Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 30.11.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 1 S 107.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 28 Abs 2 S 1 GG, § 42 Abs 2 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 123 Abs 1 VwGO, § 67 GewO, § 69 GewO, § 29 Abs 2 StVO, § 18 StrG BB, § 19 StrG BB |
1. Es ist mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar, wenn eine Gemeinde aus einem in den örtlichen Verhältnissen begründeten Interesse die Durchführung eines Wochenmarktes unter Beachtung ihrer Zielsetzungen durch einen in diesem Rahmen eigenverantwortlich agierenden privaten Marktveranstalter initiiert. Ein solches "Marktmodell" kann eine vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession zum Gegenstand haben.
2. Zur Ermittlung des am besten geeigneten Veranstalters kann ein öffentlich-rechtlich ausgestaltetes Ausschreibungs- oder Interessenbekundungsverfahren durchgeführt werden, in dem den Bewerbern (Interessenten) ein Anspruch auf transparente und gleichmäßige Behandlung zusteht. Ein effektiver Primärrechtsschutz gebietet es, mindestens zwei Wochen nach Information der Bewerber über den Ausgang des Auswahlverfahrens abzuwarten, ehe mit dem ausgewählten Bewerber der Vertrag abgeschlossen wird.
3. Für die Anfechtung einer zugleich erteilten straßen(verkehrs-)rechtlichen Erlaubnis fehlt dem Mitbewerber jedenfalls dann die Antragsbefugnis, wenn die Gewährung von Primärrechtsschutz infolge Vertragsabschlusses mit einem Mitbewerber ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird unter Änderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung für beide Rechtsstufen auf jeweils 15.000 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, anhand dessen zu prüfen ist, ob die Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses dessen Entscheidungsergebnis trägt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt eine Änderung des Beschlusses nicht.
Die Antragstellerin wendet sich nach Auslaufen des bisherigen Vertrages durch Widerspruch des Antragsgegners gegen die darin enthaltene Verlängerungsoption und Durchführung einer Ausschreibung gegen die vertragliche Vergabe der bisher von ihr wahrgenommenen Wochenmarktveranstaltungen an den Standorten B...straße am B...platz sowie im Neubaugebiet F... in K...unter Erteilung einer entsprechenden, für sofort vollziehbar erklärten straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis ab dem 1. Januar 2010 für die Dauer von zwei Jahren an die Beigeladene. In dem am 27. Januar 2010 beim Verwaltungsgericht eingegangenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren begehrt sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis vom 23. Dezember 2009 und die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung, sie vorläufig bis zur rechtskräftigen Bescheidung ihrer Bewerbung mit der Veranstaltung der Wochenmärkte an beiden Standorten zu den vorgesehenen Zeiten dienstags und freitags bzw. donnerstags zu beauftragen und ihr die entsprechende Sondernutzungserlaubnis zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg für das Begehren bejaht, weil es sich bei der Vergabe der Marktveranstaltung um eine vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession handele, es aber gleichwohl für unzulässig erachtet, weil nach Abschluss des wirksamen Dienstleistungskonzessionsvertrages am 1. Dezember 2009 zwischen der Beigeladenen und der Stadt Königs Wusterhausen die vertragliche Bindung dem Primärrechtsschutz mit dem Ziel einer Korrektur der Vergabeentscheidung entgegenstehe; infolgedessen fehle der Antragstellerin das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis, im Übrigen aber die Antragsbefugnis, was die Anfechtung der der Beigeladenen erteilten Sondernutzungserlaubnis angehe.
Mit der Beschwerde wendet die Antragstellerin ein, in dem Vertrag mit der Beigeladenen könne die Vergabe einer Dienstleistungskonzession nicht gesehen werden. Der Antragsgegner veranstalte die Wochenmärkte nicht; dies sei auch keine Aufgabe im kommunalen Wirkungskreis. Er ermögliche lediglich die eigenverantwortliche Durchführung einer Marktveranstaltung durch Schaffung der Voraussetzungen in Gestalt der Sondernutzungserlaubnis, die gebührenpflichtig sei. Darin liege kein Beschaffungsvorgang der öffentlichen Hand. Letztlich bezwecke die Ausschreibung nur, dass Anträge auf Veranstaltung von Wochenmärkten und auf Erteilung der dazu nötigen Sondernutzungserlaubnis gestellt werden, hinsichtlich derer dann eine Auswahlentscheidung getroffen werden solle. Einer Bewertung als Dienstleistungskonzession stehe sowohl entgegen, dass zwischen dem Marktveranstalter und dem Antragsgegner kein Auftrags- oder Dienstleistungsverhältnis bestehe, da ihm nicht die Ausführung von Tätigkeiten zu Gunsten der Öffentlichkeit übertragen werde, die originär der Verantwortung des Staates bzw. eines kommunalen Trägers unterstünden bzw. ihm zugewiesen seien. Wenn das Verwaltungsgericht ebenfalls annehme, dass es sich bei den Wochenmärkten nicht um eine öffentliche Einrichtung und nicht um die Wahrnehmung von Angelegenheiten des städtischen Wirkungskreises, sondern vielmehr eine vornehmlich kommerzielle Veranstaltung handele, von der sich der Antragsgegner eine Erhöhung der Ausstrahlungskraft und Attraktivität der Innenstadt bzw. der Einzelhandelsstandorte erwarte, hätte es konsequent den Verwaltungsrechtsweg nicht für eröffnet halten dürfen, insbesondere wenn mangels gewerberechtlicher Festsetzung der Wochenmärkte von einer Privatveranstaltung auszugehen sei.
Diese Ausführungen stellen jedenfalls das Entscheidungsergebnis des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage.
Hätte man mit dem Beschwerdevorbringen davon auszugehen, dass der Antragsgegner mit der Durchführung der Ausschreibung keine kommunale Aufgabe wahrgenommen, sondern lediglich denjenigen privaten Betreiber ermittelt hätte, für den er gegen Entgelt die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Marktveranstaltung zu schaffen beabsichtigte, könnte daran in der Tat die rechtliche Beurteilung anknüpfen, dass der Antragsgegner insofern nicht in einem Über- oder Unter-ordnungsverhältnis, sondern in einem privatrechtlich zu beurteilenden Gleichordnungsverhältnis tätig geworden wäre mit der Folge, dass der Senat nach der ihn bindenden Bejahung des Verwaltungsrechtsweges durch das Verwaltungsgericht über ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zu befinden hätte. Insofern fragt sich allerdings, inwiefern die Antragstellerin unter diesen Vorzeichen die Rückabwicklung des Vertrages zwischen der Beigeladenen und dem Antragsgegner beanspruchen könnte. Bei diesem Ansatz spricht nämlich alles dafür, dass nach Vertragsschluss aufgrund der eingetretenen vertraglichen Bindung nach §§ 241 ff. BGB („pacta sunt servanda“), wie er im Vergaberecht durch § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB zum Ausdruck gelangt, kein Primärrechtsschutz mehr gewährt werden könnte, die Antragstellerin - unter der Voraussetzung einer adäquat kausalen Schädigungshandlung durch den Antragsgegner im Rahmen des Auswahlverfahrens - allenfalls Ersatz ihres Vertrauensschadens verlangen könnte.
Die Sichtweise des Beschwerdevorbringens wird indessen dem vorliegenden Sachverhalt nicht hinreichend gerecht. Zunächst spricht nämlich viel dafür, dass der Antragsgegner mit dem seit dem Jahre 1999 betriebenen Modell der Vergabe der in Rede stehenden Wochenmärkte durchaus ein kommunales Interesse im Bereich freier Selbstverwaltungsaufgaben verfolgt, wenn er durch die Einrichtung von Wochenmärkten in der Innenstadt deren Attraktivität zu steigern und für eine Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungsstruktur zu sorgen sucht und damit – allerdings nur mittelbar und nicht auf Markterzeugnisse im Sinne des § 67 Abs. 1 GewO beschränkt - die Versorgung der Bevölkerung innerhalb der Gemeinde sicherstellen und verbessern möchte. Dem steht eine Bewertung des eigentlichen Marktgeschehens als überwiegend kommerzielle Veranstaltung, wie sie das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, ebenso wenig entgegen wie die Beurteilung des durchgeführten Auswahlverfahrens zur Ermittlung des Marktveranstalters als öffentlich-rechtliche Aufgabe. Denn zur Verfolgung der kommunalen Interessen muss der Antragsgegner die von ihm angestrebten Wochenmärkte nicht selbst betreiben, sondern lediglich initiativ tätig werden, um private Veranstalter entsprechend zu interessieren. Er konnte sich auch darauf beschränken, mit dem privaten Veranstalter lediglich Eckpunkte hinsichtlich der Veranstaltungen und der Zusammenarbeit zu regeln, um die Wahrung der von ihm mit der Einrichtung der Wochenmärkte verfolgten öffentlichen Interessen sicherzustellen. Insofern unterscheidet sich die hier vorliegende Ausgestaltung von der Schaffung einer eigenen Einrichtung im Sinne traditionell kommunal ausgerichteter Marktveranstaltungen, bei denen die kommunalpolitische Bedeutung solches Gewicht hat, dass sich der kommunale Träger der insoweit bestehenden Aufgabenverantwortung nicht durch eine sachliche Privatisierung entziehen darf (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 – GewArch 2009, 424). Vielmehr beschränkt sich der Antragsgegner aus der geschilderten Interessenlage heraus darauf, dass es nicht der Zufälligkeit überlassen bleiben soll, ob und wie an den vorgesehenen Plätzen Wochenmärkte stattfinden, und er sucht über die Auswahl des Veranstalters zu steuern, dass ihre Veranstaltung nicht nur dessen privaten Interessen und denjenigen der Marktbeschicker, sondern auch den kommunalen Interessen gerecht wird. Ein solches Veranstaltungsmodell steht – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht, insbesondere zur Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich gleichermaßen anerkannt, dass es im Gemeininteresse liegen kann, die Veranstaltung von Märkten Privaten zu überlassen, wenn sie diese besser und wirtschaftlicher als die Gemeinde durchführen können, zumal die Gemeinde dadurch entlastet und die Aufgabe der Marktveranstaltung selbst besser und wirtschaftlicher erfüllt wird (vgl. Beschluss vom 2. Januar 2006 - 6 B 55.05 - GewArch 2006, 164). Das gilt zumal dann, wenn außerhalb des eigentlichen Marktzwecks stehende übergeordnete Interessen dafür sprechen, einen Wochenmarkt einzurichten und dafür Sorge zu tragen, dass seine Veranstaltung mit den beherrschenden öffentlichen Interessen konform geht, die Durchführung in diesem Rahmen aber eigenverantwortlich dem privaten Marktbetreiber obliegen soll, um dessen Initiative auch im Allgemeininteresse fruchtbar zu machen.
Von diesem Ausgangspunkt her dürfte es sich bei der hier vorliegenden Marktvergabe entgegen dem Beschwerdevorbringen um eine Form der Dienstleistungskonzession handeln. Wenn die Kommune die Veranstaltung eines Wochenmarktes aus Gründen einer Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt und zur Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungsstruktur für eine ortsnahe Versorgung der Bevölkerung für wünschenswert hält (vgl. Vertragspräambel), nimmt der Marktveranstalter nicht nur eigenwirtschaftliche Interessen, sondern zugleich auch kommunale Interessen wahr. Das lässt sich hier etwa aus den Vertragsbestimmungen über die Verpflichtung zur Durchführung des Wochenmarktes, festgelegte Kontrollbefugnisse, Festlegung des Veranstalters auf das öffentliche Interesse und seine Verpflichtung zur Zusammenarbeit in Bezug auf die Ziele der Präambel ablesen. Der Veranstalter erhält dafür jedoch keine Vergütung, sondern lediglich die Berechtigung, auf den fraglichen Flächen Wochenmärkte eigenverantwortlich, allerdings im Rahmen der vertraglichen Gestaltung und deren Zielsetzungen, auszurichten. Das Beschwerdevorbringen übersieht insoweit, dass der Begriff der Dienstleistungskonzession in Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2006/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge sich auf Dienstleistungen aller Art bezieht und daher auch Formen der Leistungserbringung für eine öffentliche Stelle zu erfassen vermag, die im Wesentlichen mit der Erbringung von Leistungen im privaten Eigeninteresse des Leistungserbringers einhergehen, weil das öffentliche Interesse auf dadurch erwartete und insofern notwendig damit verbundene Begleitaspekte zielt. Eine Sichtweise, wonach damit letztlich nur die Verwaltungsverfahren zur Marktfestsetzung und Erteilung der marktbezogenen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis eigenständig ausgestaltet werden, dürfte demgegenüber zu eng sein. Sie blendet die Interessenlage des Antragsgegners aus und ist auch nicht damit in Einklang zu bringen, dass nach dem Konzept des Antragsgegners gerade die Festsetzung eines Marktes nach § 69 i.v.m. § 67 GewO nicht erfolgen soll. Letztlich mag jedoch dahinstehen, ob es hier der Einordnung des Auswahlverfahrens als vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession bedarf; jedenfalls ist die Auswahl des Marktveranstalters hier durch die kommunale Aufgabenwahrnehmung hoheitlich geprägt. Deshalb steht der Antragstellerin als Mitbewerber ein öffentlich-rechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zur Seite, der es neben einer gleichmäßigen und transparenten Behandlung aller Bewerber (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG) gebietet und auch hier geboten hätte, zwischen der Bekanntgabe der Auswahlentscheidung und dem Vertragsabschluss mit dem ausgewählten Bewerber einen angemessenen Zeitraum, jedenfalls zwei Wochen, verstreichen zu lassen, um einen effektiven (Primär-)Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Auswahlentscheidung zu ermöglichen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 5. Juni 2008 - OVG 1 N 7.07 – Beschlussabdruck S. 7).
Nach diesen Grundsätzen bewegt sich das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung, wenn es dem erst nach Vertragsschluss mit dem Beigeladenen anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzbegehren das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis versagt, weil – nicht anders als bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß §§ 110 GWB oder bei der Vergabe auch nach dem Verständnis der Beschwerde dem Begriff unterfallender Dienstleistungskonzessionen - nach Vertragsschluss mit dem Mitbewerber die Möglichkeit entfällt, dagegen erfolgreich Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, weil der Vertrag zwischen diesem und der vergebenden Behörde wirksam zustande gekommen und für die unterlegenen Bewerber nicht angreifbar ist (vgl. Beschlüsse vom 5. Juni 2008 a.a.O., S. 5 f. Beschlussabdruck, und vom 2. Juni 2008 - OVG 1 S 18.08 – Beschlussabdruck S. 3). Daran ist unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens auch festzuhalten. Diese Rechtsprechung steht einem effektiven (vorläufigen) Primärrechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen (vgl. für das Vergaberecht: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Juli 2004 – 2 BvR 2248/03 – NVwZ 2004, 1224). Insoweit kann keine Rede davon sei, dass damit Ausführungen zum vorläufigen Rechtsschutz bei der Konkurrenz um die Beschickung eines nach der Gewerbeordnung für einen öffentlich-rechtlichen Marktanbieter festgesetzten Marktes für das Vergaberecht „aufgegriffen“ worden wären (dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. August 2002 – 1 BvR 1790/00 – NJW 2002, 3691); das Bundesverfassungsgericht hat diese Entscheidung nur dafür zitiert, dass Art 19. Abs. 4 GG eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle erfordert, die es gebietet, der Schaffung vollendeter Tatsachen so weit wie möglich zuvor zu kommen und keine überspannten Anforderungen zu stellen; die bereits erwähnte Vorschrift des § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, nach der mit Erteilung des Zuschlages die Erlangung von Primärrechtsschutz nicht mehr möglich ist, hat es hingegen nicht in Frage gestellt (vgl. Beschluss vom 29. Juli 2004 a.a.O., juris Rn. 22, 24). Auch bei der Vergabe einer (vergaberechtsfreien) Dienstleistungskonzession, jedenfalls der Vergabe der hier vorliegenden Marktveranstaltungen, genügt dieser vergaberechtliche Ansatz den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz unter der Voraussetzung rechtzeitiger Information der unterlegenen Bewerber und der Beachtung einer für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes ausreichenden Karenzzeit bis zum Vertragsschluss mit dem erfolgreichen Bewerber, für die man sich an der Zwei-Wochenfrist der sofortigen Beschwerde orientieren kann; es ist dann Sache des rechtzeitig angerufenen Gerichts dafür Sorge zu tragen, dass vor seiner Entscheidung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, etwa durch einstweilige Untersagung eines beabsichtigten Vertragsschlusses. Mit dem Vertragsschluss sind hingegen regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen, da das Vertragsverhältnis mit dem Ausgewählten grundsätzlich noch keinen zur Beendigung berechtigenden Mangel dadurch aufweist, dass ein ausreichender Primärrechtsschutz im öffentlich-rechtlichen Auswahlverfahren nicht gewährleistet war oder von den unterlegenen Bewerbern nicht rechtzeitig in Anspruch genommen worden ist.
Gleichfalls nicht beanstandet werden kann die Sichtweise, wonach für eine isolierte Anfechtung der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis – wobei hier offen bleiben kann, ob es hier nicht einer diese nach § 19 BbgStrG einschließenden straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 29 Abs. 2 StVO bedürfte und in wessen Zuständigkeit deren Erteilung fällt - die Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Diese regelt allein die über den Gemeingebrauch an der Straße hinausgehende Benutzung. Bei der Entscheidung über die Erteilung sind rechtlich geschützte Interessen der im Auswahlverfahren um die Marktveranstaltung unterlegenen Bewerber grundsätzlich nicht erkennbar; sie können Rechtsschutz nur beanspruchen, soweit sie geltend machen können, durch den Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die von der Antragstellerin reklamierte Rechtsverletzung bezieht sich jedoch auf die Vergabeentscheidung. Wenn sie demgegenüber meint, die Vollziehbarkeit der Sondernutzungserlaubnis der Beigeladenen sei letztlich der „Hebel“, um den Primärrechtsschutz zu gewährleisten und offen zu halten, so verkennt dies die Reichweite ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs. Hiervon ist allerdings die Frage zu trennen, ob im Falle einer Untersagung des Vollzuges der Vergabeentscheidung nicht auch solche Annexentscheidungen zu unterlassen sind oder in ihrem Vollzug gehemmt werden können (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 10. Juni 2010 – OVG 1 S 41.10 – S. 5 des Beschlussabdrucks). Das kann hier unentschieden bleiben, weil es an der rechtzeitigen Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz fehlt und die Vergabe zugunsten der Beigeladenen in einer gegenüber dieser bindenden Weise vollzogen ist, die auch die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis als Annexentscheidung einschließt.
Überdies meint der Senat, dass im Verfahren hinreichend deutlich geworden ist, dass die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen im Kern deshalb gefallen ist, weil die Vorstellung der Antragstellerin, sie veranstalte einen privaten Wochenmarkt, für den der Antragsgegner gegen Entgelt (Gebühren) eine Sondernutzungserlaubnis erteile, mit der Vorstellung des Antragsgegners, die Wochenmarktveranstaltungen dienten der Förderung des innerstädtischen Bereichs gegenüber dem beherrschenden Einkaufszentrum am Stadtrand und müssten als Ergänzung der Einzelhandelsstrukturen verstanden werden, wie sie aus dem der Ausschreibung und dem vorliegenden Vertragswerk deutlich wird, nicht hinreichend in Einklang stehen, so dass die Ablehnung ihrer Bewertung jedenfalls im Ergebnis nachvollziehbar ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Die Änderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 GKG findet ihren Grund zum einen darin, dass der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache in beachtlichem Ausmaß gerichtet ist, zum anderen auch in der bisherigen Streitwertpraxis des Senats, die sich zwar an den Vorschlägen des Streitwertkatalogs für Streitigkeiten um eine Gewerbeerlaubnis oder –konzession orientiert (vgl. Nr. II 54.1 des sog. Streitwertkatalogs, veröffentlicht NVwZ 2004, 1327), aber auch eine – wenn auch pauschalierende – Betrachtung des wirtschaftlichen Interesses im Einzelfall anstellt (z.B. für die Veranstaltung eines wöchentlichen kunst- und antiquitätenorientierten Trödelmarktes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren 10.000,-- Euro; vgl. Beschluss vom 10. Juni 2010, a.a.O.). Insoweit war hier zu berücksichtigen, dass es um eine Marktveranstaltung an drei Wochentagen über zwei Jahre geht. Deshalb erschien eine Verdoppelung der Grundannahme des Streitwertkataloges für das Hauptsacheverfahren (15.000 Euro) geboten. Den sich danach ergebenden Wert von 30.000 Euro hat der Senat halbiert.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).