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Erstattungsanspruch - Mietzahlungen nach Todesfall


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat Entscheidungsdatum 14.11.2013
Aktenzeichen L 22 R 17/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 118 Abs 4 S 1 SGB 6

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 7.624,84 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erstattung eines Betrages von 7.624,84 Euro, der nach dem Tod der E M, die von der Beklagten große Witwenrente bezog (Rentnerin), in Ausführung eines von dieser erteilten Einzugsermächtigung (Lastschrifteinzug) von deren Konto auf ein Konto der W P mbH als Miete im Zeitraum von Juni 1995 bis Dezember 2000 überwiesen worden war.

Die Klägerin, die zuvor bis 02. Dezember 2005 als G (G) P mbH firmierte, ist durch Umwandlung des VEB GP gemäß Umwandlungsgesetz vom 17. Juni 1990 entstanden und am 12. März 1991 in das Handelsregister (HRB 1294 P) eingetragen worden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Wstraße in K-, deren Eigentümerin ab 03. Oktober 1990 die Stadt Potsdam war. Die Stadt ist Gesellschafterin der Klägerin.

Die W P mbH war am 09. Februar 1993 gegründet und am 09. November 1993 ins Handelsregister (HRB 6514 P) eingetragen worden und firmiert seit 27. Februar 2004 als G P mbH. Die Gesellschaft verwaltet eigenen und fremden Grundbesitz sowie Eigentums-Wohnanlagen. Gesellschafterin ist die Klägerin.

Die Rentnerin, die zum 01. November 1986 mit dem VEB G P einen Wohnungsmietvertrag über eine Wohnung auf dem Grundstück Wstraße in K- abgeschlossen hatte, verstarb am 26. Mai 1995. Sie erhielt von der Beklagten große Witwenrente, die auf ihr Konto bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in P über ihren Tod hinaus bis April 2005 überwiesen wurde. Die Miete wurde von diesem Konto durch Einzugsermächtigung (Lastschrifteinzug) auf ein Konto der WVP Wohnungsverwaltungsgesellschaft Potsdam mbH bei der Aa AG (virtuelle Kontonummer 1348990126, reale Kontonummer 134.2302) ab Eröffnung 1995 bis zur Schließung 2001, das als Treuhandkonto geführt wurde, überwiesen. Das Mietverhältnis war durch den Sohn der Rentnerin zum 31. Dezember 2000, bestätigt durch die W P mbH, gekündigt worden.

Nachdem die Beklagte im April 2005 vom Tod der Rentnerin erfahren hatte, forderte sie von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in P die Rücküberweisung von 60.846,36 Euro, die als Rente vom 01. Juni 1995 bis 30. April 2005 gezahlt worden seien, zurück. Die Mittelbrandenburgische Sparkasse in P zahlte davon zunächst 49.169,02 Euro zurück. Sie gab dazu an, der Kontostand bei Eingang der Rückforderung habe 49.853,45 Euro und bei Tod der Rentnerin am 26. Mai 1995 1.307,51 DM (668,52 Euro) betragen. Als Verfügungen bis zum Eingang der Rückforderung seien erfolgt: Gezahlte Miete Juni 1995 bis Februar 2001 7957,73 Euro, gezahlte Energie Juni 1995 bis März 2001 727,57 Euro und Barverfügungen (am 02. August 1995 und am 23. September 1999) 2.975,22 Euro. Außerdem zahlte sie auf Aufforderung der Beklagten weitere 685,34 Euro (60.846,36 Euro zuzüglich 668,52 Euro abzüglich jeweils 49.169,02 Euro, 7.957,73 Euro, 727,57 Euro und 2.975,22 Euro) zurück. Sie teilte außerdem mit, dass Mietempfänger die Wohnungsverwaltung Potsdam gewesen sei.

Weil die „Haus- und Wohnungsverwaltung“ unter der angeschriebenen Anschrift nicht ermittelt werden konnte, bat die Beklagte die Aa AG um die aktuelle Anschrift des Kontoinhabers „Wohnungsverwaltung Potsdam“, worauf diese die Adresse der Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft mbH Potsdam angab.

Nach entsprechender Anhörung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 07. März 2006 von der „G P Erstattung von 7.957,73 Euro, die von Juni 1995 bis Februar 2001 per Einzugsermächtigung nach dem Sterbemonat hinaus und daher zu Unrecht gezahlt worden seien.

Die Klägerin, die auf ihre jetzige Firmierung hinwies, wies die Forderung als unbegründet zurück, weil sie nicht Inhaberin des angegebenen Kontos gewesen sei, und legte außerdem Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2006 forderte die Beklagte von der Klägerin (erneut) Erstattung von 7.957,73 Euro.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wiederholte sie ihr Vorbringen. Sie wies darauf hin, dass nach dem Bescheid der Oberfinanzdirektion Cottbus vom 14. Januar 2002 festgestellt worden sei, dass die Stadt Potsdam zum 03. Oktober 1990 Eigentümer des Grundstücks Wannseestraße 7 geworden sei. Die Klägerin habe keine Aktiva und Passiva im Sinne einer Rechtsnachfolge von Dritten, der G mbH P, übernommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Klägerin habe nach Überweisung der zu Unrecht gezahlten Renten für den 01. Juni 1995 bis 28. Februar 2001 per Einzugsermächtigung 7.957,73 Euro aus dem Bankkonto der Rentnerin erhalten, so dass sie als Empfängerin erstattungspflichtig sei. Es werde zwar die Rückzahlungspflicht mit dem Hinweis bestritten, dass Empfängerin der überzahlten Leistung die G P als Vorgängerin gewesen sei, die Klägerin als P firmiere und daher nicht Inhaberin des Kontos der Mietüberweisungen gewesen sei. Es sei jedoch zweifelsfrei davon auszugehen, dass die Klägerin als Nachfolgerin für die Rechte und Pflichten einzustehen habe.

Dagegen hat die Klägerin am 24. November 2006 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben.

Nachdem die Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam der Beklagten mitgeteilt hatte, dass für Juni 1995 175,16 DM (statt 165,16 DM) als Miete überwiesen worden war, aber am 19. Dezember 2001 eine Mietrückbuchung von 179,70 DM erfolgt und für Januar und Februar 2001 keine Mietüberweisungen erfolgt bzw. rückgängig gemacht worden waren, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 03. Dezember 2007, mit dem sie den zu erstattenden Betrag auf 7.624,84 Euro (Juni 1995 bis Dezember 2000) festsetzte.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, der Erstattungsanspruch gegenüber dem Erben der Rentnerin gemäß § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gehe den Ansprüchen nach § 118 SGB VI vor. Auch sei der Anspruch nach § 118 Abs. 3 SGB VI gegen das Kreditinstitut gegenüber dem Anspruch aus § 118 Abs. 4 SGB VI gegen Dritte vorrangig. Die Klägerin mache vorsorglich den Einwand der Verjährung geltend. Unabhängig davon sei die Vorschrift des § 118 Abs. 4 SGB VI erst mit Wirkung vom 01. Januar 1996 in Kraft getreten, so dass Überzahlungen frühestens ab Januar 1996 geltend gemacht werden dürften. Die Klägerin sei weder Vermieterin der Wohnung der Rentnerin noch Inhaberin des Kontos, auf das die Mietzahlungen erfolgten, gewesen, so dass sie nicht Empfängerin im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sei. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie erst im April 2005 erfahren habe, dass die Rentnerin verstorben sei, denn ein Verschulden, die Kenntnis vom Tod nicht unmittelbar an die Beklagte weitergeleitet zu haben, des Deutschen Rentenservice der Deutschen Post AG, dem die Sterbedaten übermittelt würden, stehe dem Verschulden der Beklagten gleich. Die Klägerin hat u. a. das Schreiben der Aa AG vom 24. November 2010 und das Schreiben der G W mbH vom 09. Juni 2011 vorgelegt.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, bei dem Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI handele es sich um einen eigenständigen von § 50 SGB X losgelösten Anspruch. Dieser Erstattungsanspruch sei gegenüber dem Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 4 SGB VI (Rückforderung von den Erben) vorrangig. Da die Beklagte Kenntnis von der Überzahlung erst durch die Mitteilung des Rentenservice im April 2005 erlangt habe, sei die Forderung nicht verjährt. Zwar sei § 118 Abs. 4 SGB VI erst zum 01. Januar 1996 in Kraft getreten. Es habe jedoch schon vorher der Rückforderungsanspruch in bürgerlich-rechtlicher Natur bestanden. Dies habe sich nicht auf die Rückforderung an sich, sondern nur darauf ausgewirkt, dass erst ab 01. Januar 1996 die Rückforderung auch für Zeiten vor diesem Zeitpunkt durch Bescheid geltend gemacht werden könne. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI komme es nicht auf ein Verschulden an. Es bestünden keine Zweifel, dass die Miete der Rentnerin auf das Konto der Rechtsnachfolgerin der G mbH P geflossen seien. Die Wohnungsverwaltungsgesellschaft sei nicht als Empfängerin anzusehen, da deren Vermögen nicht vermehrt worden sei. Die Beklagte hat Auszüge aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam zur W P mbH / GPmbH vorgelegt.

Das Sozialgericht hat Auszüge aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam zur P GmbH / Gemeinnützigen W- mbH beigezogen sowie die Auskünfte der Aa AG vom 19. April 2011 und 04. Mai 2011 eingeholt.

Mit Urteil vom 23. November 2011 hat das Sozialgericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung den Bescheid vom 26. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 in der Fassung des Bescheides vom 03. Dezember 2007 aufgehoben: Die Beklagte habe gegen die Klägerin keinen Anspruch aus § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, so dass die Bescheide, letztgenannter Bescheid sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, rechtswidrig seien und die Klägerin in ihren Rechten verletzten. Empfänger im Sinne von § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI seien die Personen, die die Geldleistung unmittelbar in Empfang genommen hätten und deren Vermögen vermehrt worden sei oder habe vermehrt werden sollen. Vorliegend habe die Klägerin (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) die Mietzahlungen nicht unmittelbar in Empfang genommen und der entsprechende Betrag sei nicht durch Dauerauftrag oder ein sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ihr Konto weitergeleitet worden. Die Klägerin sei nicht Inhaberin des Kontos bei der Aa AG gewesen, auf das Beträge aus der Rente der Rentnerin durch deren kontoführendes Institut, die Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam, zu Zwecken der Mietzahlungen überwiesen worden seien. Vielmehr seien die Mietzahlungen auf ein Konto überwiesen worden, deren Inhaberin die W P mbH gewesen sei. Diese sei vorliegend weder wie ein Nachlassverwalter in Ausübung seines Amtes (als gesetzlicher Vertreter) noch als Bote oder als Bevollmächtigte der Klägerin tätig gewesen. Bei der W P mbH habe es sich um eine Firma gehandelt, die in dieser Funktion eigene Rechtsgeschäfte getätigt habe. Soweit diese Gesellschaft, nach der Eintragung im Handelsregister jedenfalls bis zum 12. August 2001, u. a. Grundstücke verwaltet habe, für die die Stadt Potsdam verfügungsberechtigt gewesen sei und auf die ein Anspruch auf Rückübertragung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen gestellt worden sei, so habe die Gesellschaft etwaige Bewirtschaftungsüberschüsse aus diesen Objekten in die Erhaltung dieses Bestandteils eingesetzt und insoweit keine Überschüsse erzielt. Unbeachtlich sei, dass die Mietzahlung letztlich wirtschaftlich dem Eigentümer der Wohnung zufließe, denn auch ein Haus- bzw. Grundstücksverwalter, der den an ihn überwiesenen Betrag nur treuhänderisch für die Vermieterin entgegengenommen habe, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht Empfänger. Daher könne die Klägerin auch nicht neben der WPmbH als deren Gesellschafterin und Eigentümerin Empfängerin sein. § 118 Abs. 4 Satz 1 Regelung 1 SGB VI enthalte auf öffentlich-rechtlicher Grundlage eine verschärfte bereicherungsrechtliche Haftung des Anspruchsadressaten, der zugleich die Anwendbarkeit der Norm begrenze und gegen eine weite Auslegung spreche.

Gegen das ihr am 22. Dezember 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 06. Januar 2012 eingelegte Berufung der Beklagten.

Sie meint, mit den Mietzahlungen habe nicht das Vermögen der Kontoinhaberin, der W P mbH, vermehrt werden sollen, denn diese habe die Mietzahlungen lediglich für die Klägerin in Empfang genommen gehabt. Die Mietzahlungen hätten vielmehr das Vermögen der Klägerin vermehren sollen. Daher sei die Klägerin als Empfängerin anzusehen. Die Klägerin sei Eigentümerin der Immobilie. Sie möge angeben, wer Vermieter gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. November 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf ihren gesamten erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend weist sie darauf hin, dass Eigentümerin und Vermieterin, wie im vorliegenden Fall, unterschiedliche Personen oder Gesellschaften sein können.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dazu ihr Einverständnis erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat auf die Klage zu Recht den Bescheid vom 26. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 in der Fassung des Bescheides vom 03. Dezember 2007, der nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, aufgehoben, denn diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

Die Beklagte kann von der Klägerin nicht Erstattung von 7.624,84 Euro verlangen, denn die Klägerin ist nicht Empfängerin dieses Betrages gewesen.

Als Rechtsgrundlage kommt allein § 118 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB VI in Betracht: Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Träger der Rentenversicherung hat Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

Es sind Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod der Rentnerin zu Unrecht erbracht worden.

Nach § 102 Abs. 5 SGB VI werden Renten bis zum Ablauf des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind. Mit dem Tod des Berechtigten erledigt sich der der Rentengewährung zugrunde liegende Verwaltungsakt kraft Gesetzes auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 53/01 R, abgedruckt in SozR 3-2600 § 118 Nr. 9).

Die Rentnerin verstarb nach der Kopie der vorliegenden Sterbeurkunde des Standesamtes P am 26. Mai 1995, so dass für eine Zeit ab Juni 1995 kein Rentenanspruch mehr bestand. Die von der Beklagten gleichwohl für die Zeit von Juni 1995 bis April 2005 getätigten Geldleistungen, insbesondere also der geltend gemachte Betrag von 7.624,84 Euro für die Zeit von Juni 1995 bis Dezember 2000, wurden somit zu Unrecht erbracht.

Die Klägerin ist jedoch nicht Empfängerin im Sinne des § 118 Abs. 4 Satz 1 erste Alternative SGB VI, denn dieser Betrag wurde nicht an sie insbesondere durch Lastschrifteinzug auf deren Konto weitergeleitet. Nach den Auskünften der Aa AG vom 19. April 2011 und 04. Mai 2011 wurde das Konto 1348990126 (virtuell) bzw. 134.2302 (real) von der Kontoeröffnung (1995; so das von der Klägerin vorgelegte Schreiben dieser Bank vom 24. November 2010) bis zur Kontolöschung (2001, vgl. dasselbe Schreiben vom 24. November 2010) als Treuhandkonto für den Kontoinhaber, die W P mbH, geführt.

Bei dieser Sachlage ist die Klägerin nicht Empfängerin gewesen. Dies folgt insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG.

Das BSG hat im Beschluss vom 30. März 2005 – B 4 RA 257/04 B (abgedruckt in SozR 4-1500 § 160 a Nr. 7) dargelegt: Wer Empfänger einer zu Unrecht erbrachten Sozialleistung ist, hatte der Senat in der Entscheidung vom 24. Juli 2001 definiert und ausgeführt: Empfänger in diesem Sinne ist derjenige, dem ein Sozialleistungsträger zu Unrecht eine Sozialleistung zugewendet und damit dessen Vermögen vermehrt hat. Wie den weiteren Ausführungen des BSG zu entnehmen ist, ist somit nicht derjenige Empfänger, der „nur tatsächlich“ die Leistung zwecks Weiterleitung erhalten hat, ohne dass er Empfangszuständiger (hier der Pfändungsgläubiger) war und ohne dass die Geldleistung sein Vermögen vermehrt hat oder vermehren sollte (Hinweis auf Beschluss des Senats vom 12. Dezember 2002). Daraus ergibt sich ebenso, dass Empfänger auch nicht derjenige ist, dem – wie etwa dem Boten – der Betrag nicht als dem (vermeintlich) Empfangszuständigen zugewendet wird, sondern der ihn – lediglich – „als Durchgangsstation“ zwecks Weiterleitung an den „empfangszuständigen Endempfänger“ erhält, ohne dass er Bestandteil seines Vermögens geworden ist.

Das BSG hat im Urteil vom 24. Juli 2001 – B 4 RA 102/00 R (abgedruckt in SozR 3-1300 § 50 Nr. 24) ausgeführt: „Erbracht“ ist die Geldleistung an den Dritten, wenn der Sozialleistungsträger diese dem Zahlungsempfänger bewusst und zweckgerichtet in der vermeintlichen Annahme, er leiste an den Empfangszuständigen zugewendet und dessen Vermögen vermehrt hat; ferner, wenn der Empfänger – unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizonts (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) – den Zweck der Zahlung (als Sozialleistung), den Zahlenden als Sozialleistungsträger sowie sich selbst als den (vermeintlich) richtigen Zahlungsadressaten des Leistungsträgers erkennen konnte.

Das BSG hat im Beschluss vom 12. Dezember 2002 – B 4 RA 44/02 R (zitiert nach juris) dargelegt: Wird die handelnde Person in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes oder eines ihr hoheitlich übertragenden privatrechtlichen Amtes tätig, durch welches sie zum gesetzlichen Vertreter eines anderen bestellt wurde, ist ihr Verhalten dem „Vertretenden“ als eigenes zuzurechnen. Daher kann der Nachlasspfleger, falls er in Ausübung dieses Amtes handelt (zum Beispiel Nachlassforderungen auf ein Nachlassanderkonto einzieht), auch nicht nach § 118 Abs. 4 Satz 3 SGB VI neben dem Erben, dem sein Verhalten allein zuzurechnen ist, selbst (persönlich) zur Erstattung verpflichtet sein.

Nach dieser Rechtsprechung reicht es für die Eigenschaft als „Empfänger“ nicht aus, dass die Geldleistung in die Verfügungsmacht derjenigen Person gelangt, an die die Geldleistung tatsächlich übermittelt wird. Es muss vielmehr hinzutreten, dass die Person auch diejenige ist, der nach den konkreten rechtsgeschäftlichen Beziehungen die Geldleistung zur Erfüllung zugewendet wird. Mithin scheiden die Personen als Empfänger aus, denen die Geldleistung nicht zur Erfüllung einer dieser Person gegenüber bestehenden Verbindlichkeit erbracht wird, also der Bote und die gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, denn diese erhalten die Geldleistung (bereits) im Zeitpunkt ihres Zuflusses nicht für sich selbst, sondern für einen Dritten. Angesichts dessen sind nach der Rechtsprechung des BSG der Bote, der Bevollmächtigte und der Nachlassverwalter in der jeweiligen Person nicht Empfänger, weil nicht ihnen, sondern einem Dritten gegenüber unmittelbar mit der Zahlung der Geldleistung Erfüllung eintritt.

Der streitige Betrag wurde durch Lastschrifteinzug nicht auf ein Konto der Klägerin, sondern auf ein Konto der W P mbH weitergeleitet. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die W P mbH für die Klägerin insbesondere als rechtsgeschäftliche Vertreterin handelte. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich das Schreiben der G P mbH vom 09. Juni 2011 vorgelegt, in dem mitgeteilt wird, dass trotz gründlicher Recherche angesichts abgelaufener Aufbewahrungsfristen keine Unterlagen über rechtliche Beziehungen zur Klägerin mehr vorhanden sind.

Nichts anderes folgt in Anwendung des Urteils des BSG hat im Urteil vom 11. Dezember 2002 – B 5 RJ 42/01 R (abgedruckt in SozR 3-2600 § 118 Nr. 11). Dort wird ausgeführt: Der Erstattungspflicht der Hausverwalterin steht daher auch nicht entgegen, dass sie (die Hausverwalterin) den ihr überwiesenen Betrag nur treuhänderisch als Hausverwalterin für die VBL (als Vermieterin) entgegengenommen hat. Entscheidend ist insoweit nur, ob gerade durch den an sie überwiesenen Betrag das Guthaben auf dem Konto des Versicherten so gemindert wurde, dass es für eine Rücküberweisung des der Rente entsprechenden Betrags nicht mehr ausreichte. Das BSG macht damit deutlich, dass nicht entscheidend ist, dass der Empfänger die an ihn überwiesene Geldleistung (im Verhältnis zu einem anderen Dritten) auch behalten darf, denn - so das BSG - der Erstattungspflicht der Hausverwalterin steht nicht entgegen, dass die Hausverwalterin den ihr überwiesenen Betrag nur treuhänderisch für die VBL (Vermieterin) entgegengenommen hat und - so der Vortrag der Hausverwalterin in jenem Verfahren - die VBL (Vermieterin) diesen Betrag aufgrund des bestehenden Mietvertrages auch hätte beanspruchen können, ihr also rechtlich und wirtschaftlich zustand.

Der streitige Betrag wurde durch Lastschrifteinzug nicht auf ein Konto der Klägerin, sondern auf ein Konto der W P mbH weitergeleitet. Die Klägerin kann daher schon nicht vergleichbar eines Hausverwalterin zur Erstattung verpflichtet sein. Auf die Rechtsbeziehungen der Klägerin zur W P mbH, über die, wie bereits oben ausgeführt ist, nichts feststellbar ist, kommt es nach dem Urteil des BSG vom 11. Dezember 2002 – B 5 RJ 42/01 R ohnehin nicht an.

Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 3. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Berufungsverfahrens.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwertes, die nach § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. § 197a Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG ergeht, ergibt sich aus § 52 Abs 1 und Abs 3, § 47 Abs 1 und 2 GKG und bestimmt sich, wenn der Antrag des Rechtsmittelführers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, nach deren Höhe.