Der 1938 geborene Kläger, welcher in der Schweiz lebt und seit dem 1. Januar 2001 eine Altersrente für langjährige Versicherte von der Beklagten bezieht, begehrt einen Zuschuss zu den Aufwendungen seiner Krankenversicherung.
Mit Schreiben vom 17. August 2000 beantragte er die Zahlung einer Rente sowie eines Zuschusses zu den Aufwendungen seiner Krankenversicherung. Dabei gab er an, im Jahr 2000 monatliche Beiträge in Höhe von 558,10 SFR für sich und in Höhe von 398,60 SFR für seine Ehefrau gezahlt zu haben. Dem beigefügt war eine Bescheinigung der Groupe Mutuel Versicherungen / Krankenkasse Hermes über monatliche Beiträge im Jahr 2000 in Höhe von 215,10 SFR für eine „Obligatorische Krankenpflegeversicherung“, 253,00 SFR für eine „Kombinierte Spitalversicherung“, 36,00 SFR für „Heilungskosten-Zusatzversicherung“ und 54,00 SFR für „Zahnbehandlung“.
Mit Bescheid vom 9. April 2001 lehnte die Beklagte ab, Zuschüsse nach § 106 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Kranken- oder Pflegeversicherung zu erbringen. Der Kläger sei in der Schweiz obligatorisch krankenversichert.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 30. April 2001, per Fax am selben Tag bei der Beklagten eingegangen, Widerspruch. Er sei in einer privaten Versicherung krankenversichert. Es sei kaum denkbar, dass irgendwelche zwischenstaatlichen Verträge einen Rentner deshalb erheblich schlechter stellten, nur weil er seinen Wohnsitz in einem anderen europäischen Land habe.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Bescheid vom 9. April 2001 nicht zu beanstanden sei. Er sei in der Schweiz obligatorisch krankenversichert. Dass die vom Krankenversicherungsobligatorium erfassten Personen die Möglichkeit hätten, unter den in Bezug auf das Obligatorium errichteten öffentlichen bzw. anerkannten privaten Krankenkassen auszuwählen, mache aus der Pflichtversicherung keine freiwillige Versicherung. Nach wie vor bestehe die gesetzliche Verpflichtung, einer öffentlichen oder anerkannten privaten Versicherung beizutreten. Daher biete die obligatorische Krankenversicherung des Klägers nicht die Grundlage für einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die Kranken bzw. Pflegeversicherung nach §§ 106, 106 a SGB VI.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2001 teilte der Kläger mit, dass er den Ausführungen der Beklagten nicht folgen könne, da es in der Schweiz keine gesetzliche Krankenversicherungspflicht gebe. Es bestehe lediglich die Pflicht gegenüber seiner Wohnortgemeinde die Versicherung nachzuweisen. Die Beklagte bleibe die Antwort schuldig, wovon jemand, der eine Rente der Beklagten in der Schweiz beziehe, die Beiträge an die Krankenversicherung kompensieren solle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2001, dem Kläger am 6. August 2001 per Einschreiben übergeben, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu einer privaten Kranken- bzw. Pflegeversicherung. Nach § 106 SGB VI erhielten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert seien, einen Zuschuss zu ihren Kosten der Krankenversicherung. Dieser Anspruch bestehe nicht, wenn derjenige gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei. Die Zahlung eines Beitragszuschusses sei bei einem gewöhnlichen Aufenthalt des Rentenbeziehers in der Schweiz gemäß §§ 111 Abs. 2, 319 Abs. 1 SGB VI i. V. m. Nr. 9 j Abs. 3 des Schlussprotokolls zu dem Abkommen vom 25. Februar 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der schweizerischen Eidgenossenschaft für soziale Sicherheit (DSSVA, BGBl. II 1965, 1293) in der Fassung der Zusatzabkommen vom 9. September 1975 (BGBl. II 1976, 1371) und vom 2. März 1989 (BGBl. II 1989, 890) nur möglich, wenn der Rentner allein eine deutsche Rente beziehe und im Hinblick auf den Berechtigten eine Rente oder erhöhte Rente auch nicht durch eine andere Person bezogen werde. Ferner dürfe der Rentner nicht nach schweizerischen Rechtsvorschriften verpflichtet sein, sich gegen Krankheit zu versichern, und nicht nach deutschen Rechtsvorschriften in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig sein. In der Schweiz sei am 1. Januar 1996 das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994 in Kraft getreten. Als Folge hiervon seien seit dem 1. Januar 1996 alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz der Krankenversicherungspflicht nach dem KVG unterworfen. Dem Versicherungsausweis des Klägers könne entnommen werden, dass er in der Schweiz obligatorisch krankenversichert sei. Bei Vorliegen eines Krankenversicherungsobligatoriums sei durch Art. 14 DSSVA in der Fassung des 2. Zusatzabkommens i. V. m. Nr. 9 j des Schlussprotokolls zum Abkommen und Art. 4 a des Abkommens die Zahlung eines Beitragszuschusses ausgeschlossen. In diesen Fällen sei unmittelbar § 111 SGB VI anwendbar, wonach Rentenberechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland keinen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung erhalten.
Am 5. November 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Er sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in der Schweiz pflichtversichert, sondern müsse nur gegenüber seiner Wohngemeinde einen ausreichenden Versicherungsschutz nachweisen. Hierzu genüge jedoch auch eine in Deutschland abgeschlossene Versicherung. Wäre er nicht in der Schweiz versichert, stünde ihm als Bezieher einer Altersrente aus Deutschland ein Beitragszuschuss zu. Zudem habe ihm zwischenzeitig die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) mitgeteilt, dass er die Möglichkeit habe, sich in der Krankenversicherung der Rentner zu versichern.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung entschieden und mit Urteil vom 12. Dezember 2005 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu den Kosten seiner bei der Groupe Mutuel obligatorisch abgeschlossenen Krankenversicherung. Zu Recht habe die Beklagte auf das seit dem 1. Januar 1996 in der Schweiz geltende Gesetz über die Krankenversicherung verwiesen, wonach alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz der Versicherungspflicht nach dem KVG unterworfen seien. Eine Ausnahme bestehe hiernach nur für Bundesbedienstete oder auf Gesuch für ehemalige Beamte und Beamte internationaler Organisationen. Nach Ziff. 9 j Abs. 3 des Schlussprotokolls zum DSSVA fänden die Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung keine Anwendung, wenn die betreffende Person nach den schweizerischen Vorschriften verpflichtet sei, sich gegen Krankheit zu versichern. Diese Regelungen fänden Anwendung im Rahmen des Art. 14 des DSSVA. Selbst wenn die dort genannte Voraussetzung gegeben sei, dass der Kläger allein nach deutschem Recht eine Rente beziehe, stehe der Zahlung eines Zuschusses jedenfalls entgegen, dass der Kläger in der Schweiz krankenversicherungspflichtig sei. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999, welches am 1. Juni 2002 in Kraft getreten sei. Nach Art. 8 des Abkommens regeln die Vertragsparteien die Koordinierung des Systems der sozialen Sicherheit, um insbesondere die Gleichbehandlung zu gewährleisten und die anzuwendenden Rechtsvorschriften klarzustellen. In Anhang 2 Art. 3 Abschnitt A werde auf die Verordnung EWG Nr. 1408/71 Bezug genommen. Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung EWG Nr. 1408/71 habe ein Rentner einen Anspruch auf einen Beitragszuschuss, soweit ansonsten §§ 111 Abs. 1, 112 SGB VI entgegenstünden. Nach § 106 SGB VI bestehe der Anspruch auf einen Beitragszuschuss jedoch auch für in Deutschland lebende Rentner ausschließlich im Falle einer freiwilligen Versicherung.
Am 18. April 2006 hat der Kläger Berufung gegen das ihm am 13. Februar 2006 zugestellte Urteil eingelegt. Er hat Bescheinigungen über die für die Krankenversicherung entrichteten Beiträge für die Jahre 2002 bis 2006 eingereicht und mitgeteilt, dass er die kombinierte Spitalversicherung und die Heilungskosten-Zusatzversicherung zum 31. Dezember 2005 gekündigt habe. Die Beklagte hat daraufhin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 6. Juli 2000, C-73/99, „Victor Movrin ./. Landesversicherungsanstalt Westfalen“) durch Bescheid vom 18. August 2006 ihm für Juni 2002 einen Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von 95,63 EUR, für den Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2003 in Höhe von monatlich 101,31 EUR, vom 1. Juli 2003 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von 104,56 EUR, vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von monatlich 97,25 EUR und ab dem 1. Januar 2006 in Höhe von 23,57 EUR monatlich bewilligt.
Später hat der Kläger mitgeteilt, dass er zum Ende des Jahres 2006 die Versicherung für die Zahnbehandlung gekündigt habe, und weitere Unterlagen über seine Krankenversicherung eingereicht. Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 2009 nach Anhörung des Klägers dessen Rente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2002 neu festgestellt. In Anlage 10 des Bescheides heißt es ferner, dass dem Kläger ab dem 1. Januar 2007 kein Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung mehr zustehe, da er seit diesem Zeitpunkt keine zuschussfähige Krankenversicherung mehr unterhalten habe. Der Bescheid vom 18. August 2006 werde daher insoweit für die Zeit seit dem 1. Januar 2007 aufgehoben. Die Überzahlung für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30. April 2009 in Höhe von 659,96 EUR werde zurückgefordert. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sollten Bescheide ab dem Zeitpunkt der Veränderung – gegebenenfalls auch für die Vergangenheit - aufgehoben werden, wenn eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eintrete, die beim Erlass eines Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vorgelegen hatten.
Der Kläger hat das Verfahren hinsichtlich der Zuschüsse zur Krankenversicherung für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2006 für erledigt erklärt. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe er jedoch auch nach diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf einen Zuschuss zu den Aufwendungen seiner Krankenversicherung. Zwar habe er seit Ende 2006 auch die Zusatzversicherung für die Zahnbehandlung gekündigt, nach wie vor unterhalte er jedoch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Für diese habe er 2007 355,90 SFr, 2008 356,10 SFr und 2009 358,30 SFr monatliche Beiträge gezahlt. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung werde von privaten Versicherungsgesellschaften angeboten, die Beiträge differierten um bis zu 60 v. H. Im Übrigen stehe es ihm auch frei, sich bei einer Gesellschaft in der Schweiz oder der Bundesrepublik Deutschland freiwillig zu versichern, was dem Obligatorium genügen würde.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2001, der Bescheide vom 18. August 2006 und vom 5. Mai 2009 aufzuheben, soweit darin die Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten der obligatorischen Krankenversicherung bei der Hermes Krankenkasse / Groupe Mutuel ab dem 1. Januar 2006 abgelehnt bzw. aufgehoben und ein Betrag von 659,96 EUR zurückgefordert wurde,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. Januar 2006 einen Zuschuss zu den Kosten seiner obligatorischen Krankenversicherung bei der Hermes Krankenkasse / Groupe Mutuel zu zahlen,
3. die Beklagte zu verurteilen, die rückständigen Beträge seit Fälligkeit banküblich zu verzinsen, da sie die Zahlung des Zuschusses jahrelang verweigert habe.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen bzw. die Klage abzuweisen.
Der Kläger zahle Beiträge zum Schweizerischen Krankenversicherungs-Obligatorium nach dem KVG. Für die Pflichtversicherung nach dem KVG bestehe auch nach Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens ab dem 1. Juni 2002 kein Anspruch auf Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI. Zwar könne aufgrund der Gebietsgleichstellung nach Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 grundsätzlich ein Beitragszuschuss in die Schweiz gezahlt werden, nicht aber zu einer obligatorischen Krankenversicherung. Dieser fehle eindeutig die geforderte Freiwilligkeit im Sinne des § 106 SGB VI. Das schweizerische Recht kenne neben dem KVG durchaus versicherungsvertragliche Ausgestaltungen, denen die entsprechende Freiwilligkeit zugewiesen werden könne. Dies seien etwa die Zusatzversicherungen, welche über den zwingend vorgeschriebenen Schutz des KVG hinausgingen. Ebenso wenig komme in Betracht, einen Beitragszuschuss nach § 249 a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zu zahlen. Schon rein von der Terminologie her befasse sich diese Regelung nicht mit der Gewährung eines „Zuschusses“, sondern mit der gesetzlichen Zuweisung, wer bei Versicherungspflichtigen mit Rentenbezug für die Tragung der Beiträge zuständig sei. Hiernach trügen Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass sich die Höhe der Pflichtbeiträge konkret an der Höhe der Rentenleistung orientiere. Pflichtbeiträge, welche völlig unabhängig von der Höhe der Rente gezahlt würden, fielen jedoch nicht unter § 249 a SGB V. Bei den Krankenversicherungsbeiträgen zum schweizerischen Krankenversicherungs-Obligatorium sei jedoch genau dies der Fall, die Beiträge würden unabhängig vom Einkommen und damit auch von der Rente erhoben.
Der Verwaltungsvorgang der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.