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Immissionsschutzrechtliche Nachbarklage gegen Sportanlagenbetrieb; Lärmschutz; Lärm durch rechtswidrige Nutzung; Aufklärungsrüge


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 06.05.2014
Aktenzeichen OVG 11 N 15.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Oktober 2011 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Kläger, Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, wenden sich gegen von einer benachbarten Sportanlage ausgehende Lärmstörungen. Durch Urteil vom 20. Oktober 2011 hat das Verwaltungsgericht ihre neun Haupt- und diverse Hilfsanträge umfassende Klage abgewiesen. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren nur noch hinsichtlich der erstinstanzlichen Klageanträge zu 1), 2), 3) und 6) weiter.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die Kläger die von ihnen geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO nicht begründet dargelegt haben.

1. Das Rechtsbehelfsvorbringen der Kläger rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Abweisung ihres Klageantrags zu 1). Soweit sich die Kläger dagegen wenden, dass das Verwaltungsgericht diesen Klageantrag teilweise als unzulässig angesehen hat, vermögen ihre Einwände die Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses nicht ernstlich in Frage zu stellen, weil das Verwaltungsgericht den Klageantrag zu 1) in selbstständig tragender Weise zumindest auch für unbegründet gehalten hat (vgl. UA S. 16, letzter Satz zu Ziff. 1) und die dagegen gerichteten Angriffe der Kläger aus den nachfolgenden Gründen nicht durchgreifen.

In der von den Klägern konkret angegriffenen Passage auf Seite 15 f. UA hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Zwar dürfe die Sochos-Gaststätte regelmäßig bis 22.30 Uhr betrieben werden. Sie befinde sich jedoch innerhalb des Gebäuderiegels und sei so weit vom Grundstück der Kläger entfernt, dass eine Überschreitung des Immissionsrichtwertes von 40 dB(A) um mindestens 5 dB(A) vor dem Grundstück der Kläger fernliege. Dies gelte auch unter Berücksichtigung dessen, dass nach § 1 Abs. 3 Satz 2 der 18. BImSchV zur Nutzungsdauer (der) Sportanlage auch die Zeiten des An- und Abfahrtverkehrs sowie des Zu- und Abgangs gehörten. Hiermit setzen sich die Kläger nicht in der für die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erforderlichen Weise auseinander, sondern wiederholen lediglich Teile ihres erstinstanzlichen Vortrags, der zudem nicht nur Lärmemissionen durch die genannte S...-Gaststätte betrifft und Ausführungen zu einer Überschreitung des genannten Immissionsrichtwertes vermissen lässt.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang ferner rügen, das Verwaltungsgericht habe von ihnen benannte Zeugen nicht gehört, müssen sie sich entgegenhalten lassen, dass sie auf eine derartige Sachverhaltsaufklärung nicht durch Stellung entsprechender Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung hingewirkt haben und auch nicht darlegen, aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht die Zeugeneinvernahme auch ohne einen solchen Antrag habe aufdrängen müssen. Damit kann die Rüge auch nicht als Geltendmachung eines potentiell entscheidungserheblichen Verfahrensfehlers im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zur Zulassung der Berufung führen.

Ferner wenden sich die Kläger gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 16 UA, dass sie die Schließung der Sportanlage über die vom Beklagten zugesagte verbindliche Nutzungsregelung hinaus nicht verlangen könnten. Das Rechtsbehelfsvorbringen der Kläger begründet an der Richtigkeit dieser Annahme keine ernstlichen Zweifel. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, mittels Verwaltungsakts eine Nutzungsregelung für die Sportanlage zu erlassen, nach der sie nur in der Zeit von 8:00 bis 22:00 Uhr bespielt werden dürfe. Er werde auf diese Regelung durch deutlich sichtbare Schilder an den Zugängen zum Sportgelände hinweisen. Eine von der Nutzungsordnung abweichende Benutzung der Sportanlage müsste sich der Beklagte nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 11. November 2010 – OVG 11 B 24.08 –, bei juris, Rz. 33, m.w.N.) nur dann zurechnen lassen, wenn die Sportanlage nach ihrer baulichen und technischen Ausgestaltung einen das übliche Maß wesentlich übersteigenden Anreiz für eine missbräuchliche Nutzung böte. Derartiges wird mit der Rechtsbehelfsbegründung nicht dargelegt und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass das vom Beigeladenen genutzte Spielfeld nicht mit Flutlicht versehen sei und es auch durch die Wegebeleuchtung des Weges zum Ausgang L... Straße allenfalls am Rande beleuchtet werde, spricht ebenfalls dagegen. Soweit die Kläger weiter beanstanden, dass das Verwaltungsgericht von lediglich vereinzelten Zuwiderhandlungen gegen die bereits bestehenden Nutzungsregelungen ausgehe und damit den Klägervortrag ignoriere, betrifft dies lediglich eine Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts, wonach vereinzelte Zuwiderhandlungen gegen die Nutzungsregelung angesichts der Entfernung des klägerischen Grundstücks von den Spielfeldern “dessen ungeachtet“ keinesfalls zu einer Überschreitung des für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwertes führen. Schließlich ist gegen den Ansatz des Verwaltungsgerichts nichts zu erinnern, dass etwaigen Zuwiderhandlungen ordnungs- oder polizeirechtlich zu begegnen ist (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2010, a.a.O.).

Soweit die Kläger ferner beanstanden, das Verwaltungsgericht habe „erhebliche Verfahrensfehler“ begangen, wenn es unberücksichtigt lasse, dass die Kläger geradezu regelmäßig die Polizei zur Wahrung der Nachtruhe einschalten würden, wird damit ein potentiell entscheidungserheblicher Gehörsverstoß nicht dargelegt. Das Gebot rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht dazu, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Es gebietet jedoch nicht, dass das Gericht sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt. Vielmehr ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan, wenn das Gericht sich in seiner Begründung mit dem für die Entscheidung erheblichen Kern des Beteiligtenvorbringens jedenfalls zu den Fragen, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung sind, auseinandersetzt. Erst wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, wäre der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - OVG 11 RS 2.12, OVG 11 RM 1.12 -, juris, Rn. 2). Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht ihm unterbreitetes Vorbringen auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, 580 m.w.N.). Deshalb kann allein aus der bloßen Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Rechtsbehelfsvorbringens nicht geschlossen werden, das Gericht habe dieses nicht zur Kenntnis genommen und sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst. Die Kläger legen auch nicht dar, weshalb der von ihnen angeführte - angesichts der Möglichkeit objektiv unbegründeter Alarmierungen als Beleg für das zwischen den Beteiligten streitige tatsächliche Vorkommen häufiger Verstöße ungeeignete - Umstand, dass sie „geradezu regelmäßig zur Wahrung der Nachtruhe die Polizei einschalten würden“, von entscheidungserheblicher Bedeutung für das Verfahren sein sollte.

2. Soweit sich die Kläger gegen die Abweisung ihres erstinstanzlichen Klageantrags zu 2) wenden, rechtfertigt ihr Rechtsbehelfsvorbringen ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Insoweit unterlassen es die Kläger bereits vorzutragen, welchen Berufungszulassungsgründen ihr Vorbringen zugeordnet werden soll. Sollte ihr Einwand, das Gericht verkenne tatsächliche und rechtliche Aspekte, als Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu verstehen sein, wäre auch dieser Berufungszulassungsgrund nicht begründet dargelegt.

Die Kläger beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf Seite 16 des Urteilsabdrucks ausgeführt hat, der Beklagte habe bereits mit Verbindlichkeit auch gegenüber dem Beigeladenen veranlasst, dass die Feuerwehrzufahrt in der L... ab 22:00 Uhr verschlossen zu halten sei. Sie tragen dazu vor, eine verbindliche Rechtshandlung sei nicht erfolgt. Vielmehr habe sich der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt, auch auf die Einhaltung von Ruhe zu achten und auf die Schließung des Tores nach 22:00 Uhr hinzuwirken, dies aber nicht getan. Tatsächlich sei nicht nur der Beigeladene Nutzer des Geländes. Dies finde bei den Erwägungen des Verwaltungsgerichts keine Berücksichtigung.

Dem kann nicht gefolgt werden. Eine Erklärung des Beigeladenen, wie sie von den Klägern behauptet wird, lässt sich der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen. Stattdessen hat der Beklagte dem Beigeladenen bereits unter dem 12. Mai 2009 mitgeteilt, dass das Sportamt nach Fertigstellung (ca. August bis September 2009) der auf dem Weg vom jetzigen Umkleidetrakt zum Ausgang L... Straße geplanten Wegebeleuchtung den zwischen den Hausnummern L... 7 und 8 befindlichen Ausgang ab 22:00 Uhr schließen werde. Damit sollten die abendlichen – insbesondere motorisierten – Nutzer dazu gebracht werden, schon vor Sportbeginn den am Gewerbegebiete L... Straße gelegenen Sportanlagenzugang zu nutzen. Dies ist auch den Klägern durch das Schreiben des Bezirksbürgermeisters des Beklagten vom 7. Juli 2009 mitgeteilt worden.

Ohne Erfolg machen die Kläger weiter geltend, in der Baugenehmigung Nr. 2376/06 vom 21. November 2006 sei nicht, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, ausdrücklich geregelt, dass der vorhandene Zugang, also die Feuerwehrzufahrt, zu nutzen sei. Ausweislich der genannten Baugenehmigung gelte es, den Pkw-Verkehr zur Lauenburger Straße zu konzentrieren und keinen neuen Zugang von der L... zu schaffen. Insoweit zitieren die Kläger die Baugenehmigung allerdings unvollständig, denn in deren Nebenbestimmungen heißt es unter Nr. 12 abschließend: „Es ist kein neuer Zugang von der L... zu errichten; der vorhandene ist zu nutzen.“ Mit der Nutzung des vorhandenen Zugangs ist dessen durchgängige Schließung, wie die Kläger ihn begehren, aber nicht zu vereinbaren.

3. Auch soweit das Verwaltungsgericht den Klageantrag zu 3) abgewiesen hat, legen die Kläger Berufungszulassungsgründe nicht begründet dar. Soweit sie – offenbar zur Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils – vortragen, auch hier könnten erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt werden, belassen sie es bei dieser unsubstantiierten Behauptung. Auch legen sie nicht dar, warum die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Nutzung des nicht öffentlichen Parkplatzes in der L... durch Anwohner eine Verpflichtung des Beklagten zur Schließung desselben nicht rechtfertige, unzutreffend sei. Hiervon abgesehen unterlassen es die Kläger auch, sich mit der selbständig tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen, der Parkplatz sei so klein, dass von seiner Nutzung eine relevante Erhöhung des maßgeblichen Immissionsrichtwerts nicht ausgehen könne.

4. Ferner machen die Kläger ohne Erfolg geltend, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich ihres Klageantrags zu 6) festgestellt, dass es einer Schließung der Anlage zur Nachtzeit „derzeit“ nicht bedürfe, und damit wesentliches Klägervorbringen verfahrensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen und fehlerhafte Tatsachenfeststellungen getroffen. Dass das Verwaltungsgericht das von den Klägern zitierte erstinstanzliche Vorbringen jedoch zur Kenntnis genommen hat, folgt bereits aus dessen zusammengefasster Wiedergabe im Urteilstatbestand (UA S. 7). Allerdings hat das Verwaltungsgericht die bereits eingeleiteten Maßnahmen für ausreichend gehalten und ausgeführt, dass sich der Beklagte verpflichtet habe, die Nutzung der Sportanlage zur Nachtzeit auch für unorganisierte Nutzer der Anlage zu untersagen. Das Flutlicht sei zur Nachtzeit nicht eingeschaltet; der Beklagte prüfe darüber hinaus, die vorhandene Wegebeleuchtung mit Bewegungsmeldern zu versehen und so einer etwaigen unzulässigen Nutzung der Anlage weiter entgegenzuwirken. Einer darüber hinausgehenden Schließung der Anlage zur Nachtzeit bedürfe es derzeit noch nicht. Damit hat das Verwaltungsgericht die aus den von den Klägern geschilderten Vorkommnissen rechtlich zu ziehenden Konsequenzen von deren Auffassung abweichend eingeschätzt. Dass die Richtigkeit dieser Einschätzung ernstlichen Zweifeln unterliegt, tragen die Kläger mit der Rechtsbehelfsbegründung jedoch nicht substantiiert vor. Entsprechendes gilt für die bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens zu mit dem frühmorgendlichen Eintreffen von Sportlern an Wochenenden verbundenen Geräuschbelästigungen und zu unkontrolliertem Bolzbetrieb, die zudem keine Auseinandersetzung mit den Gründen des Verwaltungsgerichts für die Ablehnung der begehrten Schließung während der Ferien und an Sonn- und Feiertagen erkennen lässt.

5. Einen zur Zulassung der Berufung führenden Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO legen die Kläger auch nicht dar, soweit sie beanstanden, dass das Verwaltungsgericht sonstige Nutzer des Sportgeländes bei jeglicher Bewertung von Lärm und Nutzungsstärke außer Acht gelassen habe, was eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach § 86 Absatz 1 Satz 1 VwGO darstelle. Abgesehen davon, dass die Kläger nicht einmal ausführen, welche konkreten Aufklärungsmaßnahmen des Verwaltungsgerichts sie vermissen, müssen sie sich auch insoweit entgegenhalten lassen, keine förmlichen Beweisanträge gestellt zu haben. Die abschließende Rüge der Kläger, es werde deutlich, dass die fehlende Auswertung aller Unterlagen zu einer fehlerhaften Sachverhaltsdarstellung und dementsprechend auch zu einer falschen rechtlichen Bewertung im Urteil geführt habe, bleibt wiederum unsubstantiiert.

6. Schließlich haben die Kläger besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ebenfalls nicht dargetan.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).