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Sonderversorgung der Angehörigen des ehemaligen MfS/AfNS - Entgeltbegrenzung -Verfassungsmäßigkeit


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 33. Senat Entscheidungsdatum 19.06.2013
Aktenzeichen L 33 R 851/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 Abs 1 S 1 AAÜG, § 8 AAÜG, § 254b SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer höheren Altersrente im Zugunstenverfahren nach § 44 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X).

Der 1936 geborene Kläger war ab dem 01. November 1957 bis zum 31. Januar 1990 Angestellter des Ministeriums für Staatssicherheit / Amt für Nationale Sicherheit (MfS / AfNS) der ehemaligen DDR. Ab dem 01. Juli 1959 bis zum 31. Januar 1990 war er in das Sonderversorgungssystem des MfS / AfNS (System gemäß Nr. 4 der Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz <AAÜG>) einbezogen.

Mit Bescheid vom 20. September 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab dem 01. November 1996 unter Zugrundelegung von 31,4186 persönlichen Entgeltpunkten (Ost). In den Hinweisen auf Seite 4 des Bescheides hieß es, in der Zeit vom 25. Juli 1956 bis zum 31. Januar 1990 dürften Ansprüche in einem Sonderversorgungssystem erworben worden sein. Die für die Rentenberechnung maßgebenden Arbeitsentgelte/Arbeitsverdienste habe der zuständige Träger der Sonderversorgung bisher noch nicht mitgeteilt. Zur Vermeidung weiterer Wartezeiten für den Kläger sei die Rente unter Verwendung vorläufiger Entgelte für den genannten Zeitraum festgestellt worden. Die Rente werde neu festgestellt, wenn der Versorgungsträger die erforderlichen Daten mitgeteilt habe.

Mit Bescheid vom 24. August 1999 stellte das Bundesverwaltungsamt in seiner Funktion als Sonderversorgungsträger nach § 8 Abs. 3 AAÜG die Zeiten vom 01. Juli 1959 bis zum 31. Januar 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen MfS / AfNS sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Jahresentgelte fest. Der Bescheid wies daneben auch die sich aus der Anwendung von § 7 AAÜG i. V. m. der Anlage 6 AAÜG in der ab dem 01. Mai 1999 geltenden Fassung ergebenden Höchstwerte in Höhe des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet (besondere Beitragsbemessungsgrenze) aus.

Mit Bescheid vom 25. November 1999 stellte die Beklagte die Rente des Klägers unter Berücksichtigung der Entgelte für die Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem neu fest und brachte dabei 1,0000 Entgeltpunkte je Kalenderjahr der Beschäftigung beim MfS in Ansatz. Insgesamt lagen der Berechnung nunmehr 44,2528 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde.

Einen Antrag des Klägers vom 14. September 2010 auf Überprüfung des Bescheides vom 25. November 1999 gemäß § 44 SGB X im Hinblick auf die Begrenzung des Rentenanspruchs auf 1,0 Entgeltpunkte pro Jahr nach § 7 AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. September 2010 ab. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2011 zurück und führte zur Begründung aus, die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Der Rentenversicherungsträger sei an das Gesetz gebunden. Danach sei der Bescheid nicht zu beanstanden.

Dagegen hat der Kläger am 07. März 2011 Klage zum Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er insbesondere geltend gemacht, dass die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gegen Art. 3 und Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verstoße und verfassungswidrig sei. Er hat sich hierzu auf ein Gutachten des Brandenburgischen Institutes für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung e.V. (biab) in Kooperation mit der Fachhochschule F von Dr. M und Prof. Dr. W „Einkommensentwicklung und Einkommensstrukturen der hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR im Vergleich zu Segmenten des so genannten X-Bereiches (NVA und MdI) und zur Volkswirtschaft“ berufen, das im Juni 2008 im Auftrag der Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR e. V. (ISOR) erstellt worden ist, und hat insbesondere angeführt, dass eine unterschiedliche Behandlung der Mitarbeiter des MfS gegenüber denen der NVA und des Ministeriums des Inneren (MdI) nicht gerechtfertigt und verfassungswidrig sei. Diesem Gutachten lägen neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94 u. a., BVerfGE 100, 138 ff.) vor. Daraus ergebe sich, dass weder eine Sonderrolle des MfS bestanden habe noch eine Selbstprivilegierung festzustellen sei. Eine unterschiedliche Behandlung der ehemaligen Mitarbeiter des MfS / AfNS gegenüber den Mitarbeitern der anderen Bereiche des militärischen Sektors sei nicht gerechtfertigt.

Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 05. Oktober 2012 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Zugrundelegung der vom Versorgungsträger ausgewiesenen Jahresbruttoentgelte nach Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze. Die Beklagte habe zu Recht die Entgelte auf die Werte der Anlage 6 zum AAÜG begrenzt, da der Kläger in diesem Zeitraum dem Sonderversorgungssystem des MfS / AfNS angehört habe. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 AAÜG i. V. m. der Anlage 6 verstoße auch nicht gegen das GG. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (Az.: u. a. 1 BvL 11/94) entschieden, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG i. V. m. Anlage 6 zum AAÜG wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG unvereinbar und nichtig gewesen sei, soweit für die Rentenberechnung das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet abgesenkt worden sei. Eine weitere Verfassungsbeschwerde (1 BvR 1070/02) sei am 22. Juni 2004 vom BVerfG mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen worden. Ferner sei auf die Randnummern 71,78 des Beschlusses des BVerfG vom 06. Juli 2010 – 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/07 - hinzuweisen, wo nochmals die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 7 AAÜG und das besonders weite Einschätzungsermessen des Gesetzgebers bei seiner typisierenden Annahme überhöhter Arbeitsentgelte betont werde.

Gegen den am 15. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Oktober 2012 Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben. Er trägt vor, er habe für den Zeitraum vom 01. Juli 1959 bis zum 31. Januar 1990 einen Anspruch auf Anerkennung von Arbeitsverdiensten bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze, denn die Berücksichtigung der Entgelte nur bis zum Durchschnittsentgelt aller Versicherten sei verfassungswidrig. Das BVerfG habe in dem Beschluss vom 22. Juni 2004 - 1 BvR 1070/02 - eine erneute verfassungsrechtliche Überprüfung des § 7 Abs. 1 AAÜG für zulässig gehalten, sofern neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen des BVerfG im Urteil vom 28. April 1999 vorlägen. Solche neuen Tatsachen folgten aus dem Gutachten des biab von Juni 2008 über die „Einkommensentwicklung und Einkommensstrukturen der hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR im Vergleich zu Segmenten des so genannten X-Bereichs Nationale Volksarmee (NVA) und Ministerium des Innern (MdI) und zur Volkswirtschaft“.

§ 7 AAÜG verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Er werde zum einen gegenüber Rentnern aus dem Beitrittsgebiet benachteiligt, deren tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen bei der Rentenberechnung nur durch die Beitragsbemessungsgrenze gekappt würden, und zum anderen gegenüber solchen Rentnern, die nur in der Sozialpflichtversicherung und in der freiwilligen Zusatzrentenversicherung versichert gewesen seien, deren tatsächlich erzielte Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigungsfähig seien. Für diese Ungleichbehandlung fehle es an einem rechtfertigenden Grund. So habe das BVerfG in dem weiteren Beschluss vom 23. Juni 2004 - 1 BvL 3/98 u. a. - die Forderung aufgestellt, dass eine Entgelt begrenzende Regelung auf Tatsachen beruhen müsse, die die Annahme rechtfertigten, dass überhöhte Arbeitsentgelte gezahlt worden seien oder dass Entgelte ab den vom Gesetz festgelegten Grenzen als überhöht angesehen werden müssten.

Das Gutachten des biab zeige Folgendes: Die Feststellungen des BVerfG, dass die große Mehrheit der hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit innerhalb der relativ nivellierten Einkommensverteilung der Deutschen Demokratischen Republik deutlich oberhalb des Durchschnittes angesiedelt gewesen sei, werde durch dieses Gutachten bestätigt. Dessen Ergebnisse beruhten auf der Auswertung von typengleichen Datensätzen, welche vom Bundesverwaltungsamt und der Wehrbereichsverwaltung Ost zur Verfügung gestellt worden seien. Es handele sich um die im Zuge der Erteilung von Überführungsbescheiden nach § 8 Abs. 2 AAÜG festgestellten Bruttoarbeitsentgelte der ehemaligen Angehörigen der NVA, des MfS und des MdI. Der Vergleich der Durchschnittseinkommen der Volkswirtschaft mit denen des MfS zeige, dass im zivilen Sektor der DDR im Gesamtzeitraum der Betrachtung ein Einkommen erzielt worden sei, das sich unter den Durchschnittseinkommen des militärischen Sektors im Allgemeinen und im Bereich des MfS im Besonderen bewege. Das Gutachten zeige auch, dass die hohe Diskrepanz zu den Durchschnittseinkommen im zivilen Beschäftigungssektor der DDR bereits seit Anfang der 50-er Jahre bestanden habe und sich zunehmend auf der Zeitachse bis zum Jahre 1988 verringert habe. Das Gutachten beleuchte die Einkommensverhältnisse des zum so genannten X-Bereich gehörenden militärischen Sektors und vergleiche die Bereiche MfS, NVA und MdI. Einen Vergleich der Einkommen im MfS mit denen der NVA und im MdI, mithin in den maßgeblichen Bereichen des militärischen Sektors, gebiete der Gleichheitssatz des Art. 3 GG. Aus § 7 Abs. 2 der Verfassung der DDR werde deutlich, dass nach dem Selbstverständnis der DDR die Schutz- und Sicherheitsorgane, zu denen vorrangig die NVA, das MfS und das MdI zählten, als einheitlicher Komplex betrachtet worden und einheitlichen rechtlichen Grundsätzen unterfallen seien. Infolgedessen seien die Besoldungsordnungen der NVA, des MfS und des MdI von ihrem Aufbau, ihren Grundsätzen sowie von den gewährten Ansprüchen auf Besoldung im Wesentlichen gleich gewesen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Oktober 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25. November 1999 dahingehend, dass der Feststellung der Rente für Versicherungszeiten vom 01. Juli 1959 bis zum 31. Januar 1990 die vom Versorgungsträger ausgewiesenen Jahresbruttoarbeitsentgelte nach Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 SGB VI bis höchstens zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI) zu Grunde zu legen sind, zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung dieser Entgelte eine höhere Rente zu zahlen,

sowie,

das Verfahren im Hinblick auf die eingelegten Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2011 zur Verfassungsmäßigkeit des § 7 AAÜG – 1 BvR 1089/12 und 1 BvR 1090/12 – ruhen zu lassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Einem Ruhen des Verfahrens werde nicht zugestimmt.

Mit Schriftsätzen vom 25. Oktober 2012 und 07. November 2012 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer schriftlichen Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie das Gutachten des biab (Dr. M und Prof. Dr. W) vom Juni 2008 Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen Anspruch auf Änderung des Rentenbescheides vom 25. November 1999 im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X. Die Beklagte hat bei der Rentenwertfestsetzung im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Versicherungszeiten weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Höhere monatliche Einzelansprüche auf Altersrente als die in dem genannten Bescheid festgesetzten stehen dem Kläger nicht zu.

Für die Zeit vom 01. November 1996 bis zum 31. Dezember 2005 gilt dies schon deshalb, weil ausgehend von dem im September 2010 gestellten Überprüfungsantrag höhere Leistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Kalenderjahren vor dem Antragsjahr zu erbringen wären (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 SGB X).

Darüber hinaus kann die Berufung jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil die Rentenwertfestsetzung der Beklagten auf der Grundlage der hier in Rede stehenden Beitragszeiten vom 01. Juli 1959 bis zum 31. Januar 1990 – nur insoweit ist die Rentenwertfestsetzung Gegenstand des Verfahrens - nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hat aus den zutreffend berücksichtigten versicherten Entgelten des Klägers in diesem Zeitraum kalenderjährlich 1,000 EP in Ansatz gebracht.

Die Beklagte war im Rahmen der Rentenwertfestsetzungen an die vom Versorgungsträger getroffene Feststellung gebunden, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG i. V. m. der Anlage 6 AAÜG vorliegen. Hiervon ausgehend hat sie den Rentenberechnungen für die Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zum Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS in Anwendung von § 259b Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) zutreffend Entgelte nur in Höhe des jeweiligen Durchschnittsentgelts zu Grunde gelegt (vgl. zum Ganzen das ausführliche Urteil des Bundessozialgerichts <BSG> vom 14. Dezember 2011 – B 5 R 2/10 R – in juris m. w. N.).

§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG i. V. m. der Anlage 6 AAÜG i. d. F. des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) setzt die Vorgaben des BVerfG vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94, 1 BvL 33/95, 1 BvR 1560/97 - BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1) um. Der Senat ist nicht i. S. v. Art. 100 Abs. 1 GG überzeugt, dass die Vorschrift in dieser Fassung verfassungswidrig ist. Einer erneuten Vorlage an das BVerfG bedurfte es daher nicht.

Zwar ist durch die Rechtsprechung des BVerfG bereits entschieden, dass auch die von § 31 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) bewirkte Bindung nicht in jedem Fall Dauerwirkung hat. Eine erneute Vorlage ist dann zulässig, wenn sie ausgehend von der Begründung der früheren Entscheidung tatsächliche oder rechtliche Veränderungen darlegt, die die Grundlage der früheren Entscheidung berühren und deren Überprüfung nahelegen (vgl. BVerfG Beschluss vom 30. Mai 1972 - 1 BvL 21/69, 1 BvL 18/71 = BVerfGE 33, 199, 203 f; Beschluss vom 18. November 2003 - 1 BvR 302/96 = BVerfGE 109, 64, 84). Indessen sind die vom BVerfG aufgestellten Vorgaben für eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung des § 7 AAÜG vorliegend nicht erfüllt. Wie bereits das BSG mit Urteil vom 29. Januar 2004 (- B 4 RA 24/03 R - BSGE 92, 105, 112 = SozR 4-8570 § 7 Nr. 1) festgestellt hat, hat sich insofern durch das 2. AAÜG-Änderungsgesetz die Rechtslage nicht geändert. Ebenso wenig hat sich ein Wandel in der Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG seit der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 138) vollzogen. Schließlich fehlt es entgegen der von dem Kläger in Bezug genommenen Materialien auch an einer Änderung der im Hinblick auf das Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 relevanten tatsächlichen Umstände (vgl. zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 5 R 2/10 R -).

Die tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen des Urteils des BVerfG vom 28. April 1999 sind durch das Gutachten des Dr. sc. oec. M und des Prof. Dr. rer. pol. W (und auch nicht durch im hiesigen Rechtsstreit nicht vorgelegte, jedoch dem BSG bei seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 – B 5 R 2/10 R – vorliegende weitere Unterlagen) nicht so nachhaltig in Frage gestellt, dass eine andere Entscheidung des BVerfG in Betracht kommen könnte. Hierzu verweist der Senat auf die Entscheidung des BSG vom 14. Dezember 2011 (- B 5 R 2/10 -), deren Inhalt er sich nach eigener Überprüfung zu eigen macht. Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG kommt somit nicht in Betracht. Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens scheitert gemäß § 202 SGG i. V. m. § 251 Zivilprozessordnung (ZPO) am fehlenden Einverständnis der Beklagten.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.