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Entscheidung 13 KLs 7/19


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 3. Große Strafkammer Entscheidungsdatum 10.01.2020
Aktenzeichen 13 KLs 7/19 ECLI ECLI:DE:LGNEURU:2020:0110.13KLS7.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten

verurteilt. Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.

Das beschlagnahmte Bargeld in Höhe von 345,- Euro wird eingezogen. Gegen den Angeklagten wird in Höhe von 200,00 Euro die Einziehung des Wertes des Erlangten angeordnet.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens soweit er verurteilt worden ist, im Übrigen trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Angewendete Vorschriften: §§ 30a Abs. 2 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 223 Abs. 1, 52, 53, 73 Abs. 1, 73a Abs. 1, 73c StGB

Gründe

Verfahrensgang:

Ursprünglich lag dem Verfahren die an das Amtsgericht Prenzlau - Schöffengericht - gerichtete Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 25.07.2019 - Az.: 358 Js 5488/19 - zugrunde. In der dortigen Hauptverhandlung erließ das Amtsgericht Prenzlau am 07.10.2019 einen Verweisungsbeschluss, der nunmehr die Grundlage vorliegender gerichtlicher Untersuchung bildete. Zudem ist zu vorliegender Sache das der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 05.11.2019 zugrundeliegende Verfahren - Az.: 13 Kls 358 Js 34529/19 (9/19) - hinzu verbunden worden.

I. Feststellungen zur Person

Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 38-jährige Angeklagte wuchs im elterlichen Haushalt in ... (Uckermark) auf. Der Vater war im Bereich Landwirtschaft tätig, die Mutter als Arbeiterin in der Industrie. Seine nach ihm geborene Schwester ist acht Jahre jünger als er. Der Angeklagte wurde regelgerecht eingeschult und besuchte zunächst die Grundschule in ..., in der 4. oder 5. Klasse wechselte er auf die Förderschule in ..., die er ohne Abschluss nach der zehnten Klasse verließ. Seine Eltern trennten sich, als er noch im Jugendalter war. Nach Beendigung der Schule verzog der Angeklagte mit seiner Mutter nach Baden-Württemberg. Dort blieb er einige Zeit, ohne einer Ausbildung oder einer geregelten Tätigkeit nachzugehen, bis er wieder in die Uckermark verzog. Anschließend wurde gegen ihn aufgrund mehrfacher Verurteilungen eine Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten bis zum 07.03.2005 vollstreckt. Während der Haft holte der Angeklagte seinen Haupt- und Realschulabschluss nach, zudem absolvierte er Teilabschnitte von Ausbildungen zum Tischler und zum Gebäudereiniger. Zeitweise arbeitete er danach als ungelernte Kraft in der Entsorgungsbranche. Im Jahr 2008 heiratete er seine damalige Lebensgefährtin. Die Ehe bestand nicht lange und ist mittlerweile wieder geschieden. Aus der Beziehung gingen zwei gemeinsame Töchter im Alter von inzwischen zwölf und acht Jahren hervor. Zudem soll der Angeklagten – seinen Angaben nach – den mittlerweile dreizehn Jahre alten Sohn seiner damaligen Ehefrau adoptiert haben. Mit seiner jetzigen Lebensgefährtin, in deren Wohnung er bis zur Inhaftierung in vorliegender Sache wohnte, hat er einen anderthalbjährigen Sohn. Aus einer früheren Beziehung hat die Lebensgefährtin noch zwei weitere Kinder. Zudem erwartet seine Lebensgefährtin ein weiteres gemeinsames Kind, momentan ist sie im sechsten Monat schwanger. Vor seiner Inhaftierung in vorliegender Sache war der Angeklagte arbeitslos und bezog Leistungen nach dem SGB II.

Der Angeklagte konsumiert in seiner Freizeit gelegentlich Drogen. Er ist bisher mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der ihn betreffende Auszug aus dem Bundeszentralregister weist insgesamt fünfzehn Eintragungen auf, wovon hier nur die für die Frage der Strafzumessung relevanten wiedergegeben sind:

1. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 10.08.2000, rechtskräftig seit dem 10.08.2000, wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung und mehreren Diebstahlsdelikten sowie Hehlerei, zuletzt begangen am 01.04.1999, mit 4 Wochen Jugendarrest sanktioniert.

2. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Mosbach vom 23.08.2001, rechtskräftig seit dem 23.08.2001, wurde gegen ihn wegen mehrfachen Diebstahlsdelikten, Hausfriedensbruchs, vorsätzlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung, letzte Tat vom 25.03.2000, eine Jugendstrafe von 2 Jahren verhängt, deren Vollstreckung für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

3. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Mosbach vom 24.01.2002, rechtskräftig seit dem 24.01.2002, wurde gegen ihn wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung, Tat vom 20.09.1999, eine Jugendstrafe von 6 Monaten verhängt, deren Vollstreckung für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

4. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 19.03.2002, rechtskräftig seit dem 19.03.2002, wurde er wegen mehrfachen Straßenverkehrsdelikten, darunter vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs, vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis u. a., letzte Tat vom 28.07.2001, mit der Erbringung von Arbeitsleistungen sanktioniert.

5. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 28.08.2002, rechtskräftig seit dem 31.12.2002, wurde gegen ihn wegen Betruges in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung in je zwei Fällen, letzte Tat von Anfang 2002, eine Jugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verhängt. Hierbei wurden die unter den Ziffern 2., 3. und 4. genannten Sanktionen miteinbezogen. Die Strafvollstreckung war am 07.03.2005 erledigt.

6. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Cottbus vom 08.06.2004, rechtskräftig seit dem 16.06.2004, wurde gegen ihn wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung, Tat vom 27.11.2003, eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten verhängt, deren Vollstreckung am 03.11.2004 erledigt war.

7. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 30.09.2004, rechtskräftig seit dem 06.01.2015, wurde gegen ihn wegen Raubes und räuberischer Erpressung, letzte Tat vom 03.08.2002, eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verhängt.

8. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 23.06.2005, rechtskräftig seit dem 16.07.2005, wurden die unter Ziffer 6. und 7. genannten Strafen im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung zu 2 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe zusammengefasst. Die Vollstreckung des Strafrests wurde mit Beschluss vom 20.02.2007 zur Bewährung ausgesetzt bis zum 21.02.2010 und mit Wirkung vom 11.03.2010 erlassen.

9. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Prenzlau vom 02.04.2015, rechtskräftig seit dem 02.04.2015, wurde gegen ihn wegen fahrlässiger Körperverletzung, Tat vom 21.10.2013, eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verhängt.

10. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Buchen (Odenwald) vom 13.05.2015, rechtskräftig seit dem 03.06.2015, wurde gegen ihn wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung und Sachbeschädigung, Tat vom 31.10.2014, eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40,00 EUR verhängt.

In vorliegender Sache wurde der Angeklagte am 30.09.2019 vorläufig festgenommen und befand sich seitdem aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Prenzlau vom selben Tage fortwährend in Untersuchungshaft. Den Haftbefehl hat die Kammer mit Beschluss vom 29.10.2019 neu gefasst und jeweils mit Beschluss vom 19.12.2019 und im Zuge der Beendigung der Hauptverhandlung mit Beschluss vom 10.01.2020 aufrechterhalten.

II. Feststellungen zur Sache

1. Vorgeschichte

An einem nicht näher bestimmbaren Tag im Zeitraum Mitte bis Ende Oktober 2018 fand im Jugendamt Templin ein Gespräch zwischen den Eltern des am 28.01.2005 geborenen und daher damals 13-jährigen Zeugen ... und des zuständigen Mitarbeiters in Anwesenheit des Zeugen statt. ... befand sich zu jener Zeit in einer schwierigen Phase. Die getrennt lebenden Eltern waren mit seiner Erziehung überfordert, weshalb sich der Zeuge auch seit Mitte September in der Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung in Prenzlau befand. Da das Gespräch die Fortsetzung der Unterbringung betraf, was den Zeugen emotional heftig aufwühlte, rannte er von dem Termin fort. Er war unterwegs zu seiner im Ort lebenden Großmutter, als er auf der Straße zufällig auf den ihm vorher nur vom Sehen her bekannten Angeklagten traf. Dieser bemerkte die gedrückte Stimmung des Zeugen, sprach ihn darauf an und lud ihn in seine Wohnung ein. Hierbei gab er vor, sich für die Probleme des Zeugen ernsthaft zu interessieren und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Der Zeuge ging mit dem Angeklagten in dessen Wohnung und beide unterhielten sich freundschaftlich. Dabei erfuhr der Angeklagte auch von den Problemen des Zeugen mit seinen Eltern und der Unterbringung in Prenzlau. Der Angeklagte reichte ihm dabei ein Bier zum Trinken, versorgte ihn mit Zigaretten und stellte dem Zeugen, der zuvor bereits gelegentlich mit Marihuana in Kontakt gekommen war, auch Marihuana zum (Mit-)Rauchen zur Verfügung. Durch dieses Verhalten bezweckte er, sich den Zeugen ... gewogen zu machen. Im Laufe des Gesprächs fragte der Angeklagte den Zeugen unverblümt, ob er zukünftig für ihn Drogen als sogenannter „Läufer“ zu seinen Kunden transportieren wolle. Für seine Tätigkeit stellte er ihm eine Entlohnung in Form kleinerer Mengen an Marihuana zum Eigenkonsum in Aussicht. Dem Angeklagten war dabei bekannt, dass der Zeuge ... zu dem Zeitpunkt minderjährig war und sich in einer emotional aufgewühlten Lage befand. Zudem hielt er es zumindest für möglich, dass der Zeuge noch nicht vierzehn Jahre alt war, was er jedoch zur Durchsetzung seiner Interessen billigend in Kauf nahm. Der Zeuge ..., der sich von dem Auftreten des deutlich älteren Angeklagten beeindruckt und dem an seinen Diensten gezeigten Interesse geschmeichelt fühlte, dessen kindliche Abenteuerlust zudem geweckt war und der darüber hinaus unter der Wirkung der von ihm konsumierten Rausch- und Genussmittel stand, stimmte diesem Vorschlag zu.

2. Tat zu 1.

An den beiden folgenden Tagen überbrachte der Zeuge ... abredegemäß jeweils im Auftrag des Angeklagten, der hierbei mit Gewinnerzielungsabsicht handelte, mindestens 5 Gramm Marihuana mindestens durchschnittlicher Qualität an einen unbekannt gebliebenen Käufer. Dabei nahm der Zeuge ... die Drogen von dem Angeklagten in dessen Wohnung jeweils in Empfang und brachte sie zu einem im Vorhinein von dem Angeklagten mit dem unbekannten Käufer vereinbarten Treffpunkt. Dieser befand sich an einem Trafohäuschen in Templin in der Gegend der Wohnung des Angeklagten. Nach Übergabe der Betäubungsmittel erhielt der Zeuge ... jeweils von demselben Unbekannten den zuvor mit dem Angeklagten vereinbarten Kaufpreis in Höhe von mindestens 50,00 EUR in bar, den er anschließend an den Angeklagten überbrachte. Im Anschluss bekam der Zeuge ... jeweils 0,5 Gramm Marihuana mindestens durchschnittlicher Qualität von dem Angeklagten für den Eigenkonsum als Entlohnung für seine Tätigkeit. Dieses Marihuana konsumierte er anschließend.

3. Tat zu 2.

An einem nicht näher bestimmbaren Tag kurz nach dem 19.11.2018 kam es zu einem näheren Kontakt mittels elektronischen Nachrichten zwischen dem Zeugen ... und der gesondert Verfolgten .... Die zu dem Zeitpunkt 26-jährige ... war ihm von geselligen Treffen aus dem Familienkreis her bereits flüchtig bekannt. Nachdem sich der Austausch von Nachrichten per Mobiltelefon zwischen beiden intensivierte, kam es in der Folge auch zu persönlichen Treffen in der Wohnung der gesondert Verfolgten ... in Templin. Diese befand sich zu jener Zeit in einer emotionalen Ausnahmesituation, weil gegen ihren Lebensgefährten Untersuchungshaft vollstreckt wurde. Um sich davon abzulenken und ihre persönliche Krise zu überwinden, bat sie den Zeugen ... anlässlich eines dieser Treffen, Amphetamin für sie zu beschaffen. Der Zeuge ..., der sich in die gesondert Verfolgte ... verliebt hatte, gab deren wiederholten Drängen schließlich nach. Hiervon erhoffte er sich auch eine Erwiderung seiner Gefühle. Nicht zur sicheren Überzeugung ließ sich dabei aufzuklären, von wem die Initiative zur Kontaktierung des Angeklagten zum Zwecke des Erwerbs der unerlaubten Betäubungsmittel ausging und wer mit ihm die konkreten Absprachen über den Verkauf tätigte.

An mindestens zwei nicht näher bestimmbaren Tagen zwischen dem 19.11.2018 und dem 06.12.2018 erhielt der Zeuge ... jeweils 50,00 EUR von der gesondert Verfolgten ..., um diese an den Angeklagten zu überbringen. Hiermit suchte er den Angeklagten jeweils auf, übergab das Geld und erhielt von diesem jeweils mindestens 5 Gramm Amphetamin mindestens durchschnittlicher Qualität. Das Amphetamin wiederum überbrachte der Zeuge ... jeweils an die gesondert Verfolgte ..., die dieses auch in seinem Beisein konsumierte. Der Angeklagte, dem der Hintergrund des Verkaufs an ... bekannt war, handelte auch diesbezüglich jeweils mit Gewinnerzielungsabsicht. Im Zuge der Überbringung des Kaufpreises oder in enger zeitlicher Nähe zur Ablieferung des Amphetamins bei der gesondert Verfolgten ... übergab er dem Zeugen ... jeweils 0,5 Gramm Marihuana mindestens durchschnittlicher Qualität für den Eigenkonsum als Entlohnung seiner Tätigkeit. Dieses konsumierte der Zeugen anschließend in der Wohnung der gesondert Verfolgten ... .

4. Tat zu 3.

Am 23.05.2019 verkaufte der Angeklagte in seiner Wohnung in ... mit Gewinnerzielungsabsicht an den damals 17-jährigen Zeugen ... gegen 10.15 Uhr 0,5 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 0,05 Gramm Tetrahydrocannabinol zu einem Preis von 5,00 Euro. Dabei hielt er es für möglich, dass der Zeuge noch minderjährig war, was er jedoch um des finanziellen Vorteils wegen billigend in Kauf nahm. Zu dem Zeitpunkt verfügte er zudem in der Küche seiner Wohnung über einen Vorrat an 8,14 Gramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 0,87 Gramm Amfetamin (Base), was einem Wirkstoffanteil von 10,7 % entspricht, an 61 Ecstasy-Tabletten mit einer Masse von 35,51 g und einem Wirkstoffgehalt von 7,32 Gramm MDMA-Base, was einem Wirkstoffanteil von 20,6 % entspricht, sowie an 11,27 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1,19 Gramm Tetrahydrocannabinol, was einem Wirkstoffanteil von 10,6 % entspricht. Diese Betäubungsmittel waren ganz überwiegend zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Nur ganz geringe Mengen an Amphetamin und Marihuana beabsichtige der Angeklagte hiervon selbst zu konsumieren.

5. Tat zu 4.

Am Nachmittag des 27.09.2019 suchte der Angeklagte in Begleitung des Zeugen ... den Edeka-Einkaufsmarkt ... in ... zum Einkaufen auf. Nachdem er den Markt wieder verlassen hatte und davor eine Flasche Bier trank, traf er im Eingangsbereich gegen 16.00 Uhr zufällig auf den Zeugen ..., der das Gebäude betreten wollte. Der Angeklagte war über den Zeugen ... sehr verärgert und hegte Rachegefühle ihm gegenüber, weil dieser sich Ende 2018 von ihm abgewandt und im Folgenden vor der Polizei gegen ihn ausgesagt hatte, was ihm auch bekannt war. Aus diesem Grund versetzte der Angeklagte mit seiner linken Schulter dem an ihm vorbeilaufenden Zeugen ... an dessen linken Schulter einen gezielten Stoß, wobei er es zumindest für möglich hielt, dem Zeugen hierdurch Schmerzen zuzufügen, was er billigend in Kauf nahm. Als der Zeuge ... weiterlief, ohne eine Reaktion zu zeigen, drehte sich der Angeklagte um und versetzte jenem mit einem seiner Füße einen Tritt in das Gesäß, wobei er es wiederum zumindest für möglich hielt, dem Zeugen hierdurch Schmerzen zuzufügen, was er ebenfalls billigend in Kauf nahm. Als der Zeuge ... seinen Weg dennoch fortsetzte, warf er ihm die von ihm in der Hand gehaltene, zumindest noch halb volle Bierflasche nach. Auch hierbei hielt er es zumindest für möglich, dass diese den Zeugen treffen, ihn verletzen und ihm dadurch Schmerzen zufügen könnte, was er jedoch billigend in Kauf nahm. Die Glasflasche traf den Zeugen ... an der linken Wade und zerschellte danach auf dem Boden. Durch die Wucht des Aufpralls wurde die Hose des Zeugen mit Bier durchnässt. Während dieser körperlichen Angriffe äußerte der Angeklagte dem Zeugen ... gegenüber, dass er sich „verpissen“ solle, zudem, dass er ihn „kriegen“ werde. Durch den Stoß mit der Schulter, den Tritt in das Gesäß und den Wurf mit der Bierflasche zog sich der Zeuge jeweils Schmerzen zu, die einige Zeit anhielten, jedoch spätestens am Folgetag verklungen waren.

Infolge dieser Tat, welche sich ungefähr zwei Wochen vor dem Termin zur Hauptverhandlung am 07.10.2019 vor dem Amtsgericht Prenzlau zutrug, erließ dieses den bereits erwähnten Haftbefehl vom 30.09.2019 wegen Verdunkelungsgefahr, weil es weitere schwerwiegende Einwirkungen des Angeklagten auf den Zeugen ... befürchtete.

6. Sonstiges

Die Betäubungsmittel, über die der Angeklagte am 23.05.2019 in der Küche seiner Wohnung unerlaubt verfügte, wurden am selben Tage im Zuge einer polizeilichen Durchsuchung wegen des Verdachts der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige auf der Grundlage eines Beschlusses des Amtsgerichts Neuruppin vom 18.02.2019 (Az.: 89 Gs 218/19) sichergestellt. Im Rahmen der Durchsuchung wurden zudem diverse Utensilien zur Portionierung, Verpackung und zum Verkauf von Betäubungsmitteln wie beispielsweise eine Feinwaage und eine Holzschachtel mit diversen Plastiktütchen sichergestellt. Darüber hinaus wurden in einer weiteren Holzschachtel gleicher Bauart zahlreiche Plastiktüten zum Portionieren von Drogen, das bereits oben erwähnte Cannabiskraut in einem Verschlusstütchen aus Plastik und 345,00 EUR in bar (alles Geldscheine in der Stückelung 4 x 50,00 EUR, 3 x 20,00 EUR, 8 x 10,00 EUR und 1 x 5,00 EUR) aufgefunden. Mit der außergerichtlichen Einziehung dieser sichergestellten Gegenstände hat sich der Angeklagte - mit Ausnahme des beschlagnahmten Bargelds - in der Hauptverhandlung einverstanden erklärt. Zudem ist auch das von dem Angeklagten an den Zeugen ... verkaufte Marihuana sichergestellt worden.

III. Beweiswürdigung

Der Angeklagte hat sich sowohl zur Person - insofern glaubhaft - als auch zur Sache - insofern überwiegend nicht glaubhaft - eingelassen, wobei seine Einlassung zur Sache im Wesentlichen als Schutzbehauptung zu werten war.

1. Feststellungen zur Person

Die Feststellungen zur Person beruhen im Wesentlichen auf der insoweit glaubhaften Einlassung des Angeklagten sowie dem Bundeszentralregisterauszug vom 29.10.2019.

2. Feststellungen zur Sache

Der Angeklagte hat sich zu den Tatvorwürfen eingelassen und diese überwiegend zurückgewiesen. Lediglich den unerlaubten Besitz der am 23.05.2019 in seiner Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel hat er eingeräumt und diesbezüglich angegeben, dass er diese zum Eigenkonsum aufbewahrt habe, wobei er nur ab und zu in seiner Freizeit konsumiere. Die Kammer hat diese Einlassung im Wesentlichen als Schutzbehauptung angesehen und ist im Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Einschätzung gekommen, dass sich der Angeklagte tatsächlich im Umfang der obigen Feststellungen strafbar gemacht hat. Hierzu im Einzelnen:

a) Einlassung des Angeklagten zur Sache

Der Angeklagte hat sich im Kern dahingehend eingelassen, dass er weder Drogen verkauft noch ... welche zum Konsum überlassen habe. Die bei ihm gefundenen Drogen seien für den Eigenbedarf gewesen. Hin und wieder konsumiere er in seiner Freizeit, aber nicht vor seinen Kindern und er treibe damit auch keinen Handel. Eingekauft habe er das Amphetamin und das Marihuana für 8,50 EUR pro Gramm, für die Tablette Ecstasy habe er 3,00 EUR bezahlt. ... habe er im Sommer 2018 auf der Straße in ... kennengelernt, als jener Probleme mit anderen Altersgenossen gehabt habe. Er habe sich in den Streit eingemischt und ... gegen die aus seiner Sicht unfaire Übermacht der anderen geholfen. ... habe ihm von seinen Problemen mit den Eltern erzählt und angegeben, er sei 16 Jahre alt, was er geglaubt habe. ... sei auch mehrfach in seiner Wohnung zu Besuch gewesen, dabei seien freundschaftliche Gespräche geführt worden. Es sei dabei auch über die vermeintliche Beziehung von ... zu ... geredet worden. ... habe ihm erzählt, dass er in ...verliebt sei. ... kenne er schon länger. Er habe sie nach der Sache mit ... gefragt. Sie habe ihm mitgeteilt, dass zwischen ihr und ... nichts sei und sie keinen näheren Kontakt mehr wolle. Als er daraufhin ... Ende des Jahres 2018 geraten habe, den Kontakt zu ... abzubrechen, sei jener auf ihn wütend gewesen. Das nunmehr angespannte Verhältnis sei endgültig gekippt, als er ... gegen Jahresende eine Bluetooth-Box für 30,00 EUR verkauft habe, die dieser zunächst aber nicht bezahlt habe. Als er ihm Anfang des Jahres 2019 per elektronischer Nachricht Neujahrsgrüße übermittelt und sein Geld gefordert habe, habe ... ihm nur noch bedrohliche Textnachrichten geschrieben. Er habe daraufhin wegen des Geldes nichts mehr unternommen. Er denke, dass ... ihn deshalb zu Unrecht belaste.

... habe er am 23.05.2019 auch keine Drogen verkauft. Dieser wohne mit seiner Familie im gleichen Haus wie seine Ex-Frau. Daher kenne er ihn. Jener habe ihn an diesem Tage besucht und sie hätten circa eine bis anderthalb Stunden lang „über Gott und die Welt geredet“.

Das am gleichen Tag bei der Durchsuchung in der Küche aufgefundene Bargeld stamme überwiegend von seiner Ex-Frau, die ihm 220,00 EUR Unterhalt für die gemeinsame Tochter, die vor seiner Inhaftierung in seinem Haushalt gelebt habe, in bar übergeben habe. Weitere 100,00 EUR habe er von seinem Arbeitslosengeld II extra weggelegt, um die damals anstehende Klassenfahrt seiner Tochter bezahlen zu können.

Zu dem Vorfall am 27.09.2019 hat er sich im Wesentlichen dahingehend eingelassen, dass er mit seinem „Schwager“ ..., dem Bruder seiner Lebensgefährtin, in dem Edeka-Markt einkaufen gewesen sei. Beim Rausgehen in Begleitung des ... sei ihm ... entgegengekommen. Er habe ... mit der rechten Schulter angerempelt. Hintergrund sei gewesen, dass dessen Mutter seiner Lebensgefährtin elektronische Nachrichten geschrieben habe, in denen sie seine Kinder beleidigt habe. Er habe ... gesagt, dass er seiner Mutter „schöne Grüße“ bestellen und ihr mitteilen solle, dass sie seine Kinder nicht mehr beleidigen solle.

b) Die Aussage des Zeugen ...

Diese Einlassung des Angeklagten konnte - sofern er sich nicht teilgeständig eingelassen hat - im Ergebnis der Beweisaufnahme - vor allem aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ... - im Sinne der obigen Feststellungen widerlegt werden. Bei dem Belastungszeugen ... handelte es sich demnach um das zentrale Beweismittel dieses Verfahrens.

Der Zeuge ... hat im Wesentlichen bekundet, dass er den Angeklagten zunächst durch seinen Bruder vom Sehen her gekannt habe. Dieser habe mit dem Angeklagten viel Kontakt gehabt. Sie beide hätten sich daher gegrüßt, aber anfangs nichts miteinander zu tun gehabt. An dem Tag, an welchem er den Angeklagten näher kennengelernt habe, sei er zu einem Gespräch mit seinen Eltern im Jugendamt gewesen. Zu jener Zeit sei er in Prenzlau im Heim gewesen und es sei darum gegangen, ob er noch länger dort bleiben müsse oder wieder nach Hause dürfe. Er sei während des Gesprächs abgehauen und hinten durch den Wald gelaufen. Er habe zu seiner Oma gewollt. In der Nähe vom Penny Markt sei er dem Angeklagten zufällig begegnet. Dieser habe ihn angesprochen und gefragt, was er mache und ob er zu ihm in die Wohnung kommen wolle. In der Wohnung habe ihm der Angeklagte ein Bier zu trinken angeboten und Zigaretten zum Rauchen. Zudem habe er ihm auch Marihuana zum Rauchen gegeben. Der Zeuge hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, zuvor bereits Kontakt zu Marihuana gehabt und mit seinen „Kumpeln“ schon einmal einen „Joint“ geraucht zu haben. Auch bei späteren Besuchen habe er zusammen mit dem Angeklagten Marihuana geraucht. Auf Nachfrage habe er dem Angeklagten sein damaliges Alter von dreizehn Jahren genannt, damit habe dieser kein Problem gehabt.

Bereits in diesem ersten gemeinsamen Gespräch sei es darum gegangen, dass der Angeklagte ihn als sogenannten „Läufer“ für seine Drogenverkäufe habe gewinnen wollen. Er habe dafür „Gras“ von A nach B transportieren und als Entschädigung jeweils Marihuana im Gewicht von 0,5 g bis 1,5 g, erhalten sollen. Er sei auf das Angebot eingegangen und habe gleich an den beiden aufeinander folgenden Tagen jeweils einmal Marihuana für den Angeklagten transportiert. Im Vorfeld habe er mit dem Angeklagten per Facebook-Messenger in Kontakt gestanden und jeweils eine Verabredung für die Durchführung seiner Läufertätigkeit getroffen. An den beiden Tagen sei er jeweils aus dem Heim abgehauen und mit dem Bus nach Templin gefahren. Der Angeklagte habe ihm jeweils ein Päckchen mit Marihuana übergeben und gesagt, er solle dieses einer Person an einem bestimmten „Stromhaus“ (Trafohäuschen) in ... übergeben, das Geld entgegennehmen und es ihm überbringen. Das Marihuana habe der Angeklagte aus einem von der Tür aus gesehen in der Küche links befindlichen Küchenschrank, der sich in der Küchenzeile ganz rechts in Richtung Fenster befunden habe, herausgeholt. Dieses sei bereits in Tütchen verpackt gewesen. An dem gleichen Orten hätten sich auch Ecstasy-Pillen befunden, die der Angeklagte auch verkauft habe.

Genauso, wie ihn der Angeklagte angewiesen habe, sei er bei seiner Läufertätigkeit auch vorgegangen. Er habe an den zwei Tagen jeweils das Päckchen zu der unbekannten Person an dem „Stromhäuschen“ überbracht und von jener das Geld in bar erhalten. Das Geld habe er nicht nachgezählt, da der Angeklagte ihm gesagt habe, sein Abnehmer sei vertrauenswürdig. Die unbekannte männliche Person sei Anfang 20 gewesen, vom Sehen her sei sie ihm bekannt vorgekommen. Als Entschädigung habe er von dem Angeklagten nach der Geldübergabe jeweils 0,5 g Marihuana zum Rauchen erhalten. Zu einem späteren Zeitpunkt in der Vernehmung hat der Zeuge bekundet, dass er nicht nur zweimal, sondern seiner Erinnerung nach insgesamt vier- bis sechsmal für den Angeklagten als Läufer tätig gewesen sei. Dabei habe er jeweils 5 g Marihuana transportiert.

... habe er ursprünglich durch seine Familie kennengelernt, es habe mal ein Grillen gegeben, bei dem sie auch gewesen sei. Später habe es Kontakt über elektronische Nachrichten gegeben, wobei sie den Kontakt zu ihm gesucht habe. Dann sei er auch in ihrer Wohnung gewesen. Zusammen hätten sie bei dem ersten Treffen eine Zigarette geraucht. Zu der Zeit sei ihr Freund in Haft gewesen. Bereits bei dem zweiten Treffen in ihrer Wohnung habe sie ihn gefragt, ob er Amphetamin für sie holen könne. Er sei zunächst skeptisch gewesen, da habe sie ihn aber geküsst und er habe zugesagt. Da er damals etwas verliebt in sie gewesen sei, habe er es gemacht. Er habe sich per elektronischer Nachricht an den Angeklagten gewandt und gefragt, ob jener helfen könne. Dieser habe ihm bedeutet, dass er vorbeikommen könne. ... habe ihm daraufhin jeweils Geld gegeben, je 50,00 EUR, und er habe für sie von dem Angeklagten zwei- bis dreimal Drogen geholt. Das Amphetamin habe der Angeklagte jeweils unten aus dem Tiefkühlfach des Kühlschranks geholt, der sich in der Küche von der Tür aus gesehen auf der rechten Seite befunden habe. Dieses habe sich in einer großen Plastiktüte, sogenanntes „baggy“ befunden. Aus einem von der Tür aus gesehen auf der linken Seite befindlichen Küchenschrank habe der Angeklagte jeweils wiederum eine Waage geholt, das Amphetamin abgewogen und in ein Tütchen verpackt. Wiederum habe er von dem Angeklagten als Lohn für seine Tätigkeit jeweils 0,5 g Marihuana erhalten. Dieses habe er zum Teil bei ... auf dem Balkon geraucht.

Am Abend vor Nikolaus 2018 bis zum nächsten Morgen habe er sich in der Wohnung von ... aufgehalten und dort übernachtet. An Nikolaus sei er nicht zu seinem Praktikum gegangen, weshalb er von seinem Vater mithilfe der Polizei aus der Wohnung geholt worden und in die Unterbringung nach ... gekommen sei. Dass er für ... Amphetamin geholt habe, sei ein paar Tage zuvor gewesen. Als er später bemerkt habe, dass es ... nicht um ihn, sondern nur um die Drogen gegangen sei, habe er den Kontakt irgendwann abgebrochen. Sexuell verkehrt habe er mit ihr nicht, mehr als Küssen sei da nicht gewesen. Auf Vorhalt seiner Angaben in der Vernehmung vom 10.01.2019 hat der Zeuge bekundet, dass es seiner Erinnerung nach vier- bis sechsmal gewesen sei, dass er für ... Amphetamin von dem Angeklagten geholt habe.

Als er nach Nikolaus in ... in der Unterbringung gewesen sei, habe er zunächst auch nicht nach Templin fahren können, da er kein Geld gehabt habe. Erst kurz vor Weihnachten sei er wieder nach Templin gefahren und habe sich seine Weihnachtsgeschenke abgeholt. Von den 50,00 EUR, die ihm seine Oma geschenkt habe, habe er sich 5 g Marihuana bei dem Angeklagten gekauft. Dieser habe ihm noch 0,5 g dazu geschenkt. Um diese Zeit müsse er auch das letzte Mal im Dezember als Läufer für den Angeklagten tätig gewesen sein, danach habe er nicht mehr mitgemacht. Der Angeklagte habe ihn nämlich gefragt, ob er selbst auf Kommissionsbasis Speed verkaufen wolle, was er jedoch abgelehnt habe. Daraufhin sei der Angeklagte verärgert gewesen und er habe von ihm bedrohliche Nachrichten bekommen. Befragt nach dem vermeintlichen Verkauf einer Bluetooth-Box von dem Angeklagten an ihn, hat er bekundet, hiervon nicht zu wissen.

Hinsichtlich des Vorfalls an dem Edeka-Markt am 27.09.2019 hat der Zeuge im Kern bekundet, dass er an dem Tag gegen 16.00 Uhr für seine Oma habe Brötchen holen wollen. Als er sich dem Markt genähert habe, sei ihm der Angeklagte an der Treppe in sichtbar betrunkenem Zustand entgegengekommen, habe ihn mit der linken Schulter an seine linke Schulter angerempelt, ihn beleidigt und geäußert: „Verpiss dich!“ sowie: „Ich kriege dich!“. Dabei habe er wahrgenommen, dass der Angeklagte extrem nach Alkohol gestunken habe. Als er weiter gelaufen sei, habe eine Frau gerufen, da kommt etwas geflogen. Im Umdrehen habe er bemerkt, wie dann eine Flasche gegen sein linkes Bein geflogen und anschließend auf dem Boden zerplatzt sei, dabei sei sein Hosenbein nass gespritzt worden. Ihm sei es peinlich gewesen, mit dem nassen Hosenbein in den Markt zu gehen. Auf Vorhalt seiner Aussage anlässlich der Anzeigenaufnahme am 28.09.2019 hat der Zeuge bestätigt, dass der Angeklagte ihn vor dem Flaschenwurf noch in seinen „Arsch“ getreten habe. Er habe diesen Umstand zwischenzeitlich vergessen gehabt. Auf Nachfrage hat der Zeuge verneint, den ..., der ihm bekannt sei, in dem Zusammenhang wahrgenommen zu haben. Die Flasche Bier habe der Angeklagte zuvor in der Hand gehalten, dabei habe es sich um die Marke „Sternburg“ und die Sorte „Export“ gehandelt. Den Wurf von Seiten des Angeklagten habe er hingegen nicht gesehen. Sowohl das „Anrempeln“, der Tritt als auch der Aufprall der Flasche an seiner Wade seien ziemlich heftig gewesen, er habe davon auch kurzzeitig Schmerzen gehabt, die höchstens ein paar Stunden angedauert hätten, aber am nächsten Tage verschwunden gewesen seien. Sichtbare Verletzungen habe er nicht davon getragen. Zudem habe ihn der Angeklagte auch bei vorherigen zufälligen Treffen auf der Straße in ... beschimpft. Zwar sei er ungefähr einen Tag lang eingeschüchtert gewesen, habe aber keine Angst vor dem Angeklagten gehabt. Seiner Einschätzung nach habe der Angeklagte so gehandelt, weil er wütend auf ihn gewesen sei, da er sich von ihm abgewendet habe.

Die Kammer ist sich im Rahmen der Bewertung dieser Aussage des Zeugen ... bewusst gewesen, dass dessen Schilderungen einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen waren. Der Angeklagte ist mit Ausnahme der Tat zu 3. hinsichtlich aller ihm vorgeworfenen Handlungen zuvörderst durch diesen - zu den Tatzeiten teilweise noch kindlichen - Zeugen belastet worden, weshalb es sich hier zumindest um eine ähnlich problematische Beweislage wie bei einer reinen Konstellation „Aussage gegen Aussage“ handelte. Dementsprechend hat die Kammer bei der Würdigung der Aussage des Zeugen ... zunächst unterstellt, dessen Angaben seien unwahr (sog. Nullhypothese). Diese These war jedoch im Rahmen der Prüfung der Bekundungen des Zeugen nicht mehr zu halten. Die Würdigung des Aussagegehalts und nicht zuletzt die diesen stützende objektive Beweislage sprachen im Ergebnis der Betrachtung gegen eine wahrheitswidrige Aussage und für ein tatsächlich erlebtes Geschehen. Hierzu im Einzelnen:

aa) Aussagetüchtigkeit

An der Fähigkeit des Zeugen zur intellektuellen Aufnahme und getreuen Wiedergabe des von ihm erlebten Geschehens bestanden zunächst keine Zweifel. In dem Zeitraum, in dem die verfahrensgegenständlichen Taten zu 1. und 2. begangen worden sind, war der Zeuge zwar noch dreizehn Jahre alt und damit von Gesetzes wegen ein Kind. Zu dem Zeitpunkt der Tat zu 4. war er bereits vierzehn Jahre alt und damit seit kurzer Zeit erst Jugendlicher. Aus Sicht der Kammer wies der im Zeitpunkt der Vernehmung in der Hauptverhandlung vierzehnjährige Zeuge, der bereits kurz vor der Vollendung des fünfzehnten Lebensjahrs stand, jedoch keine altersbedingten Reifeverzögerungen auf, die an seiner Fähigkeit zum sachgerechten Erinnern der verfahrensgegenständlichen Vorgänge hätten zweifeln lassen. Im Gegenteil, der Zeuge beantwortete die ihm gestellten Fragen adäquat im Rahmen seiner Erinnerungsmöglichkeiten, wirkte wach und geistig rege und schien keineswegs in seinen intellektuellen Fähigkeiten gehemmt. Sonstige Anhaltspunkte für psychische Beeinträchtigungen oder ähnliches fanden sich nicht, es handelte sich bei dem Zeugen allem Anschein nach um einen normal entwickelten Jugendlichen.

bb) Qualität der Aussage

Bei der Würdigung der Aussagequalität des Zeugen war zu berücksichtigen, dass er in seiner Vernehmung zumindest anfangs deutliche Unsicherheiten in Bezug auf die zeitliche Einordnung der Vorgänge um den Angeklagten und ... in Verbindung mit seinen Heimaufenthalten in ... und ... gezeigt hat. Im Laufe der mehrstündigen Vernehmung brachte er aus Sicht der Kammer dabei mehrfach die zeitliche Reihenfolge durcheinander und bekundete beispielsweise anfangs seiner Aussage, dass der nähere Kontakt zu ... erfolgt sei, bevor er den Angeklagten an dem Tag getroffen habe, an dem er beim Jugendamt gewesen und weggelaufen sei, was aus Sicht der Kammer nicht zutreffend sein konnte. Nach und nach gelang es ihm während seiner Aussage aber, hierbei sicherer zu werden und die zeitlichen Abläufe anhand prägnanter Daten einzuordnen. Beispielsweise bekundete er aus Sicht der Kammer in zeitlicher Hinsicht zutreffend, dass die Geschichte mit der ... vor Nikolaus 2018 gewesen sei. Denn in der Nacht auf Nikolaus habe er bei ihr übernachtet und sei am nächsten Morgen nicht zu seiner Praktikumsstelle gegangen. Dann habe ihn sein Vater mit der Polizei dort rausgeholt und er sei in die Unterbringung nach ... gekommen. Danach sei die Sache mit der ... vorbei gewesen.

Die Überzeugung von der Richtigkeit dieser Bekundung insbesondere in zeitlicher Hinsicht hat die Kammer nicht zuletzt in Zusammenhang mit der Aussage des Vaters des Zeugen ..., des Zeugen ..., gewonnen. Dieser hat diesbezüglich glaubhaft ausgesagt, dass sein Sohn ab dem 31. Oktober 2018 in seinem Haushalt aufhältig gewesen sei. Das gemeinsame Zusammenleben habe aber nicht funktioniert, da sein Sohn gemacht habe, was er gewollt habe. Bis zum 6. Dezember 2018 sei sein Sohn bei ihm gewesen, dann sei er nach ... in die Unterbringung gekommen. Die Nacht zuvor habe er nicht zu Hause verbracht und sei an diesem Tage auch nicht zu seinem Praktikum gegangen, weshalb er ihn mithilfe der Polizei bei ... aus der Wohnung habe herausholen müssen. Auch die weiteren zeitlichen Abläufe konnte die Kammer mithilfe der Aussage des Vaters des Zeugen ... sicher einordnen, insbesondere die zeitliche Abfolge der Heimunterbringung des Zeugen in ... (14.09.18 bis 31.10.18) und in ... (06.12.18 bis 06.01.19). Insbesondere auch den Zeitraum, in welchem der Zeuge ... näheren Umgang mit ... gehabt haben muss, konnte die Kammer anhand des zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten Vollstreckungsblatts betreffend den Untersuchungsgefangenen ... näher bestimmen. Bei diesem handelte es sich um den Lebensgefährten von .... Dieser wurde am 19.11.2018 vorläufig festgenommen und befand sich ausweislich des Vollstreckungsblatts vom 09.01.2020 im Zeitraum vom 21.11.18 bis zum 17.12.18 in Untersuchungshaft. Demzufolge konnte bei lebensnaher Betrachtung der nähere Kontakt des Zeugen ... zu ... auch erst nach dem 19.11.18 erfolgen, weshalb der Zeitraum, in welchem der Zeuge ... diese auch persönlich in deren Wohnung aufsuchte auf zwei bis allenfalls drei Wochen vor dem 06.12.18 beschränkt gewesen sein muss.

Dafür, dass die von dem Zeugen gezeigten Unsicherheiten bezüglich der zeitlichen Einordnung nicht auf eine insgesamt wahrheitswidrige Aussage deuteten, sprach auch das junge Alter des Zeugen. Der Zeuge äußerte beispielsweise auch von sich aus gleich zu Anfang seiner Vernehmung, dass er sich an die konkreten Zeiten nicht erinnern könne. Dies erschien auch nicht ungewöhnlich vor dem Hintergrund, dass er im Zeitraum, in dem er die Botengänge für den Angeklagten und ... getätigt haben soll, erst dreizehn Jahre alt war. Zudem lagen diese Ereignisse zum Zeitpunkt der Vernehmung in der Hauptverhandlung über ein Jahr zurück, was gerade in der für die Entwicklung eines Jugendlichen bedeutsamen Pubertätsphase einen bedeutenden Zeitraum darstellt. Auch erschien es nachvollziehbar, dass eine genauere Erinnerung des Zeugen an zeitliche Zusammenhänge erst im Laufe der Vernehmung zurückgekehrt ist, nachdem er sich gedanklich intensiv mit den zum Teil über ein Jahr zurückliegenden Vorgängen näher auseinandersetzen musste.

Bei der Bewertung des Aussagegehalts hat die Kammer auch berücksichtigt, dass die Bekundungen des Zeugen teilweise von nur mäßiger Qualität waren. Insbesondere die Bekundungen des Zeugen bezüglich der Taten zu 1. und 2. waren nicht von einem übermäßigen Detailreichtum geprägt. Dennoch sprachen diesbezüglich auch einige Aspekte für ein tatsächliches Erleben der von dem Zeugen geschilderten Vorgänge. Hinsichtlich der von dem Zeugen bekundeten anfänglichen Läufertätigkeit für den Angeklagten deutete jedenfalls die plastische Schilderung des Erstkontaktes in ... für ein real erlebtes Geschehen. Diesbezüglich war der Zeuge in der Lage, noch den genauen Weg zu beschreiben, den er in Templin zurücklegte, um zu seiner Großmutter zu gelangen und auf dem er zufällig auf den Angeklagten traf. Auch das erstmalige Aufsuchen der Wohnung des Angeklagten an diesem Tag und dessen fürsorgliches Verhalten inklusive dem Anbieten diverser Rausch- und Genussmittel hat der Zeuge im Rahmen seiner Aussage vergleichsweise anschaulich beschrieben. Auch in Bezug auf das danach an den zwei aufeinanderfolgenden Tagen von ihm übernommene Überbringen von Marihuana an einen unbekannten Abnehmer in ... waren dem Zeugen einige Details, beispielsweise in Bezug auf den Treffpunkt und das Aussehen des Abnehmers, erinnerlich. In Bezug auf die von ihm bekundeten weiteren Läufertätigkeiten - insgesamt bis zu sechsmal - betreffend den Verkauf von Marihuana von dem Angeklagten an Dritte konnte der Zeuge hingegen keine näheren Details erinnern, weder in Bezug auf die zeitliche Einordnung, noch in Bezug auf den oder die Abnehmer. Lediglich der Übergabeort sei jeweils das „Stromhaus“ gewesen. Vor dem Hintergrund der Vielzahl der entsprechenden, auch gleichförmigen, Handlungen und weil sich die ersten Kontakte mit Drogenbezug wegen ihrer Neuheit besonders bei dem Zeugen eingeprägt haben dürften, war eine solche nur noch schemenhafte Erinnerung auch nicht ungewöhnlich. In Bezug auf die der Tat zu 2. zugrundeliegenden Vorgänge hatte er noch eine detailliertere Erinnerung an die ersten Kontakte mit ... in deren Wohnung. Die von ihm bekundeten und plastisch geschilderten Wahrnehmungen des ersten gemeinsamen Zigarettenkonsums auf dem Balkon ihrer Wohnung und des ersten Kusses sprachen für ein tatsächlich erlebtes Geschehen. Detailärmer waren hingegen die von dem Zeugen bekundeten Vorgänge des mehrfachen - bis zu sechsmal - Überbringens von Amphetamin von dem Angeklagten an .... Auch diesbezüglich konnte der Zeuge keine näheren Angaben zu den jeweiligen Umständen machen. Gleichfalls handelte es sich hierbei jedoch auch um eher gleichförmige Vorgänge mit den jeweils gleichen Beteiligten, die es aus aussagepsychologischer Sicht erwarten ließen, dass hierzu jeweils wenig Detailfülle erinnert werden konnte.

In Bezug auf den Vorfall vor dem Edeka-Markt am 27.09.2019 (Tat zu 3.) waren der Aussage des Zeugen einige Realkennzeichen zu entnehmen, die dafür sprachen, dass es sich um tatsächlich erlebtes Geschehen handelte. Ein entsprechend originelles und gleichfalls plausibles Detail war dahingehend, dass er bekundet hat, dass eine Frau sinngemäß gerufen habe: „Es kommt was geflogen!“. Auch der von ihm bekundete Umstand, dass er nach dem Zerschellen der Flasche auf dem Boden wegen der verspritzten Flüssigkeit ein nasses Hosenbein gehabt habe und es ihm peinlich gewesen sei, damit in den Edeka-Markt zu gehen, sprach vor allem wegen der damit verbundenen gefühlsmäßigen Komponente für eine Erlebnisfundiertheit. In dieser Kategorie war auch der von dem Zeugen bekundete Umstand zu verorten, wonach der Angeklagte extrem nach Alkohol gestunken habe. Auch dieses mit negativen Gefühlen verbundene Ereignis sprach für ein tatsächliches Erleben.

Insgesamt erschien es der Kammer bereits rein vom jeweiligen zeitlichen Abstand her betrachtet plausibel, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung bezüglich des Vorfalls vom 27.09.2019 noch eine detailreichere Erinnerung aufwies als in Bezug auf die Vorgänge gegen Ende des Jahres 2018. Erklärbar erschienen diese Unterschiede auch insofern, als dass es sich bei dem Geschehen vom 27.09.2019 um einen aus Sicht des Zeugen bedrohlichen Vorfall gehandelt haben muss, der es aussagepsychologisch eher erwarten ließ, dass eine Erinnerung daran besser reproduziert werden kann, als an Vorgänge, die nicht mit entsprechenden negativen Empfindungen besetzt gewesen sind. Zudem erschien es auch aus aussagepsychologischer Sicht nicht ungewöhnlich, dass die Erinnerung des Zeugen in Bezug auf die seiner Aussage nach mehrfach vorgenommen Botengänge für den Angeklagten betreffs des Verkaufs von Marihuana und der bis zu sechsmal erfolgten Transporte von Amphetamin von dem Angeklagten zu ... ob der Vielzahl dieser Vorkommnisse eher schwach ausgeprägt war. Darüber hinaus war auch insofern das junge Alter des Zeugen zu berücksichtigen. Alles in allem sprach die Qualität der Aussage trotz gewisser Abstriche für eine wahrheitsgemäße Bekundung des Zeugen.

cc) Entstehung und Entwicklung der Aussage über mehrere Vernehmungen hinweg

Der Zeuge ... befand sich zwar im verfahrensgegenständlichen Zeitraum teilweise noch im Kindesalter bzw. war seit kurzem Jugendlicher und könnte damit gegenüber äußeren Einflüssen durch Dritte auf sein Aussageverhalten möglicherweise grundsätzlich empfänglicher gewesen sein, als dies beispielsweise bei erwachsenen Personen der Fall ist. In Bezug auf die Entstehung seiner Aussage (Aussagegenese) sind jedoch keine Anhaltspunkte bekannt geworden, die auf eine negative Beeinflussung des Aussageverhaltens des Zeugen hingedeutet hätten. Nach Aussage des Kriminalbeamten ..., welcher die Vernehmungen des Zeugen in vorliegender Sache durchführte, seien Gegenstand der erstmaligen Vernehmung am 10. Januar 2019 die Vorwürfe gegen die Beschuldigte ... im Hinblick auf mögliche sexuelle Übergriffe gegen den Zeugen und der Konsum von illegalen Betäubungsmitteln in diesem Zusammenhang gewesen. Dabei habe die Mutter des Jungen Anzeige erstattet. Den Angeklagten habe er - der Zeuge ... - von sich aus überhaupt nicht thematisiert. Erst im Rahmen der näheren Ausführungen hinsichtlich des Drogenkonsums bei ... habe der Zeuge ... bekundet, dass er die Drogen für ... bei dem Angeklagten geholt habe. Vor diesem Hintergrund und auch, weil sonstige Indizien hierfür nicht bekannt geworden sind, lag eine Beeinflussung des Zeugen durch Dritte mit dem Ziel der wahrheitswidrigen Belastung des Angeklagten fern. Es war davon auszugehen, dass er in Bezug auf das verfahrensgegenständliche Verhalten des Angeklagten von sich aus und aus freien Stücken ausgesagt hat.

In Bezug auf das Kriterium der Aussagekonstanz war trotz geringfügiger Abweichungen und - erklärbarer - Lücken im Kern von einer konstanten Aussage über mehrere Vernehmungen hinweg auszugehen, die ebenfalls für ein durch den Zeugen bekundetes erlebnisfundiertes Geschehen sprach. Laut Aussage des Zeugen ... habe der Zeuge ... in seiner Vernehmung am 10.01.2019 im Wesentlichen bekundet, für ... im Zeitraum von circa 2 bis 3 Wochen vor dem 06.12.2018 fünf- bis sechsmal Amphetamin, jeweils 6 g für 50,00 EUR, von dem Angeklagten in dessen Wohnung geholt zu haben. Im Gegenzug habe er von dem Angeklagten kostenlos „Gras“ zum Rauchen erhalten. Das Amphetamin habe der Angeklagte im Küchenschrank aufbewahrt. In der Wohnung von ... sei er mit ... gewesen. Laut Aussage des Zeugen ... habe der Zeuge ... diese im Kern getätigten Angaben in seiner zweiten Vernehmung am 20.06.2019 wiederholt. Abweichend zur ersten Vernehmung habe er von einer transportierten Menge von jeweils 5 g gesprochen und zu dem gesamten Verkaufspreis der durch ihn transportierten Drogen in seiner zweiten Vernehmung realistischere Angaben gemacht. Denn in seiner zweiten Vernehmung habe er von transportierten Drogen im Gesamtwert von circa 300,00 EUR gesprochen. Während die hierzu in der ersten Vernehmung getätigten Angaben über transportierte Drogen im Gesamtwert von circa 1.500,00 EUR rein rechnerisch unplausibel gewesen seien. Auch in der Vernehmung in der Hauptverhandlung hat der Zeuge - wie bereits oben ausgeführt - diesbezüglich im Kern bekundet, für ... bis zu sechsmal von dem Angeklagten 5 g Amphetamin für 50,00 EUR geholt zu haben und hierfür von dem Angeklagten Marihuana als Belohnung bekommen zu haben. Insofern war die Aussage des Zeugen diesbezüglich im Kernbereich konstant, abgesehen von der geringfügigen Abweichung betreffend die jeweils transportierte Menge und von der in der ersten Vernehmung bekundeten ungewöhnlich hohen Gesamtsumme der transportierten Drogen, die angesichts der von dem Zeugen mitgeteilten Parameter von 6 Transporten zu je 50,00 EUR rein rechnerisch nicht stimmen konnte und nur ein Randdetail betraf. Zwar hat der Zeuge ... laut den Angaben des Zeugen ... in diesen beiden polizeilichen Vernehmungen nichts dahingehend ausgesagt, für den Angeklagten nicht nur in Bezug auf Verkäufe an ..., sondern auch hinsichtlich des Verkaufs von Marihuana an andere Abnehmer als Bote tätig geworden zu sein. Erstmalig Angaben hierzu hat der Zeuge in seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Prenzlau gemacht. Aus Sicht der Kammer erschien dieser Umstand jedoch vor dem Hintergrund erklärbar, dass die erste Vernehmung auch nur Tatvorwürfe gegen die ... zum Gegenstand hatte und der Tatverdacht gegen den Angeklagten erst im Laufe der Vernehmung durch die Angaben des Zeugen begründet wurden. Die zweite Vernehmung des Zeugen ... diente dabei laut Aussage des Zeugen ... der Abarbeitung eines ergänzenden Fragenkatalogs der Staatsanwaltschaft, der seinerseits wiederum auf die Erkenntnisse aus der ersten Vernehmung des Zeugen fußte. Dementsprechend erschien es aus Sicht der Kammer nicht ungewöhnlich, dass auch in der zweiten Befragung der Schwerpunkt auf den Vorgängen um ... lag und der Rolle des Angeklagten in diesem Zusammenhang geringere Bedeutung beigemessen wurde.

Auch war eine Abweichung der Aussage in der Vernehmung vor dem Amtsgericht Prenzlau zu den Angaben in der hiesigen Hauptverhandlung insofern zu verzeichnen, als dass der Zeuge vor dem Amtsgericht aussagte, ... habe ihn darum gebeten, für sie von dem Angeklagten Amphetamin zu holen. In der hiesigen Hauptverhandlung hat der Zeuge hingegen bekundet, dass jene ihn gebeten habe, Amphetamin zu besorgen, hingegen nicht vorgegeben habe woher. Er selber habe diesbezüglich Kontakt zum Angeklagten aufgenommen. Befragt nach diesem Widerspruch hat der Zeuge ... hierzu in der Hauptverhandlung bekundet, dass seine damaligen Angaben entsprechend gelautet haben könnten. Diese seien jedenfalls nicht zutreffend, vielleicht sei dies seiner damaligen Aufregung geschuldet gewesen, die jetzige Version stimme. Zwar erschien der Kammer durchaus lebensnäher, dass der Zeuge ... von ... konkret gebeten worden sein könnte, ihr Drogen von dem Angeklagten zu überbringen, als dass sie ihn gebeten haben könnte, ihr generell welche aus unbekannter Quelle zu beschaffen. Aber ausschließen ließ sich die von dem Zeugen als zutreffend bezeichnete Version auch nicht. Angesichts der Unvollkommenheit des Zeugenbeweises und des jugendlichen Alters des Zeugen hat die Kammer diesen Widerspruch letztendlich nicht auflösen können. Vor dem Hintergrund, dass es sich insofern jedoch um ein Detail des Randgeschehens handelte, welches den Kerngehalt der diesbezüglichen Aussage des Zeugen ..., dass er Geld von ... an den Angeklagten und hierfür im Gegenzug Drogen an diese überbrachte und dafür vom Angeklagten mit Marihuana entlohnt wurde, nicht infrage stellte.

dd) Motivation

Auch im Hinblick auf die Aussagemotivation haben sich keine Anhaltspunkte für eine Falschaussage des Zeugen ... ergeben. Zwar hat der Zeuge - ebenso wie der Angeklagte in seiner Einlassung - bekundet, dass es zwischen ihm und dem Angeklagten Ende des Jahres 2018 bzw. Anfang des Jahres 2019 zu einem Zerwürfnis gekommen sei. Eine dementsprechende dominante Motivation des Zeugen ..., es dem Angeklagten in diesem Zusammenhang heimzuzahlen und sich an ihm rächen zu wollen, wie es der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung vermutet hatte, war im Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht festzustellen. Insbesondere für den von dem Angeklagten in diesem Zusammenhang geäußerten Umstand, dass ein Auslöser des Zerwürfnisses der Verkauf einer roten Bluetooth-Box gewesen sei, fanden sich keine Anhaltspunkte. So hat vor allem der Zeuge ... verneint, dass es einen solchen Verkauf an ihn gegeben habe. Aber auch der vom Angeklagten ins Feld geführte andere Auslöser für das Zerwürfnis zwischen beiden und das von ihm vermutete Motiv einer angeblichen Falschbelastung von Seiten des Zeugen wegen seiner Einmischung in dessen Beziehung zu ... erschien bei lebensnaher Betrachtung wenig überzeugend. Zwar mag der Zeuge vor diesem Hintergrund einen gewissen Groll gegen den Angeklagten verspürt haben. Dass sich der Zeuge aber in Reaktion darauf dazu habe hinreißen lassen, den Angeklagten wahrheitswidrig schwerer Straftaten zu bezichtigen, um diesem eins auszuwischen, erschien jedoch deutlich fernliegend. Zumal er auch mit entsprechend heftigen Reaktionen des deutlich älteren und nach dem persönlichen Eindruck der Kammer ihm an Statur und Kampfkraft überlegenen Angeklagten hätte rechnen müssen. Beredtes Zeugnis hiervon waren die Handlungen des Angeklagten vor dem Edeka-Markt am 27.09.2019. Zudem sprach deutlich gegen eine Falschaussage zum Zwecke, dem Angeklagten eins auszuwischen, dass sich der Zeuge im Rahmen seiner Aussage auch selbst belastet hat. Er hat eingeräumt, mehrere Botengänge im Rahmen der Drogenverkäufe des Angeklagten erledigt und mehrfach Marihuana zum Eigenkonsum zur eigenen Verfügung erhalten zu haben. Zwar schied insofern eine Strafbarkeit des Zeugen wegen seines kindlichen Alters aus, aber zumindest eine moralische Schuld war mit dem Eingestehen dieser Handlungen für ihn verbunden. Diese dürfte den Zeugen auch insofern nicht gänzlich unberührt gelassen haben, als dass sein erziehungsberechtigter Vater während seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung anwesend war und dementsprechend vollumfänglich davon Kenntnis bekam, was sein Sohn in diesem Zusammenhang getan hatte. Darüber hinaus war die Aussage des Zeugen keineswegs von übertriebenem Belastungseifer geprägt. Sowohl in Bezug auf die Läufertätigkeit für den Angeklagten betreffend den Verkauf von Marihuana als auch in Bezug auf die Botentätigkeit in Zusammenhang mit dem Verkauf von Amphetamin an ... sprach der Zeuge jeweils zunächst nur von zwei Handlungen. Erst im Laufe der längere Zeit andauernden Vernehmung in der Hauptverhandlung korrigierte er jeweils seine Aussage dahingehend, dass es jeweils bis zu sechsmal zu entsprechenden Unterstützungshandlungen seinerseits bei den Drogenverkäufen gekommen sei. Auch in Bezug auf die Tat vom 27.09.2019 war in seiner Aussage zunächst nicht die Rede davon, dass es auch einen Tritt seitens des Angeklagten gegeben habe. Erst auf Vorhalt der entsprechenden Passage aus der Strafanzeige vom Folgetag bekundete der Zeuge, dass seine damalige Angabe zutreffend gewesen sei und er den tatsächlich vom Angeklagten gegen ihn ausgeführten Tritt zwischenzeitlich verdrängt habe. Auch der Umstand, dass er aufgrund der körperlichen Misshandlungen des Angeklagten zumindest kurzzeitig Schmerzen verspürt habe, ergab sich erst auf weitere Nachfrage bei dem Zeugen. Von sich aus wies er hingegen nicht auf diesen Umstand hin, welcher den Angeklagten ebenso deutlich belastete.

Zudem hat der Zeuge Hildebrandt ausweislich der Aussage des Zeugen ... in seiner ersten Vernehmung am 10.01.2019 nur schleppend Bereitschaft gezeigt, Angaben zum Vernehmungsgegenstand zu machen. Es habe laut dem Zeugen ... gedauert, bis jener etwas gesagt habe. Auch dies sprach - mit entsprechend minderem Gewicht - dafür, dass der Zeuge ... nicht die Absicht hatte, den Angeklagten der Wahrheit zuwider zu belasten. Ebenso sprach der Umstand, dass der Zeuge ... ausweislich der Aussage des Zeugen ... nicht Anzeigenerstatter war, gegen ein Falschbelastungsmotiv. Dies betraf auch den Vorfall vom 27.09.2019 vor dem Edeka-Markt. Nach der glaubhaften Aussage des Vaters des Zeugen ..., des Zeugen ..., habe er seinem Sohn zur Anzeige geraten und sei mit ihm zur Polizeiwache gegangen. ... habe eigentlich nichts unternehmen wollen.

Zwar hat der Zeuge ... auf Befragen auch bekundet, dass es sich bei der in der Küche des Angeklagten vorrätig gehaltenen Menge an Marihuana grob geschätzt um ein Kilogramm gehandelt habe. Diese Angabe erschien der Kammer jedoch deutlich übertrieben, schon allein aufgrund des Preises, den der Angeklagte für den Einkauf einer solchen Menge an Marihuana hätte bezahlen müssen. Bei Zugrundelegung des von dem Zeugen ... bekundeten Einkaufspreises von 6,50 EUR pro Gramm, den der Angeklagte ihm genannt habe, wären das circa 6.500,00 EUR gewesen. Diese finanzielle Aufwendung erschien für den arbeitslosen Angeklagten deutlich zu hoch. Realistischer wirkte hingegen die von dem Zeugen ... in seiner ersten Vernehmung laut Aussage des Zeugen ... bekundete Menge von circa 100 g Marihuana, welche der Angeklagte in seiner Wohnung aufbewahrt habe. Diese war auch besser in Übereinstimmung mit den Abmessungen der Holzschachtel zu bringen, die bei der Durchsuchung gefunden wurde und in welcher sich das Marihuana befand. Nach Einschätzung der Kammer anhand der hiervon in Augenschein genommenen Lichtbilder wäre ein Kilogramm Marihuana darin nicht zu verstauen gewesen. Dass diese deutliche Fehleinschätzung eher dem jugendlichem Alter und der fehlender Erfahrung des Zeugen in Bezug auf Abmessungen und Massen von Stoffen geschuldet war, als sich darin ein Falschbelastungsmotiv ausdrückte, dafür sprach auch, dass die Angaben des Zeugen zu den sonstigen Sorten Betäubungsmitteln realistisch erschienen. Die von ihm geschätzte Anzahl an 20 bis 30 aufbewahrten Ecstasy-Tabletten befand sich dabei sogar noch unterhalb der sichergestellten Menge von 61 Tabletten. Die von ihm geschätzte Menge von 50 g aufbewahrtem Amphetamin lag zwar über der am 23.05.2019 sichergestellten Menge von 8,14 g. Jedoch war aufgrund der Lichtbilder davon auszugehen, dass sich in der zur Lagerung genutzten Plastiktüte, die sich wiederum in einer größeren Dose aus Kunststoff befand, noch erheblicher Leerraum befand, so dass einiges dafür sprach, dass eine größere Menge zuvor darin aufbewahrt wurde. Dies legten auch die von dem Zeugen ... bekundeten Verkaufsmengen von Amphetamin an Edna Hasler von jeweils 5 g nahe.

ee) Würdigung der Aussage in Zusammenhang mit weiteren Beweismitteln

Im Rahmen der Beweisaufnahme sind auch weitere Beweismittel und Indizien zutage getreten, die für den Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen ... sprachen bzw. einer solchen Bewertung nicht entgegenstanden.

(1) Ergebnisse der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 23.05.2019

Für den Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen sprachen zunächst dessen Angaben zu Art, Menge und Lagerort der von dem Angeklagten unerlaubt vorrätig gehaltenen Betäubungsmittel. Der Zeuge hat hierzu im Kern bekundet, dass der Angeklagte das Amphetamin in der Küche von der Tür aus gesehen rechts unten im Tiefkühlfach des Kühlschranks aufbewahrt habe. Das Marihuana sei von ihm von der Tür aus gesehen links hinten im Küchenschrank aufbewahrt worden, ebenso die Ecstasy-Pillen. Im Rahmen der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten sind genau die genannten Sorten unerlaubter Betäubungsmittel an den entsprechenden Stellen aufgefunden worden. Dies ergab sich zur Überzeugung zur Kammer zunächst aus der Aussage des Zeugen .... Bei diesem handelte es sich um einen an der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten beteiligten Polizeibeamten. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass er zusammen mit seinen Kollegen in der Wohnung gewesen sei und während der Maßnahmen den Angeklagten bewacht habe. Seine Kollegen hätten währenddessen in der Küche der Wohnung die Betäubungsmittel aufgefunden. Es habe sich um Amphetamin, Ecstasy und Marihuana gehandelt. In der restlichen Wohnung seien hingegen keine Drogen gefunden worden. Den genauen Auffindeort sowie Art und Menge der Betäubungsmittel hat die Kammer wiederum dem zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll, dem Durchsuchungsbericht und den in Augenschein genommenen Lichtbildern vom Einsatzort entnommen.

Die Übereinstimmung zwischen den Angaben des Zeugen ... zu den unerlaubt vorrätig gehaltenen Betäubungsmitteln und den Funden im Zuge der Durchsuchung sprachen eindeutig dafür, dass der Zeuge hiervon im Rahmen seiner Unterstützungshandlungen des Handels des Angeklagten mit Drogen Kenntnis erlangte. Es erschien auch ausgeschlossen, dass der Zeuge anderweitig Kenntnis von dem jeweiligen Lagerort der Drogen erhalten haben könnte. Insbesondere von dem in eine Plastiktüte eingewickelten und im Tiefkühlfach des Kühlschranks gelagerten Amphetamin kann der Zeuge bei lebensnaher Betrachtung nur dadurch Kenntnis erlangt haben, dass es der Angeklagte zum Zwecke der Portionierung und Übergabe an den Zeugen zum Überbringen an ... herausholte. Zugleich widerlegten die Angaben des Zeugen die Einlassung des Angeklagten dahingehend, dass er weder dem Zeugen ... Drogen zum Konsum überlassen noch damit Handel getrieben habe. In diesem Zusammenhang sprachen vor allem auch die in der Küche in den Holzschachteln aufgefundenen zahlreichen Plastiktütchen dafür, dass die aufgefundenen Drogen zumindest überwiegend verkauft werden sollten. Ebenso deutete das in der einen Holzschachtel aufgefundene Bargeld neben den dort befindlichen zahlreichen Plastiktütchen und der Plastiktüte mit dem darin befindlichen Marihuana darauf hin, dass der Angeklagte Drogen verkaufte und die hieraus erzielten Einnahmen in der Schachtel verwahrte.

(2) Die Aussage des Zeugen ...

Die in den obigen Feststellungen zur Sache beschriebene Tat zu 3. wies zwar keinen direkten Bezug zu der Sachverhaltsschilderung des Zeugen ... auf. Der Angeklagte hat nach der Überzeugung der Kammer in diesem Fall jedoch unerlaubte Betäubungsmittel an den zum Tatzeitpunkt noch minderjährigen Zeugen ... verkauft. Dies hat die Kammer vor allem dessen glaubhafter Aussage entnommen. Dementsprechend war darauf zu schließen, dass der Angeklagte mit den von ihm besessenen Drogen regelmäßig Handel trieb und dabei auch an Minderjährige verkaufte. Aus Sicht der Kammer stellte dies wiederum ein gewichtiges Indiz für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen ... und gleichzeitig für die Widerlegung der entsprechenden Einlassung des Angeklagten dar.

Der zum Zeitpunkt der Vernehmung 18-jährige Zeuge ... (Geburtsdatum: 07.10.2001) hat zunächst bekundet, das bei ihm aufgrund der polizeilichen Durchsuchung vom 23.05.2019 aufgefundene Marihuana von einem „Kumpel“ zu haben. Erst auf nachdrücklichen Hinweis auf die Wahrheitspflicht als Zeuge hat er ausgesagt, dieses an dem Tag von dem Angeklagten erworben zu haben. Es habe sich um 0,5 g Marihuana ganz guter Qualität gehandelt, für die er fünf Euro bezahlt habe. Der Angeklagte sei ihm bereits mehr als zwei Jahre lang bekannt. Er habe diesen über Bekannte kennengelernt, sich einfach mit ihm getroffen und „ein bisschen gequatscht“ sowie später von anderen Leuten erfahren, dass man bei diesem Drogen kaufen könne. An dem Tattag habe er mit dem Angeklagten per SMS Nachrichten ausgetauscht und dabei angefragt, ob er etwas da habe. Als dieser ihm dies bestätigt habe, sei er zur Wohnung des Angeklagten gegangen. Dieser habe ihm das Marihuana in die Hand gedrückt und er habe ihm das Geld gegeben. Das Ganze habe circa 10 Minuten gedauert. Ob der Angeklagte gewusst habe, dass er damals erst siebzehn Jahre alt gewesen sei, könne er nicht sagen. Der Angeklagte habe seiner Kenntnis nach jedenfalls von ihm gewusst, dass er im Jahr 2017 die Schule mit dem Abschluss der 10. Klasse verlassen habe.

Die Angaben des Zeugen ... sind durch die Bekundungen des Zeugen ... bestätigt worden. Dieser hat im Kern ausgesagt, dass er als Polizeibeamter neben weiteren Kollegen an der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 23.05.2019 beteiligt gewesen sei. Bereits bei der Anfahrt zur Wohnung sei von ihnen eine jugendliche männliche Person festgestellt worden, die am Hauseingang die Klingel der von dem Angeklagten genutzten Wohnung betätigt habe. Seine Kollegen und er hätten sich entschlossen, zu warten und nachdem 10 bis 15 Minuten vergangen seien, sei die Person wieder herausgekommen. Sie hätten sie kontrolliert. Es habe sich um ... gehandelt, bei dem sie 0,5 g Cannabisblüten gefunden hätten. Nach erfolgter Beschuldigtenbelehrung habe jener auf Nachfrage geantwortet, dass er die Drogen gerade für 5,00 EUR bei dem Angeklagten gekauft habe.

Vor diesem Hintergrund hatte die Kammer keinen Zweifel daran, dass der Zeuge ... tatsächlich die illegalen Betäubungsmittel am 23.05.2019 vom Angeklagten in dessen Wohnung erworben hatte. Neben den glaubhaften Ausführungen des Zeugen ... ließen auch die von dem Zeugen ... bekundeten tatsächlichen Umstände des Aufgreifens des Zeugens ... unmittelbar vor dem Wohnhaus des Angeklagten mit 0,5 g Cannabis in seiner Kleidung keine Zweifel an der diesbezüglichen Schuld des Angeklagten. Dessen diesbezügliche Einlassung, er habe sich in der Wohnung circa eine bis anderthalb Stunden mit dem Zeugen ... „über Gott und die Welt“ unterhalten, konnte insbesondere auch anhand der Angaben des Zeugen ... zum zeitlichen Ablauf des Aufsuchens der Wohnung des Angeklagten durch ... eindeutig als Schutzbehauptung widerlegt werden. In diesem Zusammenhang haben sich auch keine Anhaltspunkte für eine wahrheitswidrige Belastung des Angeklagten durch den Zeugen ... gefunden. Im Gegenteil, der Zeuge schien anfangs seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung deutlich bestrebt, den Angeklagten nicht belasten zu wollen, indem er die Identität des Verkäufers zunächst nicht preisgab. Erst auf nachdrücklichen Hinweis auf die Wahrheitspflicht konnte er zur Offenbarung seines Wissens veranlasst werden.

Im Übrigen sprachen auch die Bekundungen des Zeugen ... dahingehend, dass er den Angeklagten schon über zwei Jahre kenne, mit ihm im Austausch per SMS oder ähnlichen Kommunikationsdiensten stehe, immer nur „kleine Sachen“ bei ihm hole und am Tattag zunächst per SMS bei diesem angefragt habe, ob er „etwas da habe“ aus Sicht der Kammer klar dafür, dass der Zeuge ... regelmäßig unerlaubte Betäubungsmittel zumindest im Umfang der am Tattag bezogenen 0,5 g Marihuana bei dem Angeklagten käuflich erwarb. Auch dies stellte wiederum ein stützendes Indiz in Bezug auf die Aussage des Zeugen ... bezüglich der Verkaufsaktivitäten des Angeklagten und der Überlassung von geringen Mengen an Drogen als Belohnung für seine Hilfsdienste dar.

(3) Die Einlassung der gesondert verfolgten ...

In vorliegender Sache hat die gesondert Verfolgte ... zwar von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Aussage des Zeugen ... war hingegen zu entnehmen, dass sich diese in der von ihm durchgeführten Vernehmung in dem gegen sie geführten Verfahren wegen des Verdachts des sexuellen Kindesmissbrauchs und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige dahingehend eingelassen haben soll, dass der Zeuge ... in ihrer Wohnung gewesen sei und dort auf dem Balkon auch Marihuana geraucht habe, sie hingegen habe weder mit ihm Drogen konsumiert noch dem ... welche zur Verfügung gestellt. Gelegentlichen Eigenkonsum von „Speed“ (= ugs. für Amphetamin) habe sie hingegen eingeräumt. Zudem habe sie auch eingeräumt, dass die ... bei ihr eine Woche lang gewesen sei und zusammen mit ihr „Speed“ gezogen habe. Da ihr Freund im Gefängnis gewesen sei, habe sie eine schwere Zeit gehabt, weshalb sie in der Woche ab dem 26.11.2018 täglich konsumiert habe. Auf die Frage, woher sie das Speed gehabt habe, habe sie geantwortet, dass sie sich dieses habe besorgen lassen, wobei sie nicht angegeben habe, von wem. Diese Angaben des Zeugen ... bezüglich der damaligen Einlassung der gesondert Verfolgten ... stellten wiederum ein gewisses Indiz für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen ... zu seinem persönlichen Kontakt mit ... und den für sie erledigten Botengängen in Bezug auf Drogen dar. Vor dem Hintergrund, dass es ihr schlecht ging, weil sich ihr Freund in Untersuchungshaft befand, wie auch dem zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten Vollstreckungsblatt zu entnehmen war, erschien es aus Sicht der Kammer lebensnah, dass sie Amphetamin konsumierte, um ihre gedrückte Stimmung zu heben und hierbei auf die Dienste des Zeugen ... zurückgriff.

(4) Der Zeuge ...

Die Aussage des Zeugen ... stellte ein weiteres gewichtiges Indiz für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen ... dar. Dieser hat im Kern bekundet, dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit dem Zeugen ... befreundet gewesen sei und mit ihm gemeinsame Freizeit verbracht habe. Durch ... habe er auch ... kennengelernt und sei zusammen mit ... mehrfach in deren Wohnung gewesen. Dies sei aber nur über einen kurzen Zeitraum erfolgt. Dort seien Drogen konsumiert worden, darunter Amphetamin und Marihuana. Sowohl ... als auch ... hätten konsumiert. Die Drogen hätte ... geholt, wobei er ihn auch mehrfach - circa drei- bis viermal - begleitet habe. Geholt hätte ... die Drogen vom Angeklagten. Dies sei damals so abgelaufen, dass ... den Angeklagten angerufen und gefragt habe, ob dieser Zeit habe. Wenn dies vom Angeklagten bestätigt worden sei, sei ... zu dessen Haus gegangen und er habe ihn manchmal begleitet. Die Übergabe der Drogen habe vor dem Wohnhaus des Angeklagten auf der Straße stattgefunden. Er habe dabei nur daneben gestanden und geschaut, ob jemand komme. So wie er es gesehen habe, sei dabei „Gras“ übergeben worden, das anschließend meist bei ... in der Wohnung konsumiert worden sei. Woher ... Amphetamin besorgt haben könnte, sei ihm nicht bekannt.

Hieraus ergab sich nicht nur der mehrfache Aufenthalt des Zeugen ... in der Wohnung von ..., verbunden mit dem Konsum von Drogen, sondern insbesondere der Umstand, dass der Zeuge ... diese auch von dem Angeklagten beschaffte. Zwar hat der Zeuge ... verneint, dass von dem Angeklagten Amphetamin beschafft worden sei. Angesichts dessen, dass der Zeuge ... aber nur Begleitperson des Zeugen ... und nicht an der Übergabe Beteiligter gewesen ist, war auch nicht auszuschließen, dass anlässlich dieser Treffen von dem Angeklagten auch Amphetamin für ... an den Zeugen übergeben worden ist. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sich der Zeuge in dem Zusammenhang nicht sicher war, ob im Gegenzug für die Übergabe der Drogen auch Geld übergeben worden sei. Seiner Erinnerung nach könnten die Drogen auch auf „Kommission“ übergeben worden sein, was bedeute, dass die Bezahlung später erfolgt sei. Angesichts dessen erschien es aus Sicht der Kammer auch möglich, dass bei diesen Treffen sowohl die Übergabe des Amphetamin für ... an den Zeugen ... erfolgte, als auch die Übergabe des Marihuanas als Belohnung. Auszuschließen war aber auch nicht, dass der Zeuge ... ohne den Zeugen ... gesondert von dem Angeklagten Amphetamin holte und an ... überbrachte, zumal der Zeuge ... diesbezüglich bekundet hat, dass die Übergabe der Drogen regelmäßig in der Wohnung des Angeklagten erfolgt sei. Dementsprechend könnten die von dem Zeugen ... bekundeten Treffen mit dem Angeklagten auch nur der Übergabe des als Belohnung verwendeten Marihuanas gedient haben. Dies würde auch erklären, warum sich der Zeuge hinsichtlich der Übergabe von Geld nicht sicher gewesen ist. Bedeutsam war in diesem Zusammenhang noch die Äußerung des Zeugen ..., wonach er „Mitläufer“ und der Zeuge ... „Läufer“ gewesen sei. Der ... habe seiner Kenntnis nach Drogen hin- und hertransportiert, dabei könne er auch von anderen Quellen Drogen bezogen haben, was er aber nicht genau wisse. Dazu befragt, ob der Zeuge ... auch für den Angeklagten als „Läufer“ tätig gewesen sei, hat der Zeuge ... angegeben, dass er dies nicht genau wisse, aber es schon „schätze“. Diese von dem Zeugen bekundeten Wahrnehmungen und dessen Einschätzung stellten jedenfalls ein deutliches Indiz dafür dar, dass sich der Zeuge ... mit dem Angeklagten zum Zwecke der Übergabe illegaler Drogen traf, was die Aussage des Zeugen ... insgesamt stützte. Dabei sprachen aus Sicht der Kammer insbesondere die Verwendung der Begriffe „Mitläufer“ und „Läufer“ neben dem Umstand, dass der Zeuge direkten Kontakt zu den Personen hatte, die illegale Drogen konsumierten, dafür, dass er szenekundig ist, was seiner Einschätzung ein besonderes Gewicht verlieh.

Diese Angaben des Zeugen ... hat die Kammer insgesamt auch als glaubhaft angesehen. Zwar hat dieser keine Angaben zu seinem damaligen Konsum gemacht und auch sonst seine Verstrickung in die damaligen Vorgänge als so gering wie möglich dargestellt. Diese Tendenz zum Schutz der eigenen Person im Rahmen der Aussage ist jedoch nicht ungewöhnlich. Darüber hinaus zeigte der Zeuge ... jedenfalls keine Bereitschaft, den Angeklagten übermäßig belasten zu wollen. Im Gegenteil, anfänglich seiner Vernehmung unterließ er es offensichtlich, den Angeklagten als Lieferanten der Drogen zu offenbaren und gab erst auf Nachfrage an, dass es sich bei dem Lieferanten um ihn gehandelt habe. Zudem handelte es sich bei dem Zeugen seiner Aussage und auch aller sonstigen Erkenntnisquellen nach nur um eine Randperson der damaligen Vorgänge, die seitdem weder mit dem Zeugen ... noch dem Angeklagten in irgendeinem näheren Kontakt steht. Darüber hinaus ist der Zeuge ... bereits erwachsen und mit 22 Jahren deutlich älter als der Zeuge ..., nämlich acht Jahre, so dass auch insofern eine Beeinflussung seines Aussageverhaltens durch den Zeugen ... fern lag. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Zeuge seiner Aussage nach bereits seit circa sechs Monaten in einer Einrichtung eines betreuten Wohnens in Mecklenburg-Vorpommern und nicht mehr in Templin lebt, war von der räumlichen Distanz auch auf eine innere Distanz zu den damaligen Vorgängen zu schließen, die eine wie immer geartete Beeinflussung durch Dritte fernliegend erschienen ließen.

(5) Die Zeugin ...

Auch die Aussage der Zeugin ... stellte ein - mit gebotener Zurückhaltung zu bewertendes - Indiz für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen ... dar. Diese hat im Kern bekundet, dass sie damals zu Besuch bei ... gewesen sei. Deren Freund sei damals in Haft gewesen. ... sei auch da gewesen und es seien von beiden Drogen konsumiert worden, darunter „Speed“ und - nach Vorhalt bestätigt - Marihuana. Das Marihuana sei auf dem Balkon konsumiert worden. Ein Freund von ... sei auch dabei gewesen, dabei könne es sich um den ... gehandelt haben. Daraus ließ sich aus Sicht der Kammer zumindest ebenfalls die Anwesenheit des Zeugen ... in der Wohnung von ... und dessen Konsum von Drogen in diesem Zusammenhang herleiten.

Der Kammer ist der Aussage der Zeugin hingegen nicht gefolgt, soweit sie bekundet hat, dass ... und ... gemeinsam die Wohnung verlassen hätten, um Drogen zu besorgen, während sie auf die Kinder aufgepasst habe. Sie hätten ihr dann erzählt, dass sie diese von einem „...“ besorgt hätten. Vor dem Hintergrund, dass keinerlei Anhaltspunkte für diese vermeintliche Herkunft der damals konsumierten illegalen Drogen über einen unbekannten Dritten solchen Namens bekannt geworden sind und auch der Aussage des Zeugen ... zu entnehmen war, dass die Zeugin ... in ihrer damaligen Vernehmung durch ihn in dem Verfahren gegen ... eine solche nicht bekundet haben soll, hielt die Kammer diesen Teil der Aussage nicht für überzeugend. Dies auch angesichts der Tatsache, dass selbst die gesondert Verfolgte ... in dem gegen sie geführten Verfahren laut Aussage des Zeugen ... einräumte, dass sie sich „Speed“ habe besorgen lassen und ihre Wohnung nicht verlassen habe. Dieser Teil der Aussage der Zeugin ... überzeugte zuletzt auch vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen ... nicht, welcher bestätigt hat, dass es der Zeuge Max Hildebrandt gewesen sei, der zum Teil unter seiner Begleitung Drogen für ... besorgt habe.

(6) Der Zeuge …

Im Hinblick auf das Geschehen vor dem Edeka-Markt am 27.09.2019 hat zwar der Zeuge ... im Wesentlichen bekundet, dass er mit dem Angeklagten zusammen im Edeka-Markt einkaufen gewesen sei, jedoch nichts von einer verbalen oder körperlichen Auseinandersetzung mitbekommen habe. An den Tag habe er noch eine gute Erinnerung, da sein Neffe ... seinen siebten Geburtstag gefeiert und er auf telefonische Bitte dessen Mutter, seiner Schwester, am Nachmittag noch hierfür Besorgungen vorgenommen habe. Insbesondere habe er eine spezielle Kaffeesorte gekauft, die es nur in dem Markt gebe. Der Angeklagte habe ihn zuvor telefonisch gefragt, was er gerade mache. Als er von seinem Einkaufsvorhaben berichtet habe, habe dieser ihn begleiten wollen. Der Angeklagte habe ihn daraufhin abgeholt, mit seinem Hund begleitet und für sich selbst in dem Markt Einkäufe getätigt. Beim Verlassen des Marktes habe er eine Auseinandersetzung des Angeklagten mit einer anderen Person, ein Anrempeln o. ä., nicht mitbekommen. ..., den er flüchtig vom Sehen her kenne, habe er an diesem Tag überhaupt nicht wahrgenommen. Gemeinsam seien der Angeklagte und er nach Verlassen des Marktes zum Wohnhaus seiner Schwester gegangen, dort seien sie gegen 16.00 Uhr eingetroffen. Draußen auf der Straße hätten sie sich mit der Schwester und dem Vater des Neffen, die sich beide in der Wohnung befunden hätten, circa 15 Minuten vor dem Fenster unterhalten. Er habe dann die gekauften Sachen nach oben gebracht und sei mit dem Angeklagten weiter zu diesem nach Hause gegangen. Die zu diesen Ausführungen des Zeugen ergänzend vernommene Schwester des Zeugen ..., die Zeugin ..., hat sowohl den Anlass - ihre Bitte um Besorgungen anlässlich des Geburtstags ihres Sohnes - als auch den Umstand der Rückkehr des Zeugen zu ihrer Wohnung nach dem Einkauf gegen 16.00 Uhr im Wesentlichen bestätigt, insbesondere auch, dass ihr Bruder dabei in Begleitung des Angeklagten gewesen sei. Hinsichtlich des Geschehens am Edeka-Markt hat sie hingegen keine Wahrnehmungen schildern können.

Die Kammer ist der Aussage des Zeugen ... jedoch nicht gefolgt, da sie bereits im deutlichen Widerspruch zu der Einlassung des Angeklagten stand, wonach er zumindest den Zeugen ... „angerempelt“ und ihm „Schöne Grüße“ an seine Mutter bestellt habe. Weshalb sich der Zeuge mit seiner Aussage schon in derart auffälligem Widerspruch zu der Einlassung des Angeklagten gesetzt hat, hat die Kammer nicht aufklären können. Eine bewusste Falschaussage lag eher fern. Immerhin hat der Zeuge auch auf Nachfrage bekundet, dass es möglich sei, dass er eine wie auch immer geartete Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und ... nicht wahrgenommen habe. Dieser Umstand sprach dafür, dass er jedenfalls keine Gefälligkeitsaussage zugunsten des Angeklagten um jeden Preis leisten wollte.

(7) Der Zeuge ...

Im Hinblick auf das Geschehen vor dem Edeka-Markt am 27.09.2019 sprachen im Übrigen für die Tatversion des Zeugen ... und damit gegen sowohl die diesbezügliche Einlassung des Angeklagten als auch die Aussage des Zeugen ... die diesbezüglichen Bekundungen des Vaters des Zeugen ..., des Zeugen .... Dieser hat hierzu im Kern ausgesagt, dass sein Sohn am Nachmittag dieses Tages, so zwischen 16.30 Uhr und 17.00 Uhr, nach Hauses gekommen sei und dabei „seinen Kopf habe hängen lassen“. Er habe ihm erzählt, dass er angerempelt und in das Gesäß getreten worden sei, zudem sei er mit einer „Pulle“ beschmissen worden, weshalb seine Hose nass gewesen sei. Den Zustand der Hose habe er selber nachvollziehen können, da er danach mit deren Wäsche befasst gewesen sei. Obwohl sein Sohn üblicherweise nicht so empfindlich sei, habe er an diesem Abend „geknickt“ gewirkt und sei ihm ängstlich erschienen. Deshalb habe er ihm auch zur Anzeige geraten und sei zu dem Zweck mit ihm am nächsten Tag zur Polizei gegangen.

Diese Ausführungen des Zeugen ... waren aus Sicht der Kammer glaubhaft. Zwar wies dieser naturgemäß ein besonderes Näheverhältnis zum Zeugen ... auf und war auch während dessen gesamter Vernehmung in der Hauptverhandlung als sein Erziehungsberechtigter zugegen. Aus dem Inhalt seiner gesamten Aussage war aber durchaus auf eine kritische Haltung dem damaligen Verhalten seines Sohnes gegenüber zu schließen, so dass nicht anzunehmen war, dass er die Ausführungen seines Sohnes ohne eigenen Standpunkt habe beanstandungslos übernehmen wollen. Auch sonstige Anhaltspunkte für eine reine Gefälligkeitsaussage zugunsten seines Sohnes und damit eine Falschaussage zulasten des Angeklagten ließen sich nicht finden.

Gerade diese plastische und plausible Schilderung des Zeugen ..., insbesondere zu dem auffälligen Verhalten seines Sohnes und dessen gezeigten Angstgefühlen nach der Rückkehr vom Edeka-Markt sowie zu der von ihm als nass wahrgenommenen Hose, stellte ein gewichtiges Indiz für die entsprechende Tatversion des Zeugen ... dar.

ff) Gesamtwürdigung

Die Kammer ist im Ergebnis dieser Glaubhaftigkeitsprüfung der Darstellung des Zeugen ... gefolgt. Die anfangs aufgestellte Unwahrhypothese stand mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung, weshalb sie zu verwerfen war. Dementsprechend galt die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage des Zeugen handelte. Zunächst ergab die sich auf die Qualität der Aussage des Zeugen beziehende Inhaltsanalyse der Aussage eine Faktenlage, die sich mit der Unwahrhypothese nicht vertrug. Der zwar vergleichsweise junge, aber aussagetüchtige Zeuge bekundete einen plausiblen Sachverhalt. Die Kammer hielt dabei die Version des Zeugen für deutlich lebensnäher, dass sich der Angeklagte - vermutlich aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung und bzw. oder Bequemlichkeit - der Dienste des Zeugen bei dem Transport der Drogen bediente, als die Version des Angeklagten, wonach der Zeuge bei ihm ohne jeglichen Kontakt zu illegalen Drogen mehrfach zu Besuch gewesen sei und sich die ihn belastenden Vorgänge nur ausgedacht habe. Auch in Bezug auf die vom Zeugen bekundeten Botengänge für ... war von einer lebensnahen und plausiblen Aussage auszugehen. Gerade der Umstand, dass sich diese gegen Ende November wegen der Inhaftierung ihres Lebensgefährten in einer psychischen Ausnahmesituation befand und deswegen Amphetamin zu Entspannungszwecken konsumierte, legte es nahe, dass sich diese dabei der Botendienste des Zeugen ... bediente, um nicht selbst zum Angeklagten gehen und sich dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen zu müssen. Im Vergleich dazu erschien der alternative Sachverhalt, der Zeuge habe sich diese belastenden Bekundungen nur ausgedacht, wenig plausibel. Zudem erschien auch die Sachverhaltsversion des Zeugen ... in Bezug auf das Geschehen vor dem Edeka-Markt angesichts des sowohl vom Angeklagten als auch von dem Zeugen bestätigten Zerwürfnisses zwischen beiden lebensnah und plausibel.

Zudem war die Aussage des Zeugen von einigen Realkennzeichen geprägt, welche auf ein erlebnisfundiertes Geschehen schließen ließen. Zwar ergaben sich auch beachtliche Unstimmigkeiten, diese waren aus Sicht der Kammer jedoch auch dem jungen Alter des Zeugen und der grundsätzlichen Unzulänglichkeit des Zeugenbeweises geschuldet. Insbesondere auch hinsichtlich der Konstanz der Aussage gab es zwar Auffälligkeiten, wie beispielsweise den Umstand, dass der Zeuge erstmals in der Vernehmung vor dem Amtsgericht bekundete, für den Angeklagten auch Marihuana an Dritte transportiert zu haben. Diese ließen sich jedoch aus der Entwicklung der Aussage heraus erklären. Auch die sonstigen Widersprüche, für die sich aussagepsychologische Erklärungsansätze finden ließen, betrafen eher Randbereiche, ließen den Kerngehalt der Aussage des Zeugen jedoch unberührt. Im Rahmen der Beweisaufnahme fanden sich auch keine Hinweise auf eine bewusste oder unbewusste Falschbelastung des Angeklagten durch die Zeugen. In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Zeuge ... bereits Kontakt mit Marihuana gehabt hatte, als er den Angeklagten kennenlernte. Dafür, dass - wie die Verteidigung vermutet hat - er selbst tief in die Drogenszene verstrickt gewesen sein könnte, deshalb unglaubwürdig sei und wahrscheinlich dem Angeklagten habe „eins auswischen wollen“, gab es keine Anhaltspunkte. Der Zeuge ... hat zwar bekundet, dass er vor der Vernehmung in dem Verfahren gegen ... bereits dienstlich mit dem Zeugen ... befasst gewesen sei, dabei sei es aber um andere Sachen gegangen, was tatsächlich verfahrensgegenständlich gewesen sei, könne er nicht mehr sagen. Dem verlesenen Auszug aus dem Erziehungsregister waren jedenfalls keine Eintragungen bezüglich etwaiger Straftaten zu entnehmen, die der Zeuge seit dem Erreichen der Strafmündigkeit begangen haben könnte.

Für die Sachverhaltsversion des Zeugen ... sprach darüber hinaus deutlich die objektive Spurenlage, wonach in der Wohnung des Angeklagten nicht nur unterschiedliche Sorten an Betäubungsmitteln, sondern auch Hilfsmittel für deren Weiterverkauf, beispielsweise Plastiktüten, und entsprechende Erlöse aufgefunden wurden. Zudem befanden sich diese illegalen Rauschmittel an den Stellen, die der Zeuge kannte. Dies ließ sich mit der Einlassung des Angeklagten, dass er lediglich selbst konsumiert, jedoch weder Drogen verkauft, noch dem Zeugen welche überlassen habe, nicht vereinbaren. Zudem war die Einlassung des Angeklagten dahingehend nicht plausibel, was den Tatvorwurf des Verkaufs von Marihuana an den damals noch minderjährigen Zeugen ... betraf. Anhand der Aussage des Zeugen ... ließ sich die dahingehende Einlassung des Angeklagten, er habe sich mit dem Zeugen in seiner Wohnung nur unterhalten, eindeutig widerlegen. Dies stellte ebenfalls ein gewichtiges Indiz gegen die Richtigkeit der Version des Angeklagten insgesamt dar. Insbesondere auch die Aussage des Zeugen ... hinsichtlich der mehrfachen Übergabe von Drogen von dem Angeklagten an den Zeugen ... in Zusammenhang mit den Aufenthalten bei ... stützte die diesbezüglichen Angaben des Zeugen ... deutlich.

Ansonsten hat die Kammer im Rahmen der Gesamtschau - mit dem entsprechend deutlich geminderten Gewicht - auch berücksichtigt, dass der Zeuge ..., befragt nach seiner Einschätzung zu den Ausführungen seines Sohnes als Vater, hierzu bekundet hat, dass er die Aussage seines Sohnes hinsichtlich der Kontakte zu dem Angeklagten als glaubhaft erachte. Begründet hat der Zeuge diese Einschätzung damit, dass er mit seinem Sohn im Herbst 2018 eine schwere Zeit durchgemacht habe. Sein Sohn sei damals kaum in den Griff zu bekommen gewesen, weshalb auch die mehrfache Unterbringung erfolgt sei. Von den Drogenkontakten seines Sohnes habe er damals keine positive Kenntnis gehabt, sondern nur diesbezügliche Vermutungen. Erst im Zuge der Ermittlungen in vorliegendem Verfahren habe er vollständig Kenntnis von den Vorgängen erlangt. Da sich das Verhalten seines Sohnes nach der Rückkehr aus der Unterbringung in Schwedt deutlich gebessert habe, das Verhältnis zu ihm mittlerweile gut sei und ihm auch seitdem keine neuen Vorfälle in Zusammenhang mit Drogen zu Ohren gekommen seien, halte er es für glaubhaft, dass sein Sohn umfassend habe „reinen Tisch machen“ wollen und demgemäß die damaligen Vorgänge wahrheitsgemäß geschildert habe. Die Kammer hielt diese Einschätzung des Zeugen ebenfalls für plausibel.

Im Übrigen hat selbst der Angeklagte in Bezug auf den Vorfall vor dem Edeka-Markt zumindest eingeräumt, den Zeugen mit seiner Schulter „angerempelt“ zu haben, was ein geringfügiges Teilgeständnis darstellte. Vor diesem Hintergrund erschien die Aussage des vermeintlich zur Tatzeit anwesenden Zeugen ... wenig überzeugend. In diesem Zusammenhang stützte zudem die Aussage des Vaters des Zeugen ... dessen Bekundungen deutlich.

c) Tat zu 1.

Wie oben ausgeführt, ist die Kammer aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ... und entgegen der Einlassung des Angeklagten hierzu davon überzeugt, dass der Angeklagte jenen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen nach ihrem ersten Treffen Mitte bis Ende Oktober 2018 jeweils als Boten im Zuge des Verkaufs von Marihuana einsetzte und ihn nach dem Überbringen des Kaufpreises jeweils mit Marihuana entlohnte. Eine hinreichend sichere Überzeugung von zumindest einer weiteren konkretisierten Unterstützungshandlung durch den Zeugen beim Verkauf des Marihuanas, die der Zeuge laut dem mit Verweisungsbeschluss vom 07.10.2019 angeklagten Sachverhalt begangen haben soll, hat die Kammer dabei nicht gewinnen können. Mangels näherer Angaben zur zeitlichen Einordnung und den individualisierten Umständen verblieben dahingehend gewisse Restzweifel, die sich letztlich zugunsten des Angeklagten auswirken mussten.

Die Kammer ist hinsichtlich der beiden Verkaufsvorgänge an einen unbekannten Abnehmer im Stadtgebiet von Templin, die der Tat zu 1. zugrunde lagen, davon ausgegangen, dass das verkaufte Marihuana jeweils aus einem einheitlichen Vorrat stammte, den der Angeklagte zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs in seinem Besitz hatte. Dafür sprach der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Taten und der Umstand, dass der Angeklagte vielfältige Verkaufsaktivitäten an den Tag legte, wie der Aussage des Zeugen ... und nicht zuletzt der Aussage des Zeugen ... entnommen werden konnte, so dass anzunehmen war, dass er stets größere Mengen an illegalen Betäubungsmittel für den Weiterverkauf vorrätig hielt. Auch die anlässlich der Durchsuchung vom 23.05.2019 festgestellte Menge an Marihuana war mit 11,27 g nicht ganz gering und stützte die These von einem größeren Verkaufsvorrat.

Dass der Angeklagte zu den Zeitpunkten der Botengänge des Zeugen ... im Zuge der Verkäufe und der Überlassung des Marihuanas als Belohnung gewusst haben muss, dass der Zeuge noch deutlich minderjährig war, ergab sich bereits aus dessen Einlassung. Danach habe ihm der Zeuge erzählt, dass er 16 Jahre alt sei, wovon er auch ausgegangen sei. Nach Ansicht der Kammer muss es der Angeklagte jedoch zumindest für möglich gehalten haben, dass der Zeuge noch jünger ist und dieses gleichgültig hingenommen haben. Der Zeuge ... hat hierzu bekundet, dass er dem Angeklagten während ihres ersten Gesprächs in dessen Wohnung sein wahres Alter auf seine Frage hin genannt habe. Zudem war der Zeuge nach dem persönlichen Eindruck der Kammer in der Hauptverhandlung zwar recht groß gewachsen für sein Alter und von kräftiger Statur. Allerdings wies er jüngere Gesichtszüge auf, so dass er auf den Betrachter deutlich jünger als 16 Jahre wirkte. Auch sein während der Vernehmung gezeigtes Verhalten wies trotz einigen selbstbewussten Zügen noch nicht den Grad von Reife auf, der von ihm zu erwarten gewesen wäre, wäre er tatsächlich ein Sechzehnjähriger. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte selber Vater von eigenen Kindern ist, sich darunter ein Adoptivsohn von derzeit 13 Jahren befindet und er mit den Kindern seiner Lebensgefährtin in einem Haushalt lebt, muss ihm zumindest das ungefähre tatsächliche Alter des Zeugen zur Tatzeit von dreizehn bis vierzehn Jahren im Bereich des Möglichen erschienen sein.

Daran, dass sowohl das gehandelte als auch das an den Zeugen ... überlassene Marihuana mindestens durchschnittliche Qualität aufwies, hatte die Kammer keinen Zweifel. Darauf deutete bereits die chemische Untersuchung der am 23.05.2019 in der Küche der Wohnung des Angeklagten aufgefundene Marihuanamenge von 11,27 g, welche laut dem zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten Wirkstoffgutachten einen Wirkstoffanteil von 10,6 % aufwies. Hierbei handelt es sich nach den Erfahrungen der Kammer aus vergleichbaren Verfahren eher bereits um überdurchschnittliche Qualität. Auch der Zeuge ... hat bestätigt, dass das von ihm von dem Angeklagten erworbene Marihuana guter Qualität gewesen sei. Vor diesem Hintergrund und auch aufgrund der relativen zeitlichen Nähe zwischen den Handlungen betreffend die Tat zu 1. und der Durchsuchung am 23.05.2019 waren keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von dem Angeklagten gehandelte und zum Konsum abgegebene Menge unterdurchschnittlicher oder gar schlechter Qualität gewesen sein könnte.

d) Tat zu 2.

Auch hinsichtlich der Tat zu 2. hat die Kammer - wie oben ausgeführt - ihre Überzeugung von der Tatbegehung durch den Angeklagten aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ... gewinnen können. Ergänzend hat sie sich dabei auch auf die Aussagen der Zeugen ..., ... und ... gestützt. Insofern stand fest, dass der Angeklagte wie bei der Tat zu 1. den Zeugen ... an zwei nicht näher bestimmbaren Tagen zwischen dem 19.11.2018 und dem 06.12.2018 jeweils als Boten für den Verkauf von Amphetamin an ... einsetzte und ihn im Zuge des Überbringens des Kaufpreises jeweils mit Marihuana entlohnte. Im Unterschied zur Tat zu 1. wurde der jeweilige Tatentschluss zur Vornahme der Beihilfehandlung auf Seiten des Zeugen jedoch nicht durch den Angeklagten hervorgerufen. Zumindest die grundsätzliche Initiative zur Beschaffung von Amphetamin und zur Inanspruchnahme der Dienste des Zeugen hierbei ging von ... aus. Aufgrund der Aussage des Zeugen ..., er habe vier bis sechsmal Amphetamin bei dem Angeklagten für ... geholt, was in den Bekundungen des Zeugen ... seine Bestätigung fand, sprach viel dafür, dass der Zeuge über die oben festgestellten zweimaligen Botengänge hinaus - mindestens viermal - entsprechende Unterstützungsleistungen für den Angeklagten leistete. An einer entsprechenden Feststellung sah sich die Kammer jedoch aufgrund der auf zwei Unterstützungshandlungen beschränkten Verweisungsentscheidung des Amtsgerichts Prenzlau vom 07.10.2019 gehindert.

Auch hinsichtlich der beiden Verkaufsvorgänge an ... war anzunehmen, dass das verkaufte Amphetamin jeweils aus einem einheitlichen Vorrat stammte, den der Angeklagte zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs in seinem Besitz hatte. Dafür sprachen ebenfalls der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Taten und der Umstand, dass der Angeklagte vielfältige Verkaufsaktivitäten an den Tag legte, wie der Aussage des Zeugen ... und nicht zuletzt der Aussage des Zeugen ... entnommen werden konnte. Insofern war anzunehmen, dass er stets größere Mengen an illegalen Betäubungsmitteln für den Weiterverkauf vorrätig hielt. Auch die anlässlich der Durchsuchung vom 23.05.2019 festgestellte Menge an Amphetamin war mit 8,14 g nicht ganz gering. Die Umstände der Aufbewahrung - größere Tüte mit wenig Inhalt und diese aufbewahrt in einem größeren Leergefäß - legten es auch nahe, dass die ursprünglich aufbewahrte Menge deutlich größer gewesen sein muss.

Daran, dass sowohl das gehandelte Amphetamin als auch das an den Zeugen ... überlassene Marihuana mindestens durchschnittliche Qualität aufwiesen, hatte die Kammer keinen Zweifel. Hinsichtlich des Marihuanas war auf die obigen Ausführungen zu verweisen. In Bezug auf das Amphetamin diente als Anhaltspunkt die chemische Untersuchung der am 23.05.2019 in der Küche der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen Menge von 8,14 g, welche laut dem zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemachten Wirkstoffgutachten einen Wirkstoffanteil von 10,7 % aufwies. Diese wies damit nach den Erfahrungen der Kammer aus vergleichbaren Verfahren zumindest durchschnittliche Qualität auf. Auch aufgrund der relativen zeitlichen Nähe zwischen den Handlungen betreffend die Tat zu 2. und der Durchsuchung am 23.05.2019 waren keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von dem Angeklagten gehandelte Menge unterdurchschnittlicher oder gar schlechter Qualität gewesen sein könnte.

e) Tat zu 3.

In Bezug auf die Tat zu 3. hat die Kammer - wie oben ausgeführt - ihre Überzeugung von dem Verkauf des Marihuanas von dem Angeklagten an den Zeugen ... zunächst auf die glaubhafte Aussage des Zeugen ... gestützt. Dessen Angaben wurden durch die Bekundungen des Zeugen ... bestätigt. Die Feststellungen zur Durchsuchung am 23.05.2019 und den aufgefundenen Gegenständen ergaben sich wiederum aus dem auszugsweise verlesenen Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll vom 23.05.2019, dem auszugsweise verlesenen Durchsuchungsbericht vom selben Tage und ergänzend aus den Vernehmungen der Zeugen ... und .... Die Mengen und Wirkstoffgehalte der aufgefundenen unerlaubten Betäubungsmittel waren wiederum dem verlesenen Wirkstoffgutachten vom 03.01.2020 zu entnehmen. Dafür, dass die Betäubungsmittel überwiegend dem gewinnbringenden Weiterverkauf dienten, sprachen bereits die in deren Nähe aufgefundenen, zahlreichen zum Verkauf geeigneten kleinen Plastiktütchen und die aufgefundene Feinwaage. Zudem deutete darauf die aufgefundene Bargeldmenge, die sich in der Holzschachtel direkt neben dem sichergestellten Marihuana befand. Neben den Ausführungen der Zeugen ... und ... ergab sich auch aus den Bekundungen des Zeugen ..., dass der Angeklagte Betäubungsmittel unerlaubt weiterveräußerte. Demnach stand fest, dass der Angeklagte die aufgefundenen Drogen zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs vorrätig hielt und in teilweiser Umsetzung dieses Vorhabens am 23.05.2019 an den damals minderjährigen Zeugen ... 0,5 g Marihuana verkaufte.

Die Überzeugung davon, dass es der Angeklagte in diesem Zusammenhang zumindest als möglich erachtet haben muss, dass der Zeuge ... zum damaligen Zeitpunkt noch nicht achtzehn Jahre alt war und sich mit diesem Umstand gleichgültig abgefunden hatte, hat die Kammer zunächst aus dem Erscheinungsbild des Zeugen gewonnen. Dieser war für sein Alter recht klein gewachsen, war sehr schlank und wies durchaus noch kindliche Gesichtszüge auf. Insgesamt wirkte er trotz seiner unlängst erreichten achtzehn Jahre deutlich jünger. Auch schien er ausgehend von seinen Antworten und den in der Vernehmung gezeigten Reaktionen vom Stand seiner Reifeentwicklung noch nicht dem jugendlichen Alter entwachsen zu sein. Diese äußeren Anhaltspunkte für die Minderjährigkeit des Zeugen zum Tatzeitpunkt müssen sich aus Sicht der Kammer auch dem Angeklagten aufgedrängt haben, zumal dieser selbst Kinder hat bzw. mit denen seiner Lebensgefährtin unter einem Dach lebt. Auch der Umstand, dass der Zeuge ... glaubhaft bekundet hat, dass er dem Angeklagten berichtet habe, dass er 2017 die Schule mit dem Abschluss der 10. Klasse verlassen habe, sprach dafür, dass der Angeklagte es zumindest als möglich angesehen haben muss, dass der Zeuge ... zum Tatzeitpunkt noch nicht volljährig gewesen ist. Auch der Umstand, dass der Angeklagte seiner eigenen Einlassung nach mit der Familie des Zeugen ... bekannt ist, da diese im gleichen Haus wohnt wie seine Ex-Frau, stellte ein - eher schwächeres - Indiz dafür dar, dass der Angeklagte das minderjährige Alter des Zeugen ... zumindest für möglich gehalten haben muss.

f) Tat zu 4.

Die Überzeugung von der Begehung der Tat zu 4. durch den Angeklagten hat sich die Kammer - wie oben ausgeführt - im Wesentlichen anhand der Aussage des Zeugen ... verschafft. Diese wurde durch die Aussage des Zeugen ... gestützt. Im Hinblick auf den Vorwurf der gleichzeitig zu der körperlichen Misshandlung versuchten Nötigungshandlung in Bezug auf die anstehende Zeugenvernehmung vor dem Amtsgericht Prenzlau hat sich die Kammer keine hinreichend sichere Überzeugung von einer dementsprechenden Motivation des Angeklagten verschaffen können.

g) Herkunft des sichergestellten Bargelds

Die Kammer hat dem Angeklagten des Weiteren nicht geglaubt, dass das im Rahmen der Durchsuchung in der Holzschachtel aufgefundene Bargeld aus legalen Quellen stammen soll. Dagegen sprach deutlich der enge räumliche Bezug zu den Drogengeschäften des Angeklagten. Dieser war insbesondere daran eindeutig sichtbar, dass sich in der Holzschachtel neben dem Bargeld auch das aufgefundene Marihuana in einer Plastiktüte befand. Zudem bewahrte der Angeklagte in der Küche und damit in räumlicher Nähe des Geldes auch das Amphetamin und die Ecstasy-Tabletten auf. Darüber hinaus befanden sich in der Holzschachtel neben den Geldscheinen auch viele Plastiktütchen, die offensichtlich der Portionierung und dem Verkauf illegaler Rauschmittel dienen sollten. Ein weiteres Indiz für die deliktische Herkunft des Bargelds war auch der Umstand, dass sich darunter nur ein Geldschein mit dem Nennwert über 5,00 EUR befand. Dieser lag ausweislich der Lichtbilder gut sichtbar in der Mitte der - im Rahmen der Durchsuchung geöffneten - Schachtel neben einem Bündel von Geldscheinen sowie einem einzelnen Geldschein über 10,00 EUR. Dementsprechend war davon auszugehen, dass der Geldschein aus dem Verkaufsgeschäft mit dem Zeugen ... stammte, welches der Angeklagte noch kurz vor der Durchsuchung abgewickelt hatte. Bei lebensnaher Betrachtung war anzunehmen, dass der Angeklagte diesen im Rahmen der Abwicklung des Verkaufs einfach in die Schachtel getan hatte, so dass dieser oben auf lag. Insofern war ein Drogenbezug offensichtlich. Eine sonstige plausible Erklärung für eine legale Herkunft des gesamten Geldes, dessen Betrag angesichts der geringen Einkünfte des Angeklagten aus sozialer Unterstützung vergleichsweise bedeutend war und nicht ohne weiteres von ihm hätte erwirtschaftet werden können, fand sich nicht. Die von dem Angeklagten hierfür bemühten Erklärungen, dass das Bargeld zum einen von seiner Ex-Frau stammen und es sich dabei um das Kindergeld in Höhe von 220,00 EUR für seine Tochter handeln solle, zudem die weiteren 100,00 EUR aus seinen regulären Einkünften herrühren und diese für die Klassenfahrt der Tochter vorgesehen gewesen sein sollen, erschienen vor diesem Hintergrund deutlich konstruiert und überzeugten nicht.

IV. Rechtliche Würdigung

In rechtlicher Hinsicht ist der Angeklagte des Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, der unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen und der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß den §§ 30a Abs. 2 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 223 Abs. 1, 52, 53 StGB schuldig.

Hinsichtlich der Tat zu 1. - Läufertätigkeit des Zeugen ... in Bezug auf den Verkauf von zwei Portionen Marihuana an unbekannt an zwei aufeinanderfolgenden Tagen - war zunächst von einem Bestimmen eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG auszugehen. Indem der Angeklagte jeweils den minderjährigen Zeugen ... dazu veranlasste, den Transport der von ihm zum Verkauf an den unbekannten Abnehmer vorgesehenen Drogen zu übernehmen, rief er in ihm den Tatentschluss zu einem Hilfeleisten bezüglich des von ihm selbst verwirklichten Tatbestands des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hervor. Mit der Übergabe des Marihuanas an den Zeugen zum Zwecke des Transports zu Verkaufszwecken entfaltete der Angeklagte wiederum eine auf Umsatz gerichtete Handelstätigkeit. Diese vorsätzliche, rechtwidrige und schuldhafte Haupttat unterstützte der minderjährige Zeuge durch seine Beihilfehandlung, hinsichtlich deren er mit doppeltem Gehilfenvorsatz handelte. Der Angeklagte wiederum hielt es dabei jeweils für möglich und fand sich damit gleichgültig ab, dass der Zeuge noch deutlich minderjährig sein könnte. Tateinheitlich zu einem Bestimmen eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hat sich der Angeklagte der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht. Der Angeklagte hat dem Zeugen jeweils unerlaubt die tatsächliche Verfügungsgewalt an dem als Belohnung dienenden Betäubungsmittel - 0,5 g Marihuana - übertragen, was eine Abgabe im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG darstellt. Im Gegensatz dazu stellte die Übergabe des von dem Zeugen transportierten Marihuanas an diesen durch den Angeklagten keine tatbestandliche Abgabe dar, da dieser als Bote keine eigene Sachherrschaft daran ausübte. Die Übergabe der Belohnung in Form von Marihuana an den Zeugen ... war mit einem Teilakt des unerlaubten Handeltreibens, nämlich der Übergabe des für die verkauften Drogen erhaltenen Kaufpreises von dem Zeugen an den Angeklagten, eng verknüpft, weshalb Tateinheit vorlag. Dabei war auch das unerlaubte Handeltreiben gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG selbständig zu tenorieren, da der hiermit verknüpfte eigenständige Unrechtsgehalt nicht in den beiden gewichtigeren Deliktstatbeständen enthalten war. Dieses stand ebenfalls zu dem verwirklichten Delikt des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG in Tateinheit. Da hier davon auszugehen war, dass sowohl die jeweils von dem Angeklagten verkauften und durch den Zeugen ... transportierten Portionen an Marihuana als auch das als Belohnung an den Zeugen übergebene Marihuana aus einem einheitlichen Vorrat stammten, war nach den Grundsätzen der Bewertungseinheit nur von einer Tathandlung im Rechtssinne hinsichtlich beider Verkaufsvorgänge auszugehen, zu welcher der Zeuge ... auch nur eine Beihilfehandlung im Rechtssinne geleistet hat.

Hinsichtlich der Tat zu 2. - Läufertätigkeit des Zeugen ... in Bezug auf den Verkauf von zwei Portionen Amphetamin an ... an zwei unterschiedlichen Tagen binnen kurzer Zeit - hat sich der Angeklagte zum einen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht. Der minderjährige Zeuge ... erhielt jeweils im Zuge der Abwicklung des Verkaufs des Amphetamins als Belohnung Marihuana von dem Angeklagten. Zum anderen hat der Angeklagte tateinheitlich wiederum das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG verwirklicht, da ein Teilakt des Verkaufs in Form der Entgegennahme des Geldes wiederum mit der unerlaubten Abgabe verknüpft war. Hingegen war diesbezüglich nicht von einem Bestimmen eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG auszugehen, da der Angeklagte in dem Zeugen diesbezüglich nicht den Entschluss zur Ausübung seiner Läufertätigkeit hervorgerufen hatte. Da wiederum davon auszugehen war, dass sowohl die jeweils von dem Angeklagten verkauften und durch den Zeugen ... transportierten Amphetaminmengen als auch das als Belohnung abgegebene Marihuana jeweils aus einem einheitlichen Vorrat stammten, war ebenfalls nach den Grundsätzen der Bewertungseinheit nur von einer Tathandlung im Rechtssinne hinsichtlich beider Verkaufsvorgänge auszugehen.

In Bezug auf die Tat zu 3. - Verkauf von Marihuana an den Zeugen ... und Vorrätighalten der unerlaubten Betäubungsmittel zu gewinnbringenden Verkaufszwecken - hat sich der Angeklagte zum einen wiederum der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht. Der Angeklagte verkaufte an den minderjährigen Zeugen ... das Marihuana und übertrug diesem in dem Zusammenhang die Verfügungsgewalt daran, was wie die unentgeltliche Überlassung auch unter das Tatbestandsmerkmal der Abgabe fällt (vgl. Körner/Patzak/Volkmer BtMG, 9. Aufl., § 29a, Rn. 13). Wegen der Verknüpfung der Überlassung der Sachherrschaft an den Betäubungsmitteln mit dem zugrundeliegenden entgeltlichen Veräußerungsgeschäft hat sich der Angeklagte zum anderen tateinheitlich wiederum des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht. Dieses stellt sich wiederum nur als ein Teilakt des Vorrätighaltens der Gesamtmenge an unerlaubten Betäubungsmitteln zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs dar, so dass der Schuldspruch des unerlaubten Handeltreibens diesen gesamten Unrechtsgehalt mit erfasst. Die Summe der Wirkstoffmengen aller vorrätig gehaltenen unerlaubten Betäubungsmittel unterschritt die von der Rechtsprechung festgelegte nicht geringe Menge deutlich, weshalb nur der Vergehenstatbestand des unerlaubten Handeltreibens nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG verwirklicht ist.

Die Tat zu 4. betreffend hat sich der Angeklagte der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Hingegen war nicht von einer gefährlichen Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs auszugehen. Zwar war die von dem Angeklagten geworfene Glasflasche nach ihrer objektiven Beschaffenheit grundsätzlich geeignet, bei dem Zeugen ... erhebliche Körperverletzungen hervorzurufen. Dies betraf aber gerade nicht die konkrete Verwendung im vorliegenden Fall, da diese nur gegen die Wade geworfen wurde und damit die Gefahr entsprechend gewichtiger Verletzungen, beispielsweise Verletzungen innerer Organe o. ä., auszuschließen war. Dies betraf ebenso den Tritt mit dem beschuhten Fuß in das Gesäß des Zeugen. Abgesehen davon, dass die Kammer zu ihrer Überzeugung keine konkreten Feststellungen zur Ausgestaltung des getragenen Schuhwerks treffen konnte, bestand dahingehend keine Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung des Zeugen. Aufgrund des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs stellen sich die unterschiedlichen Verletzungshandlungen des Angeklagten gegenüber dem Zeugen als einheitliche Körperverletzungstat dar.

V. Strafzumessung

1. Einzelstrafen

a) Tat zu 1.

Hinsichtlich der Tat zu 1. hat die Kammer ausgehend vom Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG von 5 Jahren bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe die Anwendung des minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG geprüft, letztendlich jedoch verneint. Im Ergebnis der vorzunehmenden Gesamtwürdigung war ein deutliches Überwiegen der bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten sprechenden Umstände nicht erkennbar. Zwar war das äußere Tatbild auch von strafmildernden Aspekten geprägt. So hat der Angeklagte den Zeugen Hildebrandt lediglich zu Botengängen und damit bloßen Beihilfehandlungen bestimmt. Diese wogen nicht derart schwer wie die Anstiftung zu einem täterschaftlichen Handeln, beispielsweise einem eigenständigen Handeltreiben durch den minderjährigen Zeugen. Bei den gehandelten Drogen handelte es sich auch (nur) um Marihuana, welches als sogenannte „weiche Droge“ kein derart hohes Gefahrenpotential aufweist wie sogenannte „harte Drogen“. Zudem war die jeweils an den zwei Tagen verkaufte Menge der Drogen mit mindestens 5,0 g, mithin insgesamt 10,0 g an beiden Tagen, vergleichsweise gering. Auch hat der Angeklagte an den minderjährigen Zeugen an den zwei Tagen jeweils nur Marihuana und damit lediglich eine „weiche Droge“ in einer vergleichsweise geringen Menge von 0,5 g, mithin insgesamt 1,0 g an beiden Tagen, abgegeben.

Allerdings waren zu Lasten des Angeklagten die tateinheitliche Begehung gleich mehrerer Straftaten und die verwerflichen Umstände des Bestimmens des Zeugen zu den Beihilfehandlungen zu berücksichtigen. Der Angeklagte hat die schwierige Lage, in welcher sich der Zeuge an dem Tag ihres ersten Aufeinandertreffens befand, gezielt ausgenutzt, um ihn für seine illegalen Zwecke einzuspannen. Wie der Angeklagte von den Schilderungen des Zeugen wusste, befand sich dieser an dem Tag in einer emotionalen Ausnahmesituation, weil es in dem zuvor geführten Gespräch im Jugendamt um seinen Verbleib in der Heimunterbringung ging und er von dort weggelaufen war. Diesen Umstand machte sich der Angeklagte zielgerichtet zu Nutze, indem er dem Zeugen Zigaretten, Bier und den Mitkonsum von Marihuana anbot und ihn so innerlich auf seine Seite zog. Auch gab er vor, sich für dessen Probleme zu interessieren und ihm unterstützend zur Seite zu stehen, war aber vordringlich nur an dessen Tätigkeit als Läufer interessiert, wie er ihm später im Gespräch offenbarte. Zudem stellte er ihm dabei als Gegenleistung für seine Unterstützungshandlungen nicht irgendwelche, beispielsweise materielle, Vorteile in Aussicht, sondern lockte ihn wiederum mit der Belohnung mit Marihuana, wodurch er ihn wieder intensiver mit Drogen in Verbindung brachte. Strafschärfend war auch das seiner Kenntnis nach deutlich minderjährige - tatsächlich sogar noch kindliche - Alter des Zeugen ... zu berücksichtigen. Zu seinen Lasten sprach auch, dass er mehrfach vorbestraft ist. Allerdings sind die Vorstrafen nicht einschlägig und liegen überwiegend längere Zeit zurück, so dass diesem Gesichtspunkt kein überragendes Gewicht einzuräumen war. Alles in allem ergab sich jedenfalls kein Tatbild, welches vom verwirklichten Tatunrecht derart unterdurchschnittlich war, dass sich die Anwendung des Regelstrafrahmens als nicht mehr schuldangemessen dargestellt hätte.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer die genannten und alle weiteren Strafzumessungsgesichtspunkte nochmals miteinander abgewogen. Als bestimmende Gesichtspunkte hat die Kammer hierbei zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass sich seine Handlungen lediglich auf weiche Drogen bezogen. Zu seinen Lasten wiederum hat sie insbesondere berücksichtigt, dass er mit der Tat tateinheitlich mehrere Delikte verwirklichte. Angesichts eines Tatcharakters, der auch einige strafmildernde Aspekte aufwies und deshalb im Vergleich zu ähnlichen Fallkonstellationen von geringerem Tatunrecht geprägt war, konnte es bei einer Strafe am unteren Rand des Strafrahmens verbleiben. Im Ergebnis der Betrachtung hielt die Kammer deshalb eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen.

b) Tat zu 2.

In Bezug auf die Tat zu 2. ist die Kammer vom Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe ausgegangen. Auch hier kam die Anwendung des gemilderten Strafrahmens wegen des Vorliegens eines minder schweren Falls gemäß § 29a Abs. 2 BtMG nicht in Betracht. Das Tatbild war zwar auch hier von strafmildernden Aspekten geprägt, so hat der Angeklagte wiederum nur „weiche Drogen“ in Form von Marihuana jeweils nur in geringer Menge an den Zeugen ... als Belohnung übergeben. Auch bezog sich das jeweilige Handeltreiben des Angeklagten diesbezüglich auf Amphetamin, welches nicht als sogenannte „harte Droge“ anzusehen ist und lediglich in überschaubarer Menge, jeweils 5 g, mithin insgesamt 10 g an den beiden unterschiedlichen Tagen, verkauft worden ist. Zudem ging die Initiative zu den Verkaufsgeschäften diesbezüglich nicht von dem Angeklagten aus. Allerdings war auch hier das gesamte Tatbild, insbesondere die tateinheitliche Verwirklichung zweier Tatbestände und das deutlich minderjährige Alter des Zeugen zu berücksichtigen. Wiederum sprachen auch die Vorstrafen des Angeklagten - mit entsprechend geringerem Gewicht - zu seinen Lasten. Alles in allem war auch hier nicht von einer Fallgestaltung auszugehen, deren verwirklichtes Tatunrecht deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Fälle lag, so dass eine Verschiebung des Strafrahmens nicht in Betracht kam.

Unter Abwägung insbesondere der genannten aber auch aller weiteren relevanten Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer vor dem Hintergrund eines äußeren Tatbilds, welches ebenfalls im Vergleich zu ähnlichen Fallkonstellationen von geringerem Tatunrecht geprägt war, eine Strafe am unteren Rand des Strafrahmens für ausreichend erachtet. Im Ergebnis der Abwägung hielt die Kammer deshalb eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten für tat- und schuldangemessen.

c) Tat zu 3.

Hinsichtlich der Tat zu 3. hat die Kammer ausgehend vom Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe auch hier die Anwendung des gemilderten Strafrahmens wegen des Vorliegens eines minder schweren Falls gemäß § 29a Abs. 2 BtMG geprüft und letztendlich für einschlägig befunden. Insgesamt überwogen hier die strafmildernden Gesichtspunkte deutlich. So hat der Angeklagte nur einmal eine geringe Menge „weicher Drogen“ in Form von 0,5 g Marihuana an den Zeugen ... verkauft. Dieser war zum Tatzeitpunkt nicht nur bereits betäubungsmittelerfahren, sondern auch schon 17 Jahre und 7 Monate alt und stand damit kurz vor der Vollendung des 18. Lebensjahres. Das Tatunrecht wog damit deutlich geringer als wenn der Angeklagte einen deutlich jüngeren und betäubungsmittelunerfahrenen Minderjährigen in Kontakt mit den illegalen Drogen gebracht hätte. Zwar verwirklichte der - nicht einschlägig - vorbestrafte Angeklagte wiederum tateinheitlich zwei Delikte und hatte zu Verkaufszwecken unterschiedliche Arten und nicht gänzlich geringe Mengen unerlaubter Betäubungsmittel vorrätig. Zu seinen Gunsten war diesbezüglich jedoch deutlich zu berücksichtigen, dass die vorgehaltenen und die an den Zeugen veräußerten Drogenmengen sichergestellt wurden und damit nicht in den Verkauf gelangten. Insgesamt war das Tatbild derart bestimmend von strafmildernden Aspekten geprägt, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens nicht mehr angemessen erschien und der gemilderte Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zur Anwendung kam.

Auch insofern ergab die Abwägung insbesondere der genannten und aller weiteren relevanten Aspekte im Rahmen der Strafzumessung, dass es bei einer Strafe, die noch im unteren Bereich des Strafrahmens lag, verbleiben konnte. Diesbezüglich hielt die Kammer eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen.

d) Tat zu 4.

Bezüglich der Tat zu 4. war von dem Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB von Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren bzw. Geldstrafe von fünf bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen auszugehen. Auch hier war das Tatbild von geringerem Unrechtscharakter geprägt, die körperliche Misshandlung des Zeugen durch den Angeklagten verursachte zwar Schmerzen, die jedoch nur kurzzeitig, jedenfalls nicht länger als einige Stunden, anhielten. Sonstige, insbesondere langandauernde Verletzungsfolgen waren nicht zu verzeichnen. Insgesamt hielt die Kammer eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 5,00 EUR für tat- und schuldangemessen.

2. Gesamtstrafe

Aus diesen Einzelstrafen hatte die Kammer gemäß den §§ 53, 54 StGB unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden. Hierbei hat sie die bereits benannten allgemeinen und speziellen Strafzumessungskriterien erneut abgewogen. Aufgrund des vergleichsweise engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen den Taten zu 1. bis 3. erschien insoweit ein straffer Zusammenzug angemessen. Auch sprach für diese Vorgehensweise, dass das jeweils verwirklichte Tatunrecht verglichen mit ähnlichen Taten nicht allzu gewichtig war. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass keine „harten Drogen“ und vergleichsweise überschaubare Mengen an Betäubungsmitteln von Seiten des Angeklagten unerlaubt entgeltlich veräußert bzw. unentgeltlich überlassen wurden. Auf der anderen Seite konnte die Gesamtstrafe angesichts der - zwar überwiegend nicht einschlägigen, aber teils gewichtigen - Vorstrafen des Angeklagten auch nicht am untersten Rand des Strafrahmens angesiedelt werden. Insgesamt stellte sich deshalb eine moderate Erhöhung der Einsatzstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe

in Höhe von

sechs Jahren und sechs Monaten

als erforderlich, aber auch ausreichend dar.

3. Einziehung

Die Einziehung der in der Küche in einer Holzschachtel aufgefundenen 345,00 EUR beruht hinsichtlich der 5,00 EUR, die aus dem Verkauf an den Zeugen ... stammten, auf § 73 Abs. 1 StGB, im Übrigen auf den §§ 73 Abs. 1, 73a Abs. 1 StGB, da es sich nach der Überzeugung der Kammer hierbei um Erlöse deliktischer Herkunft handelte. Die Entscheidung hinsichtlich der Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 200,00 EUR beruht auf den §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d Abs. 2 StGB. Nach Überzeugung der Kammer hat der Angeklagte mittels der mindestens vier Verkaufshandlungen bei den Taten zu 1. und 2. zu je 50,00 EUR an Erlösen einen Gesamterlös von 200,00 EUR erzielt.

VI. Teilfreispruch

Soweit dem Angeklagten mit Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Prenzlau vom 07.10.2019 unter dem Anklagepunkt 3. vorgeworfen worden war, an einem nicht näher bestimmbaren Tag im Zeitraum 01.11.2018 bis 31.12.2018 in einem dritten Fall die Dienste des minderjährigen Zeugen ... für die Auslieferung des von ihm zum Verkauf bestimmten Marihuanas von seiner Wohnung zu dem unbekannten Abnehmer, die Entgegennahme des Kaufpreises von dem Kunden und den Transport des Geldes zu ihm nach Hause in Anspruch genommen und ihn anschließend hierfür mit Marihuana entlohnt zu haben, war er freizusprechen. Trotz einiger Gesichtspunkte die für eine solche tatsächlich begangene Handlung sprachen, konnte sich die Kammer keine hinreichend sichere Überzeugung hiervon verschaffen. Vor diesem Hintergrund kam der Zweifelssatz zu seinen Gunsten zur Anwendung.

VII. Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO.