Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 17. Senat | Entscheidungsdatum | 18.08.2011 | |
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Aktenzeichen | L 17 R 1897/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 AAÜG |
Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war am 30.06.1990 kein Betrieb, der durch die Masseproduktion von Fachgütern geprägt wurde.
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
2. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 1. Juli 1972 bis zum 30. Juni 1990, in der der Kläger in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beschäftigt war, als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der Kläger – der in der DDR nicht in ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem aufgrund eines Einzelakts (Einzelzusage, Einzelentscheidung oder Einzelvertrag) einbezogen war und auch keine Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt hatte – wurde 1943 in N geboren. Am 31. August 1962 beendete er erfolgreich eine am 1. September 1959 im Volkseigenen Betrieb (VEB) B begonnene Ausbildung zum Büromaschinenmechaniker. Vom 1. September 1962 bis zum 30. April 1964 und vom 1. November 1965 bis zum 31. Dezember 1968 war er im VEB B und vom 1. Januar 1969 bis zum 31. Dezember 1972 bei dessen Rechtsnachfolger, dem VEB Kombinat Robotron, Zentralvertrieb-Betriebsteil B, als Mechaniker beschäftigt. In der Zeit vom 1. Mai 1964 bis zum 30. Oktober 1965 gehörte er der Nationalen Volksarmee (NVA) an. Am 1. September 1969 nahm er an der Ingenieurschule W, Abteilung Fachschule, Ausbildungsrichtung: Technologie, ein Abendstudium auf. Am 13. Juni 1972 bestand er „in der Sektion Technologie der metallverarbeitenden Industrie“ die Abschlussprüfung und war von da an berechtigt, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen. Vom 1. Januar 1973 bis zum 31. Dezember 1973 war er beim VEB Kombinat Robotron, Zentralvertrieb-Betriebsteil B und vom 1. Januar 1974 bis zum 30. Juni 1990 bei dessen Rechtsnachfolger, dem VEB Robotron-Vertrieb B (im Folgenden: VEB RVB), als Kundendienstingenieur beschäftigt.
Am 2. Dezember 2005 stellte er bei der Beklagten einen „Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften“. Mit Bescheid vom 11. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers „auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem“ der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG ab. Das AAÜG, so die Beklagte, sei nicht anwendbar, da der Kläger am 30. Juni 1990 in kein Versorgungssystem der DDR einbezogen gewesen sei, eine solche Einbeziehung auch nicht nachträglich erlangt habe und er auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt habe, da der VEB RVB kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch kein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2007 als unbegründet zurück.
Am 9. Mai 2007 hat der Kläger Klage erhoben und diese unter Bezugnahme „auf die allseits bekannte und verbreitete Rechtsprechung zu dieser Problematik“ und unter Verweis auf die Möglichkeit, dass sich diese Rechtsprechung durch eine in Vorbereitung befindliche Verfassungsbeschwerde ändere, begründet.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2008 hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Nr. 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. Juni 2007 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2008 hat das Sozialgericht (SG) N die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids heißt es: Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Das AAÜG sei nicht anwendbar. Denn selbst die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des BSG eine fiktive Versorgungsanwartschaft bestehe, seien nicht erfüllt. Der VEB RVB sei am 30. Juni 1990 kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Dies habe das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 6. Dezember 2007 (L 8 RA 2/03), auf das Bezug genommen werde, überzeugend dargelegt.
Am 5. Dezember 2008 hat der Kläger gegen den ihm am 6. November 2008 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Er ist der Meinung, dass sowohl das SG N, als auch das BSG den Begriff des „Produktionsbetriebes“ verkennten. Er behauptet, die „Aufgabe“ des VEB RVB habe darin gelegen, „das Finalprodukt auf die verschiedenen Bedürfnisse der Endabnehmer abzustimmen“. Zur Erfüllung dieser Aufgabe habe der VEB RVB „den größten Teil der Komponenten für die zu produzierenden Anlagen von den Kombinatsbetrieben, zum Teil aber auch aus dem sozialistischen Ausland“ bezogen. Einige Komponenten habe der VEB RVB auch selbst hergestellt. Aus den genannten Komponenten habe der VEB RVB die „entsprechenden Anlagen“ hergestellt. Diese seien komplex gewesen und hätten zum Teil ganze Räume gefüllt. An ihnen hätten mehrere Ingenieure gearbeitet. Der VEB RVB habe Datenverarbeitungsanlagen und Radios „produziert“. Allein 70 % aller Arbeitskräfte des VEB RVB – das seien etwa 3.000 Personen – seien mit der Herstellung von Sachgütern beschäftigt gewesen. Im Schwerpunkt seien komplette Datenverarbeitungsanlagen als Finalprodukt zusammengebaut worden. Es seien jährlich etwa 250 Bildverarbeitungsanlagen und etwa 35 bis 40 ESER-Großrechenanlagen fabriziert worden. Darüber hinaus seien jährlich etwa 2.000 Kleinrechensysteme der Typen K 1840, K 1630, PRS-4000 und KRS 4200 sowie 40.000 Radios hergestellt worden. Daneben habe der VEB RVB „Anlaufunterstützung nach Inbetriebnahme, Garantiedienstleistungen, Reparaturdienstleistungen“ und „Havariedienste“ angeboten. In der DDR sei der VEB RVB als Industrie- und Produktionsbetrieb geführt worden. Dies ergebe sich aus dem statistischen Jahrbuch der DDR und dem Statistischen Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland. Bis zum 30. Juni 1990 sei der VEB RVB in der DDR zudem dem Wirtschaftsbereich 1 (Industrie) zugeordnet gewesen. Der Kläger meint, nach den Definitionen, die das ökonomische Lexikon der DDR und der Duden für den Begriff „Dienstleistung“ gäben, habe der Hauptzweck des VEB RVB nicht darin gelegen, Dienstleistungen zu erbringen. Der VEB RVB habe ein „lagerfähiges Gut endproduziert“, da „die zu einer Anlage zusammengefügten Geräte nicht genormt“ gewesen seien und „es spezifischer Prüfmittel“ bedurft habe, „um die Anlage nutzbar zu machen“. Ergänzend nimmt der Kläger Bezug auf Schriftsätze vom 14. Juni 2011 und 6. Juli 2011, die die Beteiligten des unter dem Aktenzeichen S 31 R 4960/05│L 17 R 1765/08 registrierten Verfahrens gewechselt haben (wegen des Inhalts dieser Schriftsätze wird auf Bl. 210 – 233 der Akte S 5 R 233/07│L 17 R 1897/08 verwiesen). Darüber hinaus trägt er unter Bezugnahme auf die „Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR“, die „Zuordnung der Systematik der Wirtschaftszweige der BRD“ und das „Anschriftenverzeichnis der DDR-Volkswirtschaft“ vor, dass die Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie dem Bereich der Industrie zugeordnet gewesen seien. Auch in der Bundesrepublik Deutschland sei die Herstellung von Geräten und Einrichtungen für die automatisierte Datenverarbeitung der Industrieproduktion zugeordnet worden. Dass der VEB RVB industrielle Finalproduktion erbracht habe, ergebe sich auch aus dem von O N und anderen früheren Mitarbeitern des VEB RVB erarbeiteten Beitrag zur „Entwicklung der Absatzbetriebe des VEB Kombinat Robotron“, sowie aus der Tatsache, dass der VEB RVB kontinuierlich eine Produktionsfondabgabe habe abführen müssen, 1987 etwa in Höhe von 51,6 Mio. Mark. Aus dem Statistischen Jahrbuch der DDR ergebe sich, dass vom 1. Januar 1990 bis zum 30. Juni 1990 100 EDV-Anlagen, 185 Kleindatenverarbeitungsanlagen und 79.442 Seriendrucker hergestellt worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts N vom 24. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. April 2007 zu verpflichten, die Zeit vom 1. Juli 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Nr. 1 der Anlage 1 des AAÜG und die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags verweist sie auf die Gründe des vom Kläger angefochtenen Gerichtsbescheids.
Der Senat hat die Beklagte mit Schreiben vom 30. Januar 2009 und 24. Februar 2011 gebeten, sämtliche Unterlagen, die den VEB RVB betreffen und die ihr vorliegen, zu übersenden. Dieser Bitte hat die Beklagte entsprochen. Wegen des Inhalts der von ihr übersandten Unterlagen, von denen Kopien dem Kläger zur Verfügung gestellt wurden, wird auf Bl. 94 – 112 und Bl. 150 – 187 der Prozessakte (S 5 R 233/07│L 17 R 1897/08) Bezug genommen.
Der Senat hat ferner aus den von ihm hinzugezogenen und unter den Aktenzeichen S 6 RA 6624/02│L 17 RA 104/03, S 9 RA 398/03│L 33 R 1326/08, S 9 RA 3399/01│L 4 RA 108/04, S 9 RA 5498/03│L 16 R 471/05 und S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03 registrierten Gerichtsakten sowie aus weiteren Unterlagen ein Beistück erstellt. Kopien dieses Beistücks wurden den Beteiligten mit dem Hinweis, dass der Senat (insbesondere) all die in dem Beistück enthaltenen Unterlagen bei seiner Entscheidung berücksichtigen werde, mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten, den Inhalt der Prozessakte (S 5 R 233/07│L 17 R 1897/08) und die Inhalte der vom Senat hinzugezogenen Gerichtsakten (S 6 RA 6624/02│L 17 RA 104/03, S 9 RA 398/03│L 33 R 1326/08, S 9 RA 3399/01│L 4 RA 108/04, S 9 RA 5498/03│L 16 R 471/05, S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03) Bezug genommen. All diese Inhalte waren Gegenstand der Beratung und wurden vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Einen Anspruch aus § 8 Abs. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 1 AAÜG, dass die Beklagte die Zeit vom 1. Juli 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt, hat der Kläger nicht. Denn das AAÜG findet keine Anwendung.
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG gilt, soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten.
Der Kläger war vor dem 1. Juli 1990 nicht durch einen Einzelakt der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen. Damit kann er auch nicht aus einem Versorgungssystem, in das er tatsächlich einbezogen war, vor dem Eintritt eines Versorgungsfalles ausgeschieden sein. Auch nach der Rechtsprechung des BSG, die § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG erweiternd auslegt, „gehörte“ er keinem Versorgungssystem „zu“.
Das BSG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass von einer „Zugehörigkeit“ zu den Versorgungssystemen iSd § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht nur bei denjenigen Personen gesprochen werden könne, die durch einen Einzelakt der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen waren, sondern auch bei denjenigen Personen, die (fiktiv) nach der am 1. August 1991 gegebenen bundesdeutschen Rechtslage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage hatten (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 18/01 R; BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 41/01 R; BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 2/07 R; BSG, Urteil vom 18.10.2007, B 4 RS 17/07 R; BSG Urteil vom 15.06.2010, B 5 RS 17/09 R; BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 5 RS 4/09 R; vgl. auch den Terminbericht 36/11 zum Urteil des BSG vom 19.07.2011, B 5 RS 7/10). Einen solch (fiktiven) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage hatte der Kläger nicht.
Nach der Rechtsprechung des BSG vermittelte die zur AVItech ergangene „Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben“ (VO-AVItech) iVm der „Zweiten Durchführungsbestimmung“ zur VO-AVItech (2. DB) denjenigen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage, die am 30. Juni 1990 berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und die eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb ausübten (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 18/01 R; BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 41/01 R; BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 2/07 R; BSG, Urteil vom 18.10.2007, B 4 RS 17/07 R; BSG Urteil vom 15.06.2010, B 5 RS 17/09 R; BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 5 RS 4/09 R).
Die Frage, was unter einem volkseigenen „Produktionsbetrieb“ im Bereich der Industrie oder des Bauwesens zu verstehen ist, hat der 5. Senat des BSG, der die vom 4. Senat des BSG zum AAÜG und zur AVItech entwickelte Rechtsprechung fortführt (vgl. BSG, Urteil vom 15.06.2010, B 5 RS 17/09 R; BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 5 RS 4/ 09 R), erst jüngst (erneut) wie folgt beantwortet (vgl. den Terminbericht 36/11 zum Urteil des BSG vom 19.07.2011, B 5 RS 7/10):
„Da der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die persönliche und die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung erfüllt, kommt es insofern allein auf die sog. betriebliche Voraussetzung an. Der 5. Senat hält auch insofern an der Rechtsprechung des 4. Senats fest. Gegen den hier vertretenen Begriff des Produktionsbetriebes in der Literatur teilweise erhobene Bedenken teilt der erkennende Senat nicht. Versorgungsrechtlich relevant ist allein die Tätigkeit in einem Produktionsdurchführungsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Erfasst sind daher nur Betriebe, die ihr Gepräge durch die Massenproduktion erhalten haben. […].
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben sind die ‘Regelungen’ für die Versorgungssysteme, die gemäß EinigVtr Anlage II Kap VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden sind. Dies sind insbesondere die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.8.1950 (GBl I Nr 93 S 844) und die Zweite Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung vom 24.5.1951 (GBl Nr 62 S 487), soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen. Aus dem nachträglichen bundesrechtlichen Verständnis der dort umschriebenen Sachverhalte als Tatbestände einer rechtsstaatlichen gebundenen Verwaltung ergibt sich, unter welchen Voraussetzungen die vom Senat vertretene weite/erweiternde Auffassung eine ‘Zugehörigkeit’ iS von § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG annimmt.
Das Verständnis dieser Regelungen erschließt sich stets zunächst und so weit als möglich unmittelbar aus sich heraus. Nur soweit der aus bundesrechtlicher Sicht objektivierte Wortlaut - nicht also die DDR-rechtliche Bewertung -, der interne Sinnzusammenhang und der historische Kontext noch Unklarheiten lassen, kann es zur Ergänzung der so gewonnenen Erkenntnisse und von ihnen ausgehend auf den sonstigen offiziellen Sprachgebrauch der DDR am Stichtag 30.6.1990 ankommen, soweit er einen versorgungsrechtlichen Bezug aufweist. Entwicklungen des Sprachgebrauchs sind daher nur insofern von Bedeutung, als sie sich auf Umstände beziehen, die ihrer Art nach bereits ursprünglich von den Versorgungsordnungen erfasst waren oder durch spätere Änderungen zu deren Bestandteil gemacht wurden (versorgungsrechtlicher Sprachgebrauch). Dagegen sind Entwicklungen des Sprachgebrauchs in sonstigen Bereichen, insbesondere dem Wirtschaftsrecht, ohne Bedeutung (BSG vom 9.4.2002, B 4 RA 3/02 R). Das bundesrechtliche Verständnis von einschlägigen Begriffen des Versorgungsrechts darf daher von vorne herein nicht etwa in der Weise gewonnen werden, dass zunächst kontextunabhängig und ohne Beschränkung auf den versorgungsrechtlichen Zusammenhang nach einem offiziellen Sprachgebrauch der DDR am 30.6.1990 geforscht wird, um dann das Ergebnis dieser Bemühungen mit dem ‘Wortlaut’ der einschlägigen versorgungsrechtlichen Regelungen gleichzusetzen und deren spezifisch versorgungsrechtlichen Anwendungsbereich hiernach zu bestimmen. Von Belang sind vielmehr allein Entwicklungen des versorgungsrechtlich relevanten Sprachgebrauchs. Einzelne Stimmen im Schrifttum basieren auf diesem methodischen Irrtum und vermögen daher auch den auf sie gestützten Revisionen nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dies gilt umso mehr, soweit dort eine Ausdehnung des Produktionsbegriffs befürwortet wird, die die versorgungsrechtliche Gleichstellung von wissenschaftlichen Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, Betrieben sowie wirtschaftsleitenden Organen im Ergebnis überflüssig machen würde.
Vorliegend könnten zwar die Überschrift der VO-AVItech vom 17.8.1950, deren Einleitung und ihr § 1 sowie § 1 Abs 1 der 2. DB darauf hindeuten, dass deren Voraussetzungen generell durch die einschlägige Beschäftigung von Ingenieuren in allen volkseigenen Betrieben erfüllt werden. Indessen kann der VO an diesen Stellen für den betrieblichen Anwendungsbereich einzelner Teile nichts entnommen werden. Insbesondere zeigt jedoch der Wortlaut der Gleichstellungsregelung in § 1 Abs 2 der 2. DB, dass generell nur volkseigene Produktionsbetriebe erfasst sind. Die ‘Rechtsfolge’ der ausnahmsweisen Gleichstellung der dort im einzelnen aufgeführten wissenschaftlichen Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, Betriebe sowie wirtschaftsleitenden Organe bestimmt logisch notwendig Inhalt und Umfang des Grund-Tatbestandes. Versorgungsrechtlich relevant ist damit nur die Beschäftigung in einer Teilmenge der volkseigenen Betriebe.
Die positiven Bestimmungsmerkmale der Teilmenge ‘Produktionsbetriebe’ ergeben sich mit hinreichender Bestimmtheit zunächst aus dem sachlichen Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Industrie, auf dessen Einvernehmen es nach § 5 der VO vom 17.8.1950 für den Erlass von Durchführungsbestimmungen durch den Minister der Finanzen ua ankam. Die Beteiligung gerade dieses damals für Herstellungsvorgänge in industriellen Fertigungsbetrieben verantwortlichen Ministeriums (so auch § 1 der 1. DB) gibt zu erkennen, dass versorgungsrechtlich grundsätzlich nur diesem Kriterium genügende VEB erfasst sein sollten. Dies wird zudem durch die historische Situation beim Aufbau einer zentralen Planwirtschaft und durch das Interesse der Machthaber, qualifizierten Kräften gerade im Bereich der Industrie einen Beschäftigungsanreiz zu bieten, bestätigt. Die herausragende Bedeutung der Industrie, die auch in der DDR iS der Herstellung von Erzeugnissen auf der Basis industrieller Massenproduktion verstanden wurde, ist unabhängig davon, ob hierfür der (Wort-)Begriff ‘fordistisches Produktionsmodell’ gebraucht wird. Hiervon wird - ungeachtet ihrer ursprünglichen formellen Zuordnung zum Ministerium für Aufbau - der Sache nach bereits ursprünglich auch die Bauindustrie erfasst. Diese wurde in der DDR zudem in der Folgezeit durchgehend zusammen mit der Industrie den beiden führenden Produktionsbereichen zugeordnet und gemeinsam gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen abgegrenzt. Dies gilt jeweils auch und gerade noch nach dem Sprachgebrauch der am 30.6.1990 maßgeblichen Kombinatsverordnung 1979.
Soweit die Rechtsprechung der Instanzgerichte neben dem damit primär maßgeblichen Umstand, dass die industrielle Fertigung dem VEB das Gepräge gegeben haben muss, konstitutiv auf die Frage der organisatorischen Zuordnung abstellt, ist darauf hinzuweisen, dass sich dies aus der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht ergibt. Bereits im Urteil vom 9.4.2002 (B 4 RA 41/01 R) hatte der 4. Senat eine derartige Bedeutung allenfalls - ausdrücklich nicht tragend - nur als möglich in Erwägung gezogen. Schon in der Entscheidung vom 6.5.2004 (B 4 RA 52/03 R) wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass allein die fehlende Zuordnung zu einem Industrieministerium nicht genügt, einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens abzulehnen. Dem entsprechend zieht auch die spätere Rechtsprechung den Umstand der organisatorischen Zuordnung durchgehend als weder notwendiges noch hinreichendes Hilfskriterium allenfalls bestätigend heran (vgl Beschluss vom 13.2.2008, B 4 RS 133/07 B).
Entsprechendes gilt, wenn ein Betrieb (auch) Montagearbeiten verrichtet hat.
Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend wurde auch in der DDR unter Montage der planmäßige Zusammenbau von Bauteilen zu einem Endprodukt verstanden.
Fällt sie in einem Betrieb an, der die Bauteile im Wege industrieller Massenproduktion selbst herstellt, kann auch der Zusammenbau dieser Teile zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion einschließlich des Bauwesens (vgl BSG vom 8.6.2004, B 4 RA 57/03 R) sein. Dies wird stets dann der Fall sein, wenn diese Produkte ihrerseits massenhaft hergestellt werden und daher ihr Zusammenbau mehr oder weniger schematisch anfällt. Unter diesen Voraussetzungen ist insbesondere auch eine größere Produktpalette oder eine Vielzahl potenziell zu verbindender Einzelteile kein Hindernis, solange das Produkt einer vom Hersteller standardmäßig angebotenen Palette entspricht. Werden dagegen Gebrauchtteile mit verbaut (vgl BSG vom 24.4.2008, B 4 RS 31/07 R) oder treten individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere Anforderung gefertigten Produkts, in den Vordergrund, entfällt der Bezug zur industriellen Massenproduktion. In diesem Fall ist zu prüfen, ob der Betrieb, in dem gleichermaßen die industrielle Massenproduktion von Einzelteilen und der individualisierte Zusammenbau zu Endprodukten anfallen, sein Gepräge durch den erst genannten Bereich erhält.
Das LSG wird nunmehr zunächst die Tätigkeitsbereiche des VEB Starkstromanlagenbau am Stichtag festzustellen haben. Diese müssen anschließend nach jeweils einheitlichen Maßstäben bewertet und zu einander in Beziehung gesetzt werden. Insofern bietet sich ein lediglich zahlenmäßiger Vergleich der angefallenen Vorgänge nicht an. Aussagekräftiger dürfte ein Vergleich der jeweiligen Anteile an Aufwand und Umsatz bzw Ertrag sein. Nach diesen Maßstäben wird das LSG auch die Bedeutung der Montagearbeiten zu würdigen haben.“
Nach dem Inhalt, der nach der Rechtsprechung des BSG dem Begriff des volkseigenen „Produktionsbetriebs“ im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beizulegen ist, war der VEB RVB am 30. Juni 1990 kein solcher Betrieb (so auch, und zwar jeweils bezogen auf den VEB RVB: LSG Berlin, Urteil vom 21.04.2004, L 17 RA 104/03; LSG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2004, L 2 RA 14/03; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.03.2006, L 16 R 471/05 ‹die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 05.03.2007 – B 4 RS 58/06 B – als unzulässig verworfen›; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.07.2006, L 6 RA 100/03; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Januar 2007, L 12 RA 32/02; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.12.2007, L 8 RA 2/03; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2008, L 33 R 1326/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. 07.2009, L 3 R 169/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.12.2009, L 4 R 980/ 08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.07.2010, L 8 R 344/05; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.12.2010, L 8 RA 41/04; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.07.2011, L 4 R 1478/06).
Noch am 30. Juni 1990 bestand der Hauptzweck des VEB RVB darin, Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik zu „vertreiben“. Dies ergibt sich schon aus dem Namen des VEB RVB („Vertrieb“). Zudem bestimmte § 2 Abs. 2 der Anweisung des Generaldirektors des VEB Kombinat Robotron vom 20. Dezember 1973, durch die der VEB RVB mit Wirkung vom 1. Januar 1974 gegründet worden war (Bl. 12 der Akte S 9 RA 3399/01│L 4 RA 108/04):
„Die Aufgaben des VEB Robotron-Vertrieb Berlin ergeben sich aus dem Statut des VEB Kombinat Robotron.“
§ 7 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 bestimmte (Bl. 90 der Akte S 9 RA 398/03│L 33 R 1326/08):
„Dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin obliegt der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen in den Nordbezirken der DDR und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik.“
§ 7 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 wurde bis zum 30. Juni 1990 inhaltlich nicht verändert. In dem am Stichtag maßgebenden Statut des VEB Kombinat Robotron vom 25. Juni 1984 heißt es in § 8 („Aufgaben der Kombinatsbetriebe“):
„Die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinatsbetriebe im Reproduktionsprozess des Kombinates werden in Anwendung der Spezialisierung, Konzentration und Kooperation in den Plankennziffern, anderen Leitungsentscheidungen des Kombinates sowie in Kombinatsordnungen festgelegt.“
Aus dieser Regelung lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass sich der Schwerpunkt des VEB RVB bis zum 30. Juni 1990 zu einem Produktionsbetrieb der Industrie geändert hatte.
Dass der Hauptzweck des VEB RVB in dem Vertrieb von Geräten der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik lag, ergibt sich auch aus der – vom Senat im Weg des Urkundsbeweises zu würdigenden (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 117 Rn 5, § 128 Rn. 8a) – Aussage des Zeugen H E(der ab dem 1. Juni 1990 Betriebsdirektor des VEB RVB war). Dieser hat in seiner Vernehmung vom 27. Mai 2003 vor der 9. Kammer des SG Berlin angegeben (vgl. Bl. 109 – 110 der Akte S 9 RA 3399/01):
„Der RVB war ein Vertriebs- und Servicebetrieb. Die Produktionsbetriebe des Kombinats haben vorwiegend produziert, wir haben vorwiegend vertrieben und gewartet.“
Bedeutsam ist überdies, dass in dem für die CVU Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH (im Folgenden: CVU) – in die der VEB RVB durch Erklärung vom 30. Juni 1990 „umgewandelt“ worden war – am 30. Juni 1990 geschlossenen Gesellschaftsvertrag der Gegenstand der CVU (dort § 2 Abs. 1) wie folgt vereinbart wurde:
„Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb, Service, Schulung, Applikation und Produktion von bzw. für bürotypische und elektrotechnische/elektronische Erzeugnisse und Leistungen sowie sonstiger damit in Zusammenhang stehender Erzeugnisse und Leistungen.“
Die „Produktion“ wird unter den Gegenständen der CVU als letzter genannt.
Die Aussagen des Klägers und die – vom Senat im Wege des Urkundsbeweises zu würdigenden – Aussagen der Personen, die in den Verfahren, deren Akten der Senat hinzugezogenen hat, zu Wort gekommen sind – W K(vgl. Bl. 107 – 108 der Akte S 9 RA 3399/01), Dr. MS (bis 15. Mai 1990 Betriebsdirektor des VEB RVB, Bl. 61 – 69 der Akte S 9 RA 398/03 und Bl. 4, 70, 297 – 299 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03), Dr. D W (Bl. 6, 69 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03), Dr. D J (Bl. 8 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03), Dr. G S(Bl. 40 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03), H S (Bl. 41 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03), Dr. E B (Bl. 42 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03) und F W (Generaldirektor des VEB Kombinat Robotron, Bl. 39, 294 - 296 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03) –, sowie die Angaben der Autoren ON, H B, Gr D, H F, W K, J U und G V („Die Robotron-Absatzbetriebe, Ein kurzer Abriß“, Fassung: 28.02.2006, im Folgenden: Beitrag-Robotron) widersprechen der Annahme, dass der Hauptzweck des VEB RVB in dem Vertrieb von Geräten der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik lag, nicht. Denn all diese Aussagen beruhen auf einer Verkennung des Inhalts des Begriffs „Produktionsbetrieb“, wie ihn das BSG diesem Begriff beilegt.
Namentlich aus den Aussagen des Klägers (Bl. 83 – 84, 121 der Akte S 5 R 233/07│L 17 R 1897/08), den Aussagen der Zeugen K (vgl. Bl. 107 – 108 der Akte S 9 RA 3399/01) und Dr. S (Bl. 61 – 69 der Akte S 9 RA 398/03 und Bl. 297 – 299 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03) und den Angaben der Autoren des Beitrag-Robotron (vgl. die Seiten S. 6 und 22 dieses Beitrags) lässt sich ableiten, dass der VEB RVB am 30. Juni 1990 in erster Linie damit betraut war, Einzelkomponenten, von denen kaum welche vom VEB RVB selbst hergestellt wurden und die somit fast ausschließlich von anderen Betrieben (u. a. des VEB Kombinat Robotron) bezogen wurden, zunächst im VEB RVB selbst nach den Bedürfnissen und Vorgaben der Kunden zu elektronischen Datenverarbeitungsanlagen (EDVA) zusammenzubauen und zu konfigurieren, anschließend die EDVA im VEB RVB zu testen, die EDVA wieder auseinanderzubauen und sodann beim Kunden wieder aufzubauen, die Schutzgüte herzustellen und Service- sowie (gegebenenfalls) Reparaturleistungen zu erbringen.
Die Aussagen der Zeugen K (vgl. Bl. 107 der Akte S 9 RA 3399/01) und Dr. S (Bl. 63, 66 der Akte S 9 RA 398/03 und Bl. 297 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03) und die Angaben der Autoren des Beitrag-Robotron (vgl. die Seiten 22 und 34 des Beitrags) lassen zudem die Feststellung zu, dass am 30. Juni 1990 (jedenfalls vorrangig) nur noch die EDVA mit dem Produktnamen „RVS K 1840“ vertrieben wurde. Ausweislich Bl. 34 des Beitrag-Robotron wurde die vom Zeugen Dr. S ebenfalls benannte EDVA mit den Produktnamen EDVA „EC 1040“ nur zwischen 1974 und 1981 und wurden die vom Kläger benannten Kleinrechner „K 1630“ nur bis 1989, die vom Kläger genannten Kleinrechner „PRS 4000“ nur bis 1982 und die vom Kläger benannten Kleinrechner „KRS 4200“ nur bis 1976 „produziert“. Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 16. August 2011 vorgelegten Angaben des „Statistischen Amts der DDR“ für den „Berichtszeitraum: 01.01 bis 30.06.1990“ (Bl. 310 – 312 der Akte S 5 R 233/07│L 17 R 1897/08) beziehen sich auf den VEB Kombinat Robotron, nicht auf den VEB RVB und lassen somit keinen Rückschluss zu, was der VEB RVB am 30. Juni 1990 „produziert“ hat.
Gemäß Bl. 34 des Beitrag-Robotron wurden von der EDVA mit dem Produktnamen „RVS K 1840“ zwischen 1987 und 1990 insgesamt 125 Stück „produziert“. Diese Angabe deckt sich mit der Aussage des Klägers (Bl. 121 der Akte S 5 R 233/07│L 17 R 1897/08:
„Der RVB stellte jährlich […] ca. 35 bis 40 ESER-Großrechenanlagen her.“
Sie deckt sich auch mit den Angaben des Zeugen E (Bl. 109 der Akte S 9 RA 3399/01):
„Bei Großrechnern war es so, dass die Komponenten […] zusammengebaut und […]. Dies dauerte ca. vier Wochen.“
Dass die Aussage des Zeugen Dr. S (Bl. 65 der Akte S 9 RA 398/03: „Es wurden im Jahr […] von uns in Betrieb genommen und ca. 250 Anlagen des 1840.“), von den Angaben der Autoren des Beitrag-Robotron abweicht, fällt nicht ins Gewicht.
Denn selbst wenn der VEB RVB noch am 30. Juni 1990 jährlich 250 EDVA mit dem Produktnamen „RVS K 1840“ montiert haben sollte, war der VEB RVB an diesem Tag kein Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Der Annahme nämlich, dass die EDVA mit dem Produktnamen „RVS K 1840“ massenhaft montiert wurde, widerspricht nicht nur die Tatsache, dass selbst eine Stückzahl von 250 jährlich nicht als Masse bezeichnet werden kann, sondern auch die Tatsache, dass die EDVA mit dem Produktnamen „RVS K 1840“ nicht „mehr oder weniger schematisch“, sondern nach den Bedürfnissen und Vorgaben der Kunden zusammengebaut und konfiguriert wurden (so auch: LSG Berlin, Urteil vom 21.04.2004, L 17 RA 104/03; LSG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2004, L 2 RA 14/03; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. 03.2006, L 16 R 471/05; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.07. 2006, L 6 RA 100/03; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Januar 2007, L 12 RA 32/02; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.12.2007, L 8 RA 2/03; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2008, L 33 R 1326/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.07.2009, L 3 R 169/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.12.2009, L 4 R 980/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.07.2010, L 8 R 344/05; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.12.2010, L 8 RA 41/04; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.07.2011, L 4 R 1478/06).
Dass die Montage der EDVA mit dem Produktnamen „RVS K 1840“ selbst nach dem Sprachgebrauch der DDR keine „Produktion“, sondern der „Vertrieb“ montierter EDVA war, erweisen neben der Zuordnung des VEB RVB zur Wirtschaftgruppe 16649 („Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie“), auch die Selbstäußerungen des VEB RVB. So wird in dem mit den Worten „Die ökonomischen Ergebnisse des Jahres 1989“ überschriebenen Artikel im „Mitteilungsblatt für die Werktätigen des VEB Robotron-Vertrieb Berlin“ (Bl. 72 der Akte S 5 RA 35/ 01│L 2 RA 14/03; Hervorhebungen nicht im Original) einerseits von dem „Büromaschinen- und Druckervertrieb einschl. Systemlieferung K 1840“ gesprochen und andererseits erwähnt, dass die „erforderlichen Radios“ nicht hätten „produziert werden“ können. In einer vom VEB Kombinat Robotron, Büro des Generaldirektors, erstellten „Informationsmappe zum VEB Kombinat Robotron“, Stand: Januar 1988, heißt es zudem (Bl. 56 der Akte S 9 RA 3399/01; Hervorhebungen nicht im Original):
„Dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin obliegt der Vertrieb und der Service der Erzeugnisse der Rechen-, Schreib- und Datenverarbeitungstechnik des VEB Kombinat Robotron in der Hauptstadt und den Nordbezirken der DDR und der Vertrieb des Superminirechners RVS K 1840 in der gesamten DDR. Er produziert selbst digitale Bildverarbeitungssysteme und als Konsumgüter Monoheimfunkgeräte. Darüber hinaus ist er Exporteur von Kleinrechensystemen und darauf aufbauende problemorientierte Komplexe und von Bildverarbeitungssystemen.“
Ob der VEB RVB tatsächlich – wie in der „Informationsmappe zum VEB Kombinat Robotron“, aber auch vom Kläger und den Zeugen K, E und Dr. S behauptet – digitale Bildverarbeitungssysteme und Monoheimfunkgeräten „produziert“ hat, kann dahinstehen. Denn selbst wenn dies der Fall war, haben diese „Produktionen“ dem VEB RVB nach „Aufwand und Umsatz“ nicht das Gepräge gegeben:
Die Aussagen der Zeugen K, E und Dr. Sc stimmen darin überein, dass von den 4.400 – 4.500 Mitarbeitern, die der VEB RVB 1989/1990 hatte, höchstens 600 mit der Herstellung von Monoheimfunkgeräten betraut waren (vgl. Bl. 107 – 110 der Akte S 9 RA 3399/01 und Bl. 62 der Akte S 9 RA 398/03│L 33 R 1326/08). Der Zeuge Dr. S gab zudem in seiner Vernehmung vom 14. Dezember 2004 vor dem 2. Senat des LSG Brandenburg an (vgl. Bl. 298 der Akte S 5 RA 35/01│L 2 RA 14/03):
„Der Anteil an Radioproduktion an der Gesamtproduktion unseres Betriebs betrug unter 20 %.“
Aus der Aussage des Zeugen Dr. S ergibt sich zugleich, dass auch die Herstellung von Bildverarbeitungssystemen (Produktname „BVS A 6471/2/3“) dem VEB RVB nicht das Gepräge gegeben hat. Denn in seiner Vernehmung vom 21. September 2004 vor der 9. Kammer des SG Berlin gab Dr. S an (Bl. 66 der Akte S 9 RA 398/03):
„M. E. war der Hauptzweck des RVB die Herstellung eines neuen Produkts, nämlich der Anlagenbau des 1840. Dies hat dem Betrieb sein Gepräge gegeben.“
Hinzu kommt, dass weder der Kläger, noch einer der anderen Mitarbeiter des VEB RVB, die in den Verfahren, deren Akten der Senat hinzugezogenen hat, zu Wort gekommen sind, je behauptet haben, dass der VEB RVB durch die Herstellung von Bildverarbeitungssystemen geprägt wurde. Zu berücksichtigen ist überdies, dass der VEB RVB nach der Aussage des Zeugen E zwischen 1985 und 1990 Warenwerte von rund einer Milliarde Mark jährlich umgesetzt hat und hierbei die „industrielle Warenproduktion“ etwa 500 Millionen Mark betrug (Bl. 110 der Akte S 3399/01). Nach dem mit den Worten „Die ökonomischen Ergebnisse des Jahres 1989“ überschriebenen Artikel im „Mitteilungsblatt für die Werktätigen des VEB Robotron-Vertrieb Berlin“ (Bl. 72 der Akte S 5 RA 35/01/L 2 RA 14/03) erfüllte der VEB RVB 1989 die „BVS-Produktion“ zu 110,6 % (+ 0,9 Mio Mark) „über“. Daraus lässt sich ableiten, dass der VEB RVB 1989 mit dem Absatz von Bildschirmsystemen einen Umsatz von nur knapp zehn Millionen Mark erzielt hat.
Der Einwand des Klägers, aus den Tatsachen, dass der VEB RVB einem Industrieministerium unterstellt war, statistisch dem Wirtschaftsbereich Industrie zugeordnet war und eine Produktionsfondabgabe habe zahlen müssen, ergebe sich, dass der VEB RVB ein Produktionsbetrieb gewesen sei, geht fehl. Denn diese Tatsachen sind nur Beurteilungskriterien (vgl. BSG, Urteil vom 19.07.2011, B 5 RS 7/10 R, Terminbericht Nr. 36/11), die gegenüber den vom Senat berücksichtigten Beweismitteln nicht ins Gewicht fallen.
Der VEB RVB war den „volkseigenen Produktionsbetrieben“ nicht nach § 1 Abs. 2 der 2. DB „gleichgestellt“. Denn maßgeblich für die Gleichstellung war/ist ausschließlich das Versorgungsrecht der DDR (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 3/02 R), das strikt nach seinem Wortlaut auszulegen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 13.02.2008, B 4 RS 133/07 B). In § 1 Abs. 2 der 2. DB sind Vertriebsunternehmen nicht erwähnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe iSd § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlagen.