| Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 30.07.2012 | |
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| Aktenzeichen | OVG 11 N 2.11 | ECLI | ||
| Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
| Normen | § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG, § 87b Abs 1 S 1 VwGO, § 87b Abs 3 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO | |||
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. November 2010 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.
I.
Die 1994 geborene türkische Klägerin begehrt die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu ihrem mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis aus dem Jahre 2002 bzw. nunmehr Niederlassungserlaubnis in Deutschland lebenden türkischen Vater.
Durch Urteil vom 14. September 2007 übertrug das Familiengericht Aksaray in der Türkei auf Antrag ihres Vaters das Sorgerecht für die Klägerin von ihrer mit ihm nicht verheirateten Mutter auf ihn. Den am 29. April 2009 gestellten Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug lehnte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland durch Bescheid vom 15. Dezember 2009 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die türkische Sorgerechtsentscheidung sei für den deutschen Rechtsbereich nicht anerkennungsfähig und für eine besondere Härte nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Zur Begründung der am 15. Januar 2010 erhobenen Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie lebe seit frühester Jugend bei ihrer Großmutter väterlicherseits, die aufgrund ihres Alters und gesundheitlicher Probleme mit ihrer Erziehung und Betreuung zunehmend überfordert und hierzu auch nicht mehr bereit sei. Ihre Mutter lehne ein Zusammenleben mit ihr ab und sie wolle deshalb mit ihrem aufnahmebereiten Vater und dessen Lebensgefährtin in Deutschland leben. Ein derartiger Anspruch stehe ihr nach § 32 AufenthG zu, das türkische Sorgerechtsurteil müsse anerkannt werden.
Das Verwaltungsgericht hatte der Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2010 gemäß § 87 b Abs. 1 Satz 1 VwGO - und unter Hinweis auf dessen Absatz 3 - aufgegeben, bis zum 30. September 2010 neben Nachweisen über die Wohnungsmietkosten (Ziffer 1 und 2) und Mitteilung, ob die derzeitige Ehefrau ihres Vaters ebenfalls in dieser Wohnung lebe (Ziffer 3), Unterlagen vorzulegen über seine Einkünfte, insbesondere Steuerbescheide (Ziffer 4 bis 7), Nachweise über die Höhe der Krankenversicherungskosten für ihren Vater und seine Ehefrau (Ziffer 8) sowie Nachweise über Art und Höhe bestehender Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen weiteren Kindern B. und M., der Kindesmutter Arzi Ö., seiner ersten Ehefrau Ayla Y. und seiner jetzigen Ehefrau Y... (Ziffer 9). Ferner war in diesem Schreiben um Mitteilung gebeten worden, ob Einverständnis mit schriftlicher Entscheidung bestehe. Mit am 25. September 2010 eingegangenen Schriftsatz vom 23. September, in dem es heißt, es werde „richtiggestellt, dass der Kindervater aktuell nicht verheiratet ist und auch keine Lebensgefährtin hat“, wurden unter Bezugnahme auf diese Verfügung lediglich eine Meldebescheinigung für den Vater, eine Kopie des Mietvertrages und diverse Kontoauszüge vorgelegt. Mit dem Klammerzusatz „weitere Unterlagen?“ und Doppelübersendung an die anderen Beteiligten wurde seitens der Berichterstatterin eine Fristverfügung zum 5. Oktober getroffen und, nachdem ein weiterer Eingang nicht zu verzeichnen war, am 6. Oktober 2010 nochmals beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit schriftlicher Entscheidung bestehe. Diese ging wenige Tage später bei Gericht ein.
Durch im Wege schriftlicher Entscheidung ergangenes Urteil vom 29. November 2010, zugestellt an die Klägerin am 6. Dezember 2010, wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, entgegen der mit Fristsetzung versehenen gerichtlichen Auflage gemäß § 87 b Abs. 1 Satz 1 VwGO seien Unterlagen zu den Ziffern 4 bis 7 und 9 nicht eingereicht worden, so dass die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen sei. Auch für eine Ausnahme vom Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sei nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Einen am 20. Dezember 2010 eingegangenen Antrag der Klägerin auf Fortführung des Verfahrens gemäß § 152a VwGO und auf Tatbestandsberichtigung dahingehend, dass dem Gericht „auch Kopien der Umsatzsteuervoranmeldungen für die ersten beiden Quartale 2010, eine Kopie der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2009 sowie Kopien der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2007, 2008 und 2009“ übersandt worden seien, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschlüsse vom 6. Januar 2011 als unzulässig bzw. mangels Unrichtigkeit des Tatbestandes ab.
II.
Der am 5. Januar 2011 gestellte und am 4. Februar 2011 auch rechtzeitig begründete Antrag auf Zulassung hat auf der allein maßgeblichen Grundlage der rechtzeitigen Darlegungen in der Antragsbegründung keinen Erfolg (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Absatz 5 Satz 2 VwGO).
1. Die Darlegungen zum Zulassungsgrund des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) rechtfertigen eine Zulassung der Berufung nicht.
Derartige Zweifel bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 f.) und nicht nur die Begründung der angefochtenen Entscheidung oder nur einzelne Elemente dieser Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004, Buchholz 310 § 124 Nr. 33). Davon ist hier nach dem Zulassungsvorbringen der Beklagten vorliegend nicht auszugehen.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ihr Prozessbevollmächtigter habe, nachdem sämtliche angeforderten Unterlagen, u.a. auch die Einkommensbelege, bei ihm eingegangen und auf Vollständigkeit geprüft worden seien, alle Unterlagen kopiert und unter dem 23. September 2010 mit dem zusätzlichen Hinweis an das Gericht weitergeleitet, dass entgegen anderslautenden früheren Angaben ihr Vater nicht verheiratet sei, „womit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass er lediglich ihr gegenüber unterhaltspflichtig sei“. Darüber, dass diese Unterlagen beim Gericht nur unvollständig eingegangen zu sein scheinen, sei dieser nicht in Kenntnis gesetzt worden. Aus der späteren gerichtlichen Anfrage, ob Einverständnis mit Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung bestehe, habe man den Schluss gezogen, der Sachverhalt sei nach Eingang sämtlicher angeforderter Unterlagen hinreichend aufgeklärt. Durch den somit rechtzeitig vorgelegten Einkommenssteuerbescheid seien bei einem Umsatz von 70.687 EUR Jahreseinkünfte aus Gewerbebetrieb von 16.103 EUR, d.h. gemittelte monatliche Einkünfte in Höhe von 1.341,92 EUR, belegt worden. Der weiterhin nachgewiesene Umsatz für die ersten beiden Quartale für 2010 mit 21.299 EUR und 20.129 EUR zeige einen noch deutlich höheren Umsatz und lasse auf ein entsprechend höheres Jahreseinkommen schließen. Bei einer monatlichen Miete von 470 EUR für eine Dreizimmerwohnung, die den Wohnraumbedarf für zwei Personen abdecke, verbleibe somit ein Einkommen in Höhe von etwa 900 EUR, was den gemeinsamen Lebensunterhalt zu decken geeignet gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen sind ernstliche Zweifel jedenfalls an der Ergebnisrichtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht hinreichend dargelegt. Ausweislich der Gerichtsakte sind auf die gerichtliche Auflage im Schreiben vom 26. August 2010 dort mit dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 23. September 2010 lediglich eine Meldebescheinigung für den Vater der Klägerin, eine Kopie des Mietvertrages und diverse Kontoauszüge sowie ein Satz Doppel dieser Anlagen, die an den Beigeladenen übersandt wurden, eingegangen. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht, dem sich mangels Darlegung in diesem Schreiben, welche Unterlagen beigefügt waren oder werden sollten, eine versehentliche Nichtbeifügung weiterer Belege auch nicht aufdrängen musste, wegen der noch ausstehenden weiteren Nachweise den Eingang weiterer Unterlagen innerhalb der noch laufenden Frist abgewartet und deshalb eine Fristverfügung mit entsprechendem Vermerk („weitere Unterlagen?“) getroffen. Nachdem diese Frist ergebnislos abgelaufen war, hat es die Klägerin am 6. Oktober 2010 um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit schriftlicher Entscheidung bestehe, die sodann ihrerseits erteilt wurde. Soweit die Klägerin geltend macht, aus dieser Anfrage habe man geschlossen gehabt, das Gericht habe nunmehr „nach Erhalt sämtlicher dort angeforderter Unterlagen“ den Sachverhalt für hinreichend aufgeklärt gehalten, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine lediglich wiederholende Anfrage gehandelt hat, nachdem die frühere im Schreiben vom 26. August 2010 seitens der Klägerin nicht beantwortet worden war. Dies musste ihr bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten somit auch bekannt gewesen sein bzw. hätte jedenfalls bei gebotener Sorgfalt erkannt werden müssen. Dann aber war die genannte Schlussfolgerung nicht gerechtfertigt.
Unabhängig hiervon ist das verwaltungsgerichtliche Urteil aber auch nicht nur darauf gestützt, dass die Unterlagen über die Einkünfte des Vaters der Klägerin (Ziffer 4 bis 7 der Auflage) nicht vorgelegt worden seien, sondern auch auf das Fehlen von Nachweisen über Art und Höhe bestehender Unterhaltsverpflichtungen des Vaters der Klägerin für seine beiden weiteren Kinder, deren Mutter, die frühere türkische Ehefrau Ayla Y. und die deutsche Ehefrau Yörük-Iwanowski“ (Ziffer 9 der Auflage). Diesbezügliche Nachweise hat die Klägerin aber weder zur Begründung des Zulassungsantrags noch mit dem Antrag auf Fortführung des Verfahrens gemäß § 152a VwGO und auf Tatbestandsberichtigung vom 20. Dezember 2010 vorgelegt. Dort ist im Tenor des Berichtigungsantrags - die Begründung lässt andere Schlüsse ebenfalls nicht zu - vielmehr sogar ausdrücklich aufgeführt, welche Unterlagen angeblich sonst noch übersandt worden seien, nämlich „Kopien der Umsatzsteuervoranmeldungen für die ersten beiden Quartale 2010, eine Kopie der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2009 sowie Kopien der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2007, 2008 und 2009“. Auch das Vorbringen zur Begründung des Zulassungsantrags, mit dem zusätzlichen Hinweis im Schreiben vom 23. September 2010, „dass der Kindsvater aktuell nicht verheiratet ist und auch keine Lebensgefährtin hat“, habe man „entgegen anderslautenden früheren Angaben“ zum Ausdruck bringen wollen, dass er lediglich ihr (der Klägerin) gegenüber unterhaltspflichtig sei, lässt den Schluss zu, dass dem Schreiben vom 23. September 2010 keine Nachweise bzw. zumindest Erklärungen zu den Unterhaltspflichten beigefügt waren. Dann aber ist die verwaltungsgerichtliche Annahme, dass trotz einer entsprechenden Auflage die Sicherung des Lebensunterhalts nicht hinreichend nachgewiesen worden sei, zutreffend. Darüber hinaus ist dieses Zulassungsvorbringen aber auch logisch nicht nachvollziehbar. Denn der Umstand, dass ihr Vater aktuell nicht verheiratet sei und auch keine Lebensgefährtin habe, ist für die Frage, ob Unterhaltspflichten diesen gegenüber - und erst recht gegenüber den anderen Personen, auf die diese Frage auch zielte - ersichtlich ohne Aussagekraft, vermochte also die Auflage des Nachweises bestehender Unterhaltspflichten auch nicht indirekt zu erfüllen oder Belege bzw. zumindest Erklärungen entbehrlich erscheinen lassen. Im Übrigen lässt dieses Zulassungsvorbringen auch jegliche Glaubhaftmachung dazu vermissen, dass die Ehe des Vaters mit Frau Yörük-Iwanowski, aufgrund derer im Jahre 2002 die unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde und für deren Beendigung der Verwaltungsvorgang des Beigeladenen nichts hergibt, zwischenzeitlich tatsächlich geschieden ist und auch dessen Beziehung zu seiner „Lebensgefährtin“, auf die sich die Klägerin zur Klagebegründung nicht einmal neun Monate zuvor berufen hat, nicht mehr besteht.
Unter diesen Umständen kann letztlich dahinstehen, ob die von der Klägerin zur Begründung des Zulassungsantrags vorgelegten Nachweise zumindest rein rechnerisch eine hinreichende Sicherung des Lebensunterhalts zu belegen geeignet sind, was zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Berücksichtigung der Erwerbstätigen- und Werbungskostenfreibeträge in § 11b SGB II für den als Inhaber eines Gaststättenbetriebs selbständig tätigen Vater streitig ist (vgl. dazu Urteil des Senats vom 25. Oktober 2011 - 11 B 3.10 -, juris Rz. 45 ff.). Im Übrigen sind jedenfalls die Kosten eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes für die Klägerin selbst, aber auch ihren Vater (s. dazu die Auflage vom 26. August 2010 zu Ziffer 8) nicht dargelegt worden.
2. Der weiterhin geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.
Soweit die Klägerin ihre Annahme damit begründet, das gelte für die Frage, inwieweit die Beklagte berechtigt sei, die Sorgerechtsentscheidung des türkischen Familiengerichts in Zweifel zu ziehen, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das angegriffene verwaltungsgerichtliche Urteil nicht hierauf, sondern allein auf den fehlenden Nachweis hinreichender Sicherung des Lebensunterhalts gestützt und dies eine weitere tatbestandliche Voraussetzung für den Nachzugsanspruch der Klägerin ist. Dass die Rechtssache vorliegend auch insoweit besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, scheint die Klägerin schon nach ihrem eigenen Vorbringen nicht anzunehmen, wenn sie ausführt, „diese (ergänze: Schwierigkeiten) betreffen weniger die Frage, ob der Lebensunterhalt der Klägerin … gesichert ist“. Jedenfalls fehlt insoweit die erforderliche begründete Darlegung derartiger Schwierigkeiten.
3. Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukäme.
Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. zum Revisionsrecht: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328).
Die Klägerin verweist diesbezüglich allein auf ihre Ausführungen zum Vorliegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache. Damit ist jedoch, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich der Frage der Berechtigung der Beklagten, die türkische Sorgerechtsentscheidung in Zweifel zu ziehen, keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufgeworfen worden. Hinsichtlich der Frage der Sicherung des Lebensunterhalts fehlt schon die Formulierung einer klärungsbedürftigen Rechts- oder Tatfrage von fallübergreifender Bedeutung (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 4. März 2005 - OVG 1 N 72.05 -).
4. Schließlich ist die Berufung auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
Mit ihrem Vorbringen, die Begründung der Klageabweisung mit fehlendem Nachweis hinreichender Sicherung des Lebensunterhalts habe für sie „eine faustdicke Überraschung“ dargestellt, das Gericht habe sie davon im Vorfeld in Kenntnis setzen müssen, insbesondere sei ein Hinweis auf den nur unvollständigen Eingang der angeforderten Unterlagen zu erwarten gewesen, macht die Klägerin materiell die Verwehrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend.
Als unzulässiges „Überraschungsurteil“ stellt sich eine Entscheidung dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1991 - 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235, und Beschluss vom 23. Dezember 1991 - 5 B 80.91 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241).
Davon ausgehend ist ein Verstoß gegen die dem Gericht obliegende Hinweis- und Erörterungspflicht (§ 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO) und die Pflicht, rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG), vorliegend schon nicht feststellbar. Dass es dem Gericht für seine Entscheidung gerade auch auf die Vorlage von Nachweisen über die hinreichende Sicherung des Lebensunterhalts ankam, hat es gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin durch die Anforderung detaillierter Nachweise insoweit mit Schreiben vom 26. August 2010 und die hierbei erfolgte Fristsetzung bis zum 30. September 2010 mit Androhung der Zurückweisung im Fall verspäteter Vorlage hinreichend deutlich gemacht. Dem Gericht musste sich auch nicht aufdrängen, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin, wie er nunmehr zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung vorträgt, mit dem Schreiben vom 23. September 2010 noch weitere Unterlagen übersenden wollte und dies lediglich versehentlich unterblieben war. Denn diesem Schreiben selbst bzw. den Anlagen war nicht zu entnehmen, welche Unterlagen im Einzelnen beigefügt werden sollten. Nachdem sodann innerhalb der seinerzeit noch laufenden Frist keine weiteren Eingänge zu verzeichnen waren, durfte es auch davon ausgehen, weitere Unterlagen sollten oder könnten nicht mehr vorgelegt werden, so dass nunmehr auf dieser Grundlage entschieden werden könne. Dass die anschließende nochmalige Anfrage des Gerichts nach Einverständnis mit schriftlicher Entscheidung keineswegs die behauptete klägerische Schlussfolgerung rechtfertigte, dieses habe den Sachverhalt nach Erhalt sämtlicher angeforderter Unterlagen als hinreichend aufgeklärt angesehen, wurde bereits oben dargelegt. Angesichts dessen hat das Gericht dem Rechtsstreit nicht etwa eine Wendung gegeben, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten. Vielmehr ist die Klägerin der gerichtlichen Auflage im Schreiben vom 26. August 2010 nur unvollständig nachgekommen, ohne dass sich dem Gericht aufdrängen musste, dass es sich hierbei um ein anwaltliches Versehen handelte. Dann jedoch bestand auch keine gerichtliche Hinweispflicht auf die Unvollständigkeit der Auflagenerfüllung.
Darüber hinaus hat die Klägerin aber auch nicht dargelegt, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem (unterstellten) Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs beruhen könnte. Insoweit wird nämlich lediglich geltend gemacht, auf einen Hinweis des Gerichts zur Unvollständigkeit der Unterlagen wären diese „erneut übersandt worden“. Dass, wie bereits dargelegt, jedenfalls Nachweise zu den Unterhaltspflichten, wie sie mit Ziffer 9 der gerichtlichen Auflage vom 26. August 2010 angefordert worden waren, mit dem Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 23. September 2010 auch nicht übersandt werden sollten, macht neben dem bereits erwähnten Vorbringen im Tatbestandsberichtigungsantrag das (im Übrigen auch logisch nicht nachvollziehbare) Vorbringen zur Zulassungsbegründung deutlich, mit dem Hinweis, dass der Vater nicht verheiratet sei, habe man zum Ausdruck bringen wollen, dass er lediglich ihr gegenüber unterhaltspflichtig sei. Auch sind diesbezügliche Nachweise und solche über die Höhe der Krankenversicherungskosten (Ziffer 8 der Auflage) selbst im Rahmen der Begründung des Zulassungsantrags nicht vorgelegt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).