Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 25.03.2013 | |
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Aktenzeichen | VG 3 L 30/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 123 Abs 5 VwGO, § 80 Abs 5 S 1 VwGO, § 80 Abs 5 S 3 VwGO, § § 80a VwGO |
Es wird festgestellt, dass der Klage der Antragsteller vom 5. Dezember 2012 (VG 3 K 74/13) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides 23. November 2012 aufschiebende Wirkung zukommt.
Es wird festgestellt, dass der Klage der Antragsteller vom 7. Februar 2013 (Az.: VG 3 K 112/13) insoweit aufschiebende Wirkung zukommt, als sie sich gegen Ziffer 1 des Bescheid des Antragsgegners vom 30. August 2012 in Gestalt des Drittwiderspruchbescheides vom 9. Januar 2013 richtet.
Die Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides vom 30. August 2012 in Gestalt des Drittwiderspruchbescheides vom 9. Januar 2013 ist aufzuheben, indem der Antragsgegner unterbindet, dass die Beigeladenen die Hausnummer „T-weg ...“ für das Grundstück der Gemarkung G., Flur X, Flurstück xx bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in den Verfahren VG 3 K 74/13 und VG 3 K 112/13 nutzen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 25% und der Antragsgegner zu 75%; ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Der sinngemäße Antrag der Antragsteller,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Verwendung der Hausnummer „B-weg..., S.“, für das Grundstück der Gemarkung G., Flur X, Flurstück xx zu unterbinden,
hilfsweise die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 5. Dezember 2012 (VG 3K 74/13) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. November 2012 sowie ihrer Klage vom 7. Februar 2013 (Az.: VG 3 K 112/13) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 30. August 2012 in Gestalt des Drittwiderspruchbescheides vom 9. Januar 2013 herzustellen bzw. festzustellen und die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen,
hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Der Hauptantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist gemäß § 123 Abs. 5 VwGO unstatthaft, denn die Antragsteller können hinsichtlich der vorläufigen Vollziehbarkeit der inmitten stehenden Verwaltungsakte wirksamen Rechtsschutz über §§ 80, 80 a VwGO erlangen.
Dies ergibt sich hinsichtlich des an sie gerichteten Bescheides vom 4. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. November 2012 - mit dem der Antragsgegner ihrem Grundstück der Gemarkung G., Flur X, Flurstück yy die Hausnummer „B-weg ...a in S.“ zugeordnet und damit konkludent die diesem mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Juli 2010 zugeordnete Hausnummer „B-weg ... in S.“ aufgehoben hat - bereits aus der Tatsache, dass in der Hauptsache Rechtsschutz allein im Wege der - von ihnen bereits zum Aktenzeichen VG 3 K 74/13 erhobenen - Anfechtungsklage möglich ist. Wegen der in § 80 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO geregelten Wirkung der Anfechtungsklage auf die Vollziehbarkeit der angegriffenen Verwaltungsakte erfolgt der vorläufige Rechtsschutz in diesen Fällen allein über § 80 Abs. 5 VwGO.
Derselbe Rechtsschutz in der Hauptsache und dementsprechend auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren steht den Antragstellern zudem hinsichtlich des an die Beigeladenen gerichteten Bescheides vom 30. August 2012 in Gestalt des Drittwiderspruchbescheides vom 9. Januar 2013 zu, mit dem der Antragsgegner dem Grundstück der Beigeladenen (Gemarkung G., Flur X, Flurstück xx) die Hausnummer „T-weg ... in S.“ zugeordnet hat. Es fehlt den Antragstellern insoweit insbesondere nicht an der notwendigen Klage- bzw. Antragsbefugnis. Zwar stellen Bescheide zur Hausnummernvergabe grundsätzlich keine Verwaltungsakte mit Doppelwirkung dar, so dass in der Regel allein dem jeweiligen Bescheidadressaten eine Klage- bzw. Antragsbefugnis zusteht. Hier liegt indes ein Sonderfall vor. Weil dem Grundstück der Antragsteller infolge ihrer zulässigen Klage (VG 3 K 74/12) gegen die Neuzuordnung der Hausnummer „T-weg ...a“ und der dieser Klage zukommenden aufschiebenden Wirkung (dazu unter 2.) noch immer die Hausnummer „T-weg ...“ zugeordnet ist, kann der Bescheid, mit dem dem Grundstück der Beigeladenen dieselbe Hausnummer zugeordnet wird, sie - die Antragsteller - in ihren Rechten verletzen. Mit der doppelten Vergabe geht nämlich eine mit der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - deren Herstellung gerade die auf Grundlage von § 13 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes erfolgende Vergabe von Hausnummern dient - nicht im Einklang stehende Verwechslungsgefahr beider Grundstücke einher mit all ihren Folgen; wie beispielsweise der erschwerten Auffindbarkeit durch Rettungskräfte von Polizei oder Feuerwehr. Aufgrund der sich daraus ergebenden persönlichen Betroffenheit, die auch mit einer Gefährdung von Leib und Leben verbunden sein kann, folgt eine Antragsbefugnis auch aus der drittschützenden Qualität polizei- und ordnungsrechtlicher Normen (vgl. Pieroth/Schlink/Kniesel., Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Auflage, Rdnr. 52 zu § 5), wobei die Gefahr Resultat eine ordnungsbehördlichen Handelns mittels Verwaltungsakt ist. Die Antragsteller auf einen Rechtsschutz nach § 123 VwGO zu verweisen, entspricht in diesem Fall nicht dem sich aus § 123 Abs. 5 VwGO ergebenden Vorrangverhältnis. Auch bedarf des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nicht, da der Gefahr mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes bzw. dessen Außervollzugsetzung hinreichend begegnet werden kann.
Der Vorrangigkeit des Rechtsschutzes nach §§ 80, 80a VwGO steht ferner nicht entgegen, dass jedenfalls der Bescheid über die Hausnummernzuteilung für das Grundstück der Beigeladenen bereits faktisch vollzogen wird. Es ist nicht sachgerecht, dem Betroffenen bei - zumindest grundsätzlich rechtmäßig möglichen - Vollzug nach § 80 Abs. 2 VwGO Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu eröffnen, ihn dagegen bei - von vornherein rechtswidriger - faktischer Vollziehung auf den Rechtsschutz nach § 123 VwGO mit dem Haftungsrisiko des § 945 der Zivilprozessordnung zu verweisen. (Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage, Rn. 1045; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtordnung, Kommentar, Stand August 2012, § 80 Rn. 355 f. m.w.N, zitiert nach beck-online;).
2. Die in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO bzw. der § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Feststellungsanträge hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 5. Dezember 2012 (VG 3K 74/13) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. November 2012 sowie hinsichtlich ihrer Klage vom 7. Februar 2013 (Az.: VG 3 K 112/13) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 30. August 2012 in Gestalt des Drittwiderspruchbescheides vom 9. Januar 2013 haben demgegenüber größtenteils Erfolg.
a) Sie sind aus den vorgenannten Gründen statthaft. Die Antragsteller sind indes hinsichtlich des an die Beigeladenen gerichteten Bescheides vom 30. November 2012 nur insoweit beschwert und infolgedessen antragsbefugt, als dieser unter Ziffer 1 die bislang dem Grundstück der Antragsteller (Gemarkung G., Flur X, Flurstück yy) zugeordnete Hausnummer „B-weg...“ nunmehr dem Grundstück der Beigeladenen (Gemarkung G., Flur X, Flurstück xx) zuordnet. Soweit den Beigeladenen unter Ziffer 3 des Bescheides vom 30. November 2012 darüberhinaus Kosten auferlegt werden, ist eine Belastung und daraus folgend eine Antragsbefugnis der Antragsteller nicht zu erkennen, so dass der Antrag insoweit abzulehnen ist.
Das des Weiteren erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der Tatsache, dass der Antragsgegner keiner der beiden vorgenannten Klagen der Antragsteller eine aufschiebende Wirkung beimisst (vgl. Antragserwiderung, Bl. 46. der Gerichtsakte).
b) Die Feststellungsanträge sind auch begründet, denn sowohl der Klage der Antragsteller gegen den Bescheid vom 4. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. November 2012 (VG 3 K 74/13) als auch der Klage gegen den Bescheid vom 30. August 2012 in Gestalt des Drittwiderspruchbescheides vom 9. Januar 2013 (VG 3 K 112/13) kommt gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung zu.
Der Antragsgegner hat weder gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der mit den jeweiligen Bescheiden vorgenommenen Hausnummernzuordnung angeordnet, noch sind diese kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Eine entsprechende, im Fall der Hausnummernzuordnung anwendbare Regelung enthalten die dem Bescheid zugrunde liegenden Gesetze, d.h. das Ordnungsbehördengesetz und das Baugesetzbuch, nicht.
3. Da die Beigeladenen die Hausnummer „B-weg...“ unstreitig gleichwohl nutzen und der angegriffene Bescheid mithin vollzogen wird, ist ferner dem Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 zu entsprechen (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., Rn. 356, 446). Dem Anspruch der Antragsteller ist dabei schon mit der aus dem Tenor ersichtlichen Anordnung an den Antragsgegner genüge getan. Insbesondere war dem Antragsgegner nicht aufzugeben, den Beigeladenen eine neue, von der Hausnummer „T-weg ...“ verschiedene Hausnummer zuzuordnen, weil die Erfüllung dieser sich bereits aus dem Gesetz (§ 13 Abs. 1 OBG) ergebenden Verpflichtung über die bloße Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO hinausgeht.
4. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Neuzuordnung der Hausnummern rechtmäßig erfolgt ist, bedarf danach keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Sie spiegelt das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten wider. Von einer Überbürdung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf die übrigen Beteiligten ist abzusehen, da die Beigeladenen einen Antrag nicht gestellt und sich somit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt haben.
Der Streitwertfestsetzung liegt in Ermangelung von Anhaltspunkten für eine anderweitige Bestimmung der Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro zugrunde(§ 53 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes). Dieser Wert ist mit Blick auf die hier beantragte Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren(vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit <NVwZ 2004, 1327>).