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Wohngeld; Prozesskostenhilfe; hinreichende Erfolgsaussichten; Beschwerde; Einkommen; Anrechnung von Darlehen der Eltern und Großeltern; ernsthafte Rückzahlungsabsicht; Darlegungsanforderungen; Beweisantritt


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 22.03.2016
Aktenzeichen OVG 6 M 1.16 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 166 VwGO, § 114 ZPO

Leitsatz

Zu den Anforderungen an den Nachweis des Abschlusses und der Ernsthaftigkeit eines Darlehensvertrages unter engen Verwandten bei der Anrechnung als Einkommen im Wohngeldrecht.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Das Verwaltungsgericht hat hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 ZPO der auf Bewilligung höheren Wohngeldes gerichteten Verpflichtungsklage mit der Begründung verneint, der Kläger erziele unter Berücksichtigung seiner Angaben ein wohngeldrechtlich anrechenbares monatliches Einkommen in Höhe von 846,45 Euro, das von ihm begehrte höhere Wohngeld könne er aber erst ab einem Einkommen von weniger als 800,01 Euro monatlich verlangen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Das Beschwerdevorbringen bietet keinen Anlass zu abweichender Einschätzung.

Ohne Erfolg macht die Beschwerde unter Beweisantritt geltend, vom Einkommen des Klägers seien das von seinen Großeltern gewährte Darlehen für die Miete in Höhe von 300 Euro sowie weitere gewährte Darlehen seiner Eltern in Abzug zu bringen. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

An den Nachweis des Abschlusses und der Ernsthaftigkeit eines Darlehensvertrages unter engen Verwandten sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewährung anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2015 - OVG 6 M 110.14 -, S. 2 EA). Zudem müssen Umstände geschildert werden, die den Schluss auf eine ernsthafte Rückzahlungsabsicht nahe legen. Davon kann im Rahmen eines Darlehensvertrages nur gesprochen werden, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung des Wohngeldes einerseits auf Seiten des Schuldners eine Rückzahlung ernsthaft vorgesehen ist und andererseits auch auf Seiten des Gläubigers der Wille vorhanden ist, auf Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung zu bestehen (Senatsbeschluss vom 3. Januar 2013 - OVG 6 N 22.12 -, S. 3 EA). An einer ernsthaften Rückzahlungsverpflichtung fehlt es demnach beispielsweise dann, wenn sie unter dem Vorbehalt steht, dass Wohngeld oder eine andere Sozialleistung bewilligt wird (OVG Bautzen, Urteil vom 31. August 2010 - 4 A 761/08 -, Rn. 51 bei juris) oder wenn mit der Rückzahlung entweder überhaupt nicht oder doch nur bei Eintritt eines ungewissen Ereignisses gerechnet werden kann (BVerwG, Urteil vom 30. November 1972 - 8 C 81.71 -, BVerwGE 41, 220 ff., Rn. 24 bei juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist schon fraglich, ob die behauptete Darlehensgewährung durch die Großeltern des Klägers hinreichend dargelegt ist. Dass der Darlehensvertrag nur mündlich geschlossen worden sein soll, steht seiner Wirksamkeit zwar nicht entgegen; hier fehlen aber jedenfalls Angaben zu Zeitpunkt und Umfang der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers. In der schriftlichen Bestätigung des Darlehens vom 25. August 2015, die der Kläger als Anlage K 6 seines Schriftsatzes vom 9. November 2015 beigefügt hat, wird ausgeführt, die Rückzahlung sei „mit Bewilligung des angekündigten Wohngeldes“ bzw. „in Abhängigkeit von seinem [des Klägers] eigenen Einkommen nach dem Schulbesuch (z.B. Arbeitsaufnahme) vereinbart“ worden. Die Rückzahlung des Darlehens ist damit nicht als hinreichend ernsthaft einzustufen. Weder die Bewilligung von Wohngeld noch die Frage, ob und wann der Kläger nach dem Schulbesuch eine Arbeit würde aufnehmen können, deren Verdienst es ihm ermöglichen würde, die gewährten Darlehen zurückzuzahlen, waren bei Vertragsschluss mit der notwendigen Gewissheit anzunehmen.

Dasselbe gilt für die behaupteten Darlehen seiner Eltern. Auch insoweit sind die Umstände und die Abwicklung des Darlehensvertrages, für die es eine Kreditvereinbarung vom 30. Juli 2014 geben soll, die allerdings nicht vorgelegt wurde, nicht näher dargelegt. Aus der schriftlichen Erklärung vom 27. Dezember 2014 (Bl. 159 VV) ergibt sich keine hinreichend ernsthafte Rückzahlungsverpflichtung, da danach die Rückzahlung des Darlehens an die Bewilligung von Wohngeld geknüpft wurde bzw. überhaupt nicht ersichtlich ist, wann und auf welche Weise eine Rückzahlung erfolgen sollte, sofern kein Wohngeld bewilligt wird. Darin heißt es: „Für die Zeit der Bearbeitung eines Antrages auf Wohngeld erhält unser Sohn einen zinslosen Kredit in Höhe des von den Bearbeiterinnen in Aussicht gestellten Wohngeldes, dessen Zurückzahlung vereinbart ist.“ Daran ändert auch die von dem Kläger mit der Beschwerde nunmehr erstmals in Kopie vorgelegte „Abtretungserklärung“ vom 20. Mai 2015 nichts. Darin erklärt der Kläger, dass er den Betrag seines gekündigten Bausparvertrages „zur Begleichung bzw. Rückzahlung des Kredits für die Mietzahlungen von August 2014 bis Juni 2015 (3.300 €) und der Pkw - Reparaturkosten der von ihm verursachten Unfallschäden (1.500 €)“ an seine Eltern abtrete. Diese Erklärung ist für sich genommen nicht hinreichend aussagekräftig. Insbesondere belegt sie weder die tatsächliche Abwicklung der darin behaupteten Zahlungen noch das Bestehen der darin zu Grunde gelegten Schuldverhältnisse.

Der Einwand der Beschwerde, es sei schwer für den Kläger, die monatlichen Zuwendungen seiner Eltern auf den Cent genau zu beziffern, deshalb halte ihm das Verwaltungsgericht zu Unrecht vor, es sei unklar geblieben, in welcher Höhe seine Eltern ihn unterstützten, führt nicht weiter. Das Verwaltungsgericht hat für seine Bedarfsberechnung die (ungefähren) Angaben des Klägers bzw. seiner Eltern zugrunde gelegt. Unklare Eigentumsverhältnisse hat es (nur) insofern angenommen, als die ursprünglich gemachten Angaben auf entsprechende Nachfragen und Vorhalte stets ergänzt und angepasst worden seien und zwar in einer Weise, die dem Begehren des Klägers auf Bewilligung von Wohngeld jeweils dienlich war. Das Verwaltungsgericht hat hieraus die Schlussfolgerung gezogen, dass mit dem jeweils angepassten Vortrag Einwände des Wohngeldamtes ausgeräumt werden sollten. Das ist zum einen nachvollziehbar und wird zum anderen auch durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumt. Die Beschwerde beschränkt sich insoweit darauf, ihre eigene Sachverhaltsbewertung an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichts zu setzen, ohne im Einzelnen darzulegen, weshalb dem Verwaltungsgericht nicht gefolgt werden könne. Der Umstand, dass die Beträge, mit denen die Eltern des Klägers ihre Unterhaltsleitungen beziffert hätten, nur in einem geringen Maße voneinander abweichen würden und dass sie aufgrund ihrer Einkommenssituation den Kläger nur in einem begrenzten Maße und je nach Bedarf unterstützen würden, stellt die Nachvollziehbarkeit der vom Verwaltungsgericht gezogenen Schlussfolgerung nicht hinreichend in Frage.

Vor dem dargelegten Hintergrund rechtfertigen auch die Beweisangebote des Klägers durch Vernehmung seiner Eltern und Großeltern, insbesondere zu den gewährten Darlehen, keine andere Einschätzung der Erfolgsaussichten. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bei einem klärungsbedürftigen Sachverhalt ein offener Verfahrensausgang anzunehmen ist, weil andernfalls die Beweiswürdigung unzulässig vorweggenommen würde. Daher ist bei ungeklärten entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisantritten danach zu fragen, ob bei Wahrunterstellung des zum Beweis gestellten Sachverhalts eine abweichende Entscheidung erfolgen müsste. Um dies annehmen zu können, bedarf es eines schlüssigen und in sich nachvollziehbaren Tatsachenvorbringens des Klägers. Denn nur dies bietet die Gewähr für eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit seines Beweisantritts. Das setzt in der Beschwerdeinstanz wiederum voraus, dass er die vom Verwaltungsgericht festgestellten Widersprüche und Inplausibilitäten seines Vorbringens weitgehend ausräumt und durch nachvollziehbaren Vortrag ergänzt oder ersetzt. Demgegenüber genügt es nicht, den vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Tatsachen lediglich zu widersprechen und hierfür Beweisangebote zu formulieren. Auf letzteres hat sich der Kläger hier beschränkt. Weder hat er die vom Verwaltungsgericht angenommene Schlussfolgerung des verfahrensangepassten Vorbringens nachhaltig erschüttert noch hat er den Abschluss oder die Abwicklung der behaupteten Darlehensverträge schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.

Schließlich lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers aus dem Umstand, dass ihm vor dem hier streitigen Zeitraum Wohngeld in Höhe von monatlich 189 Euro bewilligt worden war, nicht darauf schließen, dass die für die Errechnung dieser Wohngeldhöhe zugrunde gelegten Einkommensverhältnisse auch weiterhin zugrunde gelegt werden müssten. Gesetzlich vorgesehen ist vielmehr die erneute Überprüfung der gesamten wohngeldrechtlich relevanten Verhältnisse mit Ablauf jedes Bewilligungszeitraums.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).