Gericht | OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 29.04.2014 | |
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Aktenzeichen | 10 UF 27/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerden des Antragsstellers und der weiteren Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 19. November 2013 teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung … (Versicherungsnummer 65 …) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 9,1927 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto Nr. 65 0… bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 30. Juni 2012, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung … (Versicherungsnummer 65 …) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 3,2388 Entgeltpunkten (Ost) auf deren Versicherungskonto Nr. 65 0… bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 30. Juni 2012, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung … (Versicherungsnummer 65 0…) zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,0266 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto Nr. 65 … bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 30. Juni 2012, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung … (Versicherungsnummer 65 0…) zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 8,7552 Entgeltpunkten (Ost) auf dessen Versicherungskonto Nr. 65 … bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 30. Juni 2012, übertragen.
Hinsichtlich der von dem Ehemann bei der E… AG in der Ehezeit erworbenen Anrechte zur Versicherungsnummer 008… findet ein Wertausgleich nicht statt.
Hinsichtlich der von der Ehefrau bei der E… AG in der Ehezeit erworbenen Anrechte zur Versicherungsnummer 0080… findet ein Wertausgleich nicht statt.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der E… AG zur Versicherungsnummer 009… zu Gunsten des Antragsstellers ein Anrecht in Höhe von 3.847,35 € bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 30.6.2012, begründet. Die E… AG wird verpflichtet, 3.847,35 € nebst 3,25 % Zinsen seit dem 30.6.2012 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an die Deutsche Rentenversicherung … zur Versicherungsnummer 65 … zu zahlen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden den beteiligten Ehegatten je zur Hälfte auferlegt. Außer-gerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt 5.733 €. Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren wird anderweitig auf 11.466 € festgesetzt.
I.
Auf den am 27.7.2012 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 3.7.2013 die am 20.11.1995 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und die Folgesache über den Versorgungsausgleich gemäß § 140 FamFG abgetrennt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich durchgeführt und dabei den durch notarielle Vereinbarung geschlossenen Teilausschluss zum Versorgungsausgleich dahin, dass dieser nur für den Zeitraum bis zum 20.6.2010 durchgeführt werden solle, berücksichtigt. Gegen diese Entscheidung wenden sich der Antragsteller und die weitere Beteiligte zu 1. mit der Beschwerde. Die weitere Beteiligte zu 1. macht geltend, dass das Amtsgericht nicht die von ihr erteilten Auskünfte, bei denen ausdrücklich eine Außerachtlassung der Zeit vom 1.7.2010 bis zum 30.6.2012 Berücksichtigung gefunden hat, herangezogen hat. Ferner rügt die weitere Beteiligte zu 1., dass der Ausgleich bezogen auf den 20.6.2012 und nicht auf das tatsächliche Ehezeitende am 30.6.2012 durchgeführt worden sei. Der Antragssteller beanstandet ebenfalls, jedenfalls bezogen auf die von ihm in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) zu erworbenen Anrechte, die Nichtbeachtung der von der weiteren Beteiligten zu 1. erteilten Auskünfte. Ferner macht er geltend, das Amtsgericht habe zu Unrecht das von der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 3. erworbene Anrecht nach dem AltZertG dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten, statt es sogleich auszugleichen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässigen Beschwerden des Antragstellers und der weiteren Beteiligten zu 1. führen zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Senat entscheidet nach Gewährung rechtlichen Gehörs ohne die in § 221 Abs. 1 FamFG vorgesehene mündliche Erörterung.
1.
Das Amtsgericht ist zutreffend von einer Ehezeit gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG vom 1.11.1995 bis zum 30.6.2012 ausgegangen.
2.
Soweit es die von den Ehegatten bei der weiteren Beteiligten zu 2. und – hinsichtlich der Versicherungsnummern 008206442 und 00807516 – bei der weiteren Beteiligten zu 3. erworbenen Anrechte betrifft, bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts, ohne dass es hierzu weiterer Ausführungen bedarf. Denn die Beschwerdeführer haben ihre Rechtsmittel auf die bei der weiteren Beteiligten zu 1. und - hinsichtlich der Versicherungsnummer 009… – bei der weiteren Beteiligten zu 3. erworbenen Anrechte beschränkt. Eine solche Teilanfechtung ist möglich, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind (BGH, FamRZ 2011, 547 Rn. 17).
3.
Zu Recht rügt die weitere Beteiligte zu 1., dass das Amtsgericht hinsichtlich der bei ihr erworbenen Anrechte unzutreffende Auskünfte herangezogen hat. Das Amtsgericht hat, obwohl es den formwirksamen Teilausschluss, der im Hinblick auf § 8 VersAusglG keinen Bedenken begegnet, berücksichtigen wollte, die von der weiteren Beteiligten zu 1. unter dem 24.4. und 23.5.2013 erteilten Auskünfte hinsichtlich der gesamten Ehezeit vom 1.11.1995 bis zum 30.6.2012 herangezogen. Tatsächlich hat die weitere Beteiligte zu 1. zu den genannten Auskünften aber jeweils ergänzende Auskünfte vorgelegt, in denen sie den vereinbarten Teilausschluss berücksichtigt hat. Insoweit hat sie hinsichtlich beider Ehegatten angegeben, dass diese in der außer Acht zu lassenden Zeit vom1.7.2010 bis zum 30.6.2012 keine Entgeltpunkte (West) erworben haben, so dass es hinsichtlich der in der allgemeinen Rentenversicherung erworbenen Anrechte bei der auf die gesamte Ehezeit bezogenen Auskunft verbleiben kann. Hinsichtlich der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) hat die weitere Beteiligte zu 1. aber in den ergänzenden Auskünften nachvollziehbar von den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkte (Ost) diejenigen Entgeltpunkte (Ost), die vom Teilausschluss betroffen sind, abgezogen.
Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Auskünfte der weiteren Beteiligten zu 1. sind daher folgende Werte heranzuziehen:
- für den Antragsteller | ||
in der allgemeinen Rentenversicherung | ||
Ehezeitanteil | 18,3854 Entgeltpunkte | |
Ausgleichswert | 9,1927 Entgeltpunkte | |
korrespondierender Kapitalwert | 58.460,20 € | |
in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) | ||
Ehezeitanteil | 6,4776 Entgeltpunkte (Ost) | |
Ausgleichswert | 3,2388 Entgeltpunkte (Ost) | |
korrespondierender Kapitalwert | 17.523,29 € | |
- bei der Antragsgegnerin | ||
in der allgemeinen Rentenversicherung | ||
Ehezeitanteil | 0,0531 Entgeltpunkte | |
Ausgleichswert | 0,0266 Entgeltpunkte | |
korrespondierender Kapitalwert | 169,16 € | |
in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) | ||
Ehezeitanteil | 17,5103 Entgeltpunkte (Ost) | |
Ausgleichswert | 8,7552 Entgeltpunkte (Ost) | |
korrespondierender Kapitalwert | 47.369,37 €. |
4.
Ebenfalls unzutreffend hat das Amtsgericht den Ausgleich der Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Weise vorgenommen, dass die Übertragung von Anrechten bezogen auf den 20.6.2010 erfolgt. Auch wenn der Versorgungsausgleich in zeitlicher Hinsicht teilweise ausgeschlossen wird, kommt eine Vorverlegung des Ehezeitendes nicht in Betracht (vgl. BGH, FamRZ 2006, 769; FamRZ 2001, 1444; OLG Saarbrücken, FamRZ 2008, 1865). Da das Ehezeitende gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG Bemessungsgrundlage der auszugleichenden Anrechte bleibt, ist im Versorgungsausgleich auch bei einem Teilausschluss eine Auskunft zunächst bezogen auf die gesamte Ehezeit zu erteilen und sind sodann diejenigen Anrechte abzuziehen, die in der Zeit, die vom Ausschluss erfasst ist, erworben wurden (OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, NJW-RR 2002, 1012, 1014; OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, Beschluss vom 30.4.2013 – 3 UF 22/12, BeckRS 2013, 19106; Götsche in: Götsche/ Rehbein/ Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, § 27 VersAusglG Rn. 78). Eine solche Berechnung hat die weitere Beteiligte zu 1. hier vorgenommen. Der Ausgleich der bei ihr erworbenen Anrechte hat aber, wie sie zu Recht rügt, bezogen auf das Ehezeitende am 30.6.2012 zu erfolgen.
5.
Das von der Antragsgegnerin zur Versicherungsnummer 009… erworbene Anrecht aus einer aufgeschobenen konventionellen lebenslangen Altersrentenversicherung nach AltZertG (Riester-Rente) erworbene Anrecht hat das Amtsgericht zu Unrecht dem schuldrechtlichem Versorgungsausgleich vorbehalten. Von fehlender Ausgleichsreife im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG kann nicht ausgegangen werden.
Allerdings hat die weitere Beteiligte zu 3. in ihrer Auskunft vom 18.10.2012 daraufhingewiesen, dass bei der gewählten Zielversorgung der ausgleichsberechtigten Personen nicht ersichtlich sei, ob diese ebenfalls die Voraussetzungen der Förderungen nach dem AVmG erfülle und, sofern dies nicht der Fall sei, die Teilung eine sogenannte „schädliche Verwendung“ darstellen könne; deren Konsequenzen (steuerliche Nachteile, Rückführung Zulagen etc.) könnten auch nach erfolgter Teilung möglicherweise in voller Höhe die dort fortbestehende Anwartschaft der ausgleichspflichtigen Person treffen. Diese Einschätzung ändert jedoch nichts daran, dass ein ausgleichsreifes Anrecht vorliegt.
Nicht hinreichend verfestigt im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG sind Anrechte, die noch verfallbar sind, deren Versorgungswert also durch die künftige betriebliche oder berufliche Entwicklung des Versicherten noch beeinträchtigt werden kann (vgl. Johannsen/ Henrich/ Holzwarth, Familienrecht, 5. Auflage, § 19 VersAusglG Rn. 5 ff.). Um ein solches Anrecht handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin eingegangenen aufgeschobenen konventionellen lebenslangen Altersrentenversicherung nach AltZertG nicht.
Da es sich um einen konventionellen Altersrentenversicherungsvertrag handelt, kommt es auf die Besonderheiten, die für eine fondsgebundene Rentenversicherung gelten (vgl. dazu BGH, FamRZ 2012 694; OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, Beschluss vom 19.11.2012 – 3 UF 15/12, BeckRS 2012, 25109), nicht an. Auch bestehen hinsichtlich der von dem Antragsteller gewählten Zielversorgung für die externe Teilung, nämlich die Deutsche Rentenversicherung …, keine Bedenken. Insoweit bedarf es weder der Zustimmung des Zielversorgungsträgers noch einer Angemessenheitsprüfung, §§ 15 Abs. 4 VersAusglG, 222 Abs. 2 FamFG (vgl. auch OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, a.a.O.).
Auch die von der weiteren Beteiligten zu 3. in der Auskunft vom 18.10.2012 erteilten Hinweise im Bezug auf eine mögliche Rückforderung staatlicher Zulagen beeinflussen das zu treffende Ergebnis nicht. Eine so genannte schädliche Verwendung ist nämlich, wie die weitere Beteiligte zu 3. mit Schreiben vom 26.3.2014 ausdrücklich mitgeteilt hat, dann nicht gegeben, wenn die Deutsche Rentenversicherung als Zielversorgung gewählt wird.
Mithin kann die externe Teilung entsprechend dem Vorschlag der weiteren Beteiligten zu 3. durchgeführt werden, wobei der Ausgleichswert ab Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich mit dem Rechnungszins zu verzinsen ist (vgl. BGH, NJW 2011, 3358).
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG, die Wertfestsetzung auf §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.
Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 55 Abs. 3 FamGKG abzuändern. Denn dem Versorgungsausgleich in erster Instanz unterlagen nicht, wie vom Amtsgericht angenommen, acht Anrechte, sondern lediglich sechs Anrechte, so dass sich ein Wert von 11.466 € (= 19.110 € x 6 Anrechte x 10 %) errechnet. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt auch dann, wenn ein Ehegatte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben hat, ein einheitliches Anrecht im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG vor (vgl. nur Senat, Beschluss vom 26.7.2010 – 10 UF 78/10; so auch OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, Beschluss vom 31.3.2012 – 3 UF 7/12, BeckRS 2013, 14689).