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Prüfbescheid - Versorgungswerte - Befreiung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 15.03.2013
Aktenzeichen L 1 KR 204/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 22 Abs 2 SGB 4, § 28p SGB 4, § 1 Abs 1 Nr 1 SGB 6, § 231 Abs 1 SGB 6

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten, soweit darin Rentenversicherungsbeiträge für die mittlerweile verstorbene frühere Beigeladene zu 1) sowie Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung und zur Umlagekasse U2 für den Beigeladenen zu 2) festgesetzt sind.

Die Beigeladene zu 1) war als Zahnärztin zunächst Pflichtmitglied in der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz und deren Versorgungsanstalt.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend nur noch: „die Beklagte“) befreite sie mit Bescheid vom 1. Dezember 1983 nach § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten. Als Beginn der Befreiung wurde der 15. Oktober 1983 festgelegt, gleichzeitig der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. „der Versicherungspflicht“ und der Beginn der Mitgliedschaft in der genannten Versorgungseinrichtung.

Weiter heißt es in dem Bescheid: „Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wären. Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt, so gilt die Befreiung nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind.“ Die Beklagte habe bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu widerrufen. Es müssten deshalb die Umstände angezeigt werden, die zum Wegfall der Voraussetzungen führten, beispielweise dass die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung ende oder keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten seien. Die Befreiung ende erst mit förmlichem Widerruf.

Die verstorbene Beigeladene zu 1) praktizierte später ( in Nordrhein-Westfalen als Zahnärztin und war Pflichtmitglied der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe und damit gleichzeitig Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe.

Mit Anstellungsvertrag vom 18. Januar 1999 stellte die Klägerin die Beigeladene zu 1) als Unternehmensberaterin ein. Eine zahnärztliche Tätigkeit im Sinne der berufsmäßigen auf zahnärztlich wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten gemäß § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz übte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aus.

Aufgabe der Beigeladenen zu 1) war die Beratung und Schulung der Steuerberater und deren zahnärztlichen Mandanten bzgl. wirtschaftlicher Optimierung von Zahnarztpraxen durch Einzelberatungen, Workshops und Seminare, Artikel und Beiträge sowie Kontaktpflege.

Für die Jahre 1999 bis 2002 wurden für sie Pflichtbeiträge beim Versorgungswerk entrichtet. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden hingegen nicht abgeführt.

Der Beigeladene zu 2) war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 4. Oktober 1999 ab 1. Oktober 1999 „im Rahmen einer Nebenbeschäftigung“ als Projektkoordinator beschäftigt. Hauptberuflich war er ausweislich des § 2 des Anstellungsvertrages bei der S GmbH E als Verwaltungsleiter beschäftigt, einem zum Verbund der Klägerin gehörenden Unternehmen. Die Klägerin entrichtete im Zeitraum Oktober 1999 bis Ende Dezember 2002 für ihn keine Beiträge zur Sozialversicherung und keine Beiträge zur Umlagekasse U2.

Die Beklagte führte bei der Klägerin im Rahmen eines Prüfverfahrens nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) am 12. September 2003 eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2002 durch. Die Klägerin wies auf ein in der Folge ergangenes Anhörungsschreiben mit Schreiben vom 17. Juni 2004 auf die Pflichtmitgliedschaft der Beigeladenen zu 1) im Versorgungswerk der Zahnärztekammer hin. Beitragsnachforderungen seien zudem aus dem Gesichtspunkt der Störung des sozial-versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzips ausgeschlossen: Wenn der auf Beitragsnachzahlung in Anspruch genommene Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund der Beitragszahlungen keine Anwartschaftsansprüche gegen die Rentenversicherung verschaffen könne, dürften Beiträge nicht nachgefordert werden (Bezugnahme auf Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 10. Januar 2003 – S 8 RA 94/02 -). Die von ihr als Arbeitgeberin an das Versorgungswerk abgeführten Beiträge könnten von diesem nicht mehr zurückverlangt werden.

Da der Beigeladene zu 2) mehrfach beschäftigt sei, habe weiter unter Berücksichtigung des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV eine Verrechnung der bereits gezahlten Beiträge durch die Einzugsstelle, die Beigeladene zu 4), zu erfolgen.

Mit Bescheid vom 27. Juli 2004 forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von 54.306,17 € auf. Die Beigeladene zu 1) sei nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, da eine solche nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen sei. Berufsfremde Beschäftigungen seien nicht erfasst. Eine Ausnahme gelte nur für solche berufsfremden Beschäftigungen, die in Folge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt seien, vorausgesetzt, es würden auch insoweit einkommensbezogene Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtung satzungsgemäß gezahlt (Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG – Urteile vom 22. Oktober 1998 – B 5/4 RA 80/97 R und vom 7. Dezember 2000 – B 12 KR 11/00 R -). Die mit Bescheid vom 1. Dezember 1983 nach § 7 Abs. 2 AVG ausgesprochene Befreiung sei tätigkeitsbezogen. Die jetzige Tätigkeit als Unternehmensberaterin sei eine berufsfremde Beschäftigung. Der Monatsbeitrag zum Versorgungswerk nach § 15 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe richte sich nach den Einkünften aus zahnärztlicher Tätigkeit. Die Beigeladene zu 1) gehe jedoch bei der Klägerin keiner zahnärztlichen Tätigkeit nach. Das sozialversicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip sei nicht gestört. Die Beigeladene zu 1) erwerbe durch Beiträge zur Rentenversicherung auch Ansprüche.

Dass für den Beigeladenen zu 2) aus seiner weiteren Beschäftigung bereits Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze entrichtet worden seien, führe nicht dazu, dass für das hier gegenständliche Beschäftigungsverhältnis keine Beiträge anfielen. Die Beiträge verminderten sich nur jeweils gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander, dass zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichten (Beitragsausgleich). Dieser Beitragsausgleich sei auf Antrag von der zuständigen Krankenkasse durchzuführen. Auch seien für ihn die Beiträge zur Umlagekasse U2 (Aufwendungen aus Anlass von Mutterschaft) zu entrichten.

Auf den Bescheid nebst Anlage zur Berechnung der Beiträge wird ergänzend Bezug genommen. Danach entfallen auf die Beigeladene zu 1) für den Zeitraum vom 18. Januar 1999 bis 31. Dezember 2002 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 40.304,23 €. Für den Beigeladenen zu 2) forderte die Beklagte Beitrage zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlagekasse U2 für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 15.455,08 € nach.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Der der Beigeladenen zu 1) erteilte Befreiungsbescheid nach § 7 Abs. 2 AVG habe nicht im Nachhinein durch § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bei Einführung des SGB VI durch das Inkrafttreten neuer Vorschriften zum 1. Januar 1992 eingeschränkt werden können. Das BSG verletze im Urteil vom 7. Dezember 2000 (B 12 KR 11/00 R) das Rückwirkungsverbot.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2005 als unzulässig zurück. Eine Bevollmächtigung sei trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden.

Hiergegen hat sich die am 22. März 2005 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage zunächst gerichtet.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 5. September 2005 den Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2005 aufgehoben, da mittlerweile eine Vollmacht eingereicht sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2005 hat sie den Widerspruch in der Sache zurückgewiesen.

Zur Klagebegründung hat die Klägerin u. a. darauf hingewiesen, dass die Beklagte bis heute den Befreiungsbescheid aus dem Jahr 1983 nicht aufgehoben habe. §§ 6, 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI führten – in der Anwendung durch die Beklagte – in echter Rückwirkung ein zusätzliches Befreiungsmerkmal, Tätigkeitsbezogenheit, ein.

Die rückwirkende Einschränkung der Befreiung verstoße gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte. Es könne auch nicht sein, dass die Klägerin doppelt mit Sozialversicherungsbeiträgen belastet werde.

Die Beigeladene zu 4) hat unter dem 15. Februar 2010 eine Beitragsausgleichsberechnung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV eingereicht.

Das SG hat mit Urteil vom 29. April 2010 den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2005 insoweit aufgehoben, als die für den Beigeladenen zu 2) nachgeforderten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlagekasse U2 für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Dezember 2012 den Betrag von 11.486,96 € übersteigen. Es hat die Klage im Übrigen abgewiesen.

Die ehemalige Beigeladene zu 1) sei versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, weil sie gegen Arbeitsentgelt als Unternehmensberaterin beschäftigt gewesen sei. Die ihr gemäß § 7 Abs. 2 AVG ursprünglich erteilte Befreiung habe sich auf diese Tätigkeit nicht erstreckt. Die neue Versicherungspflicht sei kraft Gesetz eingetreten. Die alte Befreiung habe nicht aufgehoben werden müssen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 12 KR 11/00 R – und Urteil vom 22. Oktober 1998 – B 5/4 RA 80/97 R). Die Klägerin als Schuldnerin der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sei gemäß §§ 28e Abs. 1 Satz 1, 28d Satz 1 und 2 SGB IV zu Recht in Anspruch genommen.

Die Nachforderung von Beiträgen für den Beigeladenen zu 2) sei nur in Höhe von 11.486,96 € rechtmäßig. Nur in dieser Höhe bestehe die Beitragsschuld der Klägerin in der nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verhältnismäßig geminderten Höhe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend auf den Revisionsrechtsstreit BSG B 12 R 5/10 R über die Rentenversicherungspflicht einer als Pharmaberaterin tätigen Tierärztin verwiesen. Ältere Entscheidungen des BSG (Urteile vom 30. April 1997 – 12 RK 20/96 und vom 30. April 1995 – 12 RK 37/96) seien auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar, weil jeweils die Befreiungsbescheide ausdrücklich aufgehoben bzw. widerrufen worden seien. Sie hat sich weiter auf das Urteil des 3. Senats des BSG vom 10. März 2011 berufen (B 3 KS 2/10 R). Der 12. Senat des BSG habe bislang schlicht den Wortlaut der Nebenbestimmungen des Befreiungsbescheides ignoriert.

Beim Sozialgericht Berlin sei weiter zum Aktenzeichen S 28 KR 1541/10 ein Vergleich abgeschlossen worden, aufgrund dessen die Beklagte davon abgesehen habe, bei Mehrfachbeschäftigung zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge zu erheben, soweit festgestanden habe, dass bei der anderen Beschäftigung bereits vollumfänglich Beiträge entrichtet worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2010 den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2005 insgesamt aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht überwiegend abgewiesen. Der Senat verweist zur Vermeidung bloßer Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Soweit ihn das SG nicht aufgehoben hat, ist der angefochtene Prüfbescheid der Beklagten rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Ermächtigungsgrundlage ist § 28 p Abs. 1 Satz 1 und 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie setzen insoweit auch Beiträge durch Verwaltungsakt fest. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch. Für die Umlage für Mutterschaftsgeld U 2 regelte in der streitgegenständlichen Zeit § 14 Lohnfortzahlungsgesetz die Umlagenbeitragsfestsetzung.

Hier war die Beigeladene zu 1) nicht aufgrund des Befreiungsbescheides aus dem Jahr 1983 von der Versicherungspflicht der Rentenversicherung in ihrer Tätigkeit als Unternehmensberaterin bei der Klägerin befreit.

Rechtsgrundlage dieser Befreiung war § 7 Abs 2 AVG. Auf Antrag wurden Personen von der Versicherungspflicht befreit, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren (BSG, Urt. v. 7. Dezember 2000 (B 12 KR 11/00R juris-Randnr. 15f).

Die Befreiung konnte sich jedenfalls nur auf die Beschäftigung als Zahnärztin erstrecken. Die Tätigkeit als Unternehmensberaterin ab 1999 war von ihr nicht erfasst.

Dies ergibt sich für die Zeit nach der Aufhebung des § 7 Abs 2 AVG durch Art. 83 Nr. 1 und Art 85 Nr. 1 des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) zum 1. Januar 1992 und dem gleichzeitigen Inkrafttreten des SGB VI aus § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI und § 231 Satz 1 SGB VI (seit dem 1. Januar 1996: § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI; vgl Art 1 Nr 37 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 <BGBl I 1824>; im folgenden: § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI).

Das früher in § 7 Abs 2 AVG enthaltene Befreiungsrecht ist nunmehr in § 6 Abs 1 SGB VI geregelt. Für Befreiungen, die nach dieser Vorschrift ausgesprochen worden sind, schreibt § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI ausdrücklich vor, dass die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt ist. Für Personen, die am 31. Dezember 1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, ordnet § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI in gleicher Weise an, dass diese in der jeweiligen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit befreit bleiben. Die Beschränkung der Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit bedeutet, dass die befreiten Personen in Beschäftigungen, auf die sich die Befreiung nicht erstreckt, nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VI, hier des § 1 Satz 1 Nr. 1, versicherungspflichtig sind. Die Versicherungspflicht in diesen Beschäftigungen tritt dabei kraft Gesetzes ein. Der Befreiungsbescheid braucht insoweit auch bei Befreiungen, die vor dem 1. Januar 1992 nach § 7 Abs 2 AVG ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben zu werden. Der erkennende 12. Senat schließt sich dem an. (so weitgehend wörtlich BSG, Urt. v. 7. Dezember 2000 juris-Randnr. 16f unter Bezugnahme auf BSG, 5. Senat, BSGE 83, 74 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12)).

Weiter heißt es in dem genannten Urteil vom 7. Dezember 2000 wörtlich (juris-Randnr. 18ff):

Gegen diese Rechtsfolge kann für Befreiungen nach § 7 Abs 2 AVG nicht mit Erfolg eingewandt werden, in § 7 AVG sei eine dem § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI entsprechende Beschränkung nicht enthalten gewesen und dementsprechend in den Befreiungsbescheid vom 22. August 1989 auch nicht aufgenommen worden. Jedenfalls seit dem 1. Januar 1992 ist durch § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI und § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI klargestellt, daß die Befreiungen nur für die Beschäftigungen gelten, für die sie ausgesprochen worden sind oder werden und dies für bereits erteilte Befreiungen und für noch zu erteilende Befreiungen gilt, ohne daß es einer Änderung der bereits ausgesprochenen Befreiungen bedarf. Der Senat vermag dem LSG, das diese Beschränkung hier nicht gelten lassen will, nicht zu folgen. Einerseits will es § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI nicht anwenden, weil die Befreiung nach § 7 Abs 2 AVG ausgesprochen worden sei. Andererseits soll auch § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI nicht gelten, weil es sich bei dieser Vorschrift um eine Ergänzung für Sonderfälle handele, die Befreiungen betreffe, die nach dem neuen Recht nicht mehr vorkämen und das neue Recht in § 6 SGB VI eine § 7 Abs 2 AVG entsprechende Vorschrift habe. Die Nichtanwendung des § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI setzt danach aber voraus, daß das bisherige Befreiungsrecht des § 7 Abs 2 AVG nunmehr in § 6 SGB VI geregelt ist. Dann gelten aber für den Umfang und die Beschränkung der bereits erteilten Befreiungen alle Regelungen des § 6 SGB VI. Wenn und soweit § 6 SGB VI auf die bereits vor dem 1. Januar 1992 erteilten Befreiungen nach § 7 Abs 2 AVG aber nicht angewandt wird, gilt für diese Befreiungen § 231 Abs 1 Satz 1 SGB VI. Beide Vorschriften zusammen stellen sicher, daß die vor 1992 nach § 7 Abs 2 AVG und die seit dem 1. Januar 1992 nach § 6 Abs 1 Satz 1 SGB VI ausgesprochenen Befreiungen hinsichtlich ihres Geltungsbereichs einheitlich behandelt werden.

Die Befreiung galt hier auch nicht nach § 6 Abs 5 Satz 2 SGB VI für die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1). Nach dieser Vorschrift erstrecken sich Befreiungen auch auf andere Beschäftigungen, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt sind. Dies traf für die 1994 aufgenommene Beschäftigung des Klägers nicht zu.

Die Befreiung galt schließlich nicht wegen der in dem Bescheid vom 22. August 1989 enthaltenen Hinweise zur Dauer der Befreiung für die vom Kläger seit August 1994 ausgeübte Beschäftigung. Diese Hinweise über die Fortdauer der Befreiung für die an eine Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung haben den gesetzlichen Umfang der Befreiung nicht erweitert (vgl BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17 und BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 57).

Die Änderungen des § 6 Abs 1 SGB VI durch Art 1 Nr 3 Buchst a und b des Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1824) haben die Rechtslage nicht zugunsten des Klägers geändert. Sie haben lediglich die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung verschärft.

Der Kläger wurde danach wegen der Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) am 1. August 1994 dem Grunde nach in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Einer Aufhebung der Befreiungsentscheidung durch die BfA bedurfte es dazu nicht.

Das Vorbringen des Klägers, eine Befreiung müsse aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit von der BfA widerrufen werden, bevor in einer Beschäftigung Versicherungspflicht eintreten könne, greift nicht durch. Es gibt gegenüber den §§ 6 und 231 SGB VI keine höherrangige Rechtsvorschrift, die die Aufhebung der Befreiung durch die BfA zur Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungspflicht macht. Es ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht geboten, den Eintritt von Versicherungspflicht in der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) von der Aufhebung des Befreiungsbescheides durch die BfA abhängig zu machen. Die Rechtslage wurde hier durch die Entscheidung der Einzugsstelle vom 10. August 1995 über das Bestehen von Versicherungspflicht ebenso geklärt, wie durch eine Entscheidung der BfA zur Wirkung oder Aufhebung der Befreiung. Jedenfalls für die Zeit seit dem 1. September 1995, also nach der Entscheidung der Beklagten, kann der Kläger sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe wegen der Ausführungen im Befreiungsbescheid und wegen des Verhaltens der BfA in den Jahren 1994 und 1995 darauf vertrauen können, daß die Befreiung so lange für alle Beschäftigungen gelte, wie sie nicht von der BfA ausdrücklich aufgehoben worden sei. Die BfA hat in ihrem Schreiben an den Kläger vom 19. April 1995 zwar ihre bereits im Befreiungsbescheid enthaltende Aussage wiederholt, daß die Befreiung für eine Pflichtmitgliedschaft und eine daran anschließende freiwillige Mitgliedschaft bei der Versorgungsanstalt gelte. Die BfA hat jedoch keine ausdrückliche Entscheidung in bezug auf die Wirkung der Befreiung für die vom Kläger tatsächlich ausgeübte Beschäftigung getroffen. Sie hat lediglich die allgemeine Aussage gemacht, die Befreiung gelte nicht für auf Dauer angelegte berufsfremde Tätigkeiten. Eine verbindliche Auskunft oder Entscheidung dahin, über die Wirkung der Befreiung für die vom Kläger ausgeübte Beschäftigung werde allein die BfA entscheiden, ist darin nicht zu sehen und konnte vom Kläger auch nicht gesehen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 31. August 2004 (1 BvR 285/01) nicht angenommen. Der hiesige Senat schließt sich dieser Begründung an.

Der 3. Senat des BSG hat zwar in dem Urteil vom 10. März 2011 (B 3 KS 2/10 R) eine Fortgeltung einer Regelungswirkung eines Befreiungsbescheides im Hinblick auf die Mitgliedschaft bei einer Ärzteversorgung dahinstehen lassen, weil aus der maßgeblichen Empfängerperspektive eine Dauerwirkung folgen könne, die zumindest eine ausdrücklich Aufhebung erzwingen könnte (Juris-Rdnr. 11f).

Es hat die Befreiung von der Versicherungspflicht jedoch nur auf eine Analogie aus § 4 Nr. 1 Künstlersozialversicherungsgesetz gestützt.

Im Streit hier ist eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 SGB VI.

Gegen eine Geltungsfortwirkung spricht hier deshalb zudem, dass der Befreiungsbescheid nach seinem Inhalt nur für die Mitgliedschaft im „genannten“ Versorgungswerk gelten sollte. Die Mitgliedschaft bei der Versorgungsanstalt bei der genannten Zahnärztekammer Rheinland-Pfalz ist aber bereits seit dem Umzug der Beigeladenen zu 1) nach Nordrhein-Westfalen beendet gewesen.

Der für Beitragsstreitigkeiten zuständige 12. Senat des BSG hat seine angeführte Rechtsprechung mit Urteil vom 31. Oktober 2012 (B 12 R 5/10 R) ausweislich des Terminsberichts bekräftigt. Für Altfälle -wie hier- habe nur § 231 SGB VI übergangsrechtlich bestimmt, dass Personen, die am 31. Dezember 1991 von der Versicherungspflicht befreit gewesen seien, (nur) "in derselben Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit befreit bleiben". Diese Regelung gewähre keinen umfassenden, sondern nur einen auf die konkrete Erwerbstätigkeit bezogenen Bestandsschutz. Bereits ein Arbeitgeberwechsel schließe Bestandsschutz aus. Das BSG hat zudem auf den Hinweis auf die Pflicht, Änderungen mitzuteilen, verwiesen.

Die Berufung hat auch keinen Erfolg, soweit es die Beiträge für den Beigeladenen zu 2) betrifft. Dieser war im streitgegenständlichen Zeitraum auch in seiner Nebenbeschäftigung sozialversicherungspflichtig. Der Prüfbescheid umfasst nicht die Feststellung, dass die nachgeforderten Beiträge bereits durch Übererfüllung im anderen Beschäftigungsverhältnis geleistet wurden, sondern beschränkt sich auf die Überprüfung der Beitragspflicht als solcher.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.