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Entscheidung 9 WF 15/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 14.03.2011
Aktenzeichen 9 WF 15/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde des Betreuungsvereins gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Liebenwerda vom 19.11.2010 - Az.: 21 F 31/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Betreuungsverein auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 800 €.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 26.01.2010 die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die Kinder A… und E… auf sich beantragt und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 04.02.2010 Herrn M… K…, einen Mitarbeiter des Betreuungsvereins L… e.V., zum Verfahrensbeistand für die genannten Kinder bestellt und festgestellt, dass die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig ausgeübt wird. Die Bestellung ist mit dem erweiterten Aufgabenkreis nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erfolgt.

Das Amtsgericht hat sodann einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11.02.2010 anberaumt und die Kindeseltern, ihre Verfahrensbevollmächtigten, das Jugendamt und den Verfahrensbeistand geladen. In der Sitzung vom 11.02.2010 haben die Kindeseltern eine Vereinbarung zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht geschlossen. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die Kindsmutter zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 23.04.2010 hat der Betreuungsverein für die Tätigkeit seines Mitarbeiters eine Gesamtvergütung in Höhe von 2.200 € nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG in Rechnung gestellt. Die zuständige Rechtspflegerin hat nach Anhörung des Bezirksrevisors durch Beschluss vom 19.11.2010 nur die (kleine) Pauschale von 350 € für jedes Verfahren und jedes Kind, insgesamt 1.400 €, festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betreuungsvereins vom 09.12.2010, mit der eine antragsgemäße Festsetzung erstrebt wird.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Der Beschluss vom 19.11.2010 über die Vergütungsfestsetzung ist eine Endentscheidung i.S. des § 38 FamFG, gegen die gemäß §§ 58 ff. FamFG die Beschwerde eröffnet ist. Die eingelegte Beschwerde wahrt alle Form- und Fristerfordernisse. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch 600 EUR (§ 61 Abs. 1 FamFG).

In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg. Der Betreuungsverein (Beschwerdeführer) kann für die Tätigkeit seines Mitarbeiters M… K… im vorliegenden Sorgerechtsverfahren und im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht die erhöhte Fallpauschale nach §§ 158 Abs. 7 Satz 3, 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG verlangen.

Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Absatz 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung der in Absatz 4 genannten Aufgaben in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €.

Soweit die Rechtspflegerin des Amtsgerichts dem Verfahrensbeistand für jedes Kind und jedes Verfahren die (kleine) Pauschale von 350 € nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, insgesamt 1.400 €, bewilligt hat, gibt das keinen Grund zur Beanstandung.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erhält der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren, in dem er für mehrere Kinder - wie hier - bestellt ist, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG (BGH, Beschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 209/10 - FamRZ 2010, 1891; - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896; - XII ZB 260/10 und XII ZB 289/10 - jeweils juris). Ferner hat der Bundesgerichtshof für die vorliegende Fallkonstellation, dass der Verfahrensbeistand im Hauptsacheverfahren und parallel hierzu im einstweiligen Anordnungsverfahren bestellt worden ist, entschieden, dass die Pauschalen für jedes dieser Verfahren anfallen und nicht aufeinander anzurechnen sind (BGH, FamRZ 2011, 199). Die Rechtspflegerin hat diese Maßgaben bei der angefochtenen Vergütungsfestsetzung berücksichtigt.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die festgesetzte Vergütung auch der Höhe nach gerechtfertigt. Es ist richtig, dass die Fallpauschale des § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG von dem Gesetzgeber unabhängig vom konkreten Arbeitsaufwand bestimmt wurde (vgl. BT-Drucksache 16/9733, S. 294). Zielsetzung war eine unaufwändige und unbürokratische Handhabung des Festsetzungsverfahrens, insbesondere sollte sowohl für die Justiz als auch für den Verfahrensbeistand ein erheblicher Abrechnungs- und Kontrollaufwand erspart werden. Mit der Fallpauschale sollte eine Annäherung an die gebührenorientierte Vergütung der Rechtsanwälte nach dem RVG erfolgen (vgl. BT-Drucksache 16/9733, S. 294). Da auch der Rechtsanwalt die Gebühr erst verdient, wenn er von einer Partei mandatiert worden ist und eine gebührenpflichtige Tätigkeit aufgenommen hat, ist es auch für die Fallpauschale des Verfahrensbeistandes gerechtfertigt, die erhöhte Gebühr als in dem Moment entstanden anzusehen, in dem dieser mit der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben begonnen hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung reicht hierfür allein die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses nicht aus (BGH, FamRZ 2010, 1896. Es genügt jedoch, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist (BGH, a.aO.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend die Festsetzung der (kleinen) Pauschale nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG nicht zu beanstanden. Es spricht nichts dafür, dass der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung der ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Aufgaben begonnen hat. Soweit der Betreuungsverein (Beschwerdeführer) geltend macht, der zum Verfahrensbeistand bestellte Mitarbeiter habe die Ladung zum Termin, die Antragsschrift sowie den Bestellungsbeschluss vom 04.02.2010 nach Eingang am 08.02.2010 geprüft und eine Akte angelegt, kann das nicht zum Erfolg führen. Es handelt sich hierbei um Tätigkeiten, die auch der Verfahrensbeistand, dem das Familiengericht keine zusätzlichen Aufgaben übertragen hat, erledigen muss und damit bereits mit der (kleinen) Fallpauschale nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG abgegolten sind. Ebenso wenig rechtfertigt das Vorbringen der Beschwerde, der Verfahrensbeistand sei in der mündlichen Verhandlung am 11.02.2010 auch vermittelnd tätig geworden, im Anhörungstermin habe er sich eingebracht, eine andere rechtliche Beurteilung. Für die Frage, ob der Verfahrensbeistand zusätzliche Aufgaben i.S. des § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG wahrgenommen hat, indem er z.B. am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitgewirkt hat, kann es nicht auf sein Tätigwerden während eines gerichtlichen Anhörungstermins ankommen. Bei den Aufgaben, die das Familiengericht dem Verfahrensbeistand zusätzlich nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen kann, handelt es sich um solche, die originär dem Gericht oder dem Jugendamt obliegen (Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Auflage, § 158 Rz. 28). Unter Berücksichtigung dessen muss der Verfahrensbeistand, um die erhöhte Fallpauschale nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG geltend machen zu können, anstelle des Gerichts oder Jugendamtes tätig geworden sein. Diese Voraussetzung ist bei bloßer Anwesenheit und Mitwirkung in einem gerichtlichen Anhörungstermin nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer hat selbst nicht vorgetragen, dass der Verfahrensbeistand im Vorfeld des Gerichtstermins oder während einer Sitzungspause mit den Kindeseltern gesprochen und so auf eine gütliche Einigung hingewirkt hat.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung folgt aus § 35 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).