Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 28.09.2011 | |
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Aktenzeichen | 8 K 1914/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 104a AufenthG, § 25 Abs 3 AufenthG, § 25 Abs 5 AufenthG, § 60 Abs 7 AufenthG, Art 8 MRK |
Die auf der Grundlage des IMK-Beschlusses vom 16./17. November 2006 erlassene Bleiberechtsregelung des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg ist nach Inkrafttreten von §§ 104a und 104b AufenthG am 28. August 2007 nicht mehr anwendbar.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Er reiste im Januar 1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte unter verschiedenen Namen erfolglos die Anerkennung als Asylberechtigter. Die unter seinem jetzigen Namen erhobene Asylklage wies das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) im September 1995 als offensichtlich unbegründet ab. Da der Kläger keinen gültigen Pass besaß, wurde sein Aufenthalt in der Folgezeit (mit Unterbrechungen) geduldet.
Am 4. Februar 1998 sprang der Kläger aus dem 4. Stock des Übergangswohnheims für Asylbewerber, als das von ihm und drei weiteren Asylbewerbern bewohnte Zimmer von Mitarbeitern eines Wachschutzes frühmorgens aufgesucht wurde, um zwei der Mitbewohner der Abschiebung zuzuführen. Wegen der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen, unter deren Folgen er noch heute leidet, machte der Kläger Schadensersatzansprüche geltend. Seinen dahingehenden Antrag lehnte der Kommunale Schadensausgleich im Juni 2000 ab. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Schadensersatzklage blieb vor dem Landgericht Potsdam ohne Erfolg; die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Brandenburgische Oberlandesgericht am 25. April 2003 zurück.
Im Ergebnis einer Vorführung des Klägers hatte die ghanaische Botschaft bereits im April 2000 die Ausstellung eines Passersatzpapieres zugesichert, sobald die Verhandlungen wegen des vom Kläger verfolgten Schadensersatzanspruches abgeschlossen seien. Anlässlich der anhaltenden Bemühungen des Beklagten, ein Passersatzpapier für den Kläger von der Botschaft zu erhalten, hielt der dort zuständig gewordene Mitarbeiter eine erneute persönliche Vorsprache des Klägers für erforderlich, zu der es im September 2004 kam. Bei dieser Gelegenheit erklärte der Kläger, dass das Schadensersatzverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Daraufhin forderte die Botschaft einen schriftlichen Nachweis für die Beendigung des Schadensersatzverfahrens.
Am 19. Januar 2007 beantragte der Kläger, der sich bereits zuvor mehrfach erfolglos um eine Aufenthaltsgenehmigung bemüht hatte, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Bleiberechtsbeschluss der Innenministerkonferenz (IMK) vom 16./17. November 2006, hilfsweise eine auch für das Land Berlin gültige Duldung, um eine Arbeitsplatzsuche sowie die private Wohnsitznahme zu ermöglichen. Mit Bescheid vom 20. April 2007 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung ab. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies er mit Bescheid vom 8. September 2008 zurück. Der Kläger habe behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert bzw. behindert. Insofern sei er von der Begünstigung nach der Bleiberechtsregelung ebenso wie von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG ausgeschlossen.
Die zugleich gestellten Anträge auf Ermöglichung einer Wohnsitznahme außerhalb des Übergangswohnheimes für Asylbewerber und auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis wurden ebenfalls abgelehnt. Die nach erfolglosen Widerspruchsverfahren insoweit vor dem Verwaltungsgericht Potsdam erhobenen Klagen (5 K 1744/07 und 5 K 1804/07) galten mangels Betreiben der Verfahren als zurückgenommen; die Verfahren wurden im November 2008 eingestellt.
Den auf die Anerkennung der Vaterschaft für ein deutsches Kind gestützten Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG vom Juni 2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2009 ab. Die dagegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage (VG 8 K 1008/10) nahm der Kläger, der seit dem 2. Oktober 2008 im Besitz eines bis zum Juli 2018 gültigen ghanaischen Reisepasses ist, im Mai 2011 zurück. Er unterhalte wegen des entgegenstehenden Willens der Kindesmutter keinen Kontakt zu dem Kind und wolle gegen deren Willen auch nicht den Nachweis seiner biologischen Vaterschaft erbringen.
Im Dezember 2010 beantragte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Dabei legte er ärztliche Bescheinigungen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité vom 5. April 2007, 10. August 2010 und 7. Dezember 2010 sowie den Ergebnisbericht einer amtsärztlichen Untersuchung vom 23. August 2010 vor. Wegen des Inhalts der Bescheinigungen und des Berichts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf Band 5, Bl. 692 f. und Band 8, Bl. 1184 f. der Verwaltungsvorgänge sowie auf Bl. 63 bis 65 der Akte Bezug genommen. Mit Bescheid vom 5. April 2011 lehnte das Bundesamt das Wiederaufgreifen des Verfahrens ab, weil die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG nicht vorlägen und auch eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erkennbar sei. Die dagegen erhobene Klage (VG 6 K 919/ 11.A) nahm der Kläger im Juni 2011 zurück, nachdem sein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 20. Mai 2011 abgelehnt worden war (VG 6 L 281/11.A).
Zur Begründung der vorliegenden, gegen den Versagungsbescheid des Beklagten vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2008 gerichteten Klage macht der Kläger geltend, seine gesundheitliche Situation verschlechtere sich mehr und mehr. Er sei nicht reisefähig, wie das ärztliche Schreiben der Charité vom 7. Dezember 2010 und das im Eilrechtsschutzverfahren VG 8 L 337/11 eingereichte ärztliche Attest der Charité belegten. Im Falle der vom Beklagten fest beabsichtigten Abschiebung müsse mit dem erneuten Auftreten einer Panikattacke, wie bei dem Vorfall vom 4. Februar 1998, gerechnet werden. Ihm stehe ein Anspruch auf Aufenthalt aus humanitären Gründen zu, weil er seit mehr als 20 Jahren in Deutschland lebe. Dadurch, dass er nicht arbeiten dürfe, werde ihm die Integration verwehrt. Er habe nicht in eine Einzelwohnung ziehen können. In Verbindung mit dieser unsicheren und perspektivlosen Lebenssituation verschlechtere sich sein Gesundheitszustand rapide. Er sei zutiefst hoffnungslos und verzweifelt. Die Voraussetzungen des § 104a AufenthG hätten bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. Oktober 2008 vorgelegen. Auch müsse die Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz aus dem Jahre 2006 für ihn gelten. Schließlich sei nach Beendigung der asylrechtlichen Verfahren der Beklagte zuständig dafür, das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 79 Abs. 1 S. 2 AufenthG zu prüfen. Seine Erkrankungen stellten sowohl zielstaats- als auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse dar.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrates des Landkreises Teltow-Fläming vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2008 zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, § 104a Abs. 1 AufenthG könne nicht zur Begründung eines Aufenthaltsrechts herangezogen werden, da der Kläger vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht und damit behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendung hinausgezögert und behindert habe. Schließlich ergebe sich auch aus der gesundheitlichen Situation des Klägers kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 5 K 3666/04; 5 K 2755/05; 5 K 1744/07; 5 K 1804/07; 5 L 569/08; 5 K 2004/08; 8 K 1008/10; VG 8 L 337/11; VG 6 L 281/11.A und VG 6 K 919/11.A sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (12 Hefter, Bl. A 1- A 113, Bl. 1 bis 1391) Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht nach der hierfür maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der Kammer (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2009 - 1 C 17.08 -, NVwZ 2010, 262) kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaub-nis zu, so dass der Versagungsbescheid vom 20. April 2007 und der Wider-spruchsbescheid vom 8. September 2008 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
1. Aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ergibt sich kein Anspruch des Klägers, weil der diesbezügliche Versagungsbescheid des Beklagten vom 23. November 2009 infolge der Klagerücknahme im Verfahren VG 8 K 1008/10 bestandskräftig geworden ist. Abgesehen davon beruft sich der Kläger selbst nicht auf eine zwischen ihm und dem Kind, für das er eine aufgrund der Ehelichkeit des Kindes nicht wirksame Vaterschaftsanerkennung abgegeben hat, bestehende familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne von § 27 Abs. 1 AufenthG.
2. Nachdem der Kläger auch die Klage (VG 6 K 919/11.A) in dem Asylfolgeverfahren zurückgenommen hat, scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 3 AufenthG ebenfalls aus. Aufgrund des bestandskräftig gewordenen Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge steht für den Beklagten bindend (§ 42 AsylVfG) fest, dass ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht gegeben ist; sonstige Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 5 und Abs. 7 AufenthG kommen nach Lage der Dinge nicht in Betracht.
3. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der von der IMK am 16./17. November 2006 beschlossenen Bleiberechtsregelung nicht zu.
a) Diese Bleiberechtsregelung bzw. der hiernach ergangene Erlass Nr. 09/2006 des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg ist nach Inkrafttreten von §§ 104a und 104b AufenthG am 28. August 2007 nicht mehr anwendbar. Mit diesen Vorschriften ist eine abschließende gesetzliche Altfallregelung in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen worden, die der von der IMK am 16./17. November 2006 sowie den danach von den einzelnen Bundesländern beschlossenen Bleiberechtsregelungen die Grundlage entzieht (so zutreffend OVG Hamburg, Urteil vom 29. Januar 2008 - 3 Bf 149/02 -, InfAuslR 2009, 64; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Februar 2010, Rz. 1 zu § 104a AufenthG; Maaßen, in Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, 4 B III 14, Rz. 685; L.I.1. der Hinweise des BMI vom 2. Oktober 2007 zum Richtlinienumsetzungsgesetz; a.A. - für ein „Nebeneinander“ der Regelungen -: OVG Lüneburg, Urteil vom 27. September 2007 - 11 LB 69/07-; VGH Mannheim, Beschluss vom 28. April 2008 - 11 S 683/08 -, jew. juris; Funke-Kaiser, in GK-AufenthG, Stand Mai 2010, Rz. 2 zu § 104a; Fehrenbacher, in HTK-Ausländerrecht, Stand Januar 2011, Anm. 5 zu § 104a AufenthG; Nr. 104a.0.2 AVwV-AufentG). Der Bleiberechtsbeschluss der IMK vom 16./17.November 2006 misst sich nach seinem Vorspruch unter I. nur provisorischen Geltungsanspruch als Zwischenlösung im Vorgriff auf die erwartete gesetzliche Altfallregelung zu (vgl. auch Marx, Die Anordnungen der Bundesländer zur Umsetzung des Bleiberechtsbeschlusses vom 17. November 2006, ZAR 2007, S. 43), sollte mithin über den Zeitpunkt der Einführung dieser gesetzlichen Regelungen hinaus nicht ergänzend fortgelten. Soweit sich die Gegenmeinung für Aufenthaltserlaubnisanträge, die bereits nach der Bleiberechtsregelung gestellt worden sind, auf das „Günstigkeitsprinzip“ beruft (Funke-Kaiser, a.a.O.; Nr. 104a.0.2 AVwV-AufenthG), übersieht sie, dass es, wie eingangs der Entscheidungsgründe erwähnt, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Tatsachenentscheidung ankommt, der Ausländer mithin das Risiko trägt, dass seit der Beantragung des Aufenthaltstitels eine ihm ungünstige Änderung in den entscheidungserheblichen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen eingetreten ist.
b) Im Übrigen genügt der Kläger nicht den nach der Anwendungspraxis der brandenburgischen Ausländerbehörde, wie sie in Nr. 2.1 des Erlasses Nr. 09/2006 umschrieben ist, Anforderungen an eine wirtschaftliche Integration, die am Stichtag des 17. November 2006 vorgelegen haben müssen. Der Kläger stand zu diesem Zeitpunkt - und dies gilt bis heute - nicht in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis und sein Lebensunterhalt war nicht nachweislich durch eine selbständige Erwerbstätigkeit seit mindestens einem Jahr gesichert. Vielmehr bezog er, wie die Auskunft des Sozialamts des Beklagten vom 18. April 2007 (Band 5, Bl. 664 des Verwaltungsvorgangs) beispielhaft belegt, seinerzeit laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Seine Bemühungen, eine Erlaubnis für die Beschäftigung bei der Firma T S Food Traders zu erhalten, die ihm im Februar 2007 eine allerdings hinsichtlich der Einkommenshöhe nicht konkrete Einstellungszusage erteilt hatte, hat er nicht weiterverfolgt; vielmehr wurde das Klageverfahren 5 K 1804/07 wegen Nichtbetreibens eingestellt.
Ferner spricht viel dafür, dass der Kläger sich entgegenhalten lassen muss, behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert bzw. behindert zu haben (vgl. Nr. 3.2 des Erlasses Nr. 09/2006), nachdem er gegenüber der ghanaischen Botschaft im September 2004 der Wahrheit zuwider angegeben hat, das Schadensersatzverfahren wegen des Vorfalls im Februar 1998 sei noch nicht abgeschlossen. Tatsächlich hatte das Landgericht Potsdam die entsprechende Akte schon im Jahr 2003 weggelegt, nachdem der Kläger mit seinem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch im Beschwerdeverfahren ohne Erfolg geblieben war. Dass der Kläger von sich aus oder auf die Aufforderung des Beklagten vom 1. Juni 2007 seine Angaben gegenüber der Botschaft richtiggestellt hätte, behauptet er selbst nicht und ist auch nicht ersichtlich. Dem Ausschlussgrund steht nicht entgegen, dass dem Kläger im Oktober 2008 ein Pass ausgestellt worden ist; dies ist erkennbar auf den Umstand zurückzuführen, dass der Kläger seinerzeit meinte, wegen der Anerkennung der Vaterschaft für ein Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die Kausalität für das vorangegangene Verhalten, das zur Hinauszögerung bzw. Behinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen geführt hat, entfällt dadurch nicht (vgl. zur Relevanz von in der Vergangenheit liegenden Täuschungshandlungen auch BVerwG, Urteil vom 19. April 2011 - 1 C 3.10 -, AuAS 2011, 182).
4. Nach den vorstehenden Ausführungen steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG zu, weil insoweit der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vorliegt. Abgesehen davon verfügt der Kläger nicht über ausreichenden Wohnraum (vgl. § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG), weil er nach wie vor in einem Mehrbettzimmer in einem Asylbewerberwohnheim untergebracht ist. Über Wohnraum, der als Gemeinschaftsunterkunft Bedürftigen zur Beherbergung dient, „verfügen“ die Betreffenden jedoch nicht (vgl. VG München, Urteil vom 19. Mai 2010 - M 25 K 09.620 -, juris, Rzn. 18, 20 m.w.N.). Schließlich steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung entgegen, dass der Ersterteilungszeitraum (bis zum 31. Dezember 2009, § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG) mittlerweile abgelaufen ist. Dabei geht die Kammer zwar davon aus, dass eine Ersterteilung nach den Vorschriften über die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG für die Zukunft ausnahmsweise dann möglich ist, wenn der Ausländer rechtzeitig vor dem 31. Dezember 2009 eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis beantragt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2011 - 1 C 22/09 -, juris, Rz. 25). Denn es darf nicht zum materiellen Anspruchsverlust führen, wenn über einen rechtzeitig gestellten Antrag nicht vor dem 31. Dezember 2009 abschließend entschieden worden ist. Allerdings darf der Ausländer nicht besser stehen, als ein Ausländer, der einen Aufenthaltstitel gemäß § 104a AufenthG erhalten hat, der über den gesetzlichen Gültigkeitszeitpunkt hinaus nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 104a Abs. 5 und Abs. 6 AufenthG verlängert wird. Diese Voraussetzungen liegen jedoch wegen der fehlenden wenigstens überwiegenden Sicherung des Lebensunterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit des Klägers (vgl. § 104a Abs. 5 Satz 2 und 3 AufenthG) nicht vor. Auch ein Härtefall, in dem gemäß § 104a Abs. 6 AufenthG von den Voraussetzungen des § 104a Abs. 5 AufenthG abgewichen werden kann, ist nicht ersichtlich. Der Kläger ist insbesondere nicht erwerbsunfähig im Sinne von § 104a Abs. 6 Nr. 4 AufenthG.
5. Schließlich kommt auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht.
Die zuvor gegebene Unmöglichkeit der Abschiebung des Klägers wegen der Passlosigkeit, auf der der stattgebende Beschluss des Gerichts vom 27. Dezember 2000 im Verfahren 9 L 1183/00 basierte, ist entfallen, da der Kläger nunmehr im Besitz eines bis Juli 2018 gültigen ghanaischen Reisepasses ist. Auf eine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise aus anderen Gründen kann sich der Kläger nicht berufen.
a) Soweit er auf seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet verweist, ergibt sich daraus auch im Hinblick auf den Schutz des Privatlebens im Sinne von Art. 8 EMRK kein Abschiebungsverbot zu seinen Gunsten. Das Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Gesamtheit der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben jedes Menschen konstitutiv sind und denen angesichts ihrer zentralen Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung eines Menschen bei fortschreitender Aufenthaltsdauer wachsende Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2010 - 1 C 18/09 -, NVwZ-RR 2011, 210 m.w.N.). Der Schutz des Privatlebens und einer mit der Aufenthaltsdauer einhergehenden Verwurzelung im Bundesgebiet nach Art. 8 EMRK erfordern jedoch grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes und des Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts im Bundesgebiet. Hierfür reichen asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen, wie sie dem Aufenthalt des Klägers seit seiner Einreise allenfalls zugrundelagen, nicht aus (BVerwG, a.a.O.).
b) Auch ein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot liegt nicht vor. Dass eine Abschiebung des Klägers mit der Gefahr eines Suizids einherginge, kann nicht angenommen werden. Ausdrücklich stellt die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité unter dem 7. Dezember 2010 fest, bei dem Kläger bestehe „derzeit“ keine Suizidgefahr. Soweit diese Bescheinigung und die weiteren Atteste der Klinik vom 5. April 2007, vom 10. August 2010 und vom 13. September 2011 sowie das amtsärztliche Untersuchungsergebnis vom 23. August 2010 auf einen Suizidversuch des Klägers am 4. Februar 1998 verweisen, kann ihnen nicht gefolgt werden. Der Kläger hat das damalige Geschehen mehrfach, unter anderem in dem Prozesskostenhilfe-verfahren vor dem Landgericht Potsdam und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht, zuletzt in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 16. Juni 2011, gleichbleibend als fehlgeleiteten Fluchtversuch geschildert. In der Antragsschrift an das Landgericht Potsdam heißt es wörtlich, der Kläger habe sich durch das gewaltsame Eindringen der Wachschutzmitarbeiter in das Zimmer im Wohnheim eines unmittelbaren Angriffs und unmittelbarer Lebensgefahr ausgesetzt gewähnt und sich aus dem Fenster geworfen, „um sein Leben zu retten“. Dies schließt es aus, das damalige Geschehen als Suizidversuch zu werten. Die ärztlichen Bescheinigungen bilden wegen dieser unzutreffenden Anamnese auch keine aussagekräftige Grundlage für die Annahme, der Kläger könne im Falle einer Abschiebung erneut in eigengefährdende Panikattacken verfallen. Abgesehen davon spricht nichts für die Annahme, eine Abschiebung des Klägers werde unter den damaligen Begleiterscheinungen erfolgen, die die Todesängste hervorgerufen haben sollen.
Anhaltspunkte einer Reiseunfähigkeit sind gleichfalls nicht ersichtlich. Sowohl die Ärzte der Charité als auch der Amtsarzt bescheinigen dem Kläger die Reisetauglichkeit, wobei allerdings eine - vom Beklagten bereits durch telefonische Absprache mit dem Bundespolizeipräsidium Koblenz am 22. Juli 2011 vorbereitete - ärztliche Begleitung wegen der Sichelzellenanämie des Klägers erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.