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Alice-Salomon-Hochschule; Soziale Arbeit (Bachelor); Wintersemester 2013/2014; 1. Fachsemester; Überbuchung; Dienstleistungsexport


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 03.11.2014
Aktenzeichen OVG 5 NC 1.14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 12 Abs 1 GG, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 11 HSchulZulG BE, § 8 Abs 2 HSchulZulV BE 2012

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2013/2014 vorläufig zum Studium im Bachelorstudiengang „Soziale Arbeit“ im 1. Fachsemester zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass zwar die festgesetzte Zulassungszahl von 158 Studienplätzen zu niedrig angesetzt worden sei, da die Antragsgegnerin nach den von ihr eingereichten Unterlagen zur Aufnahme von 170 Studierenden verpflichtet gewesen sei. Jedoch sei sie ihrer Verpflichtung zur Ausschöpfung der Kapazität nachgekommen, indem sie für das Wintersemester 2013/2014 170 Studierende in dem Studiengang immatrikuliert habe.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Überbuchung sowie gegen die kapazitätsrechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Dienstleistungsexport.

II.

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der fristgerechten Darlegungen der Antragstellerin befindet, hat keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist bei Zugrundelegung dieses Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die über die festgesetzte Zulassungszahl von 158 erfolgte Überbuchung um zwölf Studierende keinen rechtlichen Bedenken begegne. Gemäß § 8 Abs. 2 BerlHZVO könne die Hochschule durch eine Überbuchung der Studierendenzahlen berücksichtigen, dass Studienplätze voraussichtlich nicht angenommen würden. Das Annahmeverhalten von Studenten, die sich in erheblichem Umfang mehrfach bewerben würden, sei schwer kalkulierbar. Solche Prognosen des Annahmeverhaltens hätten deshalb nur eine eingeschränkte Richtigkeitsgewähr. Vor diesem Hintergrund zeige die Antragstellerin nicht auf, dass eine Überbuchung im Rahmen von 7 v.H. willkürlich wäre. Es bestehe kein Anspruch darauf, durch Überbuchung vergebene Plätze solchen Studienbewerbern, die sich - wie die Antragstellerin - außerhalb der festgesetzten Kapazität beworben hätten, vorzubehalten.

Die Beschwerde beanstandet, dass die Antragsgegnerin trotz Aufforderung durch die Antragstellerin unzulängliche Angaben zum Nachrückverfahren gemacht und insbesondere nicht dargelegt habe, „wie viele Nachrücker im Oktober 2013 noch zugelassen wurden und wie viele der 156 Plätze Anfang Oktober 2013 frei wurden“, sodass nicht bewertet werden könne, ob die Vergabepraxis willkürlich gewesen sei, und letztlich gar keine gerichtliche Kontrolle des Nachrückverfahrens stattgefunden habe. Da die Antragsgegnerin jedenfalls insoweit beweisfällig geblieben sei, dürften zumindest die im letzten Nachrückverfahren (Anfang Oktober 2013) vorgenommenen Überbuchungen nicht berücksichtigt werden. Bei dieser „Bewertung“ werde mindestens ein Studienplatz frei, der an die Antragstellerin zu vergeben sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keinen Änderungsbedarf auf. Sie verkennt, dass es keine Rechtsvorschrift gibt, die in dem von ihr in Anspruch genommenen Sinne Rechte eines auf Zuteilung eines außerkapazitären Studienplatzes klagenden Bewerbers schützt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 14. April 2009 - OVG 5 NC 174.08 - [Humanmedizin Sommersemester 2008], juris Rn. 42, mit weiteren Nachweisen). Die kapazitäts- und vergaberechtlichen Vorschriften gehen von dem Grundgedanken aus, dass bei pflichtgemäßer Kapazitätsermittlung alle vorhandenen einschließlich der von der Zentralstelle und/oder der Hochschule im Hinblick auf das infolge von Mehrfachbewerbungen zunehmend unkalkulierbar gewordene Annahmeverhalten von Studienbewerbern überbuchten Studienplätze in das Vergabeverfahren einbezogen werden, um in verfassungskonformer Weise zu gewährleisten, dass zum einen kein Studienplatz unbesetzt bleibt und zum anderen durch die Zugrundlegung einheitlicher und sachgerechter Kriterien eine im Sinne des Gleichheitssatzes möglichst gerechte Auswahl unter den prinzipiell gleichberechtigten Bewerbern vorgenommen wird. Diesem Grundgedanken entspricht die Überbuchungsregelung in § 8 Abs. 2 BerlHZVO, die angesichts ihrer Funktion, eine pflichtgemäße Kapazitätsausschöpfung sicherzustellen, entgegen der Auffassung der Beschwerde eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 11 BerlHZG hat. Ausschließlich dann, wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind und als ein mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbares Ergebnis das Freibleiben eines Studienplatzes droht, ist dieser freie Studienplatz an einen gegen die Hochschule klagenden Bewerber - unabhängig von seiner Rangziffer - zu vergeben (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 14. April 2009, a.a.O., juris Rn. 42, mit weiteren Nachweisen). Ansonsten wird die Ausbildungskapazität der Hochschule sowohl bei Einhaltung wie bei Überschreiten der normativen Zulassungszahl aufgezehrt. Von Letzterem ist hier auszugehen. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin bei der Vergabe der überbuchten Plätze willkürlich oder rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass das Hauptzulassungsverfahren für das hier in Rede stehende Semester am 13. August 2013 durchgeführt worden sei und das schlechte Annahmeverhalten drei Nachrückverfahren Ende August 2013, Mitte September 2013 und Anfang Oktober 2013 erfordert habe, sodass in dem Zulassungsverfahren insgesamt 383 Zulassungsangebote erteilt worden seien. Es besteht danach kein Anlass, an einer verfahrensgerechten und kapazitätserschöpfenden Vergabe der Studienplätze zu zweifeln, zumal das Gericht den tatsächlichen Angaben eines Trägers öffentlicher Verwaltung im Hinblick auf dessen Pflicht zu wahrheitsgemäßem und vollständigem Vortrag grundsätzlich Vertrauen entgegenbringen darf (vgl. Beschluss des Senats vom 4. November 2009 - OVG 5 NC 25.09 - [FU/Tiermedizin Wintersemester 2008/2009], juris Rn. 15). Das Vorbringen der Beschwerde nötigt weder zu einer weiteren Sachaufklärung noch zu einer von ihr geforderten Beweislastentscheidung. Die Beschwerde moniert in Wahrheit weder eine willkürliche noch rechtsmissbräuchliche Überbuchungspraxis, sondern richtet sich gegen das Institut der Überbuchung als solches und zielt im Kern auf die Besetzung eines Studienplatzes mit der Antragstellerin, der im Wege der Überbuchung innerkapazitär an einen in der Rangfolge vor ihr stehenden Bewerber vergeben worden ist. Ein solcher mit der innerkapazitären Vergabe von Studienplätzen konkurrierender außer-kapazitärer Anspruch steht der Antragstellerin aber von vornherein nicht zu.

Angesichts dessen gehen auch die Überlegungen der Beschwerde zur Vermeidbarkeit von Überbuchungen, etwa durch den Erlass aufschiebend bedingter Zulassungsbescheide an Studienbewerber, deren Zulassung zu einer Überbuchung führen würde, ins Leere. Es mag sein, dass die festgesetzte Zulassungszahl „dem Rechtsstaatsprinzip gemäß nach Möglichkeit eingehalten werden“ muss. Daraus kann die Beschwerde jedoch nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil der Antragstellerin grundsätzlich kein subjektives Recht zusteht, zum Zwecke der Ausschöpfung der Kapazität vorgenommene Überbuchungen zu rügen.

Soweit die Beschwerde schließlich einwendet, dass das Verwaltungsgericht von einem beanstandungsfrei errechneten Dienstleistungsexport ausgegangen sei, obwohl die Antragstellerin wiederholt vergeblich nachgefragt habe, welche Bedeutung die Abkürzungen BA EBK, BA GPM, MA MQG, BA TP/ET (dual) und BA PT/ET (PQS) hätten, und sich daraus eine „Beweislastentscheidung zulasten der Antragsgegnerin“ ergeben müsste, dürfte dieses Informationsbedürfnis spätestens durch das von der Antragsgegnerin eingereichte Abkürzungsverzeichnis zu den in Rede stehenden Bachelor- und Masterstudiengängen befriedigt worden sein und die Frage nach einer Beweislastentscheidung entbehrlich machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).