Gericht | VG Potsdam 18. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.11.2017 | |
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Aktenzeichen | VG 18 K 2648/14.OB | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2017:1123.18K2648.14.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 61 Abs 1 BBG, § 62 BBG, § 13 BDG, § 16 Abs 1 BDG, § 145 d StGB, § 21 StGB, § 24 Abs 2 StGB, § 253 StGB, § 255 StGB |
Der Beklagte wird in das Amt eines Zollhauptsekretärs (A 8) zurückgestuft.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Kosten leistet.
Der Kläger begehrt im Wege der Disziplinarklage die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.
Der Beklagte, geboren am 1... in B..., verließ die allgemeinbildende polytechnische Oberschule im Jahr 1984. Die anschließend begonnene Ausbildung zum Elektronikfacharbeiter beendete er im August 1987 ohne Abschluss. Vom 16. August 1987 bis Dezember 1989 arbeitete er als Lagerist und in der Zeit vom 4. Januar 1990 bis 30. Oktober 1991 als Vulkaniseur.
Am 1. November 1991 wurde er als Beamtenanwärter in die Bundesfinanzverwaltung eingestellt und absolvierte die Ausbildung für den mittleren Dienst. Mit Wirkung vom 1. November 1993 wurde er als Zollassistent zur Anstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Er wurde zum Zollsekretär unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit mit Wirkung zum 1. November 1995 ernannt. Am 6. Juni 1998 erfolgte seine Ernennung zum Zollobersekretär. Die weitere Ernennung zum Zollhauptsekretär erfolgte am 15. September 2003 und diejenige zum Zollbetriebsinspektor am 5. November 2007.
Der Beklagte ist seit dem 13. Dezember 2007 geschieden und hat eine achtjährige Tochter.
Er war in seiner Dienstzeit bis zum 7. November 2012 neben kürzeren Abordnungen zum Zwecke der Fortbildung oder Einsatzverstärkung ununterbrochen im Geschäftsbereich des Hauptzollamtes F... in verschiedenen Funktionen (Grenzaufsicht, Zollhundelehrwart, seit August 2008 Sprechfunkzentrale) eingesetzt.
Der Beklagte wurde wie folgt dienstlich beurteilt: Zum Beurteilungsstichtag 1. Juli 2008 wurde er mit der Gesamtnote „entspricht den Anforderungen“ sowie zum 1. Juni 2010 mit „den Anforderungen entsprechend“ – 6 Punkte beurteilt. Die Beurteilung zum 1. Juni 2013 schloss ebenfalls mit der Gesamtnote 6 Punkte ab.
Er wird nach der Besoldungsgruppe A9m besoldet; seine monatlichen Bezüge betrugen 2.158,93 Euro netto zum Stand Oktober 2014.
Der Beklagte war im Juni und Juli 2011 im Schichtdienst als Leiter der Funksprechzentrale beim Hauptzollamt F... eingesetzt. Am 3. Juli verrichtete er zusammen mit einer Kollegin in der Funksprechzentrale in der Frühschicht seinen Dienst und fuhr am 4. Juli 2011 auf einen Lehrgang nach F..., von dem er am 7. Juli 2011 zurückkehrte.
Am 7. Juli 2011 erstattete die Apothekerin R..., Inhaberin zweier Apotheken in F..., beim Regionalkommissariat F... des Polizeipräsidiums Schutzbereich eine Strafanzeige wegen Erpressung. Sie zeigte einen Brief vor, der ihr am 5. oder 6. Juli 2011 zugegangen war und keine Absenderangaben trug. Sie wurde mit diesem Schreiben zu einer Zahlung von 300.000 Euro aufgefordert. Als Gegenleistung würde ihr, ihrer Familie und ihren Angestellten und deren Familien nichts angetan werden. Sie solle auf der Internetseite der ihr gehörenden bis zum 7. Juli 2011 einen Link „Service“ einrichten, um die Modalitäten der Geldübergabe zu erfahren. Noch am 7. Juli 2011 wurde im Rahmen des eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (Az. ) eine kriminaltechnische Untersuchung zur Spurensicherung veranlasst, eine linguistische Analyse des Erpresserbriefs gefertigt und der Ehemann der Apothekerin, zehn Mitarbeiter der beiden Apotheken sowie eine ehemalige Mitarbeiterin vernommen. Zugleich wurden mehrere Einwohnermeldeabfragen beim Einwohnermeldeamt gestellt. Am 8. Juli 2011 konnte die Kriminalpolizei feststellen, dass auf dem Kontaktformular der im Internet am 6. Juli 2011 um 21.09 Uhr die anonyme Nachricht hinterlassen worden war: „Vergessen sie diesen dummen Brief.“
Am selben Tag fand sich der Beklagte bei dem Polizeipräsidium Schutzbereich nachmittags ein und erstattete Strafanzeige wegen Erpressung. Er gab in seiner Vernehmung an, am 28. Juni 2011 nach seiner Nachtschicht in Zivilkleidung gegen 6.00 Uhr morgens nach S... mit seinem Auto gefahren zu sein, um bei der dortigen „ARAL“-Tankstelle zu tanken. Beim Aussteigen sei er von zwei ihm unbekannten Männern angesprochen worden. Man habe ihm 1.000,- Euro dafür angeboten, dass er einen LKW unkontrolliert passieren lasse. Sie wüssten, dass er in wohne, dass er eine Frau und ein kleines Kind habe. Er solle sich genau überlegen, ob er das Angebot ablehnen wolle. Wer wisse, was sonst passiere. Er solle sich am 8. Juli 2011 um 15.00 Uhr wieder auf der ARAL-Tankstelle einfinden. Sodann seien sie in einen dunkelblauen VW-mit deutschen Kfz-Kennzeichen gestiegen und davongefahren.
Die zeugenschaftliche Vernehmung des Beklagten dauerte am 8. Juli 2011 bis um 22.25 Uhr an. Anschließend wurde der Beklagte vorläufig festgenommen und einer Erpressung beschuldigt. Er gab in der nachfolgenden Beschuldigtenvernehmung zu, der Apothekerin das besagte Schreiben geschickt zu haben. Er habe das Geld gebraucht, um sich von der Forderung seiner Erpresser freikaufen zu können.
Das gegen den Beklagten wegen räuberischer Erpressung gegenüber der Apothekerin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO wegen strafbefreienden Rücktritts am 13. September 2011 eingestellt.
Die polizeilichen Ermittlungen ergaben am 20. Juli 2011, dass auf den Videoaufzeichnungen der ARAL-Tankstelle in am 28. Juni 2011 morgens zwischen 6.00 und 8.00 Uhr weder das Fahrzeug des Beklagten noch ein dunkelblauer VW mit deutschem Kfz-Kennzeichen festgestellt werden konnten.
In dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen Vortäuschens einer Straftat () erklärte der Beklagte in der staatsanwaltlichen Vernehmung am 16. Januar 2012, er sei zu diesem Zeitpunkt nicht in zum Tanken gewesen. Die Erpressung habe sich in seinem Wohnort, also in zu Hause ereignet. Er sei an diesem Tag von der Nachschicht heimgekehrt und habe das Kind zu 9.00 Uhr zur Kindertagesstätte gebracht. Nach seiner Rückkehr mit dem Auto sei der VW hinter ihm auf die Auffahrt des Grundstücks gefahren. Ihn hätten dann zwei Männer wie schon angegeben angesprochen. Er habe den richtigen Ort nicht nennen wollen, um nicht seine Frau zu beunruhigen.
Das Disziplinarverfahren wurde am 20. Juli 2011 wegen Verdachts eines Dienstvergehens eingeleitet und gleichzeitig bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen wegen der Erpressungstat an der Apothekerin ausgesetzt. Mit Verfügung vom 7. Oktober 2011 wurde die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens angeordnet. Gleichzeitig wurde das Verfahren aufgrund des weiteren Strafverfahrens wegen Vortäuschens einer Straftat ausgedehnt und für diesen Teil ausgesetzt. Einleitungs- und Ausdehnungsverfügung wurden mit einer Ergänzungsverfügung vom 4. November 2011 um den Verdacht eines innerdienstlichen Dienstvergehens ergänzt und der Beklagte hiervon informiert.
Der Beklagte war vom 11. Juli bis zum 15. Juli 2011 krankgeschrieben, danach im Erholungsurlaub und seit dem 8. August 2011 erneut bis jedenfalls zum 10. November 2011 krankgeschrieben. Wegen Verdachts der Dienstunfähigkeit musste er sich einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen. Mit E-Mail vom 7. Dezember 2011 teilte der Beklagte mit, den Darstellungen in der Einleitungsverfügung zu widersprechen. Er sei in psychotherapeutischer Behandlung.
Gegen den Beklagten wurde wegen Vortäuschung einer Straftat im Zusammenhang mit der angeblichen Erpressung durch polnische Bürger ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe 30 Tagessätzen zu je 100,- Euro erlassen. Dieser Strafbefehl des Amtsgerichts vom 22. Juni 2012 (Az.: ) wurde am 12. Juli 2012 rechtskräftig.
Am 20. August 2012 wurde auch hinsichtlich des Ausdehnungssachverhalts das Verfahren fortgesetzt. Hiervon wurde der Beklagte in Kenntnis gesetzt. Der Beklagte wurde nach vorheriger Anhörung mit Verfügung vom 7. November 2012 vorläufig seines Dienstes enthoben. Mit weiterer Verfügung vom 16. Januar 2013 wurde der Einbehalt von 20% der Dienstbezüge veranlasst.
Der Beklagte äußerte sich mit Anwaltsschreiben vom 9. September 2013 dahin, dass er unter erheblichem psychischem Druck gestanden habe. Der Beklagte sei zwar mit Strafbefehl des AG vom 22. Juni 2012 wegen Vortäuschung einer Straftat verurteilt worden, dies habe sich aber nur auf den wahrheitswidrig genannten Tatort in bezogen, und enthalte keine Feststellung der Art, dass er nicht Opfer einer Erpressung geworden sei. Er lebe seit dem Vorfall unter einer chronischen Bedrohungssituation. Aus der Stellungnahme der Amtsärztin vom 5. Januar 2012 ergebe sich, dass er die Bedrohungs- und Konfliktsituation aufgrund einer Erpressung durchlitten habe. Eine wirtschaftliche Notsituation, die ihn dazu getrieben haben könnte, sich eine Lügengeschichte auszudenken, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Aufgrund dieser Angaben wurde ein Ermittlungsverfahren zum Az. einleitet, das ergebnislos im Jahr 2014 eingestellt wurde.
Der Kläger unterrichtete mit Schreiben vom 21. Mai 2014 den Beklagten über das Ergebnis der disziplinarrechtlichen Ermittlungen. Eine Stellungnahme hierzu gab der Beklagte im Rahmen seiner Anhörung am 3. Juni 2014 ab.
Der Beklagte wurde mit Schreiben vom 18. Juli 2014 darüber unterrichtet, dass Disziplinarklage erhoben werde und er die Mitwirkung der Personalvertretung beantragen könne. Ein entsprechender Antrag auf Beteiligung der Personalvertretung ging am 12. August 2014 ein. Die Beteiligung erfolgte am 6. Oktober 2014.
Seit dem Jahr 2015 hat der Beklagte eine auf fünf Jahre befristete Nebentätigkeitsgenehmigung für das Gewerbe Service, Reparatur und Aufstellung von Spiel- und Unterhaltungsautomaten.
Der Kläger hat am 29. Oktober 2014 Disziplinarklage erhoben.
Er geht von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beklagte habe am 3. Juli 2011 in seiner Frühschicht als Leiter der Funksprechzentrale beim Hauptzollamt den o. g. Erpresserbrief an die Apothekerin in verfasst. Er habe dieses Schreiben bei der Hauptpost in am 3.Juli 2011 morgens eingeworfen. Da die Apothekerin die Erpressung am 7. Juli 2011 angezeigt habe, seien von der Polizei umfängliche Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet worden. Mit am 06. Juli 2011 um 21.09 Uhr an die Apotheke versandter E-Mail habe er mitgeteilt: „Vergessen sie den dummen Brief.“
Am 6. Juli 2011 habe der Beklagte einen ehemaligen Vorgesetzten beim Hauptzollamt um ein vertrauliches Gespräch gebeten. Bei diesem am 8. Juli 2011 am Spätvormittag geführten Gespräch habe er ihm erzählt, dass er am 28. Juni 2011 nach der Nachtschicht in von zwei polnisch sprechenden Männern erpresst worden sei. Sie hätten ihn auf einer Aral-Tankstelle angesprochen, ob er nicht gegen 1000,- Euro pro LKW diese unkontrolliert die Grenze passieren lassen könne. Man wisse, wo er mit seiner Frau, dem Kind und zwei Hunden lebe. Ein weiteres Treffen in mit diesen Männern sei für den 8. Juli um 15.00 Uhr bestimmt worden. Der ehemalige Vorgesetzte habe interne Schutzmaßnahmen zugunsten des Beklagten veranlasst. Der Beklagte habe anschließend den Sachverhalt noch am selben Tag bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Im Verlauf der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung habe er zugegeben, geplant zu haben, die Apothekerin um 300.000,- Euro erpressen zu wollen, um sich von den polnischen Erpressern freikaufen zu können. Diese Erpressung am 28. Juni 2011 sei aber erfunden gewesen.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Pflichten gemäß § 61 Abs. 1 Satz 3 (achtungs- und vertrauenswürdiges Verhalten) und § 62 Abs. 1 Satz 2 (Ausführung dienstlicher Anordnungen und Befolgung allgemeiner Richtlinien) Bundesbeamtengesetz - BBG - verstoßen. Er habe ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG begangen, indem er eine räuberische Erpressung versucht sowie eine Straftat vorgetäuscht habe. Bezüglich der versuchten räuberischen Erpressung der Apothekerin sei zwar von einem strafbefreienden Rücktritt auszugehen, dies habe jedoch keinen Einfluss auf die rechtliche Qualifikation des Fehlverhaltens als vollendetes Dienstvergehen. Gegenstand eines Dienstvergehens sei immer eine vollendete Pflichtverletzung. Das Verfassen und Absenden des Erpresserbriefes stelle ein innerdienstliches Dienstvergehen dar, da dieser Brief unter Nutzung von dienstlich bereit gestellten Schreibutensilien und innerhalb der Dienstzeit verfertigt worden sei.
Die Bedrohung bzw. Nötigung habe der Beklagte wider besseres Wissens gegenüber der Polizei vorgetäuscht und sich hierbei als Opfer einer Straftat geriert. Diese vorgetäuschte Straftat habe sich auf seine dienstliche Tätigkeit bezogen und sei daher auch innerdienstlicher Natur. Es sei für beide Pflichtverletzungen von vorsätzlichem Verhalten auszugehen. Bei der Fertigung des Erpresserbriefs sei der Beklagte zielgerichtet und planvoll vorgegangen. Es könne nicht von einer verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB ausgegangen werden. Die Feststellungen der Amtsärztin vom 9. September 2013 beträfen andere Zeiträume, die erst nach dem versuchten Erpressungsversuch anzusiedeln seien. Die geschilderten Beeinträchtigungen müssten nicht zwingend auf die gegenüber den Ärzten vorgetragene „Bedrohungssituation“ zurückzuführen sein.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass das Verwaltungsgericht Potsdam nicht zuständig sei, da sich die Zuständigkeitskonzentration für Disziplinarsachen nach § 45 LDG nur auf Landesbeamte beziehe.
Inhaltlich hat sich der Beklagte nicht zur Sache eingelassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die vom Kläger vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die Akten zu den Ermittlungsverfahren und (Beiakten 1 bis 23) Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Disziplinarklage ist zulässig und begründet.
I. Die Disziplinarklage ist zulässig.
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 45 Satz 1 BDG für die Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit eröffnet. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 45 VwGO, die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 52 Nr. 4 VwGO. Danach ist der dienstliche Wohnsitz des Beklagten maßgeblich, wobei nach § 45 Satz 3 und 4 BDG in Verbindung mit § 45 LDG an die Stelle des an sich zuständigen VG Frankfurt (Oder) das angerufene Gericht rückt.
2. Die Disziplinarklage ist nach § 34 Abs. 1 BDG statthaft, denn der Kläger begehrt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst. Die Klage ist zulässigerweise von dem damals zuständigen Präsidenten der Bundesfinanzdirektion Mitte erhoben worden. Er war aufgrund der Anordnung zur Durchführung des Bundesdisziplinargesetzes für die Bundesfinanzverwaltung vom 10. März 2008 (BGBl. 2008 I, Nr. 11, 482) unter III. i. V. m. I. Nr. 3 zur Erhebung der Klage nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG befugt. An seine Stelle ist nach § 3 in Verbindung mit § 1 Nr. 1 der Anordnung zur Durchführung des Bundesdisziplinargesetzes im nachgeordneten Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. März 2016 (BGBl. I, 493) der Präsident der Generalzolldirektion getreten.
3. Die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung sind gewahrt. Die Klage ist nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BDG schriftlich erhoben worden und die Klageschrift wahrt die nach § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG vorgesehene Form der Darstellung. Sie stellt den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird sowie die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet dar.
Soweit die Klageschrift noch Anlass für eine gewisse Unsicherheit bezüglich des vorgeworfenen Verhaltens bezüglich des Vorwurfs der vorgetäuschten Straftat gab, konnte sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung durch Nachfrage beim Klägervertreter davon überzeugen, dass Gegenstand insoweit nicht nur die Falschangabe des Beklagten bezüglich des Tatorts der behaupteten Erpressung durch polnischsprachige Personen ist, sondern der Kläger dem Beklagten vorwirft, insofern insgesamt einen unwahren Sachverhalt verbreitet zu haben. Dies war nach der Klageschrift zunächst nicht eindeutig, da in der Sachverhaltsdarstellung hierzu nur auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Juni 2012 Bezug genommen worden war (Seite 13 d. Klageschrift). Dieser Strafbefehl enthielt aber lediglich recht kurze rechtstatsächliche Feststellungen, die es offen ließen, ob der Beklagte nur über den Tatort in an der ARAL-Tankstelle gelogen hatte oder ob der gesamte Sachverhalt zur Überzeugung des Strafgerichts erfunden gewesen war. Es heißt dort „In Wahrheit hat sich dieser Sachverhalt nicht ereignet, jedenfalls nicht an einer Tankstelle in, allenfalls an Ihrem Wohnsitz.“
Der schlichten Bezugnahme auf den Strafbefehl folgt in der Klageschrift allerdings die eigenständige Folgerung, dass der Beklagte insbesondere vorgetäuscht habe, er sei in Bezug auf seine dienstlich ausgeübte Tätigkeit erpresst und bedroht worden. Diese Bewertung lässt zusammen mit der Einlassung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung den Schluss zu, dass dem Beklagten die Falschangabe des Erpressungsversuchs insgesamt vorgeworfen wird.
Nicht Gegenstand der Disziplinarklage ist dagegen die isolierte Täuschung über den Tatort. Soweit es um die hierzu unzutreffend gemachten Angaben gegenüber dem ehemaligen Vorgesetzten des Beklagten,, geht, ergibt sich das bereits daraus, dass der Kläger die entsprechenden Ausführungen (Seite 14 der Klageschrift) mit „Anzumerken ist ….“ einleitet. Schon diese Formulierung spricht dagegen, dass insoweit ein disziplinarrechtlicher Vorwurf zum Gegenstand der Klage gemacht werden soll. Nichts anderes gilt, soweit es um die insoweit gegenüber der Polizei unzutreffend gemachte Angabe über den Tatort geht. Abgesehen davon, dass der vom Kläger insoweit herangezogene Strafbefehl für sich genommen nicht eindeutig ist, sprechen insbesondere die Ausführungen auf Seite 13 der Klageschrift gegen die Annahme, die Klage beinhalte auch den Vorwurf einer nur über den Tatort erfolgten Täuschung. Denn die hier erfolgte Darlegung, dass der Beklagte vorgetäuscht habe, in Bezug auf seine dienstlich ausgeübte Tätigkeit erpresst und bedroht worden zu sein, bezieht sich gerade wieder auf die vom Kläger insgesamt für falsch gehaltenen Angaben zu dem Erpressungsversuch gegenüber dem Beklagten. Sie lassen damit aber nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, dass der Kläger im Falle der Nichterweislichkeit der Unwahrheit der behaupteten Erpressung den eingeräumten Sachverhalt der Täuschung über den Tatort zum Gegenstand der Klage machen wollte. Daran ändert der Umstand, dass der Kläger vorträgt, der Beklagte habe „insbesondere“ vorgetäuscht, in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit erpresst und bedroht worden zu sein, nichts. Denn die Annahme, dass die isolierte Täuschung über den Tatort Gegenstand der Klage sein soll, setzt eine zumindest konkludente entsprechende Äußerung in der Klageschrift voraus (vgl. BVerwG, Urt. Vom 30. August 2012 – 2 WD 21.11 – juris, Rn. 24 zur Frage, ob der Vorwurf vorsätzlichen Verhaltens den eines fahrlässigen Pflichtenverstoßes umfasst). Eine solche Äußerung lässt sich aber der in Rede stehende Formulierung nicht entnehmen.
II. Die Klage ist auch begründet.
1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine wesentlichen Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten nicht geltend gemacht worden.
2. Von folgendem Sachverhalt ist das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung ausgegangen:
a. Der Beklagte ist am 28. Juni 2011 nach seiner Nachtschicht in der Leitstelle der Zollfahndung und nachdem er seine Tochter in den Kindergarten gebracht hatte, auf dem Weg zu dem Einfamilienhaus in von einem dunkelblauen oder schwarzen VW verfolgt worden. Dieses Auto ist hinter seinem Mercedes auf die Auffahrt zu dem Wohnhaus gefahren und hat dort gehalten. Von den drei Fahrzeuginsassen sind bis auf den Fahrer die beiden anderen ausgestiegen und zu ihm gegangen. Der Beklagte ist von einem der beiden Männer in Deutsch mit polnischem Akzent aufgefordert worden, dafür zu sorgen, dass Lastkraftwagen unkontrolliert die deutsch-polnische Grenze passieren könnten. Ihm wurde gesagt, er werde dafür 1000,- Euro je LKW erhalten. Nachdem er sich hiergegen verwahrt hatte, wurde ihm gesagt, dass ihm, seiner Familie und seinen Hunden etwas zustoßen könnte. Er könne sich aber auch für 300.000,- Euro freikaufen. Er solle am 8. Juli 2011 um 15.00 Uhr zu der Aral-Tankstelle nach kommen, dort werde man auf ihn zukommen.
b. Der Beklagte unternahm daraufhin den Versuch einer Erpressung der Apothekerin in, um sich „freizukaufen“. Zu diesem Zweck ging er folgendermaßen vor: Er verrichtete am 3. Juli 2011 den Frühdienst in der Funkleitstelle der Hauptzollamtes zusammen mit einer weiteren Zollbeamtin. An diesem Tag verfasste er unter Nutzung seines Arbeitscomputers, Schreibpapiers und eines Briefumschlags des Dienstherrn einen Erpresserbrief, der an Frau, Inhaberin zweier Apotheken in Fürstenwalde gerichtet war. In dem Schreiben heißt es: „Wir fordern 300.000 Euro. Als Gegenleistung werden wir ihnen, ihrer Familie und ihren Angestellten und deren Familien nichts antun…“. Der Beklagte verfügte als Leiter der Kontrolleinheit Sprechfunkzentrale an diesem Tag über einen eigenen, nicht unmittelbar einsehbaren Computerarbeitsplatz und druckte den Brief aus, während die andere Zollbeamtin nicht im Raum war. Den Brief fasste er mit Latexhandschuhen an und warf ihn nach seiner Schicht in an der Hauptpost ein. Die erforderliche Briefmarke feuchtete er zuvor mit Mineralwasser an und drückte sie auf das Kuvert.
c. Am 4. Juli 2011 reiste er dienstlich und nahm vom 5. bis zum 7. Juli 2011 an einem Lehrgang teil. Schon auf der Hinfahrt nach sind ihm Zweifel an der Zweckmäßigkeit seines Erpressungsversuchs gekommen. Am 6. Juli 2011 um 13.32 Uhr schrieb er seinem früheren Vorgesetzten eine E-Mail: „Bist du am Freitag im Dienst. Habe ein schwerwiegendes Problem. Ich muss dich sprechen, bitte mit niemanden über meine Anfrage sprechen.“ Dieses Ansinnen flankierte er um ca. 14.15 Uhr mit einer SMS. Am selben Tag hinterließ er abends unter Nutzung seines privaten Laptops der Marke Dell eine kurze Nachricht auf der Serviceseite der der Frau gehörenden Regenbogenapotheke in Fürstenwalde mit dem Inhalt: „Vergessen sie den dummen Brief.“ Dieses Schreiben wurde erst am 8. Juli 2011 durch den Ehemann der Apothekerin zur Kenntnis genommen.
d. Frau öffnete das Erpressungsschreiben des Beklagten erst am Morgen des 7. Juli 2011. Sie erstattete daraufhin am selben Tag auf der Polizeiwache Anzeige wegen Erpressung und legte den Brief vor. In der Folge kam es zu umfänglichen polizeilichen Aufklärungsmaßnahmen, in deren Verlauf Mitarbeiter der Apotheke, einschließlich ausgeschiedener Mitarbeiter und dem Reinigungspersonal verhört worden sind, unter anderem die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Der Beklagte kannte die erpresste Person aus einer früheren Freundschaft, in deren Rahmen er zusammen im Jahr 1996 mit seiner damaligen Frau ein Darlehen über 120.000 DM mit einer Laufzeit von 25 Jahren aufgenommen hatte.
Die Kammer geht aus nachfolgenden Überlegungen von diesem Sachverhalt aus:
Infolge des umfassenden Geständnisses des Beklagten vom 9. Juli 2011 morgens bestehen keine Zweifel an der versuchten Erpressung der Apothekerin in und dem geschilderten Tathergang durch den Beklagten. Seine diesbezüglichen Aussagen aus der Beschuldigtenvernehmung am 9. Juli 2011 deckten sich mit den Angaben der geschädigten Apothekerin zum Zugang des Briefs und werden durch die nachgewiesene Fertigung des Erpresserbriefs auf dem Arbeitscomputer des Beklagten in der Funkzentrale als auch durch die nachgewiesene Rücktrittshandlung am 6. Juli 2011 über eine anonyme Internetnachricht mittels Einsatzes eines Providers in Singapur bestätigt. Ob der Beklagte diesen Versuch begangen hat, um Schulden decken zu können, wie der Kläger meint, ist hingegen nicht eindeutig festzustellen gewesen, denn der erkennbare monatliche Schuldendienst hielt sich in einem finanziellen Rahmen, der vom Beklagten aus dem laufendem Einkommen bedient werden konnte. Da danach nicht erkennbar ist, dass der Beklagte nicht dringend auf Geld angewiesen war, kann insofern kein Motiv unterstellt werden.
Es steht infolge der Videoaufzeichnungen der ARAL-Tankstelle in und nach der Aussage des Beklagten am 16. Januar 2012 gegenüber der Staatsanwaltschaft zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte am 28. Juni 2011 morgens nicht in an einer ARAL-Tankstelle von den polnischen Erpressern angesprochen worden ist. Zu seinen Gunsten war zu unterstellen, dass er vielmehr am selben Tag direkt vor seinem Wohnhaus in erpresst worden ist. Trotz erheblicher Zweifel an dem Wahrheitsgehalt seiner Angaben war nach Maßgabe des In-dubio-Grundsatzes von der Richtigkeit seines Vortrags auszugehen. Die Kammer konnte nämlich nicht die Überzeugung dahingehend erlangen, dass der Beklagte nicht wie von ihm geschildert, Opfer eines Erpressungsversuchs an seinem Wohnort in geworden ist. Eine solche Überzeugungsgewissheit hätte vorausgesetzt, dass das Gericht von der Unwahrheit der Erpressergeschichte ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit gewonnen hätte, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen (BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2017 – 2 WD 1.16 - juris, Rn. 38). Das setzt eine Beweiswürdigung voraus, die sich mit allen festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzt. Dabei müssen belastende Tatsachen, die der Entscheidung zugrunde liegen, aus Sicht der entscheidenden Richter feststehen; hingegen reicht es für entlastende Tatsachen aus, dass für sie tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, sodass sich ihr Vorliegen nicht ausschließen lässt.
So liegt es hier. Die von dem Beklagten vorgebrachte Erklärung für seinen Erpressungsversuch an der Apothekerin, nämlich selbst Erpressungsopfer gewesen zu sein, kann nicht widerlegt werden. Sie ist in zeitlicher und gedanklicher Hinsicht folgerichtig, in Einzelheiten zwar nicht immer überzeugend, insgesamt aber denkbar. Im Einzelnen:
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger am Morgen des 28. Juni 2011 von zwei Männern mit polnischem Akzent aufgefordert worden ist, als Leiter der Funksprechzentrale bestimmte Lastkraftwagen unkontrolliert passieren zu lassen.
So lässt sich zum einen feststellen, dass seine damalige Funktion als Einsatzleiter der Funksprechzentrale beim Hauptzollamt geeignet war, die mobilen Einsatzkräfte zur Kontrolle des Grenzraums an bestimmte Orte zu delegieren und damit dem unbehelligten Transit von bestimmten LKWs Vorschub zu leisten. Zwar hätte der Beklagte für bestimmte Einsatzänderungen einen sachlichen Grund angeben können müssen, um Abweichungen vom Einsatzplan zu rechtfertigen und keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Möglich wäre es aber schon gewesen. Als Einsatzleiter hätte er den Erpressern zudem Einsatzpläne und Schwerpunktbildungen für Grenzkontrollen verraten und so deren rechtswidrige Handlungen befördern können. Ergänzend hätte er sie bei kurzfristigen Planänderungen über sein privates Handy die warnen können.
Zum anderen ist auch der behauptete örtliche Umstand, nämlich die versuchte Erpressung bei seinem Wohnhaus, nicht von vorneherein als unglaubhaft auszuschließen. Schließlich vermutete der Beklagte bei seinen beiden Vernehmungen am 9. Juli 2011 und am 16. Januar 2012 in nicht widerlegter Weise, dass die Erpresser durch einen Informanten genaue Kenntnis von den internen Vorgängen beim Zoll hätten. Dies würde erklären, wieso er auf dem Rückweg vom Kindergarten bei seinem Wohnhaus abgefangen worden ist und auch sein Schichtplan bekannt gewesen war. Es würde auch erklären, wieso er seinem Dienstvorgesetzten nicht unmittelbar von der Erpressung Meldung gemacht hatte, da er um das Wohl und Weh seiner Familie wegen eines möglichen Lecks beim Hauptzollamt besorgt war. Schließlich thematisierte er das Motiv, seine Frau und seine Familie zu schützen, in der zweiten Vernehmung in herausgehobener Form.
Eben diese Furcht und Besorgnis lassen auch seine Korrektur zum angeblichen Tatort in der zweiten Vernehmung nachvollziehbar erscheinen. Seine damalige Lebensgefährtin war verwitwet und hatte im Jahr 2005 ihren Mann infolge Selbstmordes verloren. Um sie nicht zu beunruhigen und sie dem Gefühl auszusetzen, erneut ihren Lebenspartner verlieren zu können, mag er auch die beiden Erpressungsversuche verschwiegen haben. Jedenfalls passt hierzu, dass seine Lebensgefährtin bei ihrer Vernehmung am Abend des 8. Juli 2011 gegenüber der Polizei keinerlei Verhaltensänderung beim Beklagten beobachtet haben will, sondern von einer als offen und aufrichtig bezeichneten Beziehung mit dem Beklagten ausging.
Die Kammer hat durchaus erwogen, die Erpressungsgeschichte insgesamt für unglaubhaft zu halten, da nach den plausiblen Ausführungen des Klägers, gestützt auf die Erfahrungen der Zollfahndung der übliche Weg einer Erpressung von Zollbeamten über kleine Gefälligkeiten und Fehltritte des zu erpressenden Beamten führt, hingegen die vom Beklagten vorgetragene Verfahrensweise ein hohes Entdeckungsrisiko birgt. Dieser Erfahrungswert schließt es allerdings nicht vollständig aus, dass sich die Erpressung eines Zollbeamten auch auf die beschriebene Weise zutragen kann. Dass dies die Zollverwaltung auch so gesehen hat, belegt der Umstand, dass ein Fahndungsverfahren gegen unbekannt wegen dieses vom Beklagten behaupteten Vorfalls eingeleitet wurde und bis zum Jahr 2014 fortgeführt worden ist.
Schließlich fügte sich auch der vom Beklagten behauptete zeitliche Ablauf der Dinge. Am 28. Juni 2011, einem Dienstag, fand angeblich die Ansprache des Beklagten durch die Erpresser auf dem Familiengrundstück in statt, das mit einem einseitig in Aussicht gestellten weiteren Treffen am 8. Juli 2011 endete. Am 3. Juli 2011, nachdem sich der Beklagte am Wochenende für die „Freikauf-Lösung“ entschieden und einen Plan zur Geldbeschaffung in Form der Erpressung der Apothekerin entworfen hatte, bereitete er am Montagmorgen in der Frühschicht das Erpresserschreiben vor und warf dieses bei der Hauptpost ein. Der Erpressungsversuch von mit dem Datum 7. Juli 2011 als demjenigen Tag, an dem die nächste Kontaktaufnahme zum Zwecke der Geldübergabe stattfinden sollte, hätte knapp, aber im Ergebnis doch noch passen können, um am 8. Juli 2011 das Geld an die polnischen Erpresser weiterzureichen.
Es ist naheliegend, dass es dem Beklagten schon bald klar werden musste, dass er nicht nur ein hohes Entdeckungsrisiko bei der wenig durchdachten Geldübergabe eingehen würde, sondern auch mittels des durch die Erpressung beschafften Geldes bzw. des „Freikaufs“ nicht sicher ausschließen konnte, erneut einer Erpressung seitens der Erpresser ausgesetzt zu werden. Die Kammer kann es ebenfalls nachvollziehen, dass die plötzliche Bedrohungslage am 28. Juni 2011 den Beklagten zunächst auf den abwegigen Gedanken einer anderweitigen Erpressung gebracht hatte, um sich und seine Familie zu schützen. Die Mängel seines eigenen Erpressungsplans und die fehlende Sicherheit, eine erneute Erpressung endgültig auszuschließen, lassen zwar die gesamte Planung als unvernünftig und undurchdacht erscheinen, sind aber angesichts der gut vorstellbaren Panik oder Verwirrung, die angesichts der Bedrohungslage aufgekommen sein mag, nachvollziehbar. Hinzu kommt seine berufliche Disposition als Vollzugsbeamter des Zolls, die ihn zwar dazu anhielt, mit technischen Fragen und Problemen zurechtzukommen und überschaubare dienstliche Planungen vorzubereiten, ihn aber nicht unbedingt dazu befähigte, eigenständig komplexe Vorgänge zu planen und durchzuführen.
Am 6. Juli 2011 trat der Beklagte schließlich in Form der Internetnachricht an die Regenbogenapotheke von der Erpressung in der Weise zurück, dass er gegenüber der Apothekerin zu erkennen gab, an der Durchführung des durch den Erpresserbrief angedrohten Plans nicht festhalten zu wollen. Nach seiner Rückkehr am 7. Juli 2011 wollte er ziemlich rasch mit seinem ehemaligen Vorgesetzten sprechen, einem Mann, dem er offenkundig vertraute, um einen „Schutz“ vor den Erpressern zu bekommen, die er schon am 8. Juli 2011 nachmittags wieder treffen sollte.
Es bleiben allerdings Zweifel übrig, die sich auch bei mehrfacher Durchsicht der Unterlagen und Aussagen des Beklagten nicht wirklich auflösen ließen. So ist es auf den ersten Blick erstaunlich und spricht nicht für eine Bedrohungssituation, dass der Beklagte am 22. Juli 2011, also keine vier Wochen nach dem angeblichen Erpressungsversuch beim Grenzübertritt aus Polen von Kollegen gesehen worden ist. Hierfür gab er zur Erklärung an, er sei des Öfteren in gewesen, um eigenständig Ermittlungen anzustellen. Vielleicht habe er an dem Tag seine Lebensgefährtin abgeholt und dann seien sie drüben gewesen. Er habe in der Sache allein dagestanden. - Das passt kaum zu seiner drastisch beschriebenen Verwirrung und Sorge um die Familie, lässt sich aber so interpretieren, dass die Bedrohung sich nicht auf das polnische Staatsgebiet beschränkte, sondern nur von bestimmten Personen ausging, die gleichermaßen in Deutschland als auch in Polen gefährlich werden konnten, zumal davon auszugehen ist, dass die Erpresser ihn vor seinem Wohnhaus kontaktiert hatten. Vor dem Hintergrund könnte aus Sicht des Beklagten die Gefährdung hüben wie drüben gleichermaßen gegeben gewesen.
Ebenso sind die von Vernehmung zu Vernehmung wechselnd angegebenen, sich aber nicht ausschließenden Motive für die Nichtanzeige der versuchten Erpressung unmittelbar nach dem angeblichen Erpressungsversuch irritierend. Sie erschüttern aber nicht durchgreifend die Glaubhaftigkeit der Darstellung des Beklagten von dem vorgängigen Erpressungsversuch in Gänze. Die nachweisbare Falschangabe von einzelnen Umständen, wie zum Beispiel zur angeblichen Kontaktierung des ehemaligen Vorgesetzten bereits am 4. Juli 2011 oder auch des Tatorts fällt ebenfalls nicht ins Gewicht, zumal in anderen Punkten Anhaltspunkte für eine Glaubhaftigkeit der Angaben des Beklagten bestehen. So hat er die beiden Täter schon in seiner Vernehmung vom 8. Juli 2011 detailliert beschrieben. Mit diesen Angaben in der Sache übereinstimmend, aber in anderen Worten hat er beide zudem auch in seiner Vernehmung vom 16. Januar 2012 dargestellt. Ferner hat der Beklagte in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 9. Juli 2011 die Erpressung detailreich und lebensnah geschildert; so hat er hier insbesondere einen Wechsel des Erpressers der Anrede vom „Sie“ zum „Du“ genannt, was für ein erlebtes Geschehen spricht. Vergleichbares ist auch für die Vernehmung vom 16. Januar 2012 festzustellen. So hat er hier im Zusammenhang mit der nach seinen Angaben ihm eingeräumten Freikaufmöglichkeit durch Zahlung von 300.000,- Euro angeführt, dass dies mit einem Lächeln gesagt worden sei. Die Angaben des Beklagten zu der gegen ihn gerichteten Erpressung werden auch noch nicht dadurch widerlegt, dass er diese im Verlauf der Vernehmungen vom 8. und 9. Juli 2011 in sich steigernder Form darstellt. So hat er anfangs von einer Freikaufmöglichkeit nicht gesprochen und (nach Ergänzung seiner Aussage um den Umstand, man habe ihm gesagt, dass er nicht zur Polizei gehen brauche, weil sie das herausbekämen) ausdrücklich behauptet, sonst nichts weggelassen zu haben. Sodann hat er zwar eine Freikaufmöglichkeit angegeben, aber ausdrücklich herausgestellt, dass insoweit eine Summe nicht genannt worden sei. Erst im Rahmen der sich anschließenden Beschuldigtenvernehmung hat er die Möglichkeit des Freikaufs gegen Zahlung von 300.000,- Euro eingeräumt. Diese Steigerung des Vorbringens lässt sich ohne weiteres dadurch erklären, dass der Beklagte ein Interesse daran gehabt haben wird, eine Freikaufmöglichkeit und erst recht einen insoweit den in Rede stehenden Betrag zu verheimlichen. Denn der Beklagte musste jedenfalls damit rechnen, dass die Polizei von der gegen die Apothekerin gerichteten Erpressung wusste. Zugleich musste sich ihm damit aufdrängen, dass die Polizei bei Kenntnis einer gegen ihn gerichteten Erpressung und erst recht bei Kenntnis des fraglichen Betrags Verbindungen zwischen den Fällen prüfen würde. Hinzu kommt noch, dass mangels greifbarer Anhaltspunkte für eine Überschuldung des Beklagten ein Motiv für den Erpressungsversuch nicht erkennbar ist. Seine Angaben zu der Erpressung werden schließlich nicht dadurch widerlegt, dass er hinsichtlich des von den Erpressern benutzten Fahrzeugs ein Kennzeichen angegeben hat, das für ein ähnliches Fahrzeug vergeben ist, und dass für eine Verbindung zwischen dem Halter dieses Fahrzeugs und den Erpressern bzw. der Erpressung nichts ersichtlich ist. Zwar mag das auf die Herstellung einer mit nicht unerheblichem logistischen Aufwand verbundenen Fahrzeugdoublette deuten, ohne dass erkennbar wäre, warum ein solcher Aufwand für die Anwerbung eines Beamten betrieben worden sein sollte. Unabhängig davon, dass der Angabe des Kennzeichens ein Irrtum zugrunde liegen könnte, erscheint aber jedenfalls auch nicht ausgeschlossen, dass die Herstellung einer solchen Doublette aus einem ganz anderen Grund erfolgt ist.
Infolgedessen konnte die Kammer nicht die erforderliche Überzeugung von der Unrichtigkeit der behaupteten Erpressung insgesamt gewinnen.
3. Der Beklagte hat durch den unter 2. festgestellten Sachverhalt vorsätzlich und schuldhaft in zweifacher Weise gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. begangen. Der Beklagte hat rechtswidrig gegen die Verpflichtung verstoßen, das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen sowie darauf zu achten, dass sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert (§ 61 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG).
a. Er hat sein ihm übertragenes Amt als Leiter der Sprechfunkzentrale beim Hauptzollamt in eigennütziger Weise zur versuchten Erpressung von Frau missbraucht. Mit Hilfe des ihm vom Dienstherrn gestellten Büroinventars, nämlich des PC, Druckers und anderen Schreibutensilien hat er im Rahmen seiner Dienstzeit am 3. Juli 2011 ein Erpressungsschreiben vorbereitet. Anschließend nach Schichtende hat er mit Einwurf des Erpressungsschreibens beim Hauptpostamt nach seiner Vorstellung von der geplanten Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes einer Erpressung nach § 253 Abs. 1 StGB unmittelbar angesetzt, § 22 StGB. Er hat mittels dieses Schreibens aufgefordert, 300.000,- Euro zu zahlen, und „als Gegenleistung“ angeboten, dass ihr, ihrer Familie und ihren Angestellten und deren Familien nichts angetan werde. Dadurch hatte der Beklagte ihr rechtswidrig mit einem empfindlichen Übel gedroht, um sie zur Zahlung eines Betrages zu bestimmen, der der Sache nach als Schutzgeld zu bezeichnen ist. Damithätte er dem Vermögen der Genötigten im Erfolgsfall einen Nachteil in Höhe von 300.000,- Euro zugefügt, um sich und mittelbar die ihn erpressenden polnischsprachigen Erpressern zu bereichern.
Der Beklagte hat dadurch den subjektiven und objektiven Tatbestand des Versuchs der Erpressung verwirklicht.
Es lässt sich indessen nicht feststellen, dass der Beklagte damit auch zu einer räuberischen Erpressung nach § 255 StGB angesetzt hätte, denn das Erpressungsschreiben enthält keine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des oben genannten Personenkreises. Eine gegenwärtige Gefahr setzt voraus, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es genügt dagegen nicht, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen (BGH, Urteil vom 11. März 2015 – 2 StR 323/14 –, Rn. 5, juris). Das Schreiben spricht unspezifisch davon, dass den benannten Personen im Falle der Schutzgeldzahlung nichts angetan und Schaden von ihnen abgewendet werde. Dies konnte nach Lage der Dinge die Androhung einer Gefahr für Leib und Leben sein, aber genauso gut eine anonyme Sachbeschädigung oder Angst einflößende Ansprachen dieser Personen (z.B. durch Telefonanrufe), ohne dass unmittelbar Gefahr für Leib oder Leben drohen würde.
Der begangene Versuch der Erpressung blieb nur deshalb straffrei, weil der Beklagte spätestens am 6. Juli 2011 freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgegeben hatte, § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB. Der Versuch einer Straftat stellt ein vollendetes Dienstvergehen dar, das durch einen freiwilligen Rücktritt nicht rückwirkend beseitigt werden kann. Verletzt ein Beamter schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten, kann es sich dabei begrifflich immer nur um eine vollendete Pflichtverletzung handeln, auch wenn nach strafrechtlichen Grundsätzen der Versuch eines Delikts anzunehmen ist (BVerwG. Beschluss vom 29. März 2012 - 2 B 96.11 - juris Rn. 5; OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 3d A 2529/12.O - juris Rn. 63).
Es handelt sich um hierbei um eine schwerwiegende innerdienstliche Dienstpflichtverletzung, da der Beklagte sein Amt zur Vorbereitung einer Erpressung ausgenutzt hat, mithin sein pflichtwidriges Verhalten kausal und logisch in die mit dem Amt verbundenen Tätigkeiten eingebunden war (vgl. OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 3d A 2529/12.O - juris, Rn. 59). Zugleich hat der Beklagte damit eine Handlung begangen, die in keiner Weise der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf als Zollbeamter im gehobenen Dienst erfordert; vielmehr war es geeignet, das Vertrauen in den Vollzugsdienst des Zolls nachhaltig zu erschüttern.
Zum Zweiten hat der Beklagte das beamtenrechtliche Gebot der Weisungsgebundenheit und Folgepflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verletzt, denn er hat die ihm zur Verfügung gestellte Informationstechnik, zumindest den Computer, das installierte Schreibprogramm der Dienststelle und einen Drucker zum Zwecke der Erstellung des Erpresserschreibens genutzt. Dies widersprach der Anlage 1.1. - Merkblatt zum Datenschutz, demzufolge es dem Beklagten untersagt ist, diensteigene DV-Geräte privat zu nutzen. Hierüber war der Beklagte am 6. März 2009 auch belehrt worden, so dass seine Kenntnis von dieser Weisung vorausgesetzt werden kann. Bezogen auf die Nutzung von Papier und Umschlag liegt eine Verletzung der Pflicht des § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG dagegen nicht vor, da diese von den Vorgaben des Merkblatts zum Datenschutz nicht erfasst sind.
b. Der Beklagte handelte auch vorsätzlich und schuldhaft. Als erfahrener Beamter kannte er die in Rede stehenden beamtenrechtlichen Pflichten. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit sind auch vor dem Hintergrund des Vortrags im Verwaltungsverfahren, er habe unter erheblichem Druck gestanden, ersichtlich nicht gegeben.
4. Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Gleichwohl ist nach Überzeugung der Kammer noch nicht von einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit auszugehen, der eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gebieten würde. Die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls erlauben vielmehr eine mildere Bewertung des Dienstvergehens und führen zur Zurückstufung des Beklagten um eine Stufe.
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 Abs. 1 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss deshalb in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – juris, Rn. 12).
Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015, a. a. O. Rn. 16). Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das weitere Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.
Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG folgt ferner die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urt. vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - juris; BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2010 - 2 B 84.09 - juris, jeweils m. w. N.).
a. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist zunächst die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist.
Dabei ist, wenn wie im vorliegenden Fall der Beamte mehrere Pflichtverletzungen begangen hat, von der schwersten Verfehlung auszugehen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Dezember 2012 - 80 D 6.12 -). Das ist hier die Verletzung der Wohlverhaltenspflicht in Gestalt einer versuchten Erpressung am 3. Juli 2011 unter Missbrauch von dienstlichen Verwaltungsmitteln während der Dienstzeit. Die Schwere disziplinarrechtlich relevanter Straftaten richtet sich in erster Linie nach dem gesetzlichen Strafrahmen, durch den der Gesetzgeber den Unrechtsgehalt verbindlich zum Ausdruck bringt. Dieser liegt für eine Erpressung bei einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe.
Das beabsichtigte Vergehen impliziert demnach einen je nach Fall mehr oder minder hohen Unrechtsgehalt. Diese gesetzliche Wertung ist richtungsweisend nicht nur für die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlicher Straftaten, sondern auch für die Schwere des Dienstvergehens im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 2 C 5.10 – juris; BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 – 2 B 56.12 – juris; BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 – 2 B 102.13 - juris). Demgegenüber tritt der zugleich verwirklichte Verstoß gegen die IT-Vorschrift beim Hauptzollamt zurück.
Eine Entfernung aus dem Dienst kommt in Betracht, wenn ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat begeht, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (so BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – juris). Daran gemessen ist vorliegend ein Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst eröffnet, denn die versuchte Erpressung als schwerste der Pflichtenverstöße wird nach § 253 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft (vgl. OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016, a. a. O. Rn 70).
Eine volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt unter den gegebenen Umständen allerdings nicht in Betracht.
b. Die Tat ist ihrer objektiven Begehungsweise nach zwar als schweres Dienstvergehen anzusehen (aa), die allerdings nach ihrer Motivlage in einem milderen Licht zu bewerten ist (bb).
aa. Die versuchte Erpressung von Frau ist ein schweres Dienstvergehen, denn der Beamte hat unter Einsatz dienstlicher sächlicher Mittel in seiner Dienstzeit ein schwerwiegendes Strafdelikt gegen das Vermögen und die freie Willensbetätigung der ihm bekannten Frau vorbereitet. Hinzukommt, dass der Beklagte die Tat in Anwesenheit einer anderen Zollbeamtin, wenngleich räumlich abgeschirmt, während der Frühschicht vorbereitet hat, und er zu diesem Zeitpunkt Fachvorgesetzter gegenüber dieser Beamtin und den Dienst tuenden Zollstreifen aufgrund seiner leitenden Stellung in der Sprechfunkzentrale war. Zu seinen Lasten sind auch die Höhe der zu erpressenden Summe von 300.000,- Euro sowie das technisch planvolle Vorgehen am 3. Juli 2011 einzustellen. Die Drohung betraf einen großen Personenkreis, denn nicht nur die Apothekerin, sondern ihre gesamte Familie und sämtliche Angestellten samt ihrer Familien wurden in dem Schreiben als potentielle Opfer angesprochen. Zu seinen Gunsten spricht in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Erpressung selbst erst am 7. Juli 2011 mit Öffnen des postalischen Schreibens durch Frau wirksam wurde, als der Beklagte aus seiner Sicht schon mit Hinterlassen einer Nachricht auf der Service-Seite der Apotheke die Tat aufgegeben hatte. Das angedrohte empfindliche Übel wurde mithin nur für einen Zeitraum von einem Tag wirksam, denn die Nachricht auf der Website wurde am 8. Juli 2011 zur Kenntnis genommen.
Gleichwohl hatte die Polizei bereits am 7. Juli 2011 umfängliche Ermittlungsarbeit in Form einer Reihe von Zeugenbefragungen vorgenommen, die das Bedrohungsszenario in seiner Weitläufigkeit deutlich machte.
Die objektive Tatbegehung war daher grundsätzlich geeignet, das Vertrauen in die zukünftige Amtsführung des Beamten unwiederbringlich zu zerstören, da der bis zu dem Rücktritt realisierte Unrechtsgehalt für sich genommen ihn bereits untragbar erscheinen lässt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bereits ein außerdienstlicher Erpressungsversuch zu einer Entfernung aus dem Dienst reichen kann (s. OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016, a. a. O.). Dies gilt umso mehr für innerdienstliche Erpressungsversuche, deren Begehung - wie hier - unter Ausnutzung dienstlicher Sachmittel, in denen zugleich ein Verstoß gegen die Pflicht zur Uneigennützigkeit und der Gehorsamspflicht liegt, vorbereitet worden sind.
bb. Zu seinen Gunsten spricht aber der freiwillige Rücktritt am 6. Juli 2011, der jedenfalls nicht in erster Linie von der Furcht einer drohenden Aufdeckung der Erpressung motiviert war. Vielmehr sah der Beklagte, dass die geplante Tat auch nach einer Zahlung von 300.000,- Euro nichts daran ändern würde, dass er und seine Familie nach wie vor grundsätzlich weiter erpresst werden könnten. Die Umkehr von der Tatausführung mindert zwar die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Allerdings ist diese Minderung angesichts des in Rede stehenden Betrages, der Vielzahl der Bedrohten und der Nutzung dienstlicher Mittel zur Vorbereitung der Tat noch nicht von einem Gewicht, dass sie für sich genommen eine Nichtausschöpfung des Orientierungsrahmens rechtfertigt.
Hinzu kommt, dass der Beklagte sich nicht freiwillig offenbart und damit nach außen hin ausdrücklich Verantwortung für das Dienstvergehen übernommen hat.
Unabhängig davon, ob eine solche freiwillige Offenbarung auch in Fällen der vorliegenden Art mildernd zu berücksichtigen wäre (vgl. OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 - a. a. O), liegt dieser Umstand nicht vor. Ein Rücktritt ist nicht zwingend mit einer aktiven Offenbarung verbunden. Die freiwillige Offenbarung ist von einer besonderen Reue und Rückkehr des Beamten zu rechtstreuem Verhalten und der ausdrücklichen Übernahme der Verantwortung für das Dienstvergehen nach außen hin gekennzeichnet, während im Fall des nach § 20 StGB der Beamte lediglich die Tatbegehung aufgibt, ohne nach außen hin Verantwortung für sein Tun zu übernehmen. Vorliegend ist nach dem Verlauf der Vernehmung des Beklagten am 8. und 9. Juli 2011 davon auszugehen, dass er zunächst die versuchte Erpressung geheim halten wollte, wie er ja auch seine als Rücktritt qualifizierende kurze Nachricht an die Regenbogenapotheke vom 6. Juli 2011 über einen asiatischen Server anonymisiert hatte, also seine Identität nicht preisgeben und somit nicht offenbaren wollte.
Zu Gunsten des Beklagten ist aber zu berücksichtigen, dass sein Rücktritt über ein bloßes Unterlassen der weiteren Tat hinausging, indem er von der weiteren Tat durch seine E-Mail ausdrücklich Abstand nahm. Hinzu kommt, dass die Tat hier ihr besonderes Gepräge dadurch erfährt, dass nach dem in-dubio-Grundsatz wie oben dargestellt von seiner Erpressung am 28. Juni 2011 auszugehen ist, die ihn veranlasste, den Versuch zu unternehmen, sich 300.000,- Euro durch Erpressung von Frau zu beschaffen. Das Motiv des Erpressungsversuchs, sich und seine Familie von der Bedrohung freizukaufen, ist – wenngleich nicht zu billigen – aus Sicht des Beklagten nachvollziehbar und mildert den Unrechtsgehalt des Versuchs gleichfalls ab. Entlastend war zudem festzustellen, dass der Beklagte noch am frühen Morgen des 9. Juli 2011 nach seiner umfänglichen Vernehmung einen Entschuldigungsbrief an geschrieben hat, der ihr auch zugegangen ist. Das ist zwar keine Wiedergutmachung im engeren Sinne, aber doch ein Zeichen tätiger Reue.
c. Die danach anzusetzende verwirkte Maßnahme einer Rückstufung um mehrere Stufen wird unter Einbeziehung der Persönlichkeit des Beamten (aa) bestätigt; allerdings führt sowie die lange Verfahrensdauer (bb) zur Begrenzung der Rückstufung auf nur eine Stufe.
aa. Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 3d A 2603/13.O –, Rn. 71, juris).
Zunächst lässt sich eine disziplinarrechtlich erhebliche Vorbelastung des Beklagten feststellen, die Einsicht in sein persönlichkeitsgeprägtes Vorverhalten gibt. Zum einen wurde gegen den Beklagten am 13. Dezember 2006 ein Disziplinarverfahren eingeleitet, da er grob fahrlässig seine Pflicht zur Wahrheit und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt hatte. Er hatte als Hundelehrwart auf einem Protokoll über die Eignungsprobe eines Hundes den Namenszug eines anderen Bediensteten neben seine eigene Unterschrift gesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde mit Verfügung vom 26. August 2007 nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 BDG unter ausdrücklicher Belehrung über die Beamtenpflichten und die Folgen einer erneuten Pflichtverletzung eingestellt. Zum anderen wurde gegen den Beklagten mit Verfügung vom 16. April 2008 ein weiteres Disziplinarverfahren wegen Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten eingeleitet. Er hatte die Überzahlung einer Wechselschichtzulage von 4.191,29 Euro nicht angezeigt und des Weiteren erst mit zweijähriger Verspätung angegeben, dass sein Stiefkind nicht mehr in seinem Haushalt lebte, so dass er insgesamt 2049,18 Euro zu viel Familienzulage erhalten hatte. Mit Verfügung vom 26. Januar 2010 verhängte der Dienstherr dafür eine Geldbuße in Höhe von 250,- Euro, die rechtskräftig geworden ist. Beide Dienstvergehen können nach § 16 Abs. 1 und 2 BDG verwertet werden, denn zwischen dem (rechtskräftigen) Abschluss des ersten Disziplinarverfahrens am 26. August 2007 und der Einleitung des zweiten lag nicht einmal ein Jahr. Wann die Rechtskraft der disziplinarischen Entscheidung vom 26. Januar 2010 über eine Geldbuße eintrat, lässt sich zwar nicht genau erkennen, allerdings kann auch ohnedies festgestellt werden, dass bis zur Einleitung des hiesigen Disziplinarverfahrens am 20. Juli 2011 noch nicht drei Jahre vergangen waren, wie dies ein Verwertungsverbot nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BDG erfordert. Da das zweite Disziplinarverfahren noch berücksichtigt werden kann, ist das seinerseits nach § 16 Abs. 4 Satz 1 und 2 BDG einer zweijährigen Frist unterliegende erste Dienstvergehen ebenfalls verwertbar (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 BDG).
Diese disziplinarischen Vorbelastungen belegen, dass der Beklagte schon in der Vergangenheit seine Beamtenpflichten nicht immer ernst genommen hat.
bb. Der Beklagte kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass das Dienstvergehen persönlichkeitsfremd gewesen wäre, in einer psychischen Ausnahmesituation von ihm begangen worden wäre oder als Entgleisung während einer negativen Lebensphase bzw. in einer schwierigen Lebenssituation, die inzwischen überwunden wäre, zu qualifizieren wäre. Ebenso wenig liegt eine verminderte Schuldfähigkeit vor.
(a) Eine Milderung unter dem Gesichtspunkt einer unbedachten persönlichkeitsfremden Gelegenheitstat kommt lediglich in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt hat (BVerwG, Beschluss vom 1. August 2013 - 2 B 77.12 – juris; BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 – juris). Die die Versuchung auslösende Situation muss geeignet sein, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontaneität und Unüberlegtheit herbeizuführen (BVerwG, Beschluss vom 01. August 2013 - 2 B 77.12 – juris; BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2003 – BVerwG 1 D 30.02 - juris). Danach setzt dieser Milderungsgrund voraus, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt. Dies wiederum hängt davon ab, ob sich der Beamte zuvor dienstlich wie außerdienstlich tadelsfrei verhalten hat, wobei Verfehlungen auf einem völlig anderen Gebiet außer Betracht bleiben. Es kommt darauf an, ob das Fehlverhalten nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Beamten eine einmalige Entgleisung darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60.14 - juris m.w.N.)
Davon ausgehend, kann die Tat des Beklagten nicht als Kurzschlusshandlung bewertet werden, denn zwischen der Erpressung am 28. Juni 2011 und dem eigenen Erpressungsversuch liegen sechs Tage. Bei der Vorbereitung des Erpressungsversuchs ging der Beklagte zudem relativ planvoll, in technischer Hinsicht sogar sehr überlegt vor. Im Übrigen lässt sich angesichts der Vorbelastungen auch nicht feststellen, dass sich der Beklagte zuvor dienstlich wie außerdienstlich tadelsfrei verhalten hätte.
(b) Für das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation - über die zu seinen Gunsten zugrunde gelegte Erpressung durch Dritte hinaus - liegen keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Eine solche Situation setzt den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses voraus, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zu der Begehung des Dienstvergehens führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2001 - 1 D 22.00 – juris). Für die Annahme einer solchen Ausnahmesituation sprechen nicht hinreichende Gesichtspunkte, auch wenn der Beklagte sie zu einem späteren Zeitpunkt für sich beansprucht hat: Zwischen der nötigenden Ansprache durch die osteuropäisch wirkenden Männer und der versuchten Erpressung liegt ein Zeitraum von sechs Tagen. Der Beklagte kann zwar am Dienstag, dem 28. Juni 2011, unter dem Eindruck der erpresserischen Andeutungen der Männer noch überrumpelt und schockiert gewesen sein. Unter dem Eindruck der Bedrohung seiner Familie und Person hätte dies bei einer sich sofort anschließenden Straftat bzw. Vorbereitung mildernd berücksichtigt werden können. Indessen spricht die Art und Weise der erst am Montag, dem 3. Juli 2011, ausgeführten Vorbereitungshandlungen zur Erpressung gegen eine andauernde psychische Ausnahmesituation, sondern für eine reflektierte planvolle Vorgehensweise. Die amtsärztliche Stellungnahme vom 5. Januar 2012 verhält sich zu diesem Gesichtspunkt nicht, da sie noch nicht einmal eine solche Ausnahmesituation konstatiert. Schließlich behauptete der Beklagte auch in seiner Vernehmung vom 9. Juli 2011 und in der staatsanwaltlichen Vernehmung vom 16. Februar 2012 nicht, dass er bei der Begehung des Erpressungsversuchs unter Schock gestanden hätte.
(c) Ebenfalls war nicht zugunsten des Beklagten der Milderungsgrund der negativen Lebensphase zu berücksichtigen.
Der Milderungsgrund der Entgleisung während einer negativen Lebensphase bzw. in einer schwierigen Lebenssituation, die inzwischen überwunden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2013 - 2 B 63.12 – juris; Beschluss vom 23. Februar 2012 - 2 B 143.11 - juris), setzt voraus, dass außergewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. Das erfordert, dass sich die Lebenssituation des Beamten inzwischen gefestigt hat und er sich künftig - ggf. in einem anderen Amt - pflichtgemäß verhalten wird (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22. März 2016 – 3 LD 1.14 – juris). Die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 3d A 2603/13.O – juris; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 – juris; BVerwG, Urteil vom 22. März 2016 - 2 B 43.15 – juris; BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 – juris).
Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte überhaupt aus der Bahn geworfen worden wäre. Die Aussagen der Ehefrau am 8 und 9. Juli 2011 und die Leistungs- und Persönlichkeitseinschätzung des Dienstvorgesetzten vom 18. Januar 2013 über sein Verhalten bis zum Zeitpunkt des Erpressungsversuchs bestätigen vielmehr, dass der Beklagte im beruflichen als auch im privaten Lebensbereich gefestigt war, also sowohl in einer nach Angaben seiner Partnerin funktionierenden Beziehung mit gemeinsamen Kind lebte, als auch zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten seinen Dienst versah und im Kollegenkreis respektiert wurde.
(d) Mildernd zu berücksichtigen ist auch nicht etwa eine verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i. S. d. § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Als Vorfrage kann es geboten sein, abzuklären, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer Krankheit (vgl. hierzu: Lackner/Kühl, StGB, § 21 Rn. 2 m.w.N.) gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat, wenn der Lebenssachverhalt hierzu Anlass gibt. Für die Beantwortung der Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise des Beamten. Ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit vorliegt, ist eine Rechtsfrage, für die der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht gilt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 – 2 StR 138/04 –, juris Rn. 26 - NStZ 2005, 281).
Davon ausgehend sind keine hinreichenden Anhaltspunkte zu erkennen, die für eine erhebliche Minderung der Schuldfähigkeit wegen einer seelischen Störung sprechen. Der Unrechtsgehalt, den die Erpressung eines anderen Menschen verwirklicht, liegt unmittelbar auf der Hand und muss dem Beklagten, selbst wenn er selbst Opfer eines Erpressungsversuchs gewesen ist, vor Augen gestanden haben. Die zum Beleg einer krankhaften seelischen Störung in Betracht kommende amtsärztliche Stellungnahme des Landkreises Oder-Spree vom 5. Januar 2012 ging zwar von einer seelischen Erkrankung aus, die auf einen „massiven innerdienstlichen Konflikt“ zurückzuführen sei. Es findet sich aber keine Aussage darüber, dass der Beklagte infolgedessen schon im Zeitpunkt des Erpressungsversuchs oder der Falschangabe zum Tatort in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen wäre und erst recht nicht eine Feststellung, dass „dieser innerdienstliche Konflikt“ eine Trübung des Unrechtsbewusstsein nach sich gezogen hätte. Gleiches gilt für die ergänzende Stellungnahme des sozialpsychiatrischen Dienstes des Landkreises Oder-Spree vom 25. April 2012. Vielmehr sprechen die Gesamtumstände dafür, dass der Beklagte in vollem Umfang schuldfähig war. Denn nach der Aussage seiner Lebensgefährtin in ihrer Vernehmung am 8. Juli 2011 war der Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt verhaltensunauffällig. Die dienstliche Leistungs- und Persönlichkeitseinschätzung des Vorgesetzten vom 18. Januar 2013 für den Beklagten gibt gleichfalls keinen Anlass von psychischen oder anderen Auffälligkeiten auszugehen, denn er wurde als ruhiger, freundlicher und zurückhaltender Beamter beschrieben, der die ihm übertragenen Aufgaben schwungvoll, gewissenhaft, zielorientiert und pragmatisch erfüllt. Besondere Auffälligkeiten seien nicht offenkundig geworden. Bei dieser Sachlage bedurfte es auch keiner weiteren gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung. Abgesehen davon, dass – wie dargelegt – schon nicht erkennbar ist, dass und weshalb der Beklagte krankheitsbedingt unfähig gewesen sein soll, das Unrecht der von ihm versuchten Tat einzusehen, fehlt es an einer Bezeichnung der vermeintlichen seelischen Erkrankung (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2016 – 2 B 34.14 – juris).
cc. Letztlich spricht aber der Umstand der langen Verfahrensdauer dafür, die Rückstufung auf eine Stufe zu begrenzen. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass die unverhältnismäßige Dauer des Disziplinarverfahrens dann mildernd zu berücksichtigen ist, wenn die mit einem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile bereits auf den Beamten eingewirkt haben mit der Folge, dass das durch das Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert wird oder sogar ganz entfallen kann. Dementsprechend ist bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes erforderlich ist, stets zu prüfen, ob und inwieweit bereits mit einem langen Disziplinarverfahren konkret verbundene Nachteile auf den Beamten positiv eingewirkt haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2010 - 2 B 5.10 - juris m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2006 - OVG 80 D 4.05 -; s. auch BVerfG, Beschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - juris).
Zur Bestimmung der unangemessenen Dauer eines Disziplinarverfahrens lassen sich allerdings feste Zeitgrenzen nicht aufstellen. Für die Prüfung, ob die Dauer des Verfahrens noch angemessen ist, ist maßgeblich auf Umfang und Schwierigkeit des Falles, dessen Behandlung durch die damit befassten Behörden und Gerichte, das Verhalten des Betroffenen sowie die Bedeutung des Ausgangs des Verfahrens für ihn abzustellen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07. Dezember 2006 - OVG 80 D 4.05 -).
Vorliegend hat das disziplinarische Verwaltungsverfahren vom 20. Juli 2011 bis zum 29. Oktober 2014 gedauert. Die Disziplinarklage ist seit dem letztgenannten Zeitpunkt anhängig. Seit November 2012 ist der Beklagte, der zuvor dienstunfähig erkrankt war, vorläufig des Dienstes enthoben worden. Aufgrund der Verfügung vom 16. Januar 2013 erhält er nur noch 80% seiner Bezüge. Das über drei Jahre andauernde Verwaltungsverfahren ist zum einen den vorgreiflichen strafrechtlichen Ermittlungen und dem sich bis zum Erlass des Strafbefehls hinziehenden Strafverfahrens geschuldet gewesen. Nach der Rechtskraft des Strafbefehls ist das Verfahren zunächst zeitnah inbesondere durch Gewährung von Akteneinsicht an den Beklagtenvertreter fortgesetzt worden, der nach ca. fünf Wochen mitteilte, dass er keine Stellungnahme zu dem Verfahren abgebe. In der Folgezeit hat der Ermittlungsführer allerdings seine Ermittlungen vor allem auf andere Vorkommnisse aus dem Leben des Beklagten erstreckt, ohne das Disziplinarverfahren selbst nach § 19 BDG förmlich auszudehnen. Diese Vorgänge, die wie zum Beispiel der Verlust seiner Dienstmarke, des Personalausweises, Führerscheins u.a.m. aus dem Jahr 2007 auf der Insel Rügen oder sein Personalausweisverlust infolge eines Wohnungsbrands im Oktober 2010 standen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem eingeleiteten Disziplinarverfahren und den vorgeworfenen Pflichtverletzungen und sind daher auch nicht verwertbar gewesen. Die daraus resultierende Verzögerung von knapp einem Jahr ist mildernd zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für die Verzögerung, die selbst nach Vorlage des Schlussberichts des Zollfahndungsamtes zu der Erpressung gegenüber dem Beklagten Ende Juni 2013 bis zur Erhebung der Klage eingetreten ist. Die gerichtliche Verfahrensdauer von dreieinhalb Jahren, zu der der Beklagte nichts ursächlich beigetragen hat, ist ebenfalls unangemessen lang.
Dies führt im Gesamtergebnis der Bemessung zu einer Rückstufung des Beamten um eine Stufe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG, § 154 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 3 BDG, § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.