Gericht | FG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 22.08.2012 | |
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Aktenzeichen | 3 K 3320/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beklagte wird verpflichtet, die Grundsteuer für 1998 für das Grundstück B… in C… unter Aufhebung der Ablehnungsverfügung vom 9. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2000 in Höhe eines Teilbetrages von 38.531 € (75.360 DM) zu erlassen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Klageverfahrens 2 K 2331/00 B beim Finanzgericht Berlin und der Verfahren II B 55/03 und II R 5/05 beim Bundesfinanzhof haben die Beteiligten wie folgt zu tragen: Die bis zum 18. Februar 2008 entstandenen Kosten werden der Klägerin zu 15 vom Hundert und dem Beklagten zu 85 vom Hundert auferlegt; die danach entstandenen Kosten haben die Klägerin zu 3 vom Hundert und der Beklagte zu 97 vom Hundert zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Zeit bis zum 18. Februar 2008 auf 45.225 € (88.453 DM) und danach auf 39.630 € (77.510 DM) festgesetzt.
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Klägerin ist eine Immobilien verwaltende Gesellschaft in der Rechtsform einer (Publikums-)Kommanditgesellschaft (geschlossener Immobilienfonds). Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin den teilweisen Grundsteuererlass für das Jahr 1998. Die Klägerin erstellte 1994 auf dem eigenen Grundstück B… in C… nach einer vorausgegangenen Markt- und Standortanalyse ein Bürogebäude, das zur vollständigen Vermietung an verschiedene Nutzer bestimmt war. Das Gebäude weist eine Bürofläche von 22.284 m² (aktuelles Aufmaß) sowie eine Tiefgarage (nebst Lagerflächen) mit 320 Stellplätzen auf. Das Grundstück ist zum 1. Januar 1995 im Ertragswertverfahren als Geschäftsgrundstück bewertet worden. Der Grundsteuermessbetrag wurde auf den 1. Januar 1995 auf 45.939,95 DM festgesetzt. Dies ergab für 1998 eine Grundsteuer von 275.639,70 DM, die gemäß § 27 Abs. 3 Grundsteuergesetz – GrStG - durch öffentliche Bekanntmachung festgesetzt wurde.
Mit dem am 22. März 1999 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 15. März 1999 beantragte die Klägerin, ihr die Grundsteuer 1998 wegen wesentlicher Ertragsminderung gemäß § 33 Abs. 1 GrStG i.H.v. 32,00 % (Bl. 203 Bd. 2), nämlich in Höhe eines Teilbetrages von 88.453 DM, zu erlassen, da das Gebäude im Erlasszeitraum teilweise leer gestanden habe und die Mieten für die vermieteten Flächen hinter der ortsüblichen Miete weit zurückgeblieben seien. Den zu erlassenden Steueranteil hatte die Klägerin auf der Grundlage einer üblichen Miete von 25 DM/m² für die Büroräume, 10 DM/m² für die Lagerräume und 150 DM für die Stellplätze berechnet (siehe Berechnung auf Seite 3 des Urteils des Bundesfinanzhofes – BFH - vom 24. Oktober 2007, II R 5/05, Bl. 4 Streitakte Bd. 1).
Der Beklagte lehnte den beantragten Teilerlass der Grundsteuer mit Verwaltungsakt vom 9. Dezember 1999 und Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2000 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Leerstände und niedrigen Mieten nicht durch atypische Umstände sondern strukturell bedingt und überdies nicht vorübergehend sondern von Dauer seien.
Die daraufhin erhobene Klage blieb erfolglos. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, trotz umfangreicher Vermietungsbemühungen, bei denen sie die geforderte Miete bis auf 21 DM/m² herabgesetzt habe, habe sie bei Neuabschlüssen im Jahre 1998 nur Büromieten von 22 DM/m² erzielen können und es seien 8.111 m² (36,44 %) der gesamten Bürofläche sowie 157 Stellplätze (49,06 %) nicht zu vermieten gewesen. Der Leerstand habe dabei aufgrund diverser Mieterwechsel nicht immer dieselben Räume betroffen.
Das (ehemalige) Finanzgericht – FG - Berlin wies die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2003 – 2 K 2331/00 - (Hinweis auf Bl. 108 f Streitakte 2 K 2331/00) ab. Der normale Rohertrag sei im Wege eines Vergleichs danach zu bestimmen, was andere Objekte vergleichbarer Beschaffenheit erbrächten. Dazu bräuchten keine weiteren Feststellungen getroffen zu werden, weil ein Grundsteuererlass aber nur bei atypischen Fallgestaltungen in Betracht komme und eine solche im Streitfall nicht gegeben sei. Abgesehen davon habe die Klägerin die behauptete Ertragsminderung zu vertreten, weil sie ihre Gewerberäume zu einer überhöhten Miete von 21 DM/m² angeboten und damit den teilweisen Leerstand selbst verursacht habe. Angesichts der Aussichtslosigkeit einer Vollvermietung zu diesem Mietpreis sei ihr zuzumuten gewesen, die Mietforderungen auf den Betrag herabzusetzen, den die potentiellen Mieter zu bezahlen bereit gewesen seien. Bei der als Objektsteuer ausgestalteten Grundsteuer obliege es dem Grundstückseigentümer, auch den geringst möglichen Ertrag aus dem Objekt zu erzielen.
Auf die durch den BFH mit Beschluss (II B 55/03) vom 13. Januar 2005 zugelassene Revision der Klägerin (Bl. 123 f in 2 K 2331/00) hob dieser die Entscheidung des FG Berlin mit Urteil vom 24. Oktober 2007 – II R 5/05 - auf und verwies die Sache an das (seit dem 1. Januar 2007 fusionierte) FG Berlin-Brandenburg zurück.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht – BVerwG - mit Beschluss vom 24. April 2007 – GmS-OGB 1/07 - seine abweichende Rechtsauffassung aufgegeben und sich seiner (des BFH) Auffassung angeschlossen habe, wonach ein Grundsteuererlass nach § 33 Abs. 1 GrStG auch in Fällen strukturell bedingter Ertragsminderungen von nicht nur vorübergehender Natur in Betracht komme (Zeitschrift für Kommunalfinanzen – ZKF - 2007, 211) seien – so der BFH - alle Differenzierungen nach typischen oder atypischen, nach strukturell bedingten oder nicht strukturell bedingten, nach vorübergehenden oder nicht vorübergehenden Ertragsminderungen und nach den verschiedenen Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren, hinfällig geworden. Das FG sei noch von der früheren Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausgegangen; auch der Alternativbegründung des Finanzgerichts, wonach die Klägerin die Ertragsminderung zu vertreten habe, könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Bei bebauten Grundstücken sei für die Berechnung der Ertragsminderung danach zu unterscheiden, ob die von der Ertragsminderung betroffenen Räume/Raumeinheiten zu Beginn des Erlasszeitraums leer gestanden oder - wenn auch verbilligt - vermietet waren. Bei zu diesem Zeitpunkt leer stehenden Räumen bilde die übliche Miete die Bezugsgröße, an der die Ertragsminderung zu messen sei. Bei den vermieteten Räumen bilde die vereinbarte Miete diese Bezugsgröße, solange die Miete nicht um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweiche. Die übliche Miete zu Beginn des Erlasszeitraums sei nicht die Durchschnittsmiete, die für die vermieteten Teile vereinbart werden konnte, sondern eine in Anlehnung an die Miete für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung zu schätzende Miete. Notwendige Feststellungen zur üblichen Miete habe das FG nicht getroffen, weil es der früheren inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung des BVerwG gefolgt sei. Der BFH führte weiter aus, dass der Steuerpflichtige die Ertragsminderung, soweit sie durch einen Leerstand bedingt ist, dann nicht zu vertreten habe, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht habe. Hierfür reiche es aus, dass die Räumlichkeiten dem Markt zur Verfügung stünden und nachhaltig zu einer Miete innerhalb der Spanne eines marktgerechten Mietzinses angeboten worden seien. Der Grundstückseigentümer sei entgegen der Ansicht des FG nicht gehalten, seine Mietforderungen soweit herunterzuschrauben, bis sich ein Mieter finde.
Die Klägerin hat im zweiten Rechtsgang mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar 2008 eine korrigierte Berechnung zur Ermittlung der Rohertragsminderung zum 1. Januar 1998 vorgelegt, auf die der erkennende Senat ergänzend Bezug nimmt (Bl. 13 bis 19a Streitakte Bd. I). Sie hat (zunächst) beantragt, die Grundsteuer 1998 i.H.v. 28,12 %, nämlich in Höhe eines Teilbetrages von 77.510 DM (39.630,30 €), zu erlassen. Abweichend von ihrer im ersten Rechtsgang vorgenommenen Berechnung hat die Klägerin den zu erlassenden Steueranteil hinsichtlich der am 1. Januar 1998 leer stehenden Büroflächen (insgesamt 9.006,35 m²) auf der Grundlage einer üblichen Miete von 28 DM/m² für diese Flächen sowie 100 DM pro (unvermietetem) Stellplatz (betraf 145 Stellplätze) ermittelt. Bei den vermieteten Büroflächen (insgesamt 13.278,35 m²) hatte sie die von der üblichen Miete um nicht mehr als 20 % abweichenden tatsächlich vereinbarten Mieten (betrifft Flächen von 3.268,58 m²) und für die verbleibenden Flächen (10.009,77 m²) die von ihr angenommene übliche Miete von 28 DM/m² angesetzt. Die vermieteten Stellplätze (betraf 162 Stellplätze) hat sie durchweg mit einem Mietzins von 100 DM (51,13 €) je Stellplatz berücksichtigt. Daraus ergab sich ein normaler Rohertrag i.H.v. 4.165.414,64 €. Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Rohertrages, den die Klägerin entsprechend ihrem testierten Jahresabschluss für 1998 auf 2.701.266,91 € bezifferte, belief sich die Rohertragsminderung nach dieser Berechnung auf 1.464.147,73 € (35,15 %), so dass der geltend gemachte Grundsteuererlass (davon 80 %) 28,12 % der festgesetzten Grundsteuer in Höhe von 275.639,70 DM, also rund 77.510 DM bzw. 39.630,30 € betrug. Hinsichtlich der üblichen Miete für die Büroflächen und die Stellplätze habe die Klägerin sich an den entsprechenden Feststellungen des Beklagten orientiert (Bl. 20 Streitakte Bd. 1). Da sie sich mit Hilfe der von ihr beauftragten Firma D… GmbH nachhaltig um eine Vermietung der zu Beginn des Erlasszeitraums leer stehenden Flächen zu marktgerechten Konditionen bemüht habe, sei der Leerstand von ihr nicht zu vertreten.
Die Klägerin beantragt nunmehr davon abweichend,
unter Aufhebung der Ablehnungsverfügung vom 9. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2000 den Beklagten zu verpflichten, die Grundsteuer für 1998 in der Höhe zu erlassen, die sich unter Zugrundelegung der üblichen Mietansätze, auf die sich die Beteiligten tatsächlich verständigt haben, und unter Ansatz eines tatsächlichen Rohertrages in Höhe von 5.138.425 DM (2.627.019,86 €) ergibt;
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert: Obgleich der BFH in seinem Urteil vom 27. Oktober 2007 auch in den Fällen strukturell bedingten Leerstands von nicht nur vorübergehender Dauer einen Grundsteuererlass bejahe, sei er, der Beklagte, nach erneuter Überprüfung des Streitfalles zu der Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen für den begehrten Steuererlass vorliegend nicht erfüllt seien, weil die von der Klägerin angeführte Ertragsminderung weder auf einem strukturellen Leerstand beruhe noch auf atypische Umstände von vorübergehender Natur zurückzuführen sei. Zudem sei auch die Wesentlichkeitsschwelle von 20 % nicht überschritten worden.
Anders als im ersten Rechtszug noch angenommen, beruhe die Ertragsminderung nicht auf einem strukturellen Leerstand. Vielmehr stelle sich der Leerstand als typische und damit nicht Erlass begründende Folge einer Fehlplatzierung eines zu hochwertigen Bürogebäudes an einem so genannten „Back-Office-Standort“ im Zusammenhang mit einer fehlgeschlagenen Vermietungsstrategie dar. Das BVerwG habe nach Vorlage des hiesigen Streitfalls durch den BFH seine frühere Rechtsprechung lediglich insoweit aufgegeben, als nunmehr auch in Fällen strukturell bedingter Ertragsminderungen von nicht nur vorübergehender Dauer ein Grundsteuererlass nach § 33 Abs. 1 GrStG in Betracht komme. Es sei aber davon auszugehen, dass das BVerwG in den übrigen Fallkonstellationen, in denen der Leerstand nicht strukturell, sondern – wie hier - durch anderweitige typische Umstände bedingt sei, auf den Gesichtspunkt der Atypizität nicht habe verzichten wollen.
Daraus folge, dass nicht jeder irgendwie geartete Leerstand einen Grundsteuererlass nach § 33 Abs. 1 GrStG rechtfertige könne. Bei nicht strukturell bedingten Leerständen scheide ein Grundsteuererlass deswegen aus, wenn die daraus resultierende Ertragsminderung auf typischen Ursachen beruhe, wie dies etwa bei Leerständen infolge von Modernisierung, Renovierung, Sanierung, Umbau oder bei zukünftig beginnender Neuvermietung, Mieterwechsel, tatsächlicher oder rechtlicher Unbenutzbarkeit oder Fehlplanungen anzunehmen sei. Diese für eine Vermietung typischen Ursachen einer Ertragsminderung (Leerstand) dürften aufgrund der Systematik der Einheitsbewertung keinen Einfluss auf die Wertverhältnisse bei einer Hauptfeststellung haben. Im Umkehrschluss folge daraus, dass Ursachen für Wertminderungen, die auch bei einer regelmäßigen Hauptfeststellung unberücksichtigt blieben, auch nicht im Wege des Grundsteuererlasses zu berücksichtigen seien.
Nicht strukturell bedingte, typische Ertragsminderungen bewirkten keine Ertragsminderung in einer Mehrzahl von Fällen, die eine geringere übliche Miete und damit eine niedrigere Einheitsbewertung im Rahmen einer fiktiven Hauptfeststellung nach § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG zur Folge haben würde, sondern stellten eine individuelle Wertveränderung dar.
Die Berücksichtigung individueller Wertveränderungen bei der Einheitsbewertung sei indes nicht vorgesehen. Solche Minderungen dürften auch bei einer fiktiven Hauptfeststellung nicht einfließen. Würde § 33 GrStG auf Fälle typischer Ertragsminderungen ausgedehnt und würden damit Faktoren berücksichtigt, die in der Einheitsbewertung nach dem Bewertungsgesetz als wertbestimmende Faktoren nicht vorgesehen seien, dann würde die Bewertungsmethode von derjenigen abweichen, die der Gesetzgeber vorgegeben habe und zu einer solchen nach dem gemeinen Wert tendieren.
Des Weiteren würde die Abweichung im Rahmen des Festsetzungs- bzw. Erhebungsverfahrens gegen das Gebot der folgerichtigen Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers verstoßen. Zur Untermauerung seiner Auffassung verweist der Beklagte auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts – OVG - für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 2008, 14 A 461/07 (juris).
Im Streitfall beruhe der Leerstand nicht auf einem strukturell bedingten Leerstand. Von einem strukturell bedingten Leerstand könne nur dann gesprochen werden, wenn das Grundstück (Steuerobjekt) am Markt keine Defizite aufweise und das Angebot die Nachfrage in einem Ausmaß überschreite, dass alle vergleichbaren Objekte vom Leerstand betroffen seien und selbst Optimierungen einen Leerstand nicht verhindern könnten bzw. deren Ausmaß zu unverhältnismäßigen Aufwendungen führen würde, die dem Grundsteuerpflichtigen nicht zugemutet werden könnten. Der Leerstand des Streitobjekts beruhe aber nicht auf einem solchen Überangebot vergleichbarer Objekte, sondern darauf, dass die Klägerin ein architektonisch herausragendes, hochwertiges und repräsentatives Gebäude in ein weniger repräsentatives Umfeld eingefügt habe. Die Platzierung des Streitobjekts in einer durch einfache Wohnbebauung, Kleingewerbe und Gewerbehofanlagen geprägten Umgebung, die zudem nur unzureichend an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sei, stelle den eigentlichen Grund für die Vermietungsschwierigkeiten der Klägerin dar.
Ein weiterer Grund für den Leerstand liege in dem Widerspruch von konzipierter und praktizierter Vermietung der Streitimmobilie. Die zentrale Erschließung und Grundrissgestaltung des Objekts sei für eine Globalvermietung zwar günstig, gleichzeitig würde aber die von der Klägerin vorgenommene Vermietung kleinerer Flächeneinheiten an viele Einzelmieter einer Vollvermietung entgegenstehen. So verfügten eine Vielzahl der Mietflächen über unzureichende Zugangsmöglichkeiten und sanitäre Einrichtungen; Teeküchen seien nicht in ausreichender Anzahl vorhanden. Eine weitere Einschränkung in der Vermietbarkeit liege darin begründet, dass eine Globalvermietung nur an vorsteuerabzugsberechtigte Mieter in Betracht komme. Andernfalls müsse die Klägerin mit erheblichen Vorsteuerberichtigungsansprüchen des Fiskus rechnen, die bei ihr zu erheblichen finanziellen Belastungen führen würden.
Der Beklagte ist ferner der Auffassung, dass die Wesentlichkeitsschwelle des § 33 GrStG von 20 % nicht erreicht werde. Er hält die von der Klägerin berücksichtigten üblichen Mietsätze für Büroflächen (28 DM/m²) und Stellplätze (100 DM je Stellplatz) angesichts der Randlage, der unzureichenden Anbindung des Streitobjekts an die Nahverkehrsmittel sowie wegen der benachteiligten Büroflächen für überhöht. Auf der Grundlage der Mietspannen für Mittelzentren lt. Industrie und Handelskammer – IHK - von 16 bis 24 DM/m² seien als übliche Mieten für die Büroflächen (durchschnittlich) 19,176 DM/m² (nämlich 18 DM/m² für 9.180 m² und 20 DM für 13.104 m²), für die Lagerflächen 10 DM/m² und je Stellplatz lediglich 50 DM anzusetzen. Lege man diese Mietsätze zugrunde, betrage die Rohertragsminderung lediglich 17,95 %, sodass ein Erlass mangels Überschreitung der 20 %-Schwelle ausgeschlossen sei.
Hierauf erwidert die Klägerin: Der im zweiten Rechtsgang erstmals eingeführte Sachvortrag des Beklagten, der Leerstand beruhe auf einer Fehlmaßnahme der Klägerin, sei unzutreffend. Die besondere Architektur des Objekts, dessen hochwertige Ausstattung, das große Parkplatzangebot in der Tiefgarage, die variablen Flächenzuschnitte mit Größen von 250 m², 350 m² und 480 m² je Büroeinheit oder einem Vielfachen davon, dessen Lage unmittelbar an der Spree seien der Grund dafür, dass der Vermietungsstand sukzessive von 60 % per 1. Januar 1998, 73 % per 1. Mai 1999 auf etwa 95 % im September 2008 habe erhöht werden können. Eine Beschränkung der Vermietung auf Großmieter sei nicht erfolgt. Die Klägerin habe sogar eine Teilung der bereits vergleichsweise kleinen Teilflächen am Markt angeboten. Der Einwand des Beklagten, die Vermietungsschwierigkeiten basierten auf wirtschaftlichen (steuerlichen) Gründen, gehe fehl. Das Investment sei ausschließlich eigenkapitalfinanziert. Es wäre ihr, der Klägerin, jederzeit möglich gewesen, etwaige Umsatzsteuernachforderungen, die sich durch eine steuerfreie Vermietung ergeben hätten, mit dinglich abgesicherten Bankdarlehen zu bedienen. Zudem habe sie stets über eine hohe Barliquidität verfügt, die es ihr ermöglicht hätte, etwaige Nachforderungen des Fiskus auch ohne die Inanspruchnahme von Bankkrediten zu erfüllen.
Dessen ungeachtet sei nach wie vor davon auszugehen, dass die Leerstände und die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Vermarktung des Objekts nicht auf der vom Beklagten behaupteten Fehlmaßnahme, sondern im Streitjahr und den darauffolgenden Jahren auf einem außerordentlich hohen Angebotsüberhang in diesem Mietsegment beruht hätten und deshalb ein strukturell bedingter Leerstand anzunehmen sei.
Den Leerstand per 1. Januar 1998 habe sie nicht zu vertreten. Das Streitobjekt habe dem Markt seit dessen Fertigstellung im Jahre 1994 ununterbrochen und uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Sie habe sich unter Einschaltung der D… GmbH nachhaltig bemüht, das Objekt innerhalb der Spanne eines marktgerechten Mietzinses zu vermieten. Weiteres sei nach der Rechtsprechung des BFH nicht erforderlich. Insbesondere sei es ohne Bedeutung, ob und wie lange bei neuen Immobilien mit Anlaufschwierigkeiten zu rechnen ist und was zum Unternehmerrisiko eines Mieters gehöre. Selbst wenn der vom Beklagten ins Feld geführte gänzlich neue Sachverhalt zutreffen sollte und eine Fehlinvestitionsentscheidung anzunehmen sei, käme es darauf nicht an, da selbst nach der strengen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein die Verhältnisse zu Beginn des Erlasszeitraums in die Beurteilung einfließen dürften. Etwaige Fehlinvestitionsmaßnahmen in den davor liegenden Jahren von 1992 bis 1997 hinsichtlich der Standortwahl, der Ausstattung und der Vermietungsstrategie seien für die Beurteilung des Streitfalls ohne Bedeutung. Abgesehen davon habe der BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 26. Februar 2007 (II R 5/05, Bundessteuerblatt – BStBl - II 2007, 469) überzeugend dargelegt, dass die vom BVerwG im Wege der teleologischen Reduktion des Erlasstatbestands vorgenommene Einschränkung, wonach ein Erlass nur in Fällen einer atypischen und nur vorübergehenden Ertragsminderung zu gewähren sei, nicht nur nicht geboten sei, sondern auch dem Gesetzeszweck des § 33 GrStG zuwiderlaufe. Vor diesem Hintergrund habe das BVerwG seine frühere Rechtsauffassung aufgegeben und sich der Auffassung des BFH angeschlossen, nach der alle Differenzierungen nach typischen und atypischen, nach strukturell oder nicht strukturell bedingten, nach vorübergehenden oder nicht vorübergehenden Ertragsminderungen und nach Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren, hinfällig seien.
Ferner hält die Klägerin daran fest, dass die von ihr der Berechnung des normalen Rohertrags zugrunde gelegten üblichen Mietsätze angemessen seien und eine wesentliche Ertragsminderung gegeben sei. Sie führt aus, die vom Beklagten für die Absenkung des üblichen Mietzinses herangezogenen Gründe träfen nicht zu. Das Objekt sei sehr gut an das öffentliche Bus-, U-Bahn- und S-Bahn-Netz angeschlossen. Der vom Beklagten anhand des von der IHK herausgegebenen Orientierungsrahmens ermittelte übliche Mietzins basiere auf einer unzutreffenden Eingruppierungsentscheidung. Das Objekt sei richtigerweise in die Kategorie „Hauptzentren“ gemäß Anhang C des Orientierungsrahmens einzustufen.
Auf Anraten des erkennenden Senats haben die Prozessbeteiligten sich in der mündlichen Verhandlung wegen der Unsicherheiten tatsächlicher Art über die Höhe der üblichen Mieten in dem Objekt im Streitjahr dahingehend verständigt, dass für Büroflächen 27 DM/m² (13,80 €/m²) und pro Stellplatz 50 DM (25,56 €/m²) als ortsübliche Bruttokaltmieten berücksichtigt werden. Des Weiteren sind sich die Beteiligten einig, dass von 320 Stellplätzen bei der Berechnung auszugehen ist, auch wenn einige der Stellplätze tatsächlich als Lagerflächen genutzt wurden. Die Beteiligten sind außerdem übereingekommen, dass bei der Berechnung von einer Gesamtfläche von 22.284 m² auszugehen ist. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf Nachfrage des Gerichts klargestellt, dass der Ist-Ertrag um die Position „Heizkostenerlöse“ in Höhe von 145.214,61 DM gemindert werden müsse, da die Heizkostenumlagen nicht zur Jahresrohmiete gehörten.
Auf der Grundlage der im Verhandlungstermin getroffenen tatsächlichen Verständigung hat die Klägerin eine korrigierte Berechnung zur Ertragsminderung und zur Höhe des von ihr begehrten Erlasses vorgelegt, von der der Beklagte eine Abschrift erhalten hat und auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 337 bis 341 Streitakte Bd. II).
Zwischen den Beteiligten besteht zudem kein Streit mehr darüber, dass die Klägerin sich im Streitjahr in ausreichendem Maße und zu ortsüblichen Konditionen um die Vermietung ihrer Immobilie bemüht hat. Wegen der Einzelheiten wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 22. August 2012 (Bl. 333 Streitakte Bd. II) ergänzend Bezug genommen.
Dem Senat haben bei seiner Entscheidung neben zwei Bänden Streitakten zum vorliegenden Verfahren je ein Band Streitakten des FG Berlin (2 K 2331/00 B) und des BFH (II R 5/05) sowie zwei Bände Einheitswert- und Grundsteuerakten des Beklagten zur Steuernummer …/… vorgelegen, auf deren Inhalte ergänzend Bezug genommen wird.
Die Klage ist zulässig und im zuletzt von der Klägerin beantragten Umfang auch begründet.
Die Ablehnung des begehrten Grundsteuererlasses ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Klägerin hat einen Anspruch auf den beantragten Grundsteuererlass.
Ist bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag um mehr als 20 % gemindert und hat der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten, so wird die Grundsteuer gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung -a. F.- in Höhe des Prozentsatzes erlassen, der vier Fünfteln des Prozentsatzes der Minderung entspricht.
Normaler Rohertrag eines bebauten Grundstücks, dessen Wert - wie hier - im Ertragswertverfahren zu ermitteln ist, ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG die Jahresrohmiete, die bei einer Hauptfeststellung auf den Beginn des Erlasszeitraums, das heißt vorliegend des Kalenderjahres 1998, maßgebend wäre. Unter Jahresrohmiete ist gemäß § 79 Abs. 1 Bewertungsgesetz – BewG - das Gesamtentgelt zu verstehen, das der Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten hat. Hierzu gehören auch die Umlagen (vgl. Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, 8. Aufl. 2004, § 33 Rn. 11) mit Ausnahme der Kosten des Betriebs einer zentralen Heizungs-, Warmwasser- und Brennstoffversorgungsanlage (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 79 Rz. 1) sowie des Fahrstuhls (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 4 BewG). Ist ein Grundstück ungenutzt, also beispielsweise leer stehend, gilt gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG als Jahresrohmiete die übliche Miete. Diese ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG auch dann maßgeblich, wenn Räume für eine um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichende Miete überlassen sind.
Für die vorliegenden Gewerberäume sind folglich zwei unterschiedliche Bezugsgrößen maßgebend, nämlich für die am 1. Januar leer stehenden Gewerbeeinheiten die übliche Miete und für die am 1. Januar vermieteten Gewerbeeinheiten die tatsächlich vereinbarte Jahresrohmiete, sofern diese die übliche Miete nicht um mehr als 20 % über- oder unterschreitet. Dabei ist unter der üblichen Miete zu Beginn des Erlasszeitraums allerdings nicht die Durchschnittsmiete, die für die vermieteten Teile vereinbart werden konnte, sondern eine in Anlehnung an die Miete für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung zu schätzende Miete, zu verstehen (vgl. hierzu Urteile des BFH vom 24. Oktober 2007, II R 5/05, a.a.O., und II R 6/05, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2008, 407).
Die Voraussetzungen des Erlasstatbestandes sind vorliegend im zuletzt von der Klägerin begehrten Umfang erfüllt.
Die Klägerin beruft sich zu Recht darauf, dass der normale Rohertrag im Streitjahr um mehr als 20 %, nämlich um 34,18 %, gemindert war. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 23. August 2012 vorgelegte korrigierte Berechnung (Bl. 337 f Streitakte Bd. II), von der der Beklagte eine Abschrift erhalten hat, entspricht den rechtlichen Vorgaben des BFH im Zurückverweisungsurteil, an die der erkennende Senat nach § 126 Abs. 5 FGO gebunden ist.
Ausgehend von den am 1. Januar 1998 vermieteten sowie leerstehenden Flächen beträgt der Sollertrag für das Streitobjekt 3.991.069,53 €. Insoweit hat die Klägerin in der genannten Berechnung zutreffend für die vermieteten Flächen die tatsächlichen Mieten (Bruttokaltmieten ohne Nebenkosten für Heizung, Warmwasserversorgung und Aufzugsanlagen) mit den üblichen Mieten verglichen, über deren Höhe die Beteiligten sich tatsächlich verständigt haben, und die auch nach Ansicht des Senats als angemessen zu betrachten sind. Soweit die tatsächlichen Mieten um mehr als 20 % (nach oben oder unten) von der üblichen Miete abwichen, ist letztere gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 2 BewG der Sollertragsermittlung zugrunde gelegt worden. Hinsichtlich der am 1. Januar 1998 leerstehenden (unvermieteten) Flächen hat die Klägerin die üblichen Mieten gemäß tatsächlicher Verständigung angesetzt. Wegen der Einzelheiten nimmt der erkennende Senat auf die erwähnte Berechnung der Klägerin Bezug (Bl. 338 f Streitakte Bd. II). Der Summe beider Bezugsgrößen sind die von der Klägerin mitgeteilten und vom erkennenden Senat für zutreffend erachteten tatsächlichen Mieten (ohne Berücksichtigung der Heizkostenerlöse) gegenübergestellt worden. Hieraus ergibt sich folgender zu erlassender Teilbetrag der Grundsteuer (€- bzw. DM-Beträge mathematisch gerundet) :
Normaler Rohertrag |
Fläche in m² |
Jahresbetrag/€ |
||
Vermietete Bürofläche |
13.278,35 |
2.403.392 |
||
Leerstand Büroflächen |
9.005,35 |
1.491.452 |
||
Summe: |
3.894.844 |
|||
Anzahl |
||||
Vermietete Stellplätze |
162 |
46.537 |
||
Leerstand Stellplätze |
158 |
48.462 |
||
Summe: |
94.999 |
|||
Antennenanlage |
1.227 |
|||
Gesamtsumme: |
3.991.070 |
|||
Tatsächlicher Rohertrag (Ist-Ertrag): |
2.627.020 |
|||
Rohertragsminderung (in €) |
1.364.050 |
|||
Rohertragsminderung (in %) |
1.364.050 x 100 |
= 34,18 % |
||
34,18 % x 4/5 |
= 27,34 % |
(gerundet) |
275.639,70 DM (festgesetzte Grundsteuer) x 27,34 % = 75.360 DM (38.531 €).
Auch die weitere Voraussetzung für einen Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG a. F., dass der Grundsteuerpflichtige die Minderung der Jahresrohmiete nicht zu vertreten hat, ist nach den Feststellungen des erkennenden Senats erfüllt. Im Falle des hier im Wesentlichen geltend gemachten Leerstands hat der BFH mit einer den Senat bindenden Wirkung (§ 126 Abs. 5 FGO) im Revisionsverfahren des ersten Rechtszugs ausgeführt, dass die Klägerin die Ertragsminderung dann nicht zu vertreten habe, wenn sie sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu marktüblichen Konditionen bemüht habe. Dabei sei sie nicht verpflichtet, sich den unteren Rand der Mietpreisspanne zu Eigen zu machen, es reiche vielmehr aus, dass die Räumlichkeiten dem Markt zur Verfügung stehen und nachhaltig zu einer Miete innerhalb der Spanne eines marktgerechten Mietzinses angeboten würden.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist mittlerweile zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig; insoweit wird auf die in der mündlichen Verhandlung protokollierten Prozesserklärungen Bezug genommen. Die Klägerin hat zudem nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass sie sich im erforderlichen Maß um die Vermietung der Leerstandsflächen bemüht hat. Insbesondere der Umstand, dass sich die Klägerin eines Fachunternehmens, der D… GmbH, als Mietmaklerin bediente, belegt nach Auffassung des Senats die Ernsthaftigkeit der Vermietungsbemühungen; denn aufgrund der Provisionsabsprachen hatte die D… GmbH ein erhebliches Eigeninteresse an einer erfolgreichen und renditeträchtigen Vermietung. Einen vernünftigen Grund, aus dem die Klägerin oder aber die beauftragte Vermittlerin ein Interesse am Leerstand der Immobilie gehabt haben könnten, vermag das Gericht nicht zu erblicken.
Da die Klägerin ausweislich der Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils die Büroflächen im Streitjahr für 21 DM/m² angeboten hat, ist auch zweifelsfrei erwiesen, dass die Klägerin die Leerstandsflächen nicht etwa überhöht, sondern durchaus zu einem angemessenen Mietzins zu vermarkten versuchte; denn sie ist mit ihrer Mietforderung sogar deutlich hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete, die nach der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten bei 27 DM/m² lag, zurück geblieben.
Selbst wenn die Klägerin im Vorfeld eine Fehlinvestitionsentscheidung getroffen haben sollte - wofür es nach Auffassung des erkennenden Senats keine Anhaltspunkte gibt - könnte ihr dieser Umstand im Streitjahr 1998 nicht zur Last gelegt werden, da es insoweit – wie die Klägerin zu Recht hervorhebt – allein auf die Verhältnisse im Erlasszeitraum ankommt.
Nach den bindenden Ausführungen des BFH – die der Senat für zutreffend erachtet - sind Differenzierungen nach typischen oder atypischen, strukturell bedingten oder nicht strukturell bedingten, nach vorübergehenden oder nicht vorübergehenden Ertragsminderungen und nach den verschiedenen Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren nicht mehr von Bedeutung. Für den Streitfall nicht von Bedeutung ist deshalb, ob der in Rede stehende Leerstand auf einem strukturell bedingten nicht nur vorübergehenden Angebotsüberhang oder auf einer Fehlmaßnahme basiert. Nach Ansicht des erkennenden Senats handelt es sich nicht – wie der Beklagte meint – um eine beiläufige Bemerkung des BFH (obiter dictum), sondern um eine das Revisionsurteil tragende Rechtsauffassung, die unmittelbar zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des FG Berlin geführt hat (vgl. Ruban in Gräber, FGO, 7. Aufl., § 126 Rn. 21 m.w.N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Für diese Beurteilung spricht, dass der BFH der vom BVerwG befürworteten teleologischen Reduktion des Erlasstatbestands auf atypische Ertragsminderungen von vorübergehender Natur eine Absage erteilt hat. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 2. Dezember 2010, 2 S 1729/10 (juris) insoweit – nach Ansicht des erkennenden Senats zutreffend - ausgeführt:
„… Diese Auslegung des § 33 Abs. 1 GrStG erscheint dem Senat im Übrigen aus dem vom Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 13.9.2006 (Hinweis: II R 5/05, BStBl II 2006, 921) angeführten Gründen auch allein sachgerecht. Sie entspricht zudem offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber knüpft den Erlass der Grundsteuer außer an ein bestimmtes Maß der Minderung des Rohertrags des Grundstücks zum einen an die Voraussetzung, dass der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat, und zum anderen daran, dass die Ertragsminderung für den Erlasszeitraum weder durch Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann noch bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können. Dafür, dass der Gesetzgeber eine darüber hinausgehende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm durch weitere ungeschriebene Tatbestandsmerkmale beabsichtigt hätte, ist nichts zu erkennen. …“ (so auch: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Juni 2011, 3 K 3326/07, Revision II R 8/12 anhängig; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Juni 2011, 9 B 16/10; Sächsisches OVG, Beschluss vom 23. Dezember 2009, 5 B 449/06, juris; entgegen etwa: Verwaltungsgericht – VG - Gelsenkirchen, Urteil vom 7. Juli 2011, 5 K 4418/09; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 31. Oktober 2008, 14 A 1420/07, vom 26. März 2009, 14 A 3168/07, vom 28. Februar 2011, 14 A 1711/08 und vom 24. Mai 2011, 14 A 1498/09, juris sowie zuletzt: BVerwG, Beschluss vom 3. März 2010, 9 B 77/09, das ausführt, dass eine abschließende Entscheidung darüber, ob auf das Merkmal der Atypizität generell verzichtet wird, noch nicht getroffen sei).
Abgesehen davon hält der erkennende Senat den vom Beklagten im zweiten Rechtsgang erstmals eingeführten Sachvortrag, wonach der vorliegende Leerstand auf der Fehlplatzierung einer hochwertigen Immobilie „in einer abseitigen stadträumlichen Nebenlage“ (sog. Back-Office-Standort) beruhe, für unzutreffend und widerlegt. Gegen die Mutmaßungen des Beklagten spricht, dass seit Fertigstellung die Leerstände sukzessive zurückgeführt werden konnten. So waren im Jahr 2008 bereits etwa 95 % der Flächen vermietet. Lt. Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Termin beträgt der Leerstand im Streitobjekt aktuell nur noch etwa 2 % der Flächen. Der Senat hält deshalb daran fest, dass die anfänglichen Vermietungsschwierigkeiten der Klägerin strukturell bedingt waren. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass auch ein anfänglicher Leerstand von vorübergehender Natur einem Erlass nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, nicht entgegensteht.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, zumal die vorliegend anzuwendende Fassung des § 33 GrStG „ausgelaufenes Recht“ darstellt und somit in der aktuellen Rechtsanwendungspraxis keine Rolle mehr spielt.
Die Kostenentscheidung, die der BFH dem erkennenden Senat auch hinsichtlich des Ausgangsverfahrens sowie der BFH-Verfahren übertragen hat, beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Bei den Kostenquoten wurden die unterschiedlichen Anträge der Klägerin in den verschiedenen Verfahrensabschnitten berücksichtigt. Die Sach- und Rechtslage war nicht so einfach, als dass die Klägerin sich selbst hätte vertreten können, daher war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
Den Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht gemäß den §§ 13 Abs. 2, 25 des Gerichtskostengesetzes – GKG – (in der in Fällen der Klageerhebung vor dem 1. Juli 2004 anzuwendenden alten Fassung) ermittelt.