Gericht | VG Potsdam 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.07.2014 | |
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Aktenzeichen | VG 6 L 500/14.A | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 27a AsylVfG, § 34a AsylVfG, Art 8 EGV 343/2003, § 80 Abs 5 VwGO |
1. Dem Antragsteller wird für das Eilrechtsschutzverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... aus … bewilligt.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage VG 6 K 1378/14.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Mai 2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1.
Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers hat mit Blick auf die folgenden Ausführungen Erfolg (§ 166 VwGO; §§ 114, 117, 121 ZPO).
2.
Der gem. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG statthafte und innerhalb der einwöchigen Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG am 6. Juni 2014 – nach Zustellung des maßgeblichen Bescheides am 2. Juni 2014 – angebrachte Eilrechtsschutzantrag ist begründet. Im Rahmen der in Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an einem Verbleib in Deutschland bis zum Abschluss des Klageverfahrens und dem öffentlichen Interesse an einem Vollzug der auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Mai 2014 überwiegt unter Berücksichtigung aller derzeit erkennbaren Umstände das Aussetzungsinteresse. Denn es lässt sich nicht mit der in Verfahren der vorliegenden Art hinreichenden Wahrscheinlichkeit annehmen, dass sich der auf §§ 27a, 34a AsylVfG gestützte Bundesamtsbescheid im Ergebnis als rechtmäßig erweisen wird. Deshalb wäre mit einem sofortigen Vollzug des umstrittenen Bundesamtsbescheides eine unbillige Härte für den Antragsteller verbunden (vgl. zum Prüfungsmaßstab § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Nach dem Vorbringen des Antragstellers steht seiner seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge angenommenen Volljährigkeit entgegen, dass er im – maßgeblichen – Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland (am 27. Januar 2014) noch minderjährig gewesen sei. Soweit er dies unter Vorlage einer angeblich echten Originalurkunde des Afgoye General Hospital vom 28. November 1996 nachzuweisen sucht, wonach er am 21. November 1996 geboren sei, kann ihm dies derzeit nicht mit einer dem unionsrechtlichen Minderjährigenschutz gerecht werdenden Gewissheit widerlegt werden. Nach Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO ist bei einem unbegleiteten Minderjährigen grundsätzlich der Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, in dem sich der Minderjährige aufhält (vgl. EuGH; Urteil vom 6. Juni 2013 - Rs. C-648/11 -, juris). Hiernach kommt es nicht auf die – ansonsten nicht zu beanstandende – Annahme des Bundesamtes an, dass Italien wegen des dortigen Voraufenthalts des Antragstellers für die Prüfung des nunmehr hier angebrachten Schutzgesuchs zuständig wäre.
Nach Aktenlage lässt sich nicht nachvollziehen, weshalb dem Antragsteller und durch wen ihm in Deutschland das fiktive Geburtsdatum (7. Januar 1996) zugeordnet worden ist. Ausweislich Bl. 24/Bundesamtsakte geschah dies wohl in Hamburg, nachdem der Antragsteller dort nach illegaler Einreise angetroffen worden war und sein Geburtsdatum mit dem 21. November 1996 angegeben hatte. Zwar gab der Antragsteller sein Geburtsdatum anlässlich der Aufnahme in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt selbst mit dem 7. Januar 1996 an; es ist indes nicht auszuschließen, dass er dies lediglich in Anlehnung an das ihm in Hamburg behördlich zugeordnete Datum getan hat. Auch wenn es zumindest erstaunlich anmutet, dass der Antragsteller am 16. März 2011 – also als 15-jähriger – geheiratet haben soll – wie er gegenüber dem Bundesamt am 31. Januar 2014 angeführt hat –, und es nachgerade konstruiert erscheint, wie er in den Besitz der angeblich echten Geburtsurkunde gelangt sein will, bedarf der Umstand des tatsächlichen Alters des Antragstellers derzeit noch der Aufklärung.
Es wird darauf hingewiesen, dass im Falle einer Klageabweisung die Rücküberstellungsfrist neu zu laufen beginnen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - Rs. C-19/08 -, juris).
Die Kostenfolgen beruhen auf §§ 154 Abs. 1 VwGO; 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 80 AsylVfG).