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Zugangsfaktor; Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft; sozialrechtlicher Herstellungsanspruch


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 31. Senat Entscheidungsdatum 22.09.2011
Aktenzeichen L 31 R 296/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 236a SGB 6

Leitsatz

Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind nicht erfüllt, wenn der Rentenversicherungsträger den Versicherten im Hinblick auf den Zugangsfaktor für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen zwar unzutreffend beraten hat, sich aber die Schwerbehinderteneigenschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht feststellen lässt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 22. September 2004 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am … 1940 geborene Kläger wendet sich gegen die Berechnung seiner gemäß § 236 a Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab 1. November 2001 gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Anwendung des Abs. 3 und begehrt die Berücksichtigung der so genannten Vertrauensschutzregelung gemäß Abs. 4 dieser Vorschrift ggfs. unter Anwendung der Rechtsfigur des Sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.

Mit Vormerkungsbescheid vom 24. November 1999 stellte die Beklagte die Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis zum 31. Dezember 1992 als für die Beteiligten verbindlich fest. Hiergegen legte der Kläger am 20. Dezember 1999 Widerspruch ein und wandte sich einerseits gegen die Feststellung der Nichtanrechnung der Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 25. März 1998 und begehrte im Übrigen eine Erläuterung des Bescheides.

Auf den Antrag des Klägers vom 6. Juli 2000 gewährte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 21. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Februar 2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. September 2000 mit einem monatlichen Zahlbetrag i. H. v. 2083,18 DM. Dabei multiplizierte sie die zunächst berechnete Summe der persönlichen Entgeltpunkte (Ost) von 56,6214 statt mit dem Zugangsfaktor 1,000 mit dem Zugangsfaktor 0,868. Dazu hatte sie den Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat, für den die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen wurde, um 0,003, also bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme von 44 Kalendermonaten um 0,132, gemindert.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Cottbus wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 26. September 2002 an die Beklagte und teilte mit, er habe ein Klageverfahren hinsichtlich der Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft anhängig. Dort sei ihm nunmehr im Rahmen eines Vergleichs die Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 ab Oktober 2001 angeboten worden. Er bitte um Information, welche Auswirkungen dies auf sein Rentenverfahren habe. Die Beklagte teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 mit, die Feststellung eines Grades der Behinderung ab Oktober 2001 würde dazu führen, dass er ab 1. November 2001 einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen habe. Weitere Ausführungen, beispielsweise zu einem Rentenabschlag oder zu den Voraussetzungen einer Vertauensschutzregelung, machte sie nicht.

Mit Rentenbescheid vom 21. Februar 2003 gewährte die Beklagte dem Kläger anstelle der bisherigen Rente eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. November 2001 mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 1169,57 €. Dabei multiplizierte sie die zunächst berechnete Summe der persönlichen Entgeltpunkte (Ost) von 58,0372 statt mit dem Zugangsfaktor 1,000 mit dem Zugangsfaktor 0,958.

Hiergegen wandte sich der Kläger, beantragte nunmehr die Berechnung seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. November 2001 mit einem Zugangsfaktor von 1,0 und machte geltend, die Beklagte habe ihn nicht ausreichend beraten. Er gehe daher davon aus, dass er wegen dieser unzureichenden Beratung ungeachtet der gesetzlichen Regelung einen Anspruch auf einen Rentenzugangsfaktor von 1,0 habe.

Mit Urteil vom 22. September 2004 hat das Sozialgericht Cottbus die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 bei der Rentenberechnung. Diesen könne er auch nicht auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend machen. Ein Beratungsmangel liege nicht vor. Die Beklagte habe auf das Schreiben des Klägers vom 26. September 2002 mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 geantwortet und die vom Kläger gestellten Fragen beantwortet. Eine weitergehende Beratungspflicht habe sie nicht gehabt. Selbst wenn man von einem Beratungsmangel ausgehen würde, hätte dies keineswegs zur Folge, dass der Zugangsfaktor bei der Rentenberechnung mit 1,0 angesetzt werden müsse. Rechtsfolge der Verletzung einer - hier nur unterstellten - Beratungspflicht könne nur sein, den Versicherten so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung gestanden hätte. Es lasse sich aber kein Schaden des Klägers feststellen, der durch eine Fehlberatung entstanden wäre. Denn selbst wenn die Beklagte ihn darauf hingewiesen hätte, dass der Zugangsfaktor der ab 1. November 2001 beginnenden Altersrente für Schwerbehinderte Menschen nicht 1,0 betrage, sondern sie ebenfalls nur mit Abschlägen gewährt würde, und der Kläger den Vergleich im Schwerbehindertenverfahren daraufhin nicht abgeschlossen hätte, stehe nicht fest, dass bei einer gerichtlichen Entscheidung im Schwerbehindertenverfahren ein früherer Zeitpunkt der Schwerbehinderteneigenschaft hätte ermittelt werden können. Nach alledem sei somit weder eine Pflichtverletzung der Beklagten noch ein Schaden des Klägers erkennbar, so dass die Klage insgesamt keinen Erfolg haben könne.

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten fristgemäßen Berufung führt der Kläger unter anderem aus, er begehre weiterhin die Berechnung seiner Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Anders als vom erstinstanzlichen Gericht ausgeführt, habe er sehr wohl einen Schaden erlitten. Er habe einen Rentenverlust von monatlich 50,34 €. Hochgerechnet bis zum 76. Lebensjahr entspreche dies einem wirtschaftlichen Verlust in Höhe von 9675,28 €. Die Beklagte habe ihn in dem Schreiben vom 14. Oktober 2002 nicht ausreichend informiert. Ihm sei zugesichert worden, dass er eine volle Altersrente wegen Schwerbehinderung erhalten werde. Ein Kürzungsfaktor oder verringerter Zugangsfaktor sei ausdrücklich nicht benannt worden. Er hätte den gerichtlichen Vergleich im Schwerbehindertenverfahren nicht geschlossen, wenn er dies gewusst hätte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 22. September 2004 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. November 2001 eine Rente mit einem Zugangsfaktor von 1,0 zugewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherungsnummer ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form- und fristgerecht erhoben (§§ 143 und 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) worden. Streitgegenstand war nur noch der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid vom 21. Februar 2003, der ab 01. November 2001 alle anderen Bescheide ersetzt hat. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Berechnung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 noch unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors 0,958 eine höhere Altersrente zu; von der Vertrauensschutzregelung des § 236a Abs. 4 SGB VI wird er – auch unter Zuhilfenahme der Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - nicht erfasst.

Voraussetzung für die Gewährung von Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist - neben der Erfüllung versicherungsrechtlicher Voraussetzungen (§ 236 a Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) grundsätzlich, dass der Versicherte vor dem 1. Januar 1964 geboren ist, das 63. Lebensjahr vollendet hat und bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderter Mensch anerkannt (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX) ist (§ 236 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI). Der Kläger ist am 23. August 1940 und mithin vor dem 1. Januar 1964 geboren. Seit dem 1. Oktober 2001 ist er auch als schwerbehinderter Mensch im Sinne des SGB IX anerkannt. Allerdings vollendete er das 63. Lebensjahr erst im August 2003.

Gemäß § 236 a Abs. 2 S. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme ist jedoch gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0. Gemäß Abs. 3 dieser Vorschrift wird der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die Versicherte bei einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 je Kalendermonat erhöht.

Dies führt zu der von der Beklagten in Anl. 6 des Bescheides vom 21. Februar 2003 vorgenommenen Berechnung des Zugangsfaktors, denn der Kläger bezieht die Rente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. November 2001. Sie beginnt mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Dementsprechend hat die Beklagte der Rentenberechnung keinen Zugangsfaktor von 1,0 zu Grunde gelegt, sondern (§ 77 Abs. 3 SGB VI) den Zugangsfaktor aus dem Bescheid vom 21. November 2000 (0,868) um 0,090 (30 Kalendermonate mal 0,003) erhöht und somit einen Zugangsfaktor von 0,958 berechnet, den sie der Rentenberechnung zu Grunde gelegt hat (Anl. 6 Seite 2 des Bescheides).

Damit wird der der Rentenberechnung zugrunde gelegte Zugangsfaktor der am 1. November 2001 beginnenden Altersrente für schwerbehinderte Menschen auch weiterhin - wenn auch um 0,090 geringer als bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit - abgesenkt. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente bei gleichzeitiger Absenkung des Zugangsfaktors führt damit zu einer geringeren Rentenhöhe, denn der Zugangsfaktor als Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte (§ 63 Abs. 6, § 64 Nr. 1 SGB VI) beeinflusst die Rentenhöhe.

Eine Vertrauensschutzregelung, die einen geringeren Abschlag auf die Altersrente ermöglicht, kommt dem Kläger nicht zugute. Zwar sieht § 236 a Abs. 4 SGB VI für die bis zum 17. November 1950 geborenen Versicherten, die am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 SGB IX) waren unter weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf diese Altersrente vor, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Die Voraussetzungen des § 236 a Abs. 4 SGB VI erfüllt der Kläger aber nicht, denn er ist erst ab Oktober 2001 Schwerbehinderter gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX und war damit am Stichtag 16. November 2000 nicht schwerbehindert. Die Schwerbehinderteneigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX, d. h. ein Grad der Behinderung von mindestens 50, muss am Tag des Rentenbeginns gegeben (Kreikebohm, Kommentar zum SGB VI, 3. Auflage 2008, § 236 a RN 4) und festgestellt sein.Zwar beginnt der Status als schwerbehinderter Mensch grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (vgl BSGE 89, 79, 81 = SozR 3-3870 § 59 Nr 1 S 3) Zum Nachweis dieser Eigenschaft ist jedoch eine behördliche Feststellung erforderlich. Dementsprechend stellen die zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 SchwbG§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX – vgl. hierzu BSG Urteil vom 07. April 2011, Az. B 9 SB 3/10 R, zitiert nach Juris).

Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente und die Vertrauensschutzregelungen sind auch verfassungsgemäß (vgl. BVerfG vom 11.November 2008 - 1 BvL 3/05 - BVerfGE 122, 151, 180 ff; BVerfG <Kammer> vom 5. Februar 2009 - 1 BvR 1631/04 - NZS 2009, 621 RdNr 13 ff; vgl. auch Urteile des BSG vom 5. Mai 2009 - B 13 R 77/08 R - Juris RdNr 20 - zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit; vom 19. November 2009 - B 13 R 5/09 R - SozR 4-2600 § 236 Nr. 1 RdNr 28 ff - zur Altersrente für langjährig Versicherte; vom 25. Februar 2010 - B 13 R 41/09 R - Juris RdNr 17 - zur Altersrente für Frauen).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Anwendung der Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Der von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z. B. BSG Urteil vom 13. Dezember 2000, Az. B 14 EG 10/99 R, zitiert nach Juris; BSG Urteil vom 26. Januar 2000, Az. B 13 RJ 37/98 R, SozR 3-5910 § 91a Nr. 7; BSG Urteil vom 12. Juni 1992, Az. 11 RAr 65/91, BSGE 71, 17, 22 = SozR 3-4100 § 103 Nr 8; BSG Urteil vom 23. Juli 1986, Az. 1 RA 31/85, BSGE 60, 158, 164 = SozR 1300 § 44 Nr 23;) entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt folgendes voraus:

1. Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss,

        

2. Eintritt eines rechtlichen Nachteils oder Schadens beim Berechtigten,

        

3. Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt,

        

4. Möglichkeit der Herstellung des Zustandes, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre.

Ob auf Seiten des Sozialleistungsträgers eine Pflichtverletzung vorliegt, kann dahinstehen, denn jedenfalls steht nicht fest, dass auf Seiten des Klägers ein rechtlicher Nachteil bzw. Schaden eingetreten ist. Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. November 2001 ist zwar unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,958 berechnet worden. Der Schaden könnte damit in der Differenz zwischen 1,0 und 0,958 bzw. der daraus resultierenden geringeren Rente liegen. Hierzu müsste aber zunächst feststehen, dass der Rentenbeginn und die damit verbundenen Abschläge rechtswidrig sind. Daran fehlt es jedoch vorliegend, denn zur Überzeugung des Senates steht gerade nicht fest, dass der Kläger, wenn er den Vergleich nicht abgeschlossen hätte zu einem früheren Zeitpunkt als schwerbehinderter Mensch anerkannt worden wäre.

Es fehlt darüber hinaus zur Überzeugung des Senats an einem Kausalzusammenhang zwischen der (sehr zweifelhaften) Pflichtverletzung und dem Schaden beim Berechtigten, denn es lässt sich nicht klären, ab wann die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers festgestellt worden wäre, wenn er den Vergleich nicht geschlossen hätte. D.h. es ist nicht nachgewiesen, dass die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ab Oktober 2001 und der daraus folgende Rentenbeginn am 1. November 2001 auf die (unvollständige) Beratung der Beklagten zurückzuführen ist. Hätte die Beklagte den Kläger zutreffend über die zu erwartenden Abschläge beraten und hätte der Kläger daraufhin den Vergleich nicht abgeschlossen, wäre der Ausgang des Verfahrens hinsichtlich der Schwerbehinderteneigenschaft vor dem Sozialgericht Cottbus (S 5 SB 110/00) offen gewesen. Es wäre möglich gewesen, dass der GdB von 50 vor Oktober 2001 oder auch später festgestellt worden wäre. Auszuschließen ist auch nicht, dass ein neues Gutachten eingeholt worden wäre, dass die Schwerbehinderteneigenschaft ganz verneint hätte. Der Vergleich ist als Prozessvergleich auch bindend (Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage, 2008, § 101 RN 10 und 12 ff.).

Jedenfalls zielt das Begehren des Klägers (im vorliegenden Verfahren) auf die Herstellung eines Zustandes, der von der Beklagten nicht rechtmäßig bewirkt werden kann, denn der Kläger begehrt von der Beklagten als dem zuständigen Rentenversicherungsträger eine Feststellung, für die sie nicht zuständig ist. Zwar beginnt der Status als schwerbehinderter Mensch grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Zum Nachweis dieser Eigenschaft ist jedoch eine behördliche Feststellung erforderlich. Dementsprechend stellen die zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest (BSG Urteil vom 7. April 2011, Az. B 9 SB 3/10 R, zitiert nach Juris). Gemäß § 69 SGB IX ist zuständige Behörde für diese Feststellung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetztes zuständige Behörde, im Land Brandenburg das Versorgungsamt. Aus alledem folgt, dass die Beklagte den Kläger nicht so stellen kann, als sei er vor dem 01. Oktober 2001 Schwerbehinderter gewesen. Ein Anspruch auf Berechnung seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236 a Abs. 4 SGB VI besteht damit nicht.

Es wäre der Beklagten auch rechtlich nicht möglich, den Kläger unter Anwendung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als wäre er vor dem 01. Oktober 2001 schwerbehindert gewesen, denn § 236a Abs. 4 SGB VI knüpft an die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderter an. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen der Anerkennung einer Schwerbehinderteneigenschaft reicht dagegen gerade nicht aus.

Im Ergebnis hat der Kläger daher keinen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Versicherte nach den Bestimmungen des SGB VI mit einem günstigeren Zugangsfaktor als 0,958.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.