Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 31.05.2012 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 198/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 SGB 7, § 7 SGB 7, § 8 SGB 7 |
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau H (Verstorbene) gegenüber der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahren die Feststellung eines ihr widerfahrenen Ereignisses als Arbeitsunfall.
Die Verstorbene erlitt in der Zeit, in welcher sie beim „Reinigungs-Service S Reinigung nach Hausfrauenart“ als Reinigungskraft beschäftigt war, am 09. Juli 1997 einen Unfall, als sie in der privaten Mietwohnung der Zeugin S zusammen mit den Zeuginnen I und R – der Cousine bzw. der Mutter der Zeugin S - Wohnungsrenovierungsarbeiten (Abziehen von alten Tapeten) verrichtete, hierbei von der Leiter stürzte und sich eine Mehrfragmentfraktur des linken distalen Radius zuzog. Die Verstorbene schilderte den Unfallhergang schriftlich unter dem 08. August 1997 ihrer Krankenkasse gegenüber folgendermaßen:
„Am 09.07.1997 ging ich mit der Cousine meiner Chefin ohne Ihr wissen in die neue Wohnung um der Cousine beim entfernern der Tapete zu helfen. Ich hatte an dem Tag frei. Da ich Jugoslawin bin und die Cousine auch hatte ich eine gute Bekannte gefunden und wollte einfach nur mit Ihr quatschen, dabei half ich Ihr Tapete zu entfernen und fiel von der Leiter.“
Die Zeugin S erteilte der Beklagten mit Schreiben vom 08. August 1997 die Auskunft, die Verstorbene habe sich - unter Zeugen - angeboten, bei den Renovierungsarbeiten behilflich zu sein. Sie habe die Verstorbene ausdrücklich - ebenfalls unter Zeugen - darauf aufmerksam gemacht, dass diese (freiwillige) Tätigkeit nicht vergütet werde. Die Verstorbene habe dem zugestimmt und begonnen, alte Tapetenreste von der Wand zu entfernen. Diese Arbeiten habe die Verstorbene von der Leiter aus durchgeführt. Hierbei sei sie aus dem Gleichgewicht geraten und von der Leiter zu Boden gestürzt, wobei sie sich eine Handverletzung zugezogen habe.
Unter dem 24. September 1998 schilderte die Verstorbene der Beklagten gegenüber den Unfallhergang folgendermaßen:
„Am 09.07.97 ging ich zu meiner Arbeitsstelle und war 730 dort angekommen. 730 sagte die Chefin, heute sind keine Reinigungsarbeiten auf der Baustellen zu verrichten ich solle mit der Cousine die gleichzeitig auch die Rechte Hand der Chefin ist in die neue Wohnung fahren um alte Tapete von den Wänden entfernen gegen 930 kurz vor dem Frühstück bin ich von der Leiter gefallen...“
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, nachdem ihr technischer Aufsichtsdienst (TAD) am 21. Oktober 1998 mit der Zeugin S ein Gespräch geführt hatte (vgl. Protokoll vom 26. Oktober 1998), mit Bescheid vom 04. Februar 1999 ab. Die Verstorbene erhob am 19. Februar 1999 Widerspruch, welchen sie mit Schreiben vom 20. März 1999 mit einer weiteren Unfallschilderung und unter Hinweis darauf begründete, dass die Zeugin S sie damit erpresst habe, ihr kein Krankengeld zu zahlen, wenn sie nicht solche Angaben wie gegenüber der Krankenkasse machen würde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 1999 zurück.
Die Verstorbene verfolgte ihr Begehren mit der zum Sozialgericht Berlin (SG) im Verfahren S 25 U 756/99 erhobenen Klage weiter. Das SG vernahm in der mündlichen Verhandlung vom 06. Juli 2001 die Zeugin S sowie in der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2002 die Zeuginnen I und R. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2002 wegen Fehlens einer versicherten Tätigkeit ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Verstorbenen wies das Landessozialgericht Berlin im Verfahren L 2 U 89/02 mit Urteil vom 22. Februar 2005 zurück, nachdem es die Zeugin S im Erörterungstermin am 16. März 2004 vernommen hatte. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die in den beigezogenen Gerichtsakten des SG enthaltenen Sitzungsniederschriften vom 06. Juli 2001, 10. Oktober 2002 und 16. März 2004 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen. Die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) erhobene Nichtzulassungsbeschwerde nahm die Klägerin zurück.
Die Verstorbene stellte unter dem 05. Juli 2005 einen Überprüfungsantrag bei der Beklagten, welchen diese mit Bescheid vom 26. Juli 2005 ablehnte. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2005 zurück.
Die Verstorbene hat ihr Begehren mit der am 13. Oktober 2005 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt und im Wesentlichen zunächst geltend gemacht, dass auch ihr Ehemann als Zeuge zum Vorbringen der Verstorbenen, sie sei von der Zeugin S hinsichtlich der Unfallschilderung unter Druck gesetzt worden, als Zeuge hätte vernommen werden müssen, dass bislang unzutreffend davon ausgegangen worden sei, dass es sich bei den Angaben gegenüber der Krankenkasse der Verstorbenen vom 08. August 1997 um die Erstangaben der Klägerin nach dem Unfall handele, und deutliche Widersprüche in den Aussagen der drei gerichtlich vernommenen Zeuginnen unbeachtet geblieben seien. Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 22. Mai 2009 abgewiesen.
Nachdem die Verstorbene gegen den ihr am 28. Mai 2009 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt hatte, hat der Kläger nach deren Tod das Verfahren als Sonderrechtsnachfolger fortgeführt. Er ist der Meinung, es lägen die Voraussetzungen für eine Wie-Beschäftigung der Verstorbenen und damit Versicherungsschutz der Gesetzlichen Unfallversicherung vor. Vor allem aus der von der Zeugin S im Erörterungstermin vor dem LSG bekundeten eigenen Äußerung gegenüber der Verstorbenen, sie solle von der Leiter runter steigen und unten arbeiten, folge, dass die Verrichtung der Verstorbenen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Zeugin S entsprochen habe. Es sei i.Ü. zwischen der Motivation für die Begleitung in die Privatwohnung der Zeugin S und der Handlungstendenz bei der konkreten Abrisstätigkeit zu differenzieren, die unzweifelhaft gegeben gewesen sei. Anhaltspunkte für ein eigenwirtschaftliches Interesse der Verstorbenen lägen nicht vor. Eine Unterscheidung zwischen typischen und atypischen Helfern sei bei der Frage der Wie-Beschäftigung nicht vorzunehmen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09. September 2005 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 04. Februar 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. August 1999 zurückzunehmen, und festzustellen, dass das Ereignis vom 09. Juli 1997 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19. April 2012 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Gerichtsakten zum Verfahren S 25 U 756/99 bzw. L 2 U 89/02 und Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und vollinhaltlich Bezug genommen.
Der Berichterstatter konnte aufgrund des Übertragungsbeschlusses des Senats vom 19. April 2012 gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Rechtsstreit als Einzelrichter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht. Die Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids vom 04. Februar 1999 und Feststellung eines Arbeitsunfalls liegen nicht vor.
Nach der für das klägerische Begehren einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die nach erfolglosem Durchlaufen des Verwaltungsverfahrens und rechtskräftiger Klageabweisung bestandskräftige Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Bescheid vom 04. Februar 1999 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es liegt kein Arbeitsunfall als Versicherungsfall vor.
Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederkehrenden Formulierung „infolge“ – vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und länger andauernden Unfallfolgen (BSG, a.a.O., Rn. 10; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Nur für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15).
Dies zugrunde gelegt steht nicht im gebotenen Maße zur Überzeugung des Gerichts i.S.v. § 128 Abs. 1 S. 1 SGG fest, dass die Klägerin im Zeitpunkt ihres Unfalls unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Zunächst war die Verstorbene nicht als Beschäftigte i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Der Kläger behauptet auch nicht, dass die Verstorbene am Unfalltag ihrer Beschäftigung als Reinigungskraft im Unternehmen der Zeugin S nachging. Hierfür bestehen i.Ü. nach dem Gesamtergebnis der behördlichen und gerichtlichen Ermittlungen keine Anhaltspunkte, welchen im Rahmen der nach § 103 SGG bestehenden gerichtlichen Amtsermittlungspflicht weiter nachzugehen gewesen wäre.
Auch liegen die Voraussetzungen des mithin einzig in Betracht zu ziehenden Versicherungstatbestands als sog. Wie-Beschäftigter i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 ( Beschäftigte) Versicherte tätig werden. Ein Versicherungsschutz als „Wie-Beschäftigter“ setzt voraus, dass es sich um eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte (ständige Rechtsprechung, etwa BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 5/04 R -, zitiert nach juris Rn. 14).
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht im insofern zu fordernden Vollbeweis davon überzeugt, dass die tatsächlichen Merkmale der gesetzlichen Voraussetzungen einer Wie-Beschäftigung im Fall der Verstorbenen vorlagen.
Zunächst ist der Beweis, dass ihre Verrichtung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Unternehmerin, der Zeugin S entsprach, nicht erbracht.
Soweit ein wirklicher oder mutmaßlicher Wille zu fordern ist, besteht kein Schutz, wenn der Unternehmer sich ausdrücklich oder zumindest erkennbar gegen die Übernahme der Tätigkeit durch den Handelnden ausgesprochen hat oder die Betätigung mutmaßlich ablehnen würde. Hierbei zeigt sich eine Parallele zur Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA): Der Handelnde braucht einen Fremdgeschäftsführungswillen, und der von der Handlung Begünstigte muss die Tätigkeit (mutmaßlich) billigen, muss sie sich also nicht aufdrängen lassen. Deshalb greift der Versicherungsschutz etwa nicht, wenn der Unternehmer die Einstellung von Bauarbeiten aus Sicherheitsgründen bestimmt, der motivierte Helfer aber entgegen dem Baustopp weitere Arbeiten verrichtet (Mutschler, in Jahn: SGB – Kommentar, 54. Lfg. Sxtand 4/ 2010, § 2 SGB VII Rn. 186). Den Handelnden an der Arbeitsstelle lediglich zu dulden, reicht für die Annahme eines wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Unternehmers nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 08. Mai 1980 – 8a RU 86/79 -, zitiert nach juris Rn. 16 bis 18).
Hieran gemessen ließ sich ein entsprechender Wille zwar nach dem an die Beklagte gerichteten Schreiben der Zeugin S vom 08. August 1997 nicht von vornherein ausschließen, indem sie dort schilderte, dass die Verstorbene trotz ihres Hinweises, dass die (freiwillige) Tätigkeit nicht vergütet werde, begann, alte Tapetenreste von der Wand zu entfernen. Gleichwohl sind nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme vernünftige Zweifel daran, dass die Zeugin S einen entsprechenden Willen hatte, gerade nicht ausgeschlossen, indem diese in Übereinstimmung mit den späteren Bekundungen der Zeugin I in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 06. Juli 2001 bekundete, von der Mitarbeit der Klägerin nicht begeistert gewesen zu sein und dies schließlich auch gegenüber der Zeugin I am Tag des Unfalls zum Ausdruck gebracht zu haben. Diese Bekundung erscheint zunächst im Lichte ihrer weiteren Zeugenaussage auch nachvollziehbar, indem sie darauf hinwies, dass sie Bedenken hatte, weil sie wusste, dass die Verstorbene zu Hause Probleme hatte, und annahm, dass sie ihrem Ehemann gesagt habe, bei der Arbeit zu sein, und weil die Verstorbene nicht sicher auf Leitern war. Diese im Hinblick auf eine Mithilfe der Verstorbenen ablehnende Haltung wird im Ergebnis durch die Bekundungen der Zeugin I bestätigt, indem diese in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 10. Oktober 2002 angab, dass die Zeugin S Fremde in ihrer Wohnung nicht sehen wollte. Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für ein freundschaftliches Verhältnis zwischen der Verstorbenen und der Zeugin S nichts vorliegt, erscheint es auch verständlich und nachvollziehbar, wenn sie mit dem Aufenthalt nicht persönlich nahe stehender Personen wie der Verstorbenen in der eigenen Privatwohnung nicht einverstanden war. Dementsprechend bekundete die Zeugin I, dass sonst neben dem Lebensgefährten der Zeugin S nur deren Verwandte bei den Renovierungsarbeiten halfen. Dass die Tätigkeit der Verstorbenen dennoch dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Zeugin S entsprochen haben soll, lässt sich auch nicht unter Hinweis auf deren Bekundung im Erörterungstermin vor dem LSG vom 16. März 2004 beweisen, als sie angab, zur Verstorbenen gesagt zu haben, sie solle von der Leiter runter steigen und unten arbeiten. Diese Bekundung lässt sich nicht isoliert betrachten und vor dem Hintergrund ihrer übrigen Bekundungen nicht im Sinne des Klägers dahin deuten, dass hierin die Äußerung „Arbeite weiter – aber unten“ enthalten sei. Vielmehr würde die Gedankenerklärung so in ihrem Sinngehalt umgekehrt und erscheint es dem Senat gerade eingedenk der zuvor bekundeten ablehnenden Haltung der Zeugin S gegenüber Leiterarbeiten der Verstorbenen näherliegend, die Äußerung dahin zu verstehen, dass die Verstorbene, wenn sie schon unbedingt in der Wohnung mitarbeiten wolle, dies bitte nicht auf Leitern tun solle; es ging der Zeugin erkennbar in erster Linie darum, dass die Verstorbene von der Leiter heruntersteigt. Der Vollbeweis, dass die Verrichtung der Verstorbenen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willens der Zeugin S entsprach, ist so jedenfalls nicht erbracht. Es lässt sich lediglich eine nicht versicherte Duldung der Verstorbenen in der Wohnung der Zeugin S annehmen. I.Ü. sind Anhaltspunkte dafür, dass die Verstorbene Arbeiten von so hohem wirtschaftlichen Wert erbringen sollte, dass die Zeugin S an ihrer Mitarbeit ein gesteigertes Interesse gehabt hätte, angesichts der erwiesenen Verrichtung der Verstorbenen (Abreißen von alten Tapeten), bei welcher sie sich schließlich verletzte, nicht ersichtlich.
Auch hat der Senat durchgreifende Zweifel am Vorliegen der für den Versicherungsschutz notwendigen objektiven Handlungstendenz der Verstorbenen.
Die notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen dienlichen, dienenden oder zu dienen bestimmten Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, sog. eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten stattfinden. Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, d.h. die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt entsprechend voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Wie bei allen anderen Zurechnungsentscheidungen sind für die Beurteilung der Unfallversicherungsschutzes alle Umstände des Einzelfalls und das sich daraus ergebende Gesamtbild in Betracht zu ziehen. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Organisation des Unternehmens einerseits und die Einordnung der Gesamttätigkeit des in diesem Unternehmen wie ein Beschäftigter Tätigen andererseits. Weiter sind Umfang und Zeitdauer der verrichteten bzw. vorgesehenen Tätigkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 5/04 R -, zitiert nach juris Rn. 19). Hierbei ist zu beachten, dass nicht jede Tätigkeit, die einem Fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigtenähnlich verrichtet wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kommt nämlich der mit dem objektiv arbeitnehmerähnlichen Verhalten verbundenen Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie ihm Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift Tätiger unter Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 05. Juli 2005 – B 2 U 22/04 R -, zitiert nach juris Rn. 13).
Dies zugrunde gelegt ist ein auch insofern zu fordernder Vollbeweis nicht erbracht. Ihm steht bereits das widersprüchliche Vorbringen der Klägerin entgegen, welche unter dem 08. August 1997 ihrer Krankenkasse gegenüber und etwa unter dem 24. September 1998 der Beklagten gegenüber vollkommen unterschiedliche Begründungen für den Zweck ihrer Mithilfe bei den Renovierungsarbeiten angab. Davon abgesehen erscheinen ihre wegen der zeitlichen Nähe zum Unfall besonders bedeutsamen Angaben gegenüber der Krankenkasse durchaus plausibel. Ihr ging es danach gerade nicht darum, der Zeugin S zu helfen, sondern vielmehr die Freundschaft mit der Zeugin Izu pflegen, was sie mit den Worten „hatte ich eine gute Bekannte gefunden und wollte einfach nur mit Ihr quatschen“ zum Ausdruck brachte. Hierbei handelte es sich nicht bloß um einen für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes unmaßgeblichen Beweggrund, sondern um den objektiven Ausdruck ihrer eigentlichen – gerade nicht dem Unternehmen der Zeugin S zugewandten, sondern ihren eigenen Zwecken dienenden – Handlungstendenz. Diese wird im Kern auch durch die Aussage der Zeugin I bestätigt, welche bekundete, anzunehmen, dass sich die Verstorbene dafür revanchieren wollte, von ihr wiederholt mit dem Auto zur Arbeit mitgenommen worden zu sein, und ihre Annahme schlüssig unter Hinweis darauf begründete, dass die Klägerin ihr auch einmal Geld für die Fahrten geben wollte. So erscheint es angesichts dieser – mit der Äußerung der Verstorbenen gegenüber der Krankenkasse korrespondierenden – Aussage wahrscheinlicher, dass die Verstorbene der Zeugin I zur Erhaltung und Vertiefung ihrer Freundschaft helfen wollte, ohne dass es ihr darauf ankam, der Zeugin S zu helfen; sie wollte sich quasi nur nebenbei nützlich machen. Mit ihren deutlich späteren Angaben gegenüber der Beklagten etwa mit Schreiben vom 24. September 1998 setzte sie sich so nicht nur zu ihrer eigenen Äußerung vom 08. August 1997, sondern auch zu sämtlichen Zeugenaussagen in Widerspruch, welche gerade nichts für einen von der Zeugin S auf die Verstorbene ausgeübten Druck hergeben. Jedenfalls lassen sich bei Gesamtbetrachtung sämtlicher in diesem Zusammenhang heranzuziehender Erkenntnismittel vernünftige Zweifel nicht ausräumen, dass die Verstorbene wirklich die erforderliche Handlungstendenz aufwies.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Revisionszulassungsgrunds nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.