Gericht | FG Berlin-Brandenburg 15. Senat | Entscheidungsdatum | 20.05.2014 | |
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Aktenzeichen | 15 K 1216/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Klägerin, Jahrgang 193., erzielte im Streitjahr (2008) Einnahmen aus wiederkehrenden Leistungen in Form einer Leibrente, die aufgrund ihres früheren Dienstverhältnisses als Beamtin bei den Vereinten Nationen gezahlt wurde. Diese Bezüge wurden erstmals im Jahr 1998 gezahlt; im Streitjahr beliefen sie sich auf € 38.785.
Der Beklagte unterwarf für das Streitjahr die von den Vereinten Nationen gezahlten Bezüge nach § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa Einkommensteuergesetz in der im Jahr 2008 geltenden Fassung (EStG) mit 50 % der Besteuerung und setzte mit Bescheid vom 17. Juli 2009 die Einkommensteuer auf € 2.507 fest.
Hiergegen und wegen anderer nicht mehr streitbefangener Positionen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Rente der Vereinten Nationen sei als Leibrente vorversteuert und deshalb gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG mit dem Ertragsanteil zu besteuern. Im Vorverfahren wies die Klägerin die in der Zeit der aktiven Beschäftigung bei den Vereinten Nationen gezahlten Beträge zur Altersversorgung nach. Danach leistete die Klägerin $ 97.627,91 (DM 179.240.48) – ca. 7% des Netto-Gehaltes; die Vereinten Nationen zahlten $ 195.255,82 (DM 358.480,96) – ca. 14 % des Netto-Gehaltes - in den Pensionsfonds ein. Da die geleisteten Beiträge die inländischen Höchstgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung um 27,83 % überstiegen (sog. Überbeiträge; Escape- oder Öffnungsklausel), änderte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin. Er ging nunmehr davon aus, dass die Klägerin von den Vereinten Nationen Bezüge in Höhe von € 10.794 gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG (27,83 % von € 38.785) erzielt habe, die einem Ertragsanteil von 22 % unterlägen und darüber hinaus Bezüge in Höhe von € 27.991 (72,17 % von € 38.785), die gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG zu 50 % der Besteuerung unterlägen. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 18. August 2010 auf € 1.399 herab. Darüber hinaus blieb der Einspruch ohne Erfolg. Der Beklagte begründete seine Entscheidung wie folgt:
Die wiederkehrenden Leistungen aus dem Beschäftigungsverhältnis bei den Vereinten Nationen seien rechtmäßig zum Teil nach § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG der Besteuerung unterworfen worden. Die Neuregelung der Besteuerung von Alterseinkünften durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) sähe eine nachgelagerte Besteuerung von Altersbezügen und im Gegenzug eine Freistellung von der Steuer für Altersvorsorgeleistungen vor. Leibrenten, die aus steuerunbelastetem Einkommen finanziert worden seien, würden gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG nachgelagert, d.h. in voller Höhe zum Zeitpunkt des Rentenbezugs, der Besteuerung unterworfen. Seien hingegen die Beiträge zur Altersvorsorge aus steuerbelastetem Einkommen erbracht worden, unterlägen bei Rentenbezug nur noch die Erträge aus dem angesammelten Kapital, d.h. der Zinsanteil/Ertragsanteil der Besteuerung (§ 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG).
Bei zum Zeitpunkt dieser steuerstrukturellen Änderung bereits laufenden Renten (sog. Bestandsrenten) sei unter Berücksichtigung der vorgenannten Zielsetzung des Gesetzgebers also von maßgeblicher Bedeutung, ob die vormals entrichteten Beiträge zur Altersvorsorge aus unversteuertem oder aus bereits versteuertem Einkommen entrichtet worden seien.
Aktive Beschäftigte der Vereinten Nationen seien aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen von nationalen Steuern befreit, würden jedoch eine sog. Vereinte Nationen-interne Steuer an einen Steuerausgleichsfonds entrichten, die bei der Klägerin etwa 33 % des Gehaltes ausgemacht habe. Die aus dem Steuerausgleichsfonds auf die Bundesrepublik Deutschland entfallenden Anteile kämen über die Verrechnung mit Finanzbeiträgen der Bundesrepublik Deutschland dieser quasi wie eine Steuer zugute. Ob die Vereinte Nationen-interne Steuer an die Stelle nationaler Steuern träte, könne aber dahingestellt bleiben, denn selbst in diesem Fall seien die zur Altersvorsorge geleisteten Beiträge nicht aus versteuertem Einkommen entrichtet worden.
Während der aktiven Zeit hätten sowohl die Bediensteten als auch die jeweilige Mitgliedsorganisation Beiträge an einen Pensionsfonds zu entrichten gehabt. Unstrittig fielen die hieraus geleisteten Zahlungen unter § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin unterlägen die Beiträge der Mitgliedsorganisationen jedoch nicht der Vereinten Nationen-internen Steuer, so dass auch diese Beitragsleistungen nicht aus versteuertem Einkommen erfolgt seien. Die Versorgungsregelung entspreche damit im Wesentlichen der Ausgestaltung der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung, deren Beiträge ebenfalls zum Teil vom Arbeitnehmer und zum Teil vom Arbeitgeber – und insoweit steuerbefreit – entrichtet würden. Leistungen aus der Versicherung vorgenannter Gestaltung fielen unter § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG.
Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Sie wendet sich dagegen, dass der Steuerfestsetzung Einnahmen aus der Vereinte Nationen-Rente in Höhe von € 27.991 ohne Reduzierung auf den Ertragsanteil zugrundegelegt wurden. Sie trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung des Beklagten seien alle aus der Pension fließenden Beträge bereits während der Ansparphase aus steuerbelasteten Beiträgen finanziert worden. Denn auch der Arbeitgeberanteil sei aus dem Personalhaushalt geleistet worden, der den Vereinten Nationen nach Abzug der Vereinten Nationen-internen Steuer von den Bruttobezügen zur Verfügung stehe. Der Arbeitgeberanteil zu den Pensionsfonds-Beiträgen stelle nämlich Arbeitslohn dar und unterliege daher ebenfalls der Vereinte Nationen-internen Steuer. Damit sei auch der Arbeitgeberanteil als aus versteuertem Geld gezahlt anzusehen. Dies könne aber dahingestellt bleiben, da sich an der Art und Weise der Besteuerung von Arbeitgeberanteilen zur Altersversorgung mit dem Inkrafttreten des AltEinkG nichts geändert habe. Die Neuregelung der Besteuerung treffe nur die Arbeitnehmerbeiträge. Es sei deshalb nicht ersichtlich, weshalb eine Besteuerung nur mit dem Ertragsanteil nicht auch weiterhin möglich sein solle.
Im Übrigen verstoße die Besteuerung der Alterseinkünfte in Höhe von € 27. 991 mit mehr als dem Ertragsanteil gegen das verfassungsrechtlich normierte Verbot der doppelten Besteuerung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Az 2 BvR 367/07 habe klargestellt, dass die Ertragsanteilsbesteuerung von Renten voraussetze, dass die Rente während der Erwerbsphase aus versteuerten Beiträgen des Rentenbeziehers finanziert worden sei. Der Grundgedanke sei, dass nicht ein zweites Mal besteuert werden dürfe, was bereits einer steuerlichen Belastung unterlegen habe. Eine spätere steuerliche Erfassung einer Vermögensmehrung komme dagegen in Betracht, wenn die Besteuerung zu einem – möglichen – früheren Zeitpunkt in der Ansparphase unterblieben sei oder aufgeschoben worden sei. Soweit eine Rente tatsächlich während der Erwerbsphase aus versteuerten Beiträgen des Rentenbeziehers finanziert sei (oder mit solchen Beträgen korreliere), habe die Ertragsanteilsbesteuerung ihre Berechtigung als eine systemkonforme Erfassung von Einkünften.
Die rechtliche Einordnung der Besteuerung von Vereinte Nationen-Renten unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG gebiete sich – neben dem Gesichtspunkt der bereits erfolgten Versteuerung der Beiträge zum Vereinte Nationen Pensionsfonds in der Ansparphase während der aktiven Zeit – auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Gegensatz zu den Vereinte Nationen-Pensionen, die auch in der Zukunft auf voll versteuerten Beiträgen zum Vereinte Nationen-Pensionsfonds beruhten, würden bei Renten aus der Deutschen Rentenversicherung die Beiträge von vorgelagerter auf nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Dies werde dadurch bewirkt, dass Mitglieder der deutschen Rentenversicherung nach und nach und in stetig wachsendem Umfang von Steuern auf ihre Beiträge entlastet würden. Für die Beiträge der Vereinte Nationen-Bediensteten zum Pensionsfonds ändere sich nichts. Damit bleibe es bei einer ausschließlich vorgelagerten Besteuerung ohne jede Möglichkeit, steuermindernde Abzüge vornehmen zu können. Es würden auch Freibeträge fehlen, um Steuerminderungen erzielen zu können. Es gäbe darüber hinaus keine Deckelung der Abzüge in Form von Vorsorgehöchstbeträgen. Wenn Vereinte Nationen-Pensionen unter diesen Umständen wie deutsche gesetzliche Renten besteuert würden, liege darin eine Ungleichbehandlung. Hinzukomme, dass die gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG jährlich steigenden versteuerbaren Anteile der Rente dazu führten, dass in diesem Umfang auch die Ungleichbehandlung zunehme. Dies lasse sich auch nicht durch die Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG rechtfertigen. Bei einer Besteuerung einer Vereinte Nationen-Pension wie eine gesetzliche Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG würden zwar aufgrund der Öffnungsklausel gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG Anteile der Rente auf Antrag nur mit dem Ertragsanteil versteuert. Dies gelte aber nur, wenn vor dem Jahr 2005 an den Pensionsfonds für mindestens 10 Jahre Beiträge geleistet worden seien, die den Betrag des Höchstbetrags zur deutschen Rentenversicherung überschritten. Es handele sich bei dieser Regelung also um ein „Auslaufmodell“.
Die Ansicht der Klägerin, dass ihre Rente nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden dürfe, finde ihre Stütze auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der BFH richte sich grundlegend daran aus, dass eine Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG von erworbenen Rentenanwartschaften in Betracht komme, wenn das vorhergehende Einkommen nicht der Besteuerung unterlegen habe. Er führt dazu aus, dass die Grundentscheidung des Gesetzgebers, die in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG genannten Leibrenten ohne Unterschied der nachgelagerten Besteuerung zu unterwerfen, richtig sei, solange die Beitragsleistungen „steuerfrei“ gestellt würden (Urteile vom 26. November 2008 X R 15/07, vom 4. Februar 2010 X R 52/08).
Zu berücksichtigen sei im Übrigen, dass hier eine sog. unechte Rückwirkung vorliege, die nur unter strengen Vorgaben gerechtfertigt sei.
Auf die weitere ausführliche Begründung und die zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 17. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2010 dahingehend zu ändern, dass weitere Alterseinkünfte aus dem Pensionsfonds der Vereinten Nationen in Höhe von € 27.991 nur mit dem Ertragsanteil von 22 % der Besteuerung unterworfen werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte hält an den Gründen der Einspruchsentscheidung fest. Ergänzend führt der Beklagte aus, dass der Pensionsfonds der Vereinten Nationen aus Pflichtbeiträgen des Arbeitgebers einerseits und den Beiträgen der Beschäftigten andererseits gespeist werde. Die Beiträge der Beschäftigten würden aus ihren Gehältern entrichtet und hätten so der Vereinten Nationen-internen Steuer unterlegen. Das gelte aber nicht für den vom Arbeitgeber zu leistenden Beitrag. Dieser hätte sich in Art. 6.1 der „Staff Regulations of the United Nations“ i.V.m. Art 25 der „Regulations, Rules and Pension Adjustment System of the United Nations Joint Staff Pensions Funds“ zu einer eigenständigen Beitragsleistung verpflichtet. Diese vom Arbeitgeber auf Grundlage eigener Verpflichtung erbrachte Beitragsleistung unterliege nicht der Vereinte Nationen-internen Steuer und sei damit hinsichtlich ihrer Belastung mit Steuern vergleichbar mit dem steuerfrei belassenen Arbeitgeberanteil zur inländischen Rentenversicherung. Der Pensionsfonds der Vereinten Nationen entspreche damit strukturell der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung, womit die von ihm bezogenen Leistungen unter § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG in der Fassung des AltEinkG fielen. § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG sehe die vollständig nachgelagerte Besteuerung vor. Bestandsrenten wie die vorliegende in Anwendung der vorgenannten Vorschrift abrupt in die nachgelagerte Besteuerung zu überführen, hieße, den Rückfluss auch aus Kapitalstämmen, die in der Ansparphase zum Teil bereits aus versteuertem Einkommen gebildet worden seien, erneut der Besteuerung zu unterwerfen. Um einer solchen doppelten Besteuerung entgegenzuwirken, habe es einer Übergangsregelung bedurft, die in der Vorschrift § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa Sätze 3 und 4 EStG ihren Niederschlag gefunden habe und eine schrittweise Überleitung in die nachgelagerte Besteuerung vorsehe. Bei der Überleitung in die nachgelagerte Besteuerung sei dann wegen der mit ihr zu vermeidenden Doppelbelastung von Bedeutung, ob die Bezüge aus Beiträgen stammten, die aus versteuertem Einkommen aufgebracht worden seien. Für am 1. Januar 2005 bereits laufende Renten sei der Gesetzgeber typisierend vom Fall des sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers ausgegangen, dass Beiträge zur Rentenversicherung zu 50 % aus versteuertem Einkommen (Arbeitnehmeranteil) und zu 50 % aus dem steuerfreien Arbeitgeberanteil erbracht worden seien, so dass 50 % der Bezüge der nachgelagerten Besteuerung unterworfen werden könnten, ohne dass es hierbei zu einer doppelten Besteuerung komme. Dies gelte nicht für Beiträge, die über die Höchstsätze der gesetzlichen Rentenversicherung hinaus entrichtet worden seien, da insoweit keine steuerbefreiten Arbeitgeberleistungen erbracht worden seien. Im Gegensatz zur vorgenannten Regelung entfalle der aus dem übersteigenden Beitrag resultierende Rentenanteil nicht nur zu 50 %, sondern vollständig auf Beiträge, die aus versteuertem Einkommen entrichtet worden seien, so dass eine Besteuerung nur der im (anteiligen) Kapitalrückfluss enthaltenen Zinsanteile auch dann gerechtfertigt erscheine, wenn die Bezüge grundsätzlich unter § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG fielen. Für diese Konstellation biete §§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG die sog. Öffnungsklausel.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
I. Die Besteuerung der von den Vereinten Nationen bezogenen Rente der Klägerin in Höhe von € 27.991 nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder wurde die Rente ausschließlich aus steuerbelasteten Beiträgen finanziert, noch verstößt die angegriffene Besteuerung der Alterseinkünfte mit mehr als dem Ertragsanteil gegen das verfassungsrechtlich normierte Verbot der doppelten Besteuerung oder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG gehören Leibrenten und andere Leistungen, die unter anderem aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, zu den sonstigen Einkünften, soweit sie der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 2 EStG). Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Vomhundertsatz aus einer im Gesetz abgedruckten Tabelle zu entnehmen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 3 EStG). Danach ist bei einem Rentenbeginn bis 2005 - wie hier - ein Besteuerungsanteil von 50 % anzusetzen.
a. Diese Regelung ist durch das AltEinkG ab dem Veranlagungszeitraum 2005 eingeführt worden. Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber die einkommensteuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Bezügen im Alter auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002 (2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73; BStBl II 2002, 618) neu geregelt; im Mittelpunkt steht bei den Renten der Wechsel von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung. Mit der Neuregelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, den Übergang in das neue Besteuerungssystem für alle Steuerpflichtigen zu erleichtern und entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass grundsätzlich eine doppelte Besteuerung vermieden wird (vgl. BT-Drucksache 15/2150, S. 1).
b. Um stufenweise von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung überzugehen, führte der Gesetzgeber zum einen gemäß § 10 Abs. 3 EStG ab dem Veranlagungsjahr 2005 einen erhöhten Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen ein. Steuerpflichtige können hiernach im Jahr 2005 60 % ihrer Vorsorgeaufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von € 20.000 als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 sowie Satz 4 EStG). Dieser Betrag ist um die steuerfreien Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung und diesen gleichgestellten steuerfreien Zuschüssen der Arbeitgeber zu vermindern (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG). Der Vomhundertsatz von 60 % erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis 2025 um je 2 % je Kalenderjahr.
c. Zum anderen führte der Gesetzgeber gemäß § 22 Nr. 1 Satz Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2005 stufenweise die Besteuerung der Leibrenten und sonstigen Leistungen ein. Mit Beginn des Jahres 2005 wird die Jahresrente der in den Ruhestand tretenden Steuerpflichtigen dieses Rentenjahrgangs (sog. Kohortenmodell) mit einem Besteuerungsanteil von 50 % besteuert. Der Besteuerungsanteil der Jahresrente steigt sodann für die nachfolgenden Rentenjahrgänge bis zum Jahr 2020 um jährlich 2 % und von 2021 bis 2040 um jährlich 1 %.
d. Für Leibrenten und sonstige Leistungen, die nicht solche im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG sind und bei denen in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind, gilt ab dem Jahr 2005 die Ertragsanteilsbesteuerung mit im Vergleich zur bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Ertragsanteilsbesteuerung geminderten Ertragsanteilen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 1 EStG). Um eine Zweifachbesteuerung auch in außergewöhnlichen Fällen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber ferner in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG eine Öffnungsklausel eingefügt. Nach ihr kann der Steuerpflichtige auf Antrag Leibrenten und andere Leistungen weiterhin mit dem Ertragsanteil besteuern, wenn er gegenüber der Finanzverwaltung nachweist, dass seine bis zum 31. Dezember 2004 geleisteten Beiträge die Höchstbeträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens zehn Jahre überschritten haben.
2. Diesen Grundsätzen ist der Beklagte gefolgt und hat die Besteuerung der Alterseinkünfte der Klägerin entsprechend der gesetzlichen Regelung vorgenommen.
3. Der Senat hat die Überzeugung gewonnen, dass Ausnahmen, die eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Besteuerung zulässig machen könnten, nicht erkennbar sind:
a. Der BFH hat bereits in mehreren Entscheidungen, denen sich der Senat anschließt, entschieden, dass die von der Klägerin angegriffene Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot (so BFH-Urteile vom 19. Januar 2010 X R 53/08, BFHE 228, 223, BStBl II 2011, 567, unter B.II.2.) und vom 4. Februar 2010 X R 58/08 (BFHE 228, 326, BStBl II 2011, 579, unter B.II.2.; vgl auch BFH-Urteil vom 23. Oktober 2013 X R 3/12, BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58).
b. Der Senat folgt der Klägerin nicht in ihrer Auffassung, dass deren Rente ausschließlich aus steuerbelasteten Beiträgen finanziert wurde, die ggf. eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung erlauben würde. Der Senat geht zwar mit der Klägerin davon aus, dass die von der Klägerin geleisteten Beiträge aus von dieser versteuertem Einkommen entrichtet wurden. Der Pensionsfonds der Vereinten Nationen wurde jedoch nicht ausschließlich von Beiträgen der Klägerin bedient. Denn die der Rentenzahlung zugrundeliegenden Einzahlungen folgten nur zu etwa 1/3 durch die Klägerin und in etwa zu 2/3 durch den Arbeitgeber. Diese Zahlungen unterlagen jedenfalls nicht einer von der Klägerin zu tragenden Steuerbelastung.
c. Die angegriffene Besteuerung der Alterseinkünfte von € 27.991 mit mehr als dem Ertragsanteil verstößt im Falle der Klägerin nicht gegen das verfassungsrechtlich normierte Verbot der doppelten Besteuerung.
aa. Der Senat folgt bei der Beurteilung dieser Frage den Vorgaben des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BStBl. 2009, 710): Danach wird bei der Berechnung der steuerlichen Belastung der Rentenzahlung die doppelte Besteuerung jedenfalls dann vermieden, wenn Rentenzahlungen in einem Umfang steuerunbelastet zuflössen, der mindestens dem Umfang der aus versteuertem Einkommen geleisteten Beiträge entspreche; entscheidend ist damit für den Gesetzgeber die Höhe des steuerunbelasteten Zuflusses (BTDrucks 15/2150, S. 23). Nach dieser Berechnung ist bei der Klägerin keine Doppelbesteuerung eingetreten.
bb. Die Klägerin leistete während ihrer Tätigkeit für die Vereinten Nationen insgesamt € 91.645 (DM 179.240.48; $ 97.627,91) an Beiträgen in den Pensionsfonds (Vorsorgeaufwendungen) aus versteuertem Einkommen.
Diesem Betrag sind die bislang von der Klägerin steuerfrei erhaltenen und entsprechend der statistischen Lebenserwartung künftig zu erwartenden nicht der Besteuerung unterliegenden Rentenzahlungen gegenüberzustellen. Geht man zugunsten der Klägerin nur von dem Zeitraum 2008 (Streitjahr) bis 2014 (Jahr der finanzgerichtlichen Entscheidung) - mithin einem Zeitraum von 6 Jahren - aus, sind der Klägerin folgende Renteneinnahmen steuerfrei zugeflossen (Beträge in €):
10.794 | 22 % Ertragsanteil | |
78 % steuerfrei | 8.419 * 6 = 50.515 | |
27.991 | 50 % Besteuerung | |
50 % steuerfrei | 13.995 * 6 = 83.970 | |
steuerfrei zugeflossen | 134.485 |
d. Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung zwischen Mitarbeitern der Vereinten Nationen und anderen Arbeitnehmern rügt, die nach 2005 beginnenden Kohortenjahrgängen angehören oder erst künftig Rentenbezieher werden, kann dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
aa. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten bleibt, ohne dass sich ausreichende Gründe für die gesetzliche Differenzierung finden lassen. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Beschluss vom 25. Februar 2008 2 BvL 14/05, Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 652, m.w.N. aus der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung).
bb. Im Fall der Klägerin verstößt die Besteuerung der Renteneinkünfte entsprechend der gesetzlichen Regelung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz (GG).
(1) Die Klägerin als Angehörige der Vereinten Nationen war im Verhältnis zu in Deutschland besteuerten Arbeitnehmern in der Vergangenheit schon deshalb bessergestellt, weil der Beitrag in den Pensionsfonds nur zu 1/3 von ihr selbst zu zahlen war, während ein in Deutschland besteuerter Arbeitnehmer 50 % der Gesamtbeiträge in die gesetzliche Altersvorsorge zu leisten hat.
(2) Für die Klägerin findet die erste Stufe des Übergangssystems Anwendung, das zu einer Besteuerung (soweit die Rentenzahlungen nicht von der sog. Escapeklausel erfasst werden) von 50 % der zugeflossenen Rentenzahlungen führt. Diese erste Stufe des Übergangssystems gilt ebenfalls für alle anderen Rentenbezieher des Kohortenjahrgangs 2005, unabhängig davon, in welchem Umfang Vorsorgeleistungen in der Vergangenheit steuerlich abzugsfähig waren. Insofern werden alle Angehörigen eines Kohortenjahrgangs steuerlich gleich behandelt.
(3). Der Senat kann offenlassen, ob eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darin gesehen werden kann, dass Mitarbeiter der Vereinten Nationen in nachfolgenden Jahren von der Umstellung des Renten-Systems steuerlich nicht profitieren können, da sie - anders als andere Arbeitnehmer - nicht die Möglichkeit haben, Vorsorgebeiträge steuerlich geltend zu machen, jedoch (künftige) Rentenbezüge zunehmend der Besteuerung unterliegen werden. Denn über einen solchen Fall hatte der Senat nicht zu entscheiden.
II. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.