Gericht | OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 08.11.2016 | |
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Aktenzeichen | 10 UF 107/15 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2016:1108.10UF107.15.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1601ff BGB |
1. Ob durch Vereinbarung ein Anspruch auf Kindesunterhalt begründet werden kann, auch soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, bedarf keiner Entscheidung, wenn eine entsprechende konkrete Vereinbarung nicht dargelegt wird.
2. Beim Kindesunterhalt kommt eine konkrete Bedarfsbemessung allenfalls dann in Betracht, wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils den Betrag von 5.100 € übersteigt, für den nach der Düsseldorfer Tabelle eine Unterhaltsbemessung nach den Umständen des Falles vorgesehen ist.
3. Auch bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes können fiktiv zuzurechnende Einkünfte zu berücksichtigen sein, wenn der Pflichtige über längere Zeit Einkünfte in entsprechender Höhe tatsächlich erzielt und damit den Lebensunterhalt der Familie bestritten hat. Hier ist es im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast zunächst Aufgabe des Antragstellers, seinen Bedarf darzulegen und dabei im Einzelnen darzustellen, von welchen tatsächlichen oder fiktiven Einkünften (bezogen auf die einzelnen Einkommensarten) er dabei ausgeht und gegebenenfalls vorzutragen, welcher Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit dem Antragsgegner im Einzelnen vorzuwerfen ist. Erst im Anschluss daran stellt sich die Frage der sekundären Darlegungslast des Antragsgegners.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der am 14. Juli 2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin abgeändert.
Der Antragsgegner wird in Abänderung des Anerkenntnisteilbeschlusses des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 22./29. Januar 2015 verpflichtet, den Antragstellern zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin monatlichen Unterhalt wie folgt, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats, zu zahlen:
an den Antragsteller zu 1.
- | 2 € | für Juni 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014, |
- | 27 € | für die Monate Juli bis Dezember 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 27 € seit dem 1. Juli, dem 1. August, dem 1. September, dem 1. Oktober, dem 1. November und 1. Dezember 2014, |
- | 9 € | für Januar 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2015, |
- | 18 € | für die Monate Februar bis Juli 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 18 € seit dem 1. Februar 2015, dem 1. März 2015, dem 1. April 2015, dem 1. Mai 2015 und dem 1. Juni 2015, |
- | 31 € | für die Monate August bis Dezember 2015, |
- | 37 € | für den Monat Januar 2016, |
- | 328 € | für die Monate Februar bis September 2016, |
- | 110 % | des Mindestunterhalts der 2. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind für die Monate Oktober 2016 bis April 2017, |
- | 110 % | des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind ab Mai 2017, |
an den Antragsteller zu 2.
- | 2 € | für Juni 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014, |
- | 27 € | für die Monate Juli bis Dezember 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 27 € seit dem 1. Juli, dem 1. August, dem 1. September, dem 1. Oktober, dem 1. November und 1. Dezember 2014, |
- | 9 € | für Januar 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2015, |
- | 18 € | für die Monate Februar bis Juli 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 18 € seit dem 1. Februar 2015, dem 1. März 2015, dem 1. April 2015, dem 1. Mai 2015 und dem 1. Juni 2015, |
- | 31 € | für die Monate August bis Dezember 2015, |
- | 37 € | für den Monat Januar 2016, |
- | 328 € | für die Monate Februar bis September 2016, |
- | 110 % | des Mindestunterhalts der 2. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind für die Monate Oktober 2016 bis März 2019, |
- | 110 % | des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind ab April 2019. |
Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragsteller 87 % und der Antragsgegner 13 % zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragstellern zu 84 % und dem Antragsgegner zu 16 % auferlegt.
Dieser Beschluss ist sofort wirksam.
Der Beschwerdewert wird auf 9.425 € festgesetzt.
I.
Die minderjährigen Antragsteller, die bei ihrer Mutter leben, nehmen ihren Vater, den Antragsgegner, auf Kindesunterhalt ab Oktober 2013 in Anspruch.
Der Antragsgegner und die Mutter der Antragsteller schlossen am 20.2.2008 eine Scheidungsfolgenvereinbarung (Bl. 7), in der es unter Ziffer 4. heißt:
„Auch über den Unterhalt haben wir uns verständigt, Herr K… erfüllt seine Unterhaltspflicht seiner Frau und den Kinder gegenüber durch regelmäßige und pünktliche Zahlungen.„
Jedenfalls seit Abschluss dieser Vereinbarung zahlte der Antragsgegner für jeden der beiden minderjährigen Antragsteller monatlichen Unterhalt von 1.000 €, und zwar bis einschließlich September 2013. Ab Oktober 2013 verminderte er die Unterhaltszahlungen deutlich. Seit Juli 2014 zahlte er monatlichen Unterhalt von 300 € je Kind, nach Erlass des Anerkenntnisteilbeschlusses vom 29.1.2015 (Bl. 391) 291 € je Kind.
Durch den angefochten Beschluss vom 14.7.2015 hat das Amtsgericht den Antragsgegner in Abänderung des zuvor in diesem Verfahren ergangenen Anerkenntnisteilbeschlusses vom 29.1.2015 verpflichtet, folgende Beträge zu zahlen:
a) an den Antragsteller zu 1. ab 1.7.2015 jeweils monatlich im Voraus eine Unterhaltsrente in Höhe von 1.000 €,
b) an den Antragsteller zu 1. rückständigen Unterhalt für den Zeitraum Oktober 2013 bis Juni 2015 in Höhe von 13.720 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 250 € seit 2.10.2013, aus 500 € seit 2.11.2013, aus 600 € seit 2.12.2013, aus je 650 € seit 2.1.2014, 2.3.2014, 2.4.2014 und 2.5.2014, aus 675 € seit 2.6.2014, aus je 700 € seit 2.7.2014, 2.8.2014, 2.9.2014, 2.10.2014, 2.11.2014, 2.12.2014 und 2.1.2015 sowie aus je 709 € seit 2.2.2015, 2.3.2015, 2.4.2015, 2.5.2015 und 2.6.2015,
c) an die Antragstellerin zu 2. ab 1.7.2015 jeweils monatlich im Voraus eine Unterhaltsrente in Höhe von 1.000 €,
d) an die Antragstellerin zu 2. rückständigen Unterhalt für den Zeitraum Oktober 2013 bis Juni 2015 in Höhe von 13.720 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 250 € seit 2.10.2013, aus 500 € seit 2.11.2013, aus 600 € seit 2.12.2013, aus je 650 € seit 2.1.2014, 2.3.2014, 2.4.2014 und 2.5.2014, aus 675 € seit 2.6.2014, aus je 700 € seit 2.7.2014, 2.8.2014, 2.9.2014, 2.10.2014, 2.11.2014, 2.12.2014 und 2.1.2015 sowie aus je 709 € seit 2.2.2015, 2.3.2015, 2.4.2015, 2.5.2015 und 2.6.2015.
Im Übrigen hat das Amtsgericht die Anträge zurückgewiesen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 501 ff.).
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er trägt vor:
Das Amtsgericht sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen und so zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt. Es habe seinen Vortrag hinsichtlich der Geschäftsführertätigkeit bei der V… GmbH, zum Verkauf des Firmengrundstücks der H… GmbH als Mitgesellschafter der T… GbR, zum Verkauf der Geschäftsanteile an der H… GmbH, zu Veräußerungsgewinnen als Bruttoeinkünfte aus Gewerbebetrieb, zu den Einnahmen aus dem Mehrfamilienhaus …-Straße 123, zum Wohngrundstück B… Straße 106 und zum unbebauten Grundstück H…-Straße 10 nicht hinreichend gewürdigt.
Im Übrigen könne von einem Bedarf von 1.000 € je Kind schon deshalb keine Rede sein, weil beide Kinder von der Mutter außerordentlich „kurz gehalten“ worden seien.
Soweit das Amtsgericht ausgeführt habe, er habe behauptet, sich aus gesundheitlichen Gründen nach 2008 beruflich eingeschränkt und seine Gesellschaftsbeteiligung verkauft zu haben, er sei erschöpft und lebe zurzeit vom Vermögensstamm, handele es sich um eine tendenziöse Wiedergabe dessen, was vorgetragen worden sei. Tatsächlich habe er, der Antragsgegner, „aus der Tretmühle“ heraus gewollt und massive gesundheitliche Probleme gehabt. Seine Verfahrensbevollmächtigten seien gehindert, hierzu weiter vorzutragen, weil er, der Antragsgegner, dies nicht wolle. Er lebe aber vom Vermögensstamm. Wenn dies so weitergehe, werde der Stamm bald aufgebraucht sein. Er arbeite durchaus. Zunächst habe er eine Geschäftsführertätigkeit bei der V… GmbH angetreten, was sich als Fehler herausgestellt habe. Danach habe er - ebenfalls erfolglos - versucht, die Diskothek in F…, die gepachtet worden sei, voranzubringen. Der diesbezügliche Pachtvertrag sei aber am 23.6.2015 gekündigt worden (Bl. 546). Sein Partner, Herr K… T…, sei untergetaucht und nicht mehr erreichbar, sodass er, der Antragsgegner, im Ergebnis die Verluste der GbR allein zu tragen habe.
Ein Bedarf von jeweils 1.000 € sei nicht unstreitig und könne allenfalls unter Heranziehung der Einkünfte aus den guten Jahren in Betracht gezogen werden. Soweit es um den Erlös der Verkäufe der beiden 2013 veräußerten Grundstücke gehe, habe das Amtsgericht verkannt, dass es sich um den Vermögensstamm handele, ferner, dass von dem Erlös „zur Hälfte“ eine andere Immobilie, in der er nun lebe, gekauft worden sei, wie er zuvor stets auch zu Familienzeiten in einer eigenen Immobilie gelebt habe.
Beiträge für eine zusätzliche Altersversorgung in Form einer Lebensversicherung seien zu berücksichtigen. Soweit das Amtsgericht die vorgelegten Unterlagen nicht als ausreichend angesehen habe, hätte ein entsprechender Hinweis ergehen müssen.
Ein Einkommenssteuerbescheid für 2013 könne noch nicht vorgelegt werden. Die Feststellungserklärung für die T… & K… GbR (Diskothek) sei vom Steuerberatungsbüro immer noch nicht eingereicht worden. Der insoweit ergehende Feststellungsbescheid werde in den Einkommenssteuerbescheid für 2013 Eingang finden. Alle unterhaltsrelevanten Zahlen habe er aber vorgelegt. Sobald der Feststellungsbescheid und die Einkommensteuererklärung vorlägen, werde er diese nachreichen.
Der Antragsgegner beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die gestellten Anträge zurückzuweisen, soweit sie über den Anerkenntnisteilbeschluss des Amtsgerichts vom 29.1.2015 hinausgingen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tragen vor:
Mit Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner nach Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 20.2.2008 bis einschließlich September 2013 ungekürzten Unterhalt in Höhe von 1.000 € je Kind gezahlt habe, obliege es ihnen nicht, nun ihren konkreten eigenen Bedarf darzulegen. Ein solcher Bedarf entspreche im Übrigen dem gehobenen Lebensstandard vor der Trennung.
Aus dem Sachvortrag des Antragsgegners auch in der Beschwerdebegründung ergebe sich nicht, welches Einkommen er sich tatsächlich zurechnen lassen wolle. Bis heute habe er nicht ordnungsgemäß Auskunft über Einkommen und Vermögen erteilt, insbesondere auch Auflagenbeschlüsse des Amtsgerichts nicht erfüllt. Nachweise über Abschreibungen und Reparaturen für die Immobilien fehlten ebenfalls. Sie, die Antragsteller, könnten nicht auf lang andauernde Auskunftsverfahren verwiesen werden, wenn es eine Unterhaltsvereinbarung gebe, in welcher sich der Antragsgegner zur Zahlung monatlichen Unterhalts von 1.000 € je Kind verpflichtet habe. Einkünfte aus dem Jahr 2012 habe der Antragsgegner nicht komplett offengelegt. Dasselbe gelte für das Kalenderjahr 2013. Auch habe der Antragsgegner nicht dargelegt, wie er den Erlös aus den Verkäufen seiner Grundstücke im Jahr 2013 verwendet habe. Dabei handele es sich um 63.568 € für das Grundstück H…-Straße 10 in P…, und um 356.000 € für das Grundstück B… Straße 106 in P…, insgesamt also 419.568 €. Die Immobilie, in die der Antragsgegner eingezogen sei, gehöre ihm im Übrigen nur zur Hälfte. Beim Ankauf dieser Immobilie müsse ihm bewusst gewesen sein, dass er zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts von je 1.000 € verpflichtet gewesen sei.
Als Einkünfte aufseiten des Antragsgegners seien auch Kreditraten zu berücksichtigen, die er im Zusammenhang mit Darlehensgewährung an fremde Personen zurückerhalten habe. Ferner habe er Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung für die Immobilie …-Straße 123. Auch verfüge er über hohe Kapitalerträge aus Geldanlagen, die ebenfalls bislang nicht lückenlos offengelegt worden seien.
Die Kündigung des Pachtverhältnisses bezüglich der Diskothek werde bestritten. In dem vorgelegten Schreiben sei eine Kündigung noch nicht ausgesprochen, sondern lediglich angedroht worden. Im Übrigen wäre der Antragsgegner, seinen Sachverhalt als richtig unterstellt, verpflichtet gewesen, für die Firma einen Insolvenzantrag zu stellen und Strafanzeige gegen seinen Geschäftspartner zu erstatten.
Soweit der Antragsgegner mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 30.3.2015 eine Aufstellung über seine monatlichen Lebenshaltungskosten gefertigt habe, hätten sich viele der dort genannten Positionen durch Umzug in die neue Immobilie erledigt. Aufwand für Umgangskosten habe der Antragsgegner nicht, da er den Kontakt zu ihnen, den Antragstellern, abgebrochen habe. Sämtliche Spielsachen, die er in seinem Haushalt gehabt habe, habe er vor die Tür ihrer Mutter gelegt.
Abzüge für eine zusätzliche Altersvorsorge könnten mangels diesbezüglicher Belege nicht geltend gemacht werden.
Der Antragsgegner müsse sich auch einen Wohnvorteil für mietfreies Wohnen in dem eigenen Haus zurechnen lassen.
Im Übrigen übersteige ihr konkreter Unterhaltsbedarf ohnehin einen Betrag von monatlich je 1.000 €.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat den Antragsgegner und die gesetzliche Vertreterin der Antragsteller angehört. Insoweit wird auf den Anhörungsvermerk zum Senatstermin vom 6.9.2016 verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragsgegner hat über sein im Termin vom 22.1.2015 erklärtes Anerkenntnis (Bl. 385) hinaus Unterhalt nur in eingeschränktem Umfang zu zahlen. Insoweit ist der Anerkenntnisteilbeschluss vom 22./29.1.2015, wie bereits durch den angefochtenen Beschluss geschehen, abzuändern. Ein Fortbestehen dieses Titels und eine ergänzende Verpflichtung durch diesen Beschluss scheidet hier aus. Denn zum einen hat das Amtsgericht - insoweit dem Anerkenntnis des Antragsgegners folgend - die von ihm bis dahin erbrachten Zahlungen nicht berücksichtigt. Zum anderen hat das Amtsgericht - wiederum dem Teilanerkenntnis folgend - dynamisierten Unterhalt gemäß § 1612a Abs. 1 BGB zuerkannt. Insoweit scheidet - jedenfalls für den laufenden Unterhalt - eine ergänzende Verpflichtung aus; vielmehr ist ein einheitlicher dynamischer Titel zu errichten.
1.
Der Unterhaltsbedarf der beiden Antragsteller beläuft sich nicht auf monatlich 1.000 €, sondern ist - nach Zeitabschnitten differenziert - den Einkommensgruppen 2 bis 4 der Unterhaltstabelle in Anlage I der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2013, 1.1.2015, 1.8.2015 und 1.1.2016, zu entnehmen.
a)
Die Antragsteller können sich hinsichtlich des von ihnen in Anspruch genommenen Unterhaltsbedarfs von je 1.000 € monatlich nicht auf den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung berufen.
Es wird zwar grundsätzlich für möglich gehalten, durch Vereinbarung einen Anspruch auf Kindesunterhalt zu begründen, auch soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Eine solche Vereinbarung setzt aber eine eindeutige vertragliche Absprache voraus; allein die Berufung auf Treu und Glauben ist nicht ausreichend (Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 2 Rn. 755). Eine konkrete Vereinbarung über monatliche Zahlungen von 1.000 € je Kind haben die Antragsteller nicht dargelegt. Der eingereichten Scheidungsfolgenvereinbarung vom 20.2.2008 (Bl. 7) lässt sich eine konkrete zahlenmäßig festgelegte Verpflichtung des Antragsgegners nicht entnehmen. In Betracht käme daher allein eine diesbezügliche konkludente Vereinbarung dergestalt, dass der Antragsgegner durch die Zahlung von 1.000 € monatlich ein entsprechendes Angebot unterbreitet hat, das die Antragsteller durch Entgegennahme des Geldes angenommen haben. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Allein die monatlichen Zahlungen durch den Antragsgegner stellen kein Angebot auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung dar, das die Antragsteller etwa durch Entgegennahme der Leistungen angenommen hätten. Ob sich aus der für Eltern und Kindern nach § 1618a BGB wechselseitig begründeten Pflicht zu Beistand und Rücksichtnahme im Einzelfall ausnahmsweise auch eine Verpflichtung eines Elternteils ergeben kann, Zahlungen, die er in der Vergangenheit an das Kind ohne Rechtspflicht erbracht hat, für einen begrenzten Zeitraum fortzusetzen, wenn das Kind auf die Fortdauer dieser Zahlungen vertrauen durfte und in diesem berechtigten Vertrauen Dispositionen getroffen hat, die sich nicht sofort und ohne erhebliche Nachteile für das Kind rückgängig machen lassen (erwogen von BGH, FamRZ 2001, 1601, 1602; s. auch Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 755), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Antragsteller entsprechende Dispositionen getroffen haben, die mit erheblichen Nachteilen für sie im Fall der Rückgängigmachung verbunden gewesen wären.
b)
Mit dem erstmals im Schriftsatz vom 4.8.2016 (Bl. 739 ff.) erhobenen Vortrag, ihr tatsächlicher Bedarf übersteige den Betrag von 1.000 € monatlich, können die Antragsteller nicht durchdringen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der konkrete Unterhaltsbedarf der Antragsteller - was vom Antragsgegner bestritten wird - tatsächlich die im Schriftsatz vom 4.8.2016 dargestellten Positionen umfasst.
Eine konkrete Bedarfsermittlung wird insbesondere beim Ehegattenunterhalt (vgl. Wendl/ Siebert, a.a.O., § 4 Rn. 763 ff.; s. auch Nr. 15.3 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2016), aber auch im Einzelfall bei der Bemessung des Bedarfs eines volljährigen Kindes (vgl. Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 502) in Betracht gezogen. Soweit es den Unterhaltsbedarf minderjähriger Kinder betrifft, ist dieser grundsätzlich der Düsseldorfer Tabelle bzw. der Tabelle in Anlage I der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zu entnehmen, die für die unterschiedlichen Einkommensgruppen unterschiedliche Bedarfssätze ausweisen. Eine konkrete Bedarfsbemessung kommt insoweit grundsätzlich nur in Betracht, wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils den Betrag von 5.100 € übersteigt, für den eine Unterhaltsbemessung nach den Umständen des Falles vorgesehen ist. Vorliegend haben die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Antragsteller (vgl. Wendl/Dose, a.a.O., § 6 Rn. 703, 705) ein solches Einkommen des Antragsgegners, wie noch auszuführen ist, nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr kann - abhängig vom jeweiligen Zeitabschnitt - nur von einem Einkommen des Antragsgegners nach den Einkommensgruppen 2 bis 4 ausgegangen werden.
c)
Die Antragsteller können ihren Unterhaltsbedarf nur auf das tatsächliche Einkommen des Antragsgegners stützen. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte scheidet im vorliegenden Fall aus.
Bei der Bemessung des Unterhalts und damit des Bedarfs können grundsätzlich auch fiktiv zuzurechnende Einkünfte zu berücksichtigen sein, wenn der Pflichtige über längere Zeit Einkünfte in entsprechender Höhe tatsächlich erzielt und damit den Lebensunterhalt der Familie bestritten hat (vgl. Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 207). Der Ansatz eines fiktiven Einkommens setzt stets einen Verstoß gegen die den Pflichtigen treffende Erwerbsobliegenheit voraus. Ein Unterhaltsbedarf kann nicht aus fiktiven Mitteln hergeleitet werden, die dem Unterhaltspflichtigen nie zur Verfügung gestanden haben, so dass der Unterhaltsbemessung nicht etwa Einkünfte zugrunde gelegt werden können, die erst aus der Verwertung von Teilen des Vermögens einschließlich Kapitalverzehr erzielt werden könnten (BGH, NJW 1997, 735, 737). Hierauf sind die Beteiligten bereits mit der Ladungsverfügung vom 30.5.2016 hingewiesen worden (Bl. 590). Unter Berücksichtigung dessen und der bereits angesprochenen Darlegungs- und Beweislast der Antragsteller für ihren über den Mindestunterhalt hinausgehenden Unterhaltsbedarf ist bereits mit der Ladungsverfügung der weitergehende Hinweis erteilt worden, dass es zunächst Aufgabe der Antragsteller ist, ihren Bedarf darzulegen und dabei im Einzelnen darzustellen, von welchen tatsächlichen oder fiktiven Einkünften (bezogen auf die einzelnen Einkommenspositionen) sie dabei ausgehen und gegebenenfalls vorzutragen, welcher Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit dem Antragsgegner im Einzelnen vorzuwerfen ist. Erst im Anschluss daran stellt sich die Frage der sekundären Darlegungslast des Antragsgegners. Vor diesem Hintergrund sind die Antragsteller, soweit sie die Auffassung vertreten, der Antragsgegner müsse sich ein fiktives Einkommen zurechnen lassen, ihrer Darlegungslast auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 4.8.2016 (Bl. 737 ff.) nicht nachgekommen. Allein der Hinweis auf die hohen Einkünfte, die der Antragsgegner insbesondere in den Jahren 2005 bis 2007 erzielt hat, reicht hierfür nicht aus. Im Streit steht allein der Unterhalt der Antragsteller für die Zeit ab Oktober 2013. Dieser kann nicht nach den Einkommensverhältnissen des Antragsgegners in den Jahren 2005 bis 2007 bemessen werden. Soweit der Antragsgegner in der Zeit danach den mit einem Partner betriebenen Kfz-Teile-Verkauf veräußert und sich an anderen Gesellschaften beteiligt hat, liegt hierin eine freie unternehmerische Entscheidung, die die Antragsteller, solange der Mindestunterhalt - wie vorliegend - gesichert ist, grundsätzlich hinzunehmen haben. Dies gilt umso mehr, als die Antragsteller das Vorbringen des Antragsgegners vor dem Senat, wonach der Kfz-Teile-Verkauf veräußert worden sei, da man gegen die große Konkurrenz nicht mehr „angekommen sei“ (Bl. 1760), nicht widerlegt haben.
d)
Das Abstellen auf die tatsächlichen Einkünfte des Antragsgegners im Unterhaltszeitraum, d. h. ab dem Jahr 2013, führt auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Antragsteller vom 4.8.2016 (Bl. 737 ff.) dazu, dass der Unterhaltsbedarf - abhängig von den jeweiligen Zeitabschnitten - den Einkommensgruppen 2, 3 und max. 4 der Tabelle in Anlage I der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zu entnehmen ist.
aa)
Ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist aufseiten des Antragsgegners im Unterhaltszeitraum nicht festzustellen. Er hat in dieser Zeit im Rahmen der T… & K… GbR die Diskothek „…“ in F… betrieben. Nach den mit Schriftsatz vom 3.6.2016 vorgelegten Gewinnermittlungen für die Jahre 2012 (Bl. 598 ff.) und 2013 (Bl. 630 ff.) haben in beiden Jahren die Betriebsausgaben die Betriebseinnahmen überstiegen, sodass es zu Verlusten gekommen ist. Ein unternehmerischer Gewinn, der ein den Unterhaltsbedarf der Antragsteller (mit) bestimmendes Erwerbseinkommen hätte sein können, lässt sich nicht feststellen.
bb)
Entsprechend den Darlegungen der Antragsteller im Schriftsatz vom 4.8.2016, die in weiten Teilen schon auf den nicht konkret angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss beruhen, sind dem Antragsgegner aber Einkünfte aus anderen Einkommensarten in unterschiedlicher Höhe zuzurechnen.
(1)
Die Kapitalerträge aufgrund einer Anlage bei der … Bank sind durchgängig in Höhe von 53,17 € monatlich anzunehmen. Dieser Ansatz der Antragsteller (Bl. 753 f.) entspricht den Feststellungen im angefochtenen Beschluss (Bl. 507 R), die ihre Grundlage wiederum in den vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen haben und von diesem auch nicht bestritten worden sind. Soweit das Amtsgericht vom Jahr 2014 an sogar von geringfügig höheren monatlichen Erträgen, nämlich solchen in Höhe von 54,98 €, ausgegangen ist (Bl. 510 R), kommt es darauf, nachdem die Antragsteller sich auf einen durchgehenden Betrag von 53,17 € beschränkt haben, nicht an.
(2)
Die Kapitalerträge aus der Anlage „U…“ sind ebenfalls durchgängig in derselben Höhe anzunehmen, nämlich mit monatlich 99,37 €. Auch insoweit beruht der Ansatz der Antragsteller (Bl. 753 f.) auf den Feststellungen im angefochtenen Beschluss (Bl. 507 R), die vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogen worden sind.
(3)
Die Kapitalerträge im Hinblick auf die Anlage bei der Bank S… können durchgängig mit 419,12 € angenommen werden. Dies entspricht den Feststellungen im angefochtenen Beschluss (Bl. 506 R, 508), die wiederum auf der Auswertung der vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen beruhen und von diesem nicht bestritten worden sind. Das Amtsgericht hat für die Zeit ab 2014 zwar eine Fortschreibung mit einem entsprechend höheren Monatsbetrag vorgenommen (Bl. 510 R). Da sich die Antragsteller aber auf einen einheitlichen Betrag von gut 419 € durchgehend ab 2013 beschränkt haben, kann es bei dem Ansatz verbleiben, den das Amtsgericht für das Jahr 2013 gewählt hat. Dies gilt auch für die Zeit ab Mai 2016. Die vagen Angaben des Antragsgegners im Senatstermin, wonach die Anlage im Mai 2016 ausgelaufen sei und er an das Geld noch nicht herankomme (Bl. 1068 R), stellen kein substanziiertes Bestreiten in Bezug auf die Behauptung der Antragsteller dar, dass er - mag er auch an den festgelegten Betrag insgesamt nicht herankommen - weiterhin die entsprechenden Kapitalerträge erzielt.
(4)
Weiterhin sind dem Antragsgegner Zinseinkünfte aufgrund der Privatdarlehen, die er ausgereicht hat, zuzurechnen.
Der Antragsgegner hat in erster Instanz zunächst mit Schriftsatz vom 10.2.2014 seine Zinseinnahmen aufgrund von an private Personen vergebenen Darlehen mit 32.643,40 € angegeben (Bl. 33) und hierzu die Anlage AG4 (Bl. 118) vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 31.3.2014 hat er dann klargestellt, dass es sich bei den in der Anlage AG4 genannten Beträgen um die Gesamterträge für die volle Laufzeit der ausgereichten Darlehen handele (Bl. 135). Er hat mit diesem Schriftsatz eine neue Aufstellung (Anlage AG8) vorgelegt, in der bezüglich der fünf dargestellten Darlehen die auf die einzelnen Jahre entfallenden Zinserträge aufgeführt sind (Bl. 146). Auf diesen Angaben beruhen die Zinserträge, welche die Antragsteller im Schriftsatz vom 4.8.2016 unter Bezugnahme auf „AG4 und AG8“ angesetzt haben (Bl. 753 f.). Diese sind rechnerisch zutreffend ermittelt. Es sind daher als monatliche Einkünfte aus Privatdarlehen folgende Beträge zu berücksichtigen:
- | 696,59 € | im Jahr 2013, |
- | 911,42 € | im Jahr 2014, |
- | 544,96 € | im Jahr 2015, |
- | 314,87 € | im Jahr 2016. |
Entgegen der Auffassung der Antragsteller können dem Antragsgegner weitere Zinseinkünfte aus Vergabe von Privatdarlehen nicht zugerechnet werden. Die Antragsteller haben in ihrem Schriftsatz vom 4.8.2016 insoweit nur Schätzungen aufgrund einer „EÜ 2013“ vorgenommen (Bl. 753 f.). Damit haben sie ihrer Darlegungslast hinsichtlich der den Unterhaltsbedarf bestimmenden Einkünfte des Antragsgegners nicht genügt.
Die Abkürzung „EÜ 2013“ soll offensichtlich die Einnahmenüberschussrechnung jenes Jahres bezeichnen, wie sich aus S. 16 des Schriftsatzes vom 4.8.2016 (Bl. 752) ersehen lässt. Darin nehmen die Antragsteller Bezug auf die Konten mit den Nrn. 730 bis 734 in dem „Kontennachweise sonstige Konten“ in der Gewinnermittlung für die T… & K… GbR vom 1.1. bis 31.12.2013 (Bl. 639). Unter diesen laufenden Nummern sind dort „Darlehen K…“ mit den Ordnungsnummern I bis V aufgeführt. Allein aufgrund der Aufführung dieser Darlehen bei den sonstigen Konten kann aber nicht von Zinserträgen mit von den Antragstellern geschätzten Zinssätzen von 4,5 % ausgegangen werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, inwieweit die GbR in Bezug auf diese fünf Darlehen im Jahr 2013 tatsächlich Zinsen an den Darlehensgeber, offensichtlich den Antragsgegner, gezahlt hat. Im Rahmen der Betriebsausgaben ausdrücklich aufgeführt sind unter den Konto-Nrn. 2120, 2121 und 2122 hingegen „Zinsen K… Darlehen“ mit den Ordnungsnummern I bis III (Bl. 637). Hierbei handelt es sich offensichtlich um Zahlungen, die der Darlehensgeber tatsächlich erhalten hat. In Bezug auf die Aufstellung in den „sonstigen Konten“ hingegen findet sich kein Anhaltspunkt auf Zinszahlungen. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es sich bei den fünf von den Antragstellern in Bezug genommenen Darlehen unter den Konto-Nrn. 730 bis 734 nicht ohnehin - zumindest teilweise - um diejenigen Darlehen handelt, die vom Antragsgegner bereits in der Anlage AG8 aufgeführt und von den Antragstellern gesondert als Einkünfte angesetzt worden sind, wofür insbesondere hinsichtlich der Konto-Nrn. 732 und 733 spricht, dass die dort aufgeführten Beträge von - 50.000 € und - 80.000 € den Darlehenssummen der Darlehensverträge 1 und 2 in der Anlage AG 8 entsprechen (Bl. 146).
(5)
Als weiteres Einkommen ist aufseiten des Antragsgegners ein Wohnvorteil zu berücksichtigen, und zwar entsprechend den Feststellungen des Amtsgerichts mit einem Betrag von 525 € ab Juni 2014 (Bl. 511).
Der Ansatz eines Wohnvorteils kommt erst am Juni 2014 in Betracht. Denn erst von diesem Zeitpunkt an ist der Antragsgegner gemeinsam mit seiner Partnerin in die Wohnung in … eingezogen.
Den dem Antragsgegner als hälftigen Miteigentümer zuzurechnenden Wohnvorteil hat das Amtsgericht nachvollziehbar auf 525 € geschätzt. Vor diesem Hintergrund können die Antragsteller mit ihrem höheren Ansatz von 625 €, der durch keine abweichenden Tatsachen gegenüber den amtsgerichtlichen Feststellungen unterlegt ist, nicht durchdringen.
Der Wohnvorteil von 525 € ist dem Antragsgegner auch für die Zeit nach der Veräußerung der Immobilie durch den Vertrag vom 27.8.2015 (Bl. 1036) zuzurechnen. Zwar entfallen mit der Veräußerung die Vorteile der mietfreien Nutzung der Wohnung. An ihre Stelle treten aber die Vorteile, die der Veräußerer aus dem Erlös zieht oder ziehen könnte (BGH, FamRZ 2014, 1098). Mangels anderer Angaben des Antragsgegners ist davon auszugehen, dass dieser aus der Veräußerung seines Miteigentumsanteils jedenfalls Vorteile in der Höhe zieht, die dem vorangegangenen Wohnvorteil entsprechen.
(6)
Als weiteres Einkommen aufseiten des Antragsgegners sind Einnahmen aus Vermietung des Objekts in der …-Straße anzusetzen, und zwar durchgängig 1.017,23 € monatlich. Dieser Ansatz der Antragsteller (Bl. 753 f.) entspricht den Feststellungen im angefochtenen Beschluss (Bl. 507 R), die ihre Grundlage wiederum im Vorbringen des Antragsgegners haben (Bl. 407) und von diesem auch nicht in Abrede gestellt werden.
(7)
Im Hinblick auf die Erlöse, die der Antragsgegner durch Veräußerung der Grundstücke H…-Straße 10 und B… Straße 106 in P… erzielt hat, ist mit dem Amtsgericht davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner fiktive Zinserträge zurechnen lassen muss (Bl. 508 R). Anders als in Bezug auf den Rückgang bzw. Fortfall der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit kann sich der Antragsgegner insoweit nicht auf eine freie unternehmerische Entscheidung berufen. Vielmehr war er unterhaltsrechtlich gehalten, Vorteile, die ihm aufgrund des Verkaufs der Grundstücke entstehen konnten, zu nutzen. Nachvollziehbar ist allerdings der Ansatz des Amtsgerichts, Lebenshaltungskosten abzusetzen und den verbliebenen Betrag nur mit einem Anteil von zwei Drittel einzubeziehen. Auch bei dem Ansatz eines realistischerweise maximal erzielbaren Zinssatzes von einem Prozent pro Jahr und einem Abzug für Kapitalertragssteuer kann es verbleiben, zumal die Beteiligten dies nicht beanstandet haben.
Einer Korrektur bedarf die Berechnung des Amtsgerichts nur insoweit, als der Antragsgegner grundsätzlich zutreffend geltend gemacht hat, dass er einen Teil des Erlöses aus den Grundstücksverkaufen verwendet hat, um, gemeinsam mit seiner Partnerin, die Immobilie im G… Weg in … zu erwerben, die dann ab Juni 2014 auch zur Zurechnung eines Wohnvorteils aufseiten des Antragsgegners führt, wie bereits dargestellt.
Aus dem Verkauf der beiden Grundstücke in P… hat der Antragsgegner, wie das Amtsgericht unwidersprochen festgestellt hat, insgesamt 419.800 € erlöst. Die ihm durch den Kauf des Grundstücks G… Weg entstandenen Kosten hat der Antragsgegner im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30.3.2015 aufgeführt (Bl. 436). Soweit der Antragsgegner dort neben konkreten Kosten auch sogenannte „ca.-Kosten“ aufgeführt hat, sind diese von den Antragstellern im Schriftsatz vom 9.4.2015 bestritten worden (Bl. 451). Eine nähere Darlegung, gegebenenfalls ein Beweisantritt, ist seitens des Antragsgegners hernach, insbesondere auch im Beschwerdeverfahren, nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund können die im Schriftsatz vom 30.3.2015 pauschal angegebenen Notar- und Renovierungskosten keine Berücksichtigung finden. Es verbleiben der Gesamtkaufpreis, die Maklerprovision und die Grunderwerbssteuer, so dass sich die Erwerbskosten insgesamt auf 399.218 € (= 356.000 € + 25.418 € + 17.800 €) belaufen. Die Hälfte hiervon entfällt auf den Antragsgegner, das sind 199.609 €.
Von dem Erlös aus dem Verkauf der Grundstücke in P… von 419.800 € verblieben dem Antragsgegner nach Abzug der Kosten für den Erwerb des Grundstücks im G… Weg somit noch 220.191 € (= 419.800 € - 199.609 €). Das Amtsgericht hat die Lebenshaltungskosten des Antragsgegners unwidersprochen mit 10.875,24 € (= 419.800 € - 408.924,76 €) angenommen (Bl. 508 R). Setzt man diesen Betrag von dem Resterlös, der beim Antragsgegner verblieben ist, ab, errechnen sich 209.315,76 € (= 220.191 € - 10.875,24 €). Zwei Drittel hiervon, die nach dem nicht beanstanden Ansatz des Amtsgerichts zinsgünstig anzulegen waren, belaufen sich auf 139.543,84 €. Bei einer Verzinsung von einem Prozent pro Jahr und einer Kapitalertragsteuer von 25 % errechnet sich ein monatlicher Zinsertrag von 87, 21 € (= 139.543,84 € x 0,75 % : 12 Monate).
(8)
Von den Einkünften des Antragsgegners unstreitig abzusetzen sind die Aufwendungen für die private Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Diese belaufen sich unstreitig auf 238,32 € monatlich, wie schon vom Amtsgericht festgestellt.
(9)
Weiterhin abzugsfähig sind die Aufwendungen für die Lebensversicherung bei der S… mit 275,08 €. Das Amtsgericht hat insoweit einen Beleg, der eine einmalige Zahlung in einem einzelnen Monat betraf, als nicht ausreichend angesehen, um diesen Betrag durchgängig in Abzug zu bringen. Nachdem der Antragsgegner mit der Beschwerdebegründung nochmals die durchgängige Zahlung des Betrages behauptet und insoweit angeboten hat, Zahlungsbelege vorzulegen, wahlweise eine Bestätigung des Versicherungsgesellschaft (Bl. 544), haben die Antragsteller die Zahlungen als solche mit Schriftsatz vom 23.11.2015 nicht mehr bestritten (Bl. 569), sondern nur noch die Frage aufgeworfen, ob die Grenze von 4 % für eine zusätzliche Altersvorsorge eingehalten sei. Darauf kommt es aber hier nicht an, da der Antragsgegner im Unterhaltszeitraum Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht hat. Da ihm nur Einkünfte aus Kapitalerträgen und Vermietung und Verpachtung sowie Darlehenszinsen zuzurechnen sind, ist er wie ein selbstständiger Unterhaltsschuldner zu behandeln, sodass er für die Altersvorsorge insgesamt 24 % des Bruttoerwerbseinkommens einsetzen kann (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1 Rn. 1037). Diese Grenze ist hier in Bezug auf monatliche Zahlungen von 275,08 € noch nicht überschritten.
(10)
Zu berücksichtigen sind ferner die vom Antragsgegner im Unterhaltszeitraum gezahlten Steuern.
Nach dem Steuerbescheid für 2011 vom 3.7.2013 hatte der Antragsgegner spätestens zum 8.8.2013 Einkommenssteuern in Höhe von 467 € nachzuzahlen (Bl. 143). Dies ergibt einen monatlichen Durchschnittsbetrag von 38,92 € im Jahr 2013.
Der Steuerbescheid für 2012 vom 22.9.2014 sieht zu zahlende Einkommenssteuern von 967 € zzgl. 23 €, insgesamt 990 €, bis spätestens 27.10.2014 vor (Bl. 318). Insoweit ergibt sich ein monatlicher Durchschnittsbetrag von 82,50 €.
(11)
Nach alledem ist von folgenden Einkünften des Antragsgegners im Unterhaltszeitraum auszugehen:
Einkommensart | 10-12/2013 | 1-5/2014 | 6-12/2014 | 2015 | 2016 |
… Bank | 53,17 € | 53,17 € | 53,17 € | 53,17 € | 53,17 € |
U… | 99,37 € | 99,37 € | 99,37 € | 99,37 € | 99,37 € |
Bank S… | 419,12 € | 419,12 € | 419,12 € | 419,12 € | 419,12 € |
Darlehenszinsen | 696,59 € | 911,42 € | 911,42 € | 544,96 € | 314,87 € |
Wohnvorteil | 0 | 0 | 525,00 € | 525,00 € | 525,00 € |
Mieteinnahmen | 1.017,23 € | 1.017,23 € | 1.017,23 € | 1.017,23 € | 1.017,23 € |
Zinsen aus Hauserlös | 87,21 € | 87,21 € | 87,21 € | 87,21 € | 87,21 € |
Kranken- u. Pflegeversicherung | - 238,32 € | - 238,32 € | - 238,32 € | - 238,32 € | - 238,32 € |
Lebensversicherung | - 275,08 € | - 275,08 € | - 275,08 € | - 275,08 € | - 275,08 € |
Steuern | - 38,92 € | - 82,50 € | - 82,50 € | 0 | 0 |
gesamt | 1.820,38 € | 1.991,62 € | 2.516,62 € | 2.232,66 € | 2.002,58 € |
e)
Aufgrund der soeben ermittelten Einkünfte des Antragsgegners ist der Unterhaltsbedarf der Antragsteller in den Monaten Oktober bis Dezember 2013 der Einkommensgruppe 2, in den Monaten Juni bis Dezember 2014 der Einkommensgruppe 4, im Übrigen der Einkommensgruppe 3 zu entnehmen. Darauf, auch seiner volljährigen Tochter M… zum Unterhalt verpflichtet zu sein, kann sich der Antragsgegner im Hinblick auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen.
Mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 18.2.2015 hat der Antragsgegner geltend gemacht, für seine volljährige Tochter M…, die inzwischen 23 Jahre alt sei, und sich noch bis zum 4.4.2015 in der Ausbildung befinde, aufgrund einer Unterhaltsurkunde monatlich 379,89 € zu zahlen. Vorgelegt hat er hierzu als Anlage AG22 einen Kontoauszug, aus dem sich eine solche Zahlung zum 2.2.2015 ergibt (Bl. 428). Die Antragsteller haben daraufhin mit Schriftsatz vom 9.4.2015 die Unterhaltszahlungen an die volljährige Tochter bestritten und insbesondere darauf hingewiesen, dass auch die Mutter verpflichtet sei, für das volljährige Kind Unterhalt zu zahlen (Bl. 452). Vortrag seitens des Antragsgegners ist seither nicht erfolgt, so dass sich eine Unterhaltsverpflichtung seinerseits gegenüber der volljährigen Tochter nicht feststellen lässt. Denn grundsätzlich sind gegenüber dem volljährigen Kind beide Elternteile barunterhaltspflichtig, § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Mangels Vortrags des Antragsgegners zu den Einkünften der Mutter der volljährigen Tochter ist nicht auszuschließen, dass diese allein barunterhaltspflichtig wäre. Im Übrigen hat der Antragsgegner auf das Bestreiten der Antragsteller auch keine Nachweise hinsichtlich der Ausbildung der volljährigen Tochter und der durchgängigen Zahlungen beigebracht.
f)
Angesichts der Eingruppierung des Antragsgegners in die Einkommensgruppen 2, 3 bzw. 4 ergeben sich folgende an jeden der beiden der zweiten Altersstufe angehörenden Antragsteller zu zahlenden Beträge:
- | je 291 € | für die Monate Oktober bis Dezember 2013, |
- | je 309 € | für die Monate Januar bis Mai 2014, |
- | je 327 € | für die Monate Juni bis Dezember 2014, |
- | je 309 € | für die Monate Januar bis Juli 2015, |
- | je 322 € | für die Monate August bis Dezember 2015, |
- | je 328 € | für die Monate Januar bis September 2016. |
Vom ersten Monat nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, also ab Oktober 2016, ist der Unterhalt in dynamisierter Form festzulegen, so dass der Antragsgegner von da an verpflichtet ist, monatlich 110 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes zu zahlen.
g)
Angesichts der vorgenannten Zahlbeträge sind die jeweiligen Bedarfskontrollbeträge gewahrt, so dass eine Korrektur hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs, wie sie grundsätzlich möglich wäre (vgl. Nr. 11.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2016), nicht erforderlich ist. Das belegt die folgende Beispielrechnung für die Zeit von Oktober bis Dezember 2013 sowie für das Jahr 2016:
Oktober bis Dezember 2013
bereinigtes Einkommen | 1.820,38 € |
Unterhalt für den Antragsteller zu 1. | - 291,00 € |
Unterhalt für die Antragstellerin zu 2. | - 291,00 € |
Rest | 1.238,38 € |
Jahr 2016
bereinigtes Einkommen | 2.002,58 € |
Unterhalt für den Antragsteller zu 1. | - 328,00 € |
Unterhalt für die Antragstellerin zu 2. | - 328,00 € |
Rest | 1.346,58 |
Im Hinblick auf die soeben genannten Restbeträge ist der Bedarfskontrollbetrag, der sich für die Einkommensgruppe 2 im Jahr 2013 auf 1.100 € und für die Einkommensgruppe 3 im Jahr 2016 auf 1.280 € beläuft, jeweils gewahrt.
2.
Der Antragsgegner ist hinsichtlich der genannten Zahlbeträge auch leistungsfähig. Dies ergibt sich schon daraus, dass die jeweiligen Bedarfskontrollbeträge gewahrt sind.
3.
Zu berücksichtigen sind die vom Antragsgegner erbrachten Zahlungen, wie sie das Amtsgericht bis einschließlich Juni 2015 festgestellt hat (Bl. 511 R). Den Betrag von je 291 € je Kind hat der Antragsgegner nach seinem unwidersprochenen Vorbringen im Senatstermin (Bl. 1068) bis einschließlich Januar 2016 weiterhin gezahlt. Im Februar 2016 setzte dann eine Unterhaltspfändung ein. Bis einschließlich Januar 2016 können die Zahlungen daher Berücksichtigung finden.
Die unter 1. f) dargestellten Zahlbeträge belaufen sich auf max. 328 €. Bis einschließlich Mai 2014 hat der Antragsgegner für jedes der Kinder monatlich 350 € und mehr gezahlt, sodass ein offener Betrag nicht verbleibt. Anders verhält es sich für die Zeit ab Juni 2014. Hier stehen den ermittelten zu zahlenden Beträgen etwas geringere tatsächlich erbrachte Leistungen gegenüber. Es ergeben sich Restbeträge wie folgt:
- | je 2 € (= 327 € - 325 €) | im Juni 2014, |
- | je 27 € (= 327 € - 300 €) | in den Monaten Juli bis Dezember 2014, |
- | je 9 € (= 309 € - 300 €) | im Januar 2015, |
- | je 18 € (= 309 € - 291 €) | in den Monaten Februar bis Juli 2015, |
- | je 31 € (= 322 € - 291 €) | in den Monaten August bis Dezember 2015, |
- | je 37 € (= 328 € - 291 €) | im Januar 2016. |
Die ab Februar 2016 gepfändeten Beträge sind bei der Zahlung auf die Rückstände bzw. bei der gegebenenfalls weiteren Zahlungsvollstreckung gesondert zu berücksichtigen.
4.
Der Zinsausspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB, entsprechend dem nicht mit der Anschlussbeschwerde angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts begrenzt.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG, die Wertfestsetzung auf §§ 40 Abs. 1, 51 Abs. 1, 2 FamGKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.