren angesetzt werden. Zwar hat der Antragsgegner erklärt, vorläufig auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu verzichten, allerdings nur bis zur Entscheidung des Gerichts über den vorliegenden Antrag. Dies steht der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes nicht entgegen, da der Antragsgegner zum einen zu erkennen gegeben hat, dass er grundsätzlich beabsichtigt, gegen die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung zu betreiben und zum anderen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen jederzeit drohen, sollte das Gericht den Antrag ablehnen. Eilbedürftigkeit ist somit gegeben.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung glaubhaft gemacht, da bei summarischer Prüfung die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Dem Antragsgegner fehlt zur Vollstreckung der vertraglich vereinbarten Beitragsforderung ein Vollstreckungstitel. Denn wie oben bereits ausgeführt worden ist, hat sich die Antragstellerin in dem öffentlichen-rechtlichen Vertrag vom 26. Mai 2015 nicht der sofortigen Vollstreckung unterworfen. Ohne eine solche Unterwerfungsklausel darf der Antragsgegner nicht selbst Vollstreckungsmaßnahmen einleiten. Vielmehr muss er in diesem Fall zunächst beim Verwaltungsgericht auf die vertraglich geschuldete Leistung klagen, um dann aus dem – rechtskräftigen oder für vorläufig vollstreckbar erklärten – Urteil, das gem. § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Vollstreckungstitel ist, die Vollstreckung zu betreiben (vgl. VG Braunschweig, Beschluss vom 22. Mai 2000 - 8 B 205/00 -, NVwZ-RR 2001, 626, 627;Fehling, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021, § 61 VwVfG Rn. 29; Mann, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 61 Rn. 53).
Ist der verfahrensgegenständliche öffentlich-rechtliche Vertrag schon danach nicht vollstreckungsfähig, kann offen bleiben, ob einer Vollstreckung aus diesem Vertrag auch dessen von der Antragstellerin gerügte materiell-rechtliche Unwirksamkeit entgegensteht.
Auch die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der in der Zahlungserinnerung der Stadt D...vom 20. August 2020 ausgewiesenen Säumniszuschläge und Vollstreckungsgebühren liegen nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens nicht vor. Es fehlt insoweit nach summarischer Prüfung an dem erforderlichen Leistungsbescheid bzw. dem erforderlichen Leistungsgebot. Zwar gilt im Verwaltungsvollstreckungsrecht der Grundsatz, dass solche Nebenforderungen ohne selbständige Festsetzung zusammen mit der Hauptforderung vollstreckt werden können (vgl. § 19 Abs. 4 Satz 1 VwVGBbg). Es bedarf also weder zur Beitreibung von Säumniszuschlägen noch von Vollstreckungskosten eines gesonderten Leistungsbescheides im Sinne des § 3 VwVGBbg bzw. eines dem inhaltlich entsprechenden (vgl. dazu VG Cottbus, Beschluss vom 8. Mai 2013 – 6 L 307/12 –, juris Rn. 6 und zum VwVG des Bundes: Loose, in: Tipke/Kruse AO/FGO, 161. Lieferung 2020, § 254 AO Rn. 4), gesonderten Leistungsgebotes im Sinne der Abgabenordnung (AO). Die als Annex der Hauptforderungsvollstreckung ausgestaltete Mitvollstreckung von Nebenforderungen setzt jedoch, was hier - wie oben ausgeführt - nicht gegeben ist, die Vollstreckungsfähigkeit der Hauptforderung voraus. Anderenfalls scheidet eine Vollstreckung „zusammen“ mit der Hauptforderung von vornherein aus.
Können die verfahrensgegenständlichen Nebenforderungen danach hier nicht zusammen mit der Hauptforderung vollstreckt werden, müssen auch für deren Vollstreckung die allgemeinen (vgl. § 3 VwVGBbg) und besonderen (vgl. § 19 Abs. 2 VwVGBbg) Voraussetzungen für die Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung erfüllt sein. Dies ist nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens schon deshalb nicht der Fall, weil vorliegend für diese Nebenforderungen kein Leistungsbescheid bzw. kein Leistungsgebot ergangen ist.
Die Zahlungserinnerung der Vollstreckungsbehörde vom 20. August 2020 kommt hierfür nicht in Betracht, da dieses Schreiben mangels Regelungswirkung keinen Verwaltungsakt im Sinne des 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b. Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) i. V. m. § 118 Satz 1 AO darstellt.Vielmehr hat dieses Schreiben lediglich den Sinn, die Antragstellerin noch einmal auf ihre Rückstände hinzuweisen.
Dahinstehen kann, ob die im Verwaltungsvorgang enthaltene Mahnung des Antragsgegners vom 25. April 2017 Regelungswirkung entfaltet, da darin Säumniszuschläge ausdrücklich festgesetzt werden. Insoweit könnte es sich bei der Mahnung um einen (feststellenden) Verwaltungsakt im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b. KAK i. V. m. § 118 Satz 1 AO handeln, mit dem die gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. b. KAG i. V. m. § 240 Abs. 1 Satz 1 AO kraft Gesetzes entstehenden Säumniszuschläge in Bezug auf die konkrete Hauptforderung verbindlich festgestellt werden.Dies bedarf hier aber keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man die im Verwaltungsvorgang einzig enthaltene Mahnung des Antragsgegners vom 25. April 2017 und ggf. weitere, in Höhe des in der Zahlungserinnerung vom 20. August 2020 ausgewiesenen Säumniszuschlags von 1.167,50 Euro ergangene Mahnungen als (feststellende) Verwaltungsakte qualifizieren würde, fehlte diesen jedenfalls das für eine Vollstreckung der festgesetzten Säumniszuschläge erforderliche Leistungsgebot.
Dieses ist ein gegenüber der Festsetzung der Forderung selbständiger Verwaltungsakt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. April 2013 – 9 S 82.12 –, juris Rn. 69; VG Cottbus, Beschluss vom 31. Mai 2017 – 6 L 247/15 –, juris Rn. 11; Jatzke in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 260. Lieferung 10.2020, § 254 AO Rn. 24), der den Vollstreckungsschuldner, Gegenstand und Grund der Leistung sowie Angaben darüber enthalten muss, wann, wo und wie die Leistung zu bewirken ist (vgl. Werth, in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020; § 254 Rn. 5). Erforderlich ist weiterhin die ausdrückliche Aufforderung, die Leistung zu bewirken (Loose, in: Tipke/Kruse AO/FGO, 161. Lieferung 2020, § 254 AO Rn. 9). Diesen Anforderungen wird die Mahnung des Antragsgegners vom 25. April 2017 nicht gerecht. Die Antragstellerin konnte nach ihrem objektiven Verständnishorizont (vgl. BFH, Urteil vom 10. Mai 2012 – IV R 34/09 –, juris Rn. 36; Urteil vom 8. November 1995 - V R 64/94 -, juris Rn. 13) dem Schriftstück nicht entnehmen, dass damit eine verbindliche hoheitliche Zahlungsverpflichtung bezüglich des Säumniszuschlages ihr gegenüber begründet werden sollte. Zwar enthält die Mahnung eine Tabelle, in der neben dem Beitragsrückstand in Höhe von 3.660,79 Euro und dem Säumniszuschlag in Höhe von 219,00 Euro auch ein zu zahlender Betrag in Höhe von 3.879,79 Euro ausgewiesen wird. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Gesamtbetrag ohne Trennung zwischen dem bereits im öffentlich-rechtlichen Vertrag festgesetzten Beitrag und dem mit der Mahnung erstmals geltend gemachten Säumniszuschlag. Dies deutet darauf hin, dass der Antragsgegner mit dieser Mahnung lediglich eine von ihnen angenommene Leistungspflicht der Antragstellerin wiederholt oder einfach nur benennt, diese jedoch nicht (erstmals) rechtsverbindlich regeln wollte. Hierfür spricht auch, dass am Ende der Mahnung der Hinweis enthalten ist, diese als gegenstandslos zu betrachten, sollten die offen stehenden Beträge zwischenzeitlich beglichen worden sein. Insbesondere fehlt es der Mahnung aber auch an einer Frist für die Zahlung des Säumniszuschlags. Stattdessen wird die Antragstellerin nur gebeten, die Rückstände und die entstandenen Zuschläge nunmehr umgehend zu begleichen.
Im Übrigen spricht auch das äußere Erscheinungsbild der Mahnung gegen eine verbindliche Zahlungsaufforderung. Der Beklagte hat diese selbst nicht als Bescheid bezeichnet. Diese ist im Stil eines persönlichen Anschreibens gehalten, formuliert die Zahlungsaufforderung ausdrücklich als Bitte und verzichtet auf eine Rechtsbehelfsbelehrung. Dies allein schließt zwar die Annahme eines Verwaltungsakts grundsätzlich nicht aus, verstärkt jedoch aus Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers den Eindruck, dass es sich bei der Mahnung nicht um ein Leistungsgebot handelt, sondern insoweit ausschließlich um ein Schreiben mit informatorischem Charakter.
Zusammenfassend fehlt es daher sowohl bezüglich der Hauptforderung aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag als auch bezüglich der Nebenforderungen an den grundlegenden Voraussetzungen für die vom Antragsgegner eingeleitete Vollstreckung. Dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO war daher insgesamt stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes. Die Kammer legt in Anlehnung an Ziffern 1.5 und 1.7.1 2. HS des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58) in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sowohl in Abgaben- als auch Vollstreckungssachen regelmäßig ein Viertel des Abgabenbetrages zugrunde, dessen Beitreibung vorläufig verhindert werden soll. Dieser beträgt hier einschließlich der Nebenforderungen 4.900,29 Euro. Vor diesem Hintergrund ist der Streitwert auf 1.225,07 Euro festzusetzen.