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Herstellung von Holzhackschnitzeln; Grundstückspächter; Nutzungsuntersagung; Anordnung sofortiger Vollziehung; Begründung; formelle Illegalität; offensichtliche Genehmigungsfähigkeit; Art des Betriebes; tatsächlich ausgeübte Nutzung; laufendes Baugenehmigungsverfahren; Schallimmissionsprognose; intendiertes Ermessen; Duldung; Zuwiderhandlung; Versiegelung; Rechtsstellung des Grundstückseigentümers


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 25.10.2012
Aktenzeichen OVG 2 S 62.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 21. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 60.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist nicht aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zu beanstanden.

1. Soweit das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die vom Antragsgegner mit Bescheid vom 7. August 2012 angeordnete und für sofort vollziehbar erklärte Untersagung der Nutzung der Grundstücke am Heuberg .../Grützer Chaussee ... (Flur ..., Flurstücke ..., ... und ...) in Rathenow, Ortsteil Göttlin, zur Herstellung von Holzhackschnitzeln, zum Verkauf und Handel von Holzbrennstoffen, Holzrecycling und Holztransporte abgelehnt hat, hat es seine Entscheidung damit begründet, die derzeitige Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke durch die Antragstellerin erfolge formell illegal, da sie dafür nicht über eine Baugenehmigung verfüge und ein etwaiger Bestandsschutz erloschen sei. Dies greift die Beschwerde nicht an.

Weiter ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, Ermessensfehler seien nach seinem Erkenntnisstand nicht gegeben, weil die Antragstellerin gegen die zwischen dem Antragsgegner und dem Ehepaar S... getroffene Vereinbarung vom 16. Juli 2009 (im Folgenden: Duldungsvereinbarung), in der zahlreiche detaillierte Vorgaben für den o.a. Betrieb gemacht worden sind und bei deren Einhaltung der Antragsgegner zusicherte, dass ein Weiterbetrieb geduldet werden könne, verstoßen hat. Zudem rechtfertige grundsätzlich bereits allein die formelle Illegalität der in Rede stehenden Nutzung des Grundstücks die Nutzungsuntersagung, da der Bauaufsichtsbehörde insoweit ein intendiertes Ermessen eingeräumt sei.

a) Entgegen der Ansicht der Beschwerde kann die Antragstellerin aus der Duldungsvereinbarung vom 16. Juli 2009 nichts für sich herleiten. Soweit die Antragstellerin darlegt, dass und aus welchen Gründen die Duldungsvereinbarung auch zu ihren Gunsten gelte, kommt es auf ihre diesbezüglichen Ausführungen nicht an. Es kann nämlich – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (BA S. 5) – offen bleiben, ob sich die Antragstellerin auf die Duldungsvereinbarung berufen kann, da das Verwaltungsgericht überwiegend zutreffend festgestellt hat, dass sie die darin enthaltenen Vorgaben nicht eingehalten hat.

aa) Zwar dürfte die Antragstellerin zu Recht die Annahme des Verwaltungsgerichts beanstanden, sie habe den Betrieb auf den streitgegenständlichen Grundstücken auch räumlich, insbesondere auf das Flurstück ... ausgeweitet (vgl. BA S. 4). Die Duldungsvereinbarung vom 16. Juli 2009 bezieht sich ausweislich der darin enthaltenen Angaben auf das Grundstück: Rathenow, Ortsteil: Göttlin, Am Heuberg ..., Gemarkung: Göttlin, Flur: ..., „Flurstück: ... .../1 tw.“ (vgl. VV 883-08, Bl. 27). Der Vortrag der Antragstellerin, bei der Bezeichnung .../1 tw. handele es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, wird durch die im vorangegangenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren –VG 5L 278/12 – in Kopie eingereichte alte Flurkarte (dort Bl. 205) belegt, in der das genannte Flurstück mit .../1 bezeichnet ist. Dies entspricht dem heutigen Flurstück .... Weiterhin ergibt die in der genannten Duldungsvereinbarung enthaltene Beschreibung des seinerzeitigen Betriebsumfangs, insbesondere die Nennung von „Holzlagerflächen (a)“ im Plural, in Verbindung mit dem Lageplan zu der Vereinbarung (vgl. Akte des Verfahrens VG 5 L 278/12, Bl. 206 f), dass damals zumindest auch eine Teilfläche des Flurstücks ... als Holzlagerfläche vorgesehen, mithin Bestandteil der Duldungsvereinbarung war.

Ebenso dürfte die Antragstellerin sich berechtigterweise gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichts wenden, der Betrieb sei u.a. dadurch intensiviert worden, dass er neben der Produktion und dem Verkauf von Holzbrennstoffen nunmehr auch Holztransporte, Holzrecycling und die Herstellung von Holzhackschnitzeln umfasse. Denn dass Letzteres Gegenstand des Gewerbes ist, wird bereits in einem Vermerk des Bauordnungsamtes vom 24. April 2008 erwähnt (vgl. VV 883-08, Bl. 5), während Holztransporte schon vom Wortlaut der Duldungsvereinbarung umfasst sind.

Weiter dürfte die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zutreffen, die Antragstellerin verstoße dadurch gegen die Duldungsvereinbarung, dass täglich 10 - 15 Lkw zur An- und Abfahrt der Hackschnitzel eingesetzt und das Grundstück befahren würden. Denn ausweislich der Vereinbarung vom 16. Juli 2009 ist lediglich das Be- und Entladen von Lkw mit Stämmen oder gespaltenen Stämmen begrenzt (max. 6mal pro Werktag), während für die übrigen Lkw-Fahrten keine Festlegung erfolgt ist. Dies erscheint auch plausibel, weil anderenfalls jeglicher Transport von Holzhackschnitzeln untersagt wäre.

Ohne Bedeutung ist dagegen die Frage, ob die Nutzung inzwischen, wie die Antragstellerin vorträgt, räumlich sogar beschränkt wurde, oder ob das Zerkleinern der Stämme zu Holzhackschnitzeln laut Antragstellerin nicht täglich 5 Stunden gedauert, sondern sich auf 3 Stunden je Tag beschränkt habe, da das Verwaltungsgericht auf die schlichte Einhaltung der Vorgaben in der Duldungsvereinbarung abgestellt hat. Auch ist die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter nicht relevant, da insoweit in der Vereinbarung nichts geregelt worden ist und dieser Umstand für sich nicht zwingend eine Betriebsintensivierung indiziert.

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin jedoch gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, „die derzeitige Nutzung, insbesondere das Betreiben einer Tankstelle für die Firmenfahrzeuge, der Betrieb einer Werkstatt und auch die Nutzung eines Teils des Grundstücks als Abstellplatz für Lkw bzw. forstwirtschaftliche Maschinen“, stellten offensichtlich Nutzungen dar, die nach § 54 BbgBO einer Baugenehmigung bedürfen, die nicht vorliege und auch nicht von der Regelung der Vereinbarung vom 16. Juli 2009 gedeckt sei.

Dabei kommt es vorliegend nicht darauf an, dass der Antragsgegner die vorgenannten Nutzungen nicht ausdrücklich in der angegriffenen Ordnungsverfügung vom 7. August 2012 anführt, da er den Bescheid nicht ausschließlich auf Zuwiderhandlungen gegen die Vereinbarung vom 16. Juli 2009 stützt und sich zur Begründung ersichtlich lediglich beispielhaft auf eine kapazitätsmäßige und räumliche Ausweitung des Betriebes sowie Beschwerden der unmittelbar betroffenen Anwohner beruft.

Die vom Verwaltungsgericht beanstandeten Nutzungen sind in dem nach Ansicht des Senats maßgeblichen Text der Duldungsvereinbarung nicht erwähnt. Sie enthält unter Punkt 3 eine Beschreibung des seinerzeitigen Betriebsumfangs, in der weder eine Tankstelle, eine Werkstatt noch eine Abstellfläche für Lkw bzw. forstwirtschaftliche Maschinen erwähnt ist, und im Anschluss hieran den ausdrücklichen Hinweis, dass weitere Umbauten/Nutzungsänderungen der baulichen Anlagen und Erweiterungen der Lagerflächen nicht durchgeführt werden dürfen. Ebenso wenig lassen die unter Punkt 6 detailliert aufgezählten Vorgaben für eine vorübergehend geduldete Weiterführung des Betriebs, insbesondere zur Löschwasserversorgung und zum Brandschutz, erkennen, dass Gegenstand des vorgefundenen Betriebes auch eine Tankstelle und eine Werkstatt waren. Es hätte nämlich nahe gelegen, der Antragstellerin angesichts einer fehlenden Baugenehmigung gerade insoweit entsprechende Schutz-/Sicherheitsvorkehrungen aufzugeben. Den von der Antragstellerin angeführten eidesstattlichen Versicherungen ihrer Geschäftsführer vom 1. Juni, 2. Juli, 30. August, 17. September und 25. September 2012 kommt demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu, zumal keine der genannten Erklärungen eine genaue Aufzählung oder anderweitige Beschreibung der am 16. Juli 2009 ausgeübten Nutzungen enthält. Zudem hat der Antragsgegner mit der Antragserwiderung als Beleg für das Nichtvorhandensein einer Tankstelle ein Foto von ihrem jetzigen Standort mit Datum vom 16. Juli 2009 eingereicht (Streitakte Bl. 342). Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht. Angesichts der vorstehenden Ausführungen scheidet die Annahme eines hiervon abweichenden konkludenten Inhalts der Duldungsvereinbarung, wie die Antragstellerin ihn geltend macht, aus.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin rechtfertigt weder der Umstand, dass die Tankstelle aus einer an einem oberirdischen Dieseltank angeschlossenen Zapfsäule besteht, noch dass Tankstelle und Werkstatt Gegenstand des laufenden Baugenehmigungsverfahrens sind und in diesem Rahmen nicht beanstandet worden sein sollen, eine abweichende Beurteilung. Denn allein die von der Antragstellerin mit Eingang des Bauantrages unterstellte Kenntnis des Antragsgegners von derartigen bereits aufgenommenen Nutzungen berechtigt die Antragstellerin rechtlich nicht zur Nutzungsaufnahme vor Erteilung einer Baugenehmigung. Weiter ist nicht relevant, wie viele Lkw nachts oder tags auf der genannten Fläche abgestellt werden und in welchem Umfang dies geeignet ist, Immissionen hervorzurufen, da allein die hiermit vorgenommene Nutzungsänderung einen Verstoß gegen die Vereinbarung vom 16. Juli 2009 darstellt, auf den das Verwaltungsgericht abgestellt hat. Angesichts dessen kommt es für das vorliegende Verfahren auf Inhalt, Anzahl und Berechtigung der Beschwerden der unmittelbaren Nachbarschaft, deren immissionsschutzrechtliche Erheblichkeit sowie das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht an.

b) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin weiter geltend, dass nach Auskunft des Vertreters der für Immissionsschutz zuständigen Fachbehörde Gründe des Immissionsschutzes sowohl in Bezug auf die Nachbarn des Vorhabengrundstückes als auch auf das Vorhabengrundstück selbst die Ordnungsverfügung zur Nutzungsuntersagung und die sich daraus ergebende Vollstreckung nicht tragen könnten. Denn die dem zugrunde liegende Annahme der Antragstellerin, der Antragsgegner habe in den tragenden Gründen der Nutzungsuntersagung ausschließlich auf Immissionen durch Lärm, Geruch und Staub abgestellt, geht fehl. Ausweislich des Wortlauts des Bescheides vom 7. August 2012 (Pkt. II., S. 4 und 5) hat der Antragsgegner sich vielmehr tragend auf die formelle Illegalität der Grundstücksnutzung gestützt und im Folgenden auf das im Fall einer Nutzungsuntersagung bestehende intendierte Ermessen hingewiesen.

Soweit die Antragstellerin die Ausübung des Ermessens beanstandet und zur Begründung auf die bisherige Duldung, den in Kraft gesetzten vorhabenbezogenen Bebauungsplan und den Stand des Baugenehmigungsverfahrens verweist, bleibt ihrem Vorbringen gleichfalls der Erfolg versagt.

Bezüglich der bisherigen Duldung kann sich die Antragstellerin aus den vorstehend unter a) angeführten Erwägungen nicht auf die Duldungsvereinbarung vom 16. Juli 2009 stützen. Auch spätere, vom Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid geschilderte Vorgaben hat sie ausweislich der Verwaltungsvorgänge nicht eingehalten. So ist z.B. bei einer Ortsbesichtigung am 1. Juni 2011 vereinbart worden, dass der Betrieb der Hackmaschine auf ein Minimum zu reduzieren (einmal pro Woche von 9:00 bis 12.00 Uhr) und im Vorfeld anzukündigen sei. Ausweislich der im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners abgehefteten Mitteilungen der Geschäftsführer der Antragstellerin ist die Hackmaschine jedoch am 7. Juni 2011 von 9:00 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 17:00 Uhr, am 4. Juli 2011 von 9:00 bis 16:00 Uhr, am 3. August 2011 von 15:00 bis 18:00 Uhr und am 15. August 2011 von 13:00 bis 17:00 Uhr betrieben worden. Mit Schreiben vom 4. April 2012 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, von der für den nächsten Tag geplanten Versiegelung des Betriebsgrundstücks u.a. bei sofortiger Einstellung der Sieb- und Verladetätigkeiten auf dem Grundstück sowie bei einer Beschränkung des Lkw-Verkehrs von und zum sowie auf dem Grundstück auf die Zeit von montags bis freitags zwischen 7:00 und 20:00 Uhr Abstand zu nehmen. Dennoch ist in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert, dass z. B. am 1. und 15. September 2012 (jeweils ein Samstag) Lkw-Fahrten und Verladetätigkeiten stattgefunden haben. Auch wird die Siebanlage nach den eigenen Angaben der Geschäftsführer der Antragstellerin (vgl. eidesstattliche Versicherung vom 17. September 2012) auf dem Grundstück im Freien betrieben.

Auf den Stand des Baugenehmigungsverfahrens kommt es aus den nachstehend dargestellten Gründen nicht an.

c) Soweit sich die Antragstellerin gegen die Darstellung des formellen Standes des Baugenehmigungsverfahrens in dem angegriffenen Beschluss wendet, ist ihr Vorbringen schon deshalb nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil es hierauf nicht ankommt. Denn ein Absehen von einer Nutzungsuntersagung könnte, da Bestandsschutz nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts vorliegend ausscheidet und für das Vorliegen einer atypischen Fallgestaltung nichts vorgetragen ist, nur geboten sein, wenn die ausgeübten Nutzungen offensichtlich materiell genehmigungsfähig wären. Es müsste ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar sein, dass der Erteilung der erstrebten Baugenehmigung keine Hinderungsgründe entgegenstehen (vgl. OVG Sachs.-Anh., Beschluss vom 25. August 2004 – 2 M 262/04 -, juris). Dass dies bei einem Betrieb der in Rede stehenden Art auf einem Betriebsgrundstück, das an Grundstücke mit einer Wohnnutzung angrenzt, nicht der Fall ist, liegt auf der Hand.

Unabhängig hiervon zeigt die im Baugenehmigungsverfahren erstellte ausführliche Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 12. September 2012, der u.a. eine Schallimmissionsprognose zu Grunde liegt und nach der umfangreiche Nebenbestimmungen für den Betrieb der Antragstellerin erforderlich sind, dass die erforderliche Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit für die Nutzungen, die Gegenstand des Bauantrages sind, nicht gegeben ist. Hinzu kommt, dass die zur Genehmigung gestellten Nutzungen nicht in jeder Hinsicht identisch sind mit den derzeit tatsächlich ausgeübten. So ist Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens und der o.a. Stellungnahme vom 12. September 2012 der Betrieb der Siebanlage in der auf dem Grundstück neu zu errichtenden großen Lagerhalle, außerhalb der Halle ist der Betrieb der Siebmaschine unzulässig (vgl. Nebenbestimmung - NB - 13). Die Siebanlage wird jedoch ausweislich der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführer der Antragstellerin vom 17. September 2012 derzeit im Freien auf dem Lagerplatz 3 betrieben. Insoweit ist der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass bezüglich der nunmehr noch ausgeübten Nutzungen, die Gegenstand der eidesstattlichen Versicherungen vom 17. und 20. September 2012 (richtig wohl 25. September 2012) seien, materielle Genehmigungsfähigkeit vorliege, d.h. dass sie materiell baurechtmäßig seien, nicht berechtigt.

Aus den vorstehenden Gründen treffen sämtliche Annahmen der Antragstellerin, die auf der materiellen Genehmigungsfähigkeit der derzeit ausgeübten Nutzungen beruhen, nicht zu. Dies gilt insbesondere für die Ansicht, es sei wegen der insgesamt bestehenden materiell-rechtlichen Unbedenklichkeit der derzeit tatsächlich ausgeübten Nutzungen nicht wichtig, ob diese von der Duldungsvereinbarung gedeckt seien, sowie ihren weiteren Einwand, die vollständige Nutzungsuntersagung und die Versiegelung seien daher auch unverhältnismäßig.

d) Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung dem in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO geregelten Begründungserfordernis genügt. Indem die schriftliche Begründung darauf abstellt, dass die Benutzung der Grundstücke und der baulichen Anlagen schon deshalb nicht weiter geduldet werden könne, da sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften benutzt würden und Gefahren für Leben und Gesundheit für die Mitarbeiter der Antragstellerin und andere Personen nicht auszuschließen seien, insbesondere nachbarrechtliche Belange durch die betrieblichen Aktivitäten, wie z.B. durch Lärm, Belästigung sowie Staubentwicklung erheblich verletzt würden, lässt sie in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen, die den Antragsgegner zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Da es für die Frage der ordnungsgemäßen Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht darauf ankommt, ob die Annahme eines Überwiegens des sofortigen Vollzugsinteresses aus den angegebenen Gründen bereits voll zu überzeugen vermag, ist der Einwand der Antragstellerin, ausweislich der vorliegenden immissionsschutzrechtlichen Stellungnahmen bestünden offenkundig keine Gefahren für Leib und Gesundheit, vielmehr seien die Nutzungen genehmigungsfähig und damit rechtmäßig, in diesem Zusammenhang ohne Belang (vgl. Beschluss des Senats vom 2. August 2011 - OVG 2 S 35.11 -; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 29. September 2011 - OVG 10 S 47.10 -).

2. Soweit das Verwaltungsgericht den darüber hinaus gestellten Antrag, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, die Versiegelung des Grundstücks nach der Ordnungsverfügung vom 7. August 2012 zu unterlassen, abgelehnt hat, rechtfertigt das allein maßgebliche Beschwerdevorbringen keine Änderung des angegriffenen Beschlusses.

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, die Versiegelung als Vollstreckungsakt sei unzulässig, weil Herr S... Bauherr und Inhaber der Betriebsmittel auf dem Grundstück sowie ihr Vermieter sei und eine Duldungsverfügung gegen ihn bisher fehle.

Die Eigenschaft des Herrn S... als Bauherr steht bereits nicht entgegen, da eine Baugenehmigung bisher nicht erteilt worden ist und die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung ihre Grundlage gerade in der formellen Illegalität des Betriebes hat. Die zur Begründung weiter angeführte Behauptung, Herr S... sei mit seinem nach wie vor angemeldeten Gewerbe Eigentümer der Betriebsmittel, insbesondere der Lkw und des übrigen Anlagevermögens, so dass das Gewerbe in der Besitzgesellschaft am Anlagevermögen bestehe, welches wiederum an die Antragstellerin vermietet sei, ist ebenso wenig durch Verträge/Unterlagen belegt oder in sonstiger Weise glaubhaft gemacht, wie der nunmehr ergänzte Vortrag, Herr S... und Frau S... seien Miteigentümer des Grundstücks und Herr S... sei darüber hinaus Mitbesitzer und Mitbenutzer des Grundstücks. Darüber hinaus entspricht das Vorbringen nicht den an eine Beschwerdebegründung zu stellenden Anforderungen, da es angesichts der behaupteten Vermietung des gesamten Anlagevermögens durch Herrn S... an die Antragstellerin substantiierter Ausführungen zur Mitbenutzung des Grundstücks bedurft hätte. Ein richterlicher Hinweis war angesichts der anwaltlichen Vertretung der Antragstellerin nicht erforderlich.

Unabhängig hiervon bedarf es für die zwangsweise Durchsetzung, also die Vollstreckung der gegen einen Pflichtigen ausgesprochenen Nutzungsuntersagung nicht in jedem Falle der freiwilligen oder durch Duldungsverfügung erzwungenen Bereitschaft der übrigen Mitberechtigten. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen Nutzer und Grundstückseigentümer nicht identisch sind und das bloße Unterlassen der Nutzung einer baulichen Anlage oder eines Grundstücks nicht geeignet ist, die Rechtsstellung des Grundstückseigentümers nachhaltig zu beeinflussen (vgl. Finkelnburg/Ortloff/Otto, Öffentliches Baurecht, Bd. II, 6. Aufl. 2010, S. 200 m.w.N.). Dass dies vorliegend ausnahmsweise anders zu sehen ist, trägt die Antragstellerin nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat der erstinstanzlichen Festsetzung folgt, gegen die Einwände nicht erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).