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Erwerbsminderungsrente - Wirbelsäulen-Syndrom - depressive Störung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 01.03.2012
Aktenzeichen L 3 R 901/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 43 SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der wegen der Folgen mehrerer Lendenwirbelsäulen-Operationen mit anhaltenden Beschwerden seit 1994 von der Beklagten bereits eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01. März 1994 bezieht (Rentenbescheid vom 05. Februar 1998), begehrt von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1953 im ehemaligen Jugoslawien geborene Kläger, für den durch Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 26. Oktober 2009 ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt ist, hat von 1967 bis 1970 dort den Beruf des Zimmermanns erlernt und lebt seit 1970 in Deutschland. Von 1970 bis 1976 war er in seinem erlernten Beruf, von 1977 bis 1990 sodann als Zimmermann und Kranführer tätig. Zuletzt arbeitete er in den Jahren 1991 und 1992 nur noch als Kranführer und ist seit 1993 arbeitslos.

Am 08. Juni 2000 stellte der Kläger einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, der mit Bescheid vom 26. September 2000 und mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2000 abgelehnt wurde. Die daraufhin von ihm erhobene Klage wurde mit Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 20. Dezember 2001 (S 32 RJ 93/01) abgewiesen, die hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger zurück.

Am 20. November 2006 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er sich aufgrund von Schwindel, Kopfschmerzen, Bandscheibenleiden sowie Paresen seit etwa 4 Jahren für erwerbsgemindert halte.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T, der in seinem Gutachten vom 06. Februar 2007 bei dem Kläger eine depressive Störung leichteren Grades i. S. einer Anpassungsstörung ohne Hinweis auf hirnorganische Symptomatik oder psychotisches Erleben und wiederkehrende Lumboischialgien nach mehrfachen Bandscheibenoperationen L5 bis S1 diagnostizierte. Die von dem behandelnden Nervenarzt Dr. L gestellte Diagnose einer Epilepsie habe sich nicht bestätigt. Der Kläger habe eine CT-Aufnahme der Lendenwirbelsäule vom 16. Mai 2006, in der ein kleiner Vorfall links i. H. L5/S1 angegeben werde, vorgelegt, im MRT der Halswirbelsäule sei ein Bandscheibenprolaps nicht nachgewiesen worden. Bei der jetzigen Untersuchung habe sich kein ausgeprägtes neurologisches Defizit gefunden.

Dr. T kam zu der Beurteilung, dass bei dem Kläger weder unter psychiatrischen noch unter neurologischen Gesichtspunkten ein aufgehobenes Leistungsvermögen für eine Berufstätigkeit mit Anpassung an seine Lumboischialgie bestehe. Er könne zwar in seinem gelernten Beruf als Zimmermann/Kranführer nur noch unter drei Stunden tätig sein, könne jedoch leichte körperliche Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und überwiegend im Sitzen ohne Zeitdruck und ohne besondere körperliche Zwangshaltungen 6 Stunden und mehr ausüben.

Mit Bescheid vom 21. Februar 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch legte der Kläger ein Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 28. Februar 2007 vor, demzufolge bei ihm eine wiederkehrende depressive Störung, eine Trigeminusneuralgie und ein Halswirbel- und ein Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei Z. n. Bandscheiben-Operation L3+L4+L5 bestehe.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dipl.-Med. P. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 28. April 2007 unter Berücksichtigung vorgelegter Unterlagen (betreffend die am 05. März 1981 durchgeführte Operation eines Bandscheiben-Prolapses L4/5 [Bericht des Universitätsklinikums C, neurochirurgisch-neurologische Klinik, Prof. Dr. K vom 13. April 1981], Entlassungsbericht des Evangelischen Waldkrankenhauses S, Innere Medizin, Prof. Dr. A vom 15. Mai 2002, Bericht des Facharztes für Urologie Dr. R vom 14. Dezember 2006) folgende Diagnosen:

-Pseudoradikuläres Lumbosakralsyndrom links mit rezidivierendem Wurzelreiz L5 und S1 links bei Re-Prolaps L5/S1, fortgeschrittene Osteochondrose, Spondylarthrose bei Z. n. Nucleotomie L3/L4, L5/S1 mit deutlicher Funktionseinschränkung,
-Myalgia paraesthetica, deutlich funktionseinschränkend,
-Rezidivierende Cervicalgie bei Protrusio C3/C4, C4/C5, zurzeit klinisch stumm.

Der Gutachter führte aus, dass die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers durch die Schäden der unteren Lendenwirbelsäule auf Dauer gemindert und eine ursächliche Besserungsfähigkeit nicht gegeben sei. Die frühere Tätigkeit als Zimmermann und die letzte Beschäftigung als Kranführer seien nicht möglich. Der Kläger sei aber im Umfang von 6 Stunden und mehr in der Lage, leichte Arbeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und überwiegend im Sitzen, in allen Schichten, ohne Witterungs- und Vibrationsbelastung, ohne Rumpfzwanghaltung und ohne Verpflichtung zum regelmäßigen Transport von Lasten über 10 kg auszuführen.

Vom 14. August bis zum 25. September 2007 absolvierte der Kläger eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme in der Brandenburgklinik B, aus der er ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichtes vom 19. Oktober 2007 als arbeitsfähig entlassen wurde. Sein Leistungsvermögen wurde von den dort behandelnden Ärzten für seine letzte berufliche Tätigkeit als Kranführer als aufgehoben eingeschätzt; jedoch könne der Kläger noch im Umfang von mehr als 6 Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit bestimmten qualitativen Einschränkungen verrichten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da unter Berücksichtigung der medizinischen Feststellungen eine volle Erwerbsminderung bei dem Kläger nicht vorliege. Es bestehe weiterhin ein Anspruch auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Mit seiner hiergegen vor dem SG Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe seinen Gesundheitszustand im Hinblick auf die Bandscheibenvorfälle und die hiermit zusammenhängende chronische Schmerzsymptomatik nicht ausreichend gewürdigt.

Das SG hat Befundberichte (BB) der Ärzte für Orthopädie Dr. M vom 19. Februar 2008, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 19. Februar 2008, des Facharztes für Urologie Dr. R vom 20. März 2008 eingeholt.

Alsdann hat es den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

In seinem Gutachten vom 15. September 2008 (Untersuchung des Klägers am 26. August 2008) ist der Sachverständige zur Feststellung folgender Krankheiten gelangt:

- Postnucleotomiesyndrom
- anhaltende somatoforme Schmerzstörung
- depressive Reaktion
- Zustand nach Facialisparese
- Kopfschmerz, Verdacht auf Spannungskopfschmerz
- Schwindel
- Dupuytren – Kontraktur rechts
- Coxarthrose links >rechts.

Der Sachverständige hat ausgeführt, der Kläger könne gleichwohl noch vollschichtig (8 Stunden) täglich leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, wobei Heben und Tagen von Gewichten über 5 kg und Schichtarbeit vermieden werden sollten. Der Kläger sei auch wegefähig.

Der neurologische Statuts und der psychologische Befund seien im Wesentlichen unauffällig gewesen. Das vom Kläger angegebene sensible Defizit im Bereich der gesamten linken unteren Extremität sei in diesem Muster keiner neurologischen Erkrankung zuzuordnen gewesen. Bei der Kraftprüfung sei eine erhebliche Schwäche im Fußheben und Fußsenken links demonstriert worden, ohne dass eine entsprechende Muskelatrophie der Fußheber oder Fußsenker bestanden hätte. Auch in der elektrophysiologischen Untersuchung, die entsprechende chronisch neurogene Veränderungen nicht aufgezeigt habe, sei von einer Simulation neurologischer Defizite auszugehen. So habe sich der Kläger auch im Gang zwar verlangsamt, jedoch nicht neurogen behindert bewegt. Sitzen sei im Wartezimmer ohne Entlastungsbewegungen möglich gewesen, wogegen in der Untersuchungssituation ständige Entlastungsbewegungen oder auch Aufstehen gezeigt worden seien.

In psychiatrischer Hinsicht bestehe eine dysphorische depressive Stimmung und eine reduzierte Resonanzfähigkeit und Modulierbarkeit. Die Angaben zur Tagesstruktur seien zu vage, um einen erheblichen Leidensdruck ableiten zu können. Hinsichtlich der Freizeitaktivitäten werde eine Flugzeugreise nach Kroatien erwähnt, bei dieser Flugreise sei das Sitzen über längere Zeiträume möglich gewesen. In der Schmerzanamnese werde die Schmerzstärke seit 5 Jahren bei 9 bis 10 der Analogschmerzskala angegeben. Die Auswertung des Mainzer Stadienmodells zur Schmerzchronifizierung habe einen Chronifizierungsgrad III nach Gerbershagen ergeben, wobei darauf hinzuweisen sei, dass diese durch Befundausweitung und Aggravation zu manipulieren sei. Die Intensität der durchgeführten Behandlungen stimme nicht mit der angegebenen Schmerzintensität überein, die ärztlichen Konsultationen erfolgten mittelhäufig, die Schmerzmedikation liege im mittelpotenten Bereich, das Reha-Angebot, an einer Schmerzgruppe teilzunehmen, sei abgelehnt worden. Die klinischen Untersuchungen hätten ebenfalls kein plausibles Korrelat für eine angegebene Dauerschmerzstärke 9 bis 10 der Skala gegeben.

Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. D wurde am 09. September 2008 eine neuropsychologische Zusatzuntersuchung durch Frau Dipl.-Psych. U S durchgeführt. Eine sichere Aussage über die tatsächliche kognitive Leistungsfähigkeit vermochte die Sachverständige jedoch nicht zu treffen, da sich während der Untersuchung „deutliche Anhaltspunkte für eine Neigung des Klägers zur Aggravation seiner körperlichen und psychischen Beschwerden und für eine Tendenz zur Simulation der Gedächtnisstörungen und weiterer kognitiver Einbußen“ hätten feststellen lassen. Die Analyse der Untersuchungsergebnisse habe insgesamt inkonsistente, widersprüchliche und unwahrscheinliche Testbefunde über mehrere Bereiche hinweg gezeigt, die nicht mit dem relativ unauffälligen klinischen Eindruck in unbeobachteten Situationen übereinstimmten. Viele objektive, psychometrisch gültige Indikatoren ließen vermuten, dass die Testergebnisse nicht ganz die wirklichen Beschwerden des Klägers wiedergeben würden.

Nachdem der Kläger ein Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. M vom 07. Oktober 2008 vorgelegt hatte, wonach er höchstens für eine Stunde sitzen oder stehen könne und ihm insoweit allenfalls eine Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten möglich sei, jedoch nicht regelmäßig im Umfang von 8 Stunden täglich, beauftragte das SG den Facharzt für Orthopädie Dr. E mit der Begutachtung des Klägers.

In seinem Gutachten vom 09. Dezember 2008 (Untersuchung des Klägers am 26. November 2008) gelangte Dr. E zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen:

-Rezidivierende Cephalgien. Sensible Störungen nach Facialisparese rechts.
-Halswirbelsäulensyndrom mit Nacken-Schulter-Armschmerzen beidseits auf dem Boden geringer Bandscheibenvorwölbungen bei geringen degenerativen Wirbelveränderungen.
-Somatoforme Schmerzstörung.
-Verhärtung des rechten Hohlhandsehnenspiegels mit Beugekontraktur des 4. Fingers.
-Wirbelsäulensyndrom mit Lumboischialgien bei Zustand nach dreimaliger Bandscheibenoperation links mit neurologischer Restsymptomatik = Postdiskektomiesyndrom. Deutliche psychogene Überlagerung.
-Beginnender Verschleißzustand beider Hüftgelenke, links mehr als rechts. Periarthrosis coxae links.
-Arthralgien beider Kniegelenke.
-Arthralgien beider Sprunggelenke.
-Unkomplizierte Fußfehlform beidseits.

Neue Befunde gegenüber den vorliegenden ärztlichen Unterlagen seien nicht erhoben worden.

Die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei aufgrund ihrer Erkrankung – Z. n. dreimaliger Bandscheiben-Operation mit ausgeprägter Narbenbildung sowie neurologischen Restzuständen, allerdings ohne Nervenwurzeleinklemmungserscheinungen - erheblich eingeschränkt. Die Belastbarkeit der oberen Extremitäten sei aufgrund der durch die Halswirbelsäulen-Veränderungen bedingten Beschwerden, die Belastbarkeit der unteren Extremitäten durch wiederkehrende Nervenwurzelreizzustände sowie durch Beschwerden an den großen Gelenken deutlich herabgesetzt. Aufgrund der Schmerzmedikation mit üblichen Dosen sei noch nicht von einem außergewöhnlichen, chronischen Schmerzsyndrom mit einer hierdurch quantitativ erheblich geminderten Leistungsfähigkeit auszugehen.

Der Kläger könne noch täglich regelmäßig körperlich leichte Tätigkeiten mit gewissen weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten. Allerdings reiche das Leistungsvermögen nicht mehr für die volle übliche Arbeitszeit von 8 Stunden pro Tag aus, sondern sei unter Berücksichtigung des erheblichen Leidensdruckes des Klägers auf untervollschichtig bis max. 6 Stunden gemindert einzuschätzen. Allerdings würden sich hinsichtlich der vorgetragenen Schmerzsymptomatik, der angegebenen Gefühlsstörungen und der muskulär aktiv abgeblockten Bewegungen bei der Funktionsprüfung deutliche Hinweise auf Aggravation bis hin zur Simulation ergeben.

In einer für die Beklagte erstellten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 02. Januar 2009 teilte der Facharzt für Chirurgie Dr. H mit, dass das orthopädische Gutachten insgesamt die bisherige Leistungseinschätzung bei lediglich abweichenden qualitativen Leistungseinschränkungen bestätige. Es sei weiterhin von einer vollschichtigen Belastbarkeit auszugehen.

Dr. E ist in einer Stellungnahme vom 03. März 2009 bei seiner Einschätzung geblieben, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf untervollschichtig bis max. 6 Stunden täglich gesunken sei.

Die Beklagte hat eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme (Dr. E vom 30. März 2009) vorgelegt, derzufolge die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens auf untervollschichtig nicht nachvollziehbar sei. Die orthopädische Untersuchung habe keine höhergradigen Funktionsstörungen gezeigt, insbesondere keine wesentlichen Einschränkungen der Bewegungsumfänge im Bereich des oberen Achsenskelettes und der Extremitäten und keine einseitige Muskelverschmächtigung.

Der Gutachter Dr. E hat daraufhin eine weitere Stellungnahme vom 06. November 2009 zur Einschätzung des Restleistungsvermögens auf unter 6 Stunden täglich abgegeben.

Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme (Dr. H vom 18. Dezember 2009) vorgelegt, derzufolge die Leistungseinschätzung durch Dr. E unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde und des festgestellten Aggravationsverhaltens nicht nachvollziehbar erscheine.

Aufgrund dieser divergierenden Leistungsbeurteilungen hat das SG ein weiteres orthopädisch-chirurgisches Gutachten durch den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. T eingeholt. In seinem Gutachten vom 14. Juni 2010 ist der Sachverständige nach Untersuchung des Klägers, der eine zunehmende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend gemacht hatte, am 03. Juni 2010 zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen gelangt:

-Leichte bis mäßige Funktionsstörungen der LWS bei Z. n.:
-Bandscheibenvorfalloperation L3/L4 links im Februar 1981,
-Bandscheibenvorfalloperation L4/L5 links im März 1981,
-Bandscheibenvorfalloperation L5/S1 links 1992,
-radiologisch leichte bis mäßige degenerative Veränderungen, klinisch residuales geringgradiges sensomotorisches L5/S1-Syndrom links.
-Pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei kernspintomographisch gesicherten Bandscheibenprotrusionen, leichten degenerativen Veränderungen und leichten Funktionsstörungen.
-Coxarthrose links stärker als rechts mit leichten Funktionsstörungen.
-Leichte Funktionsstörungen der rechten Hand bei Zustand nach Operation wegen Morbus Dupuytren im Mai 2009.
-Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen mit Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, rezidivierenden depressiven Episoden und Spannungskopfschmerzen.
-Leichte Schwerhörigkeit beidseits, Schwindel unklarer Genese, rezidivierende Gastritiden, Penisdeviation, Zustand nach idiopathischer peripherer Facialisparese ohne motorische Residuen.

Die wichtigsten Diagnosen/Gesundheitsbeeinträchtigungen seien bereits in der Akte dokumentiert. Das geringe sensomotorische Defizit am linken Fuß, welches der Wurzel L5/S1 zuzuordnen sei, sei nicht dokumentiert, jedoch weise der Kläger gleichwohl ein ausreichendes Geh-, Steh- und Sitzvermögen auf.

Trotz seiner Leiden verfüge der Kläger noch über ein Leistungsvermögen von 6 bis unterhalb 8 Stunden täglich für körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, überwiegend im Sitzen. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten mit Rumpfzwangshaltungen, unter Zeitdruck, Heben und Tragen von Lasten über 8 bis 10 kg, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Arbeiten mit geringen bis durchschnittlichen Anforderungen an die Fingergeschicklichkeit, die Belastbarkeit der WS, der Arme und der Beine seien zuzumuten, Arbeiten teilweise am Computer seien möglich. Der Kläger sei wegefähig und auch in der Lage, zwei Mal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und benötige keine Begleitperson.

Dr. T hat am 29. Juli 2010 eine ergänzende Stellungnahme zu vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen abgegeben und ausgeführt, dass ausweislich einer CT-Aufnahme der LWS vom 24. Juni 2010 zwar degenerative Veränderungen in der L4/L5-Etage, ein winziger Bandscheiben-Vorfall in der L5/S1-Etage, eine Narbenplatte links beschrieben seien und eine Affektion der S1-Wurzel denkbar sei. Jedoch sei der Befund im Wesentlichen unauffällig, ohnehin seien radiologische Befunde allein nicht geeignet, sozialmedizinische Aussagen zu treffen. Eine geringe motorische Schwäche im linken Fuß und am Oberschenkel links und eine geringe Muskelverschmächtigung bedingten qualitative Leistungseinschränkungen. Bezüglich der Schmerzsymptomatik habe die Medikamentenspiegelbestimmung vom 03. Juni 2010 ergeben, dass Ibuprofen als schwach wirksames Schmerzmittel unterhalb des therapeutischen Bereiches, aber Tilidin als stärkeres Schmerzmittel nicht nachgewiesen worden sei.

Mit Urteil vom 25. August 2010 hat das SG Berlin die Klage insbesondere unter Bezugnahme auf die schlüssig und nachvollziehbar begründeten Gutachten von Dr. D und Dr. T, die auch mit der Leistungseinschätzung in den Gutachten der Beklagten von Dr. T und Dipl.-Med. P sowie dem Entlassungsbericht der behandelnden Ärzte in der Brandenburgklinik B vom 19. Oktober 2007 übereinstimmten, abgewiesen. Aus sämtlichen, insoweit übereinstimmenden Gutachten ergäben sich zwar die festgestellten Leiden, woraus auch qualitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit resultierten, jedoch folge aus diesen Leiden keine rentenrelevante quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Trotz seiner Leiden könne der Kläger täglich noch mindestens 6 Stunden körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen, im Freien mit entsprechendem Witterungsschutz noch zu ca. 15 %, verrichten. Arbeiten mit geringen bis durchschnittlichen Anforderungen an die Fingergeschicklichkeit, die Belastbarkeit der Wirbelsäule, der Arme und der Beine seien zuzumuten, Arbeiten teilweise am Computer seien möglich. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten mit Rumpfzwangshaltungen, unter Zeitdruck, Heben und Tragen von Lasten über 8 bis 10 kg, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. In kognitiver Hinsicht seien geistig einfache bis mittelschwere Arbeiten seinem Ausbildungsniveau entsprechend zu leisten, ebenso Arbeiten mit geringen bis durchschnittlichen Anforderungen an das Reaktionsvermögen, die Auffassungsgabe, die Lern- und Merkfähigkeit, das Gedächtnis sowie die Konzentrations-, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, auch mit Publikumsverkehr, möglich. Der Kläger sei wegefähig und auch in der Lage, zwei Mal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und benötige keine Begleitperson.

Soweit der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. E das Leistungsvermögen im Ergebnis auf unter 6 Stunden täglich eingeschätzt habe, sei dem nicht zu folgen. Dr. E habe keine abweichenden Befunde erhoben und selbst festgestellt, dass keine Bandscheibenvorfälle und keine Nervenwurzeleinklemmungserscheinungen vorlägen und zunächst selbst nur von qualitativen Einschränkungen als Folge der festgestellten Leiden gesprochen. Auch habe der Sachverständige – wie auch Dr. D und Dr. T - deutliche Widersprüche zwischen den röntgenologisch erhobenen Befunden der Halswirbelsäule sowie der Lendenwirbelsäule und dem Ergebnis der Bewegungsprüfung festgestellt und angesichts der bei der Funktionsprüfung muskulär aktiv abgeblockten Bewegungen von deutlichen Hinweisen auf Aggravation bis hin zur Simulation gesprochen. Die schließlich abgegebene Einschätzung eines untervollschichtigen Leistungsvermögens sei nicht nachvollziehbar und schlüssig begründet, zumal Dr. E, anders als Dr. T, keinen Medikamentenspiegel erstellt und von daher keine Konkretisierung der vorgetragenen Schmerzsymptomatik vorgenommen habe. Soweit der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. November 2009 zur Begründung der angenommenen quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens die Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule angebe, habe er in seinem Gutachten vom 09. Dezember 2008 in Bezug auf die Lendenwirbelsäulen-Beschwerden noch keine quantitative Leistungseinschränkung angenommen. Lediglich der subjektiv angegebene erhebliche Leidensdruck könne mangels möglicher Objektivierung die Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht begründen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hat der Kläger vorgetragen, es seien die Angaben seines behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L nicht genügend beachtet und auf seine Schmerzsymptomatik sei gar nicht eingegangen worden. Darüber hinaus habe das Gericht Umstände aus dem Leben des Klägers einseitig nachteilig ausgelegt, z. B. Urlaubsaufenthalte in seiner kroatischen Heimat. Tatsächlich seien die Anreisen unter erheblichen Schmerzen erfolgt.

Der Kläger hat einen Befund über eine MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule und des Plexus lumbosakralis vom 23. und 24. November 2010 (Diagnosen: bei L4/5 nach links protrusionsartig verbreiterte Bandscheibe, knöch. Enge des linken Neuroforamens, bei L5/S 1 knöcherne Enge bd. Neuroforamina und narbige Umscheidung der linken Nervenwurzel, bei L3/4 links zystoide Aufweitung des Duralschlauches, mit Verlagerung der L3-Wurzel links) vorgelegt.

Das LSG hat BB des Facharztes für Urologie Dr. R vom 06. Januar 2011 (Beschwerdeangabe gleich geblieben) mit Anlagen, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 21. Januar 2011 (im Wesentlichen gleich bleibende Klagen, Diagnosen: wiederkehrende depressive Störung, chronisches Schmerzsyndrom, Zustand nach BS-Vorfall, HWS-, LWS-Syndrom, Trigeminusneuralgie), der Fachärzte für Orthopädie Dr. M u. a. vom 25. Januar 2011 (langjährige chronische, eher gleich bleibende Beschwerden) mit ausführlicher Befundaufstellung und Anamnese mit Anlagen, u. a. MRT der Lendenwirbelsäule vom 24. Juni 2010 (L 4/5 kein Nachweis eines NPP bzw. einer spinalen Wurzelaffektion, mäßiggradige spondylarthrotische Veränderungen, L 5/S 1, Z. n. Fensterung links, winzige NPP/DD-Narbenplatte links, der die Nervenwurzel S 1 tangiere, Affektion denkbar, sonst kein Nachweis eines NPP bzw. einer spinalen Wurzelaffektion, keine spinale Stenose, neuronale Strukturen unauffällig) erfordert.

Auf Anforderung des Senats hat der Gutachter Dr. T am 05. April 2011 eine ergänzende Stellungnahme zu den zwischenzeitlich vorgelegten MRT und BB abgegeben, jedoch keine maßgebliche Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers gesehen, die zu einer Änderung der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung führen könne.

Auf Anregung der Beklagten (Ärztin für Psychiatrie Dr. S), die dem BB von Dr. pinski eine Verschlechterung der psychischen Störung entnommen hatte, hat das LSG den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

In seinem Gutachten vom 21. November 2011 (Untersuchung des Klägers am selben Tag) ist der Sachverständige zum Vorliegen einer Dysthymia (F 34.1) mit Angabe von chronischen Schmerzen (R 52.9), Spannungskopfschmerz (G 44.2) und degenerativen Verschleißerscheinungen an Wirbelsäule (M 53) und Gelenken (M 25.9) mit Neigung zu Rückenschmerzen (M 54) gelangt.

Auf neurologischem Gebiet liege allein ein Spannungskopfschmerz vor, der keine weiteren Funktionsbeeinträchtigungen mit sich bringe. Eine Facialisparese und die früher festgestellte Nerveneinklemmung in der Leiste seien heute nicht mehr festzustellen. Der angegebene Schwindel gehe ohne objektive Gleichgewichtsstörungen einher, zusätzliche Einschränkungen resultierten daraus nicht. Ein Bericht über eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit durch Dr. R vom 10. Februar 2011 beschreibe eine Nervenwurzelstörung C 6/C 7 links ohne Erwähnung von Funktionsstörungen, Gefühlsminderung oder Lähmung in diesem Bereich. Die Überprüfung der vorliegenden bildgebenden Befunde ergebe zwar degenerative Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule, ferner eine Vorwölbung und Verbreiterung der Bandscheibe mit knöcherner Enge am linken Nervenaustrittsloch, aber keinen Bandscheibenvorfall und keinen Hinweis auf eventuelle Funktionsstörungen und Einengung der Nervenaustrittslöcher.

In psychiatrischer Hinsicht falle auf, dass der Kläger als zeitlichen Bezugspunkt seiner Beschwerden immer wieder die längst abgeklungene Gesichtsnervenstörung von 2002 anführe und seine Schmerzen im Wesentlichen als gleichbleibend angebe. Sein psychisches Befinden solle seit 2005 etwa gleichbleibend sein, angedeutet werde ein chronischer Konflikt mit der Ehefrau, der offenbar soweit gehe, dass sie oft getrennt essen würden. Die geklagten Beschwerden hätten demnach bei gleichzeitig vorhandenem chronisch-emotionalem Konflikt einen psychosomatischen Hintergrund, zumal sie durch nachweisbare organische Schäden nicht hinreichend zu erklären seien. Gleichwohl lägen die Kriterien für die Feststellung einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung insoweit nicht vor, als nach dem ICD 10 diese Diagnose nicht gestellt werden solle, wenn die Symptomatik überwiegend oder ausschließlich im Rahmen einer affektiven Störung auftrete, was hier mit der depressiven Störung der Fall sei.

Sozialmedizinisch ergäben sich aus der psychischen Störung einschließlich der subjektiven Schmerzen qualitative Einschränkungen wie ein Ausschluss von Nachtarbeit, besonderen emotionalen Anforderungen und Stressbelastungen, während leichte bis durchschnittliche Anforderungen noch geleistet werden könnten. Die Auswirkung der psychischen Leiden erfordere qualitative Einschränkungen, seien aber nicht quantitativ einschränkend.

Der Kläger könne daher täglich regelmäßig körperlich leichte Arbeiten, überwiegend in geschlossenen Räumen unter Vermeidung extremer Temperatureinwirkungen sowie mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Haltungswechsel verrichten. Die neurologisch-psychiatrischen Leiden erforderten lediglich den Ausschluss von Arbeiten unter besonderem Zeitdruck oder mit besonderem Stress und Arbeiten in Nachtschicht, ansonsten aber keine weitere Einschränkung. Der Kläger sei zur Ausübung geistiger einfacher bis mittelschwerer Arbeiten, bezogen auf seine berufliche Erfahrung und Ausbildung, eingeschränkt. Seine kognitiven Fähigkeiten genügten noch leichten bis durchschnittlichen Ansprüchen. Sein verbliebenes Leistungsvermögen reiche noch für eine tägliche Arbeitszeit von mindestens 6 Stunden bei den üblichen Pausen aus. Der Kläger sei auch wegefähig. Auffällig sei, dass es vor allem bei der körperlichen Untersuchung wiederholt Hinweise auf Aggravationsverhalten gegeben habe (siehe vor allem S. 12 bis 17 des Gutachtens), so dass von einer Begehrensvorstellung ausgegangen werden könne.

Der Kläger hat eine MRT-Aufnahme der linken Schulter vom 24. Januar 2012 (Impingementsyndrom, teilweise Ruptur der Supraspinatussehne, dezenter Gelenkerguss, Zeichen einer minimalen Bursitis) und ein ärztliches Attest des Chirurgen Dr. Lvom 30. Januar 2012 (Behandlungen mittels Schmerzmedikation, Zervikalstütze, Schulterbandage, physikalische Therapie und Injektionen bei Schulterbeschwerden links und zunehmenden HWS-Beschwerden) vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. November 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat dahingehend Stellung genommen (beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. B), dass sich aus den vorgelegten Befunden keine bedeutsame Verschlechterung des Leistungsvermögens ergebe. Zwar sei ein Impingementsyndrom der linken Schulter neu diagnostiziert worden, jedoch finde eine umfangreiche Therapie statt, so dass aufgrund einer zu erwartenden Beschwerdebesserung eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens nicht festzustellen sei (Fachärztin für Allgemeinmedizin P).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten, die bei Verhandlung und Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. November 2006.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Der Kläger leidet unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten an einer Wirbelsäulen-Erkrankung nach mehreren Operationen wegen Bandscheibenvorfällen mit leichten bis mäßigen Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule, an einem Halswirbelsäulen-Syndrom mit Bandscheibenprotrusionen bei leichten degenerativen Veränderungen und Funktionsstörungen, einer Coxarthrose mit leichten Funktionsstörungen, an Funktionseinschränkungen der rechten Hand bei Z. n. einer Operation wegen eines Morbus Dupuytren im Mai 2009, ferner an einer Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen mit Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, rezidivierenden depressiven Episoden, Spannungskopfschmerzen, leichter Schwerhörigkeit beidseits, Schwindel unklarer Genese und wiederkehrenden Gastritiden. Eine Gesichtsmuskulatur-Lähmung ist ohne motorische Residuen abgeklungen.

Der Senat vermochte in der Gesamtschau der vorliegenden medizinischen Befunde und der Ergebnisse der Explorationen und der gutachterlichen Beurteilungen nicht festzustellen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers aufgrund dieser Leiden aufgehoben ist. Es kann zunächst vollinhaltlich auf die umfassenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil des SG Berlin vom 25. August 2010 verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Das SG hat außerordentlich gründliche medizinische Ermittlungen angestellt und sich ausführlich mit den erhobenen medizinischen Befunden und den eingeholten Gutachten auseinandergesetzt. Es ist mit zutreffender Begründung nicht der Einschätzung des Facharztes für Orthopädie Dr. E, der das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf untervollschichtig bis maximal 6 Stunden täglich gemindert erachtet hat, gefolgt. Der sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat in der Stellungnahme vom 18. Dezember 2009 (Dr. H) berechtigte Kritik an der Beurteilung Dr. E unter Hinweis auf den Eindruck einer Aggravation und den fehlenden Nachweis von Nervenwurzeleinklemmungserscheinungen mit motorischen Ausfällen erhoben. Wegen dieser widersprüchlichen medizinischen Beurteilungen hat das SG daraufhin ein weiteres Sachverständigengutachten durch den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. T eingeholt und ist zu Recht dessen schlüssigen und nach klinischer Untersuchung des Klägers am 03. Juni 2010 erstellten Gutachten vom 14. Juni 2010 gefolgt, wonach der Kläger noch über eine Leistungsfähigkeit auf 6 bis unterhalb 8 Stunden täglich bei bestimmten qualitativen Einschränkungen verfügt. Den umfassenden, überzeugenden Ausführungen des SG im Urteil vom 25. August 2010 ist nichts hinzuzufügen.

Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren und die dort ergänzend vorgenommenen medizinischen Ermittlungen geben ebenfalls keinen Anlass, von der getroffenen Leistungseinschätzung abzuweichen.

Der Senat stützt sich bei seiner Beurteilung auf die überzeugenden Ausführungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M.

Der Sachverständige hat in seinem unter Berücksichtigung der Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen (Leitlinien-Register Nr. 030/102, erstellt 10/2005, letzte Überarbeitung 03/2007, AWMF/11/030-102, htm) und in psychiatrischer Hinsicht nach der Systematik der AMDP (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie) erstellten Gutachten vom 21. November 2011 bei dem Kläger die Diagnosen einer Dysthymia mit Angabe von chronischen Schmerzen, Spannungskopfschmerz und degenerativen Verschleißerscheinungen an Wirbelsäule und Gelenken mit Neigung zu Rückenschmerzen gestellt.

Eine die quantitative Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Störung lässt sich aus den vom Sachverständigen Dr. M erhobenen Befunden und gestellten Diagnosen nicht herleiten. So zeigte die Prüfung der Beweglichkeit des Klägers – ebenso wie bereits bei der Begutachtung durch Dr. T - ein im wesentlichen unauffälliges Bild bei gleichzeitiger nicht unerheblicher Aggravation. So führte der Sachverständige aus, dass sich der Gang des Klägers, im Wartezimmer noch unauffällig, schlagartig in Humpeln geändert habe, als der Kläger bemerkt habe, dass der Gutachter ihn beobachte. Auf der Straße wiederum sei das Gangbild unauffällig und locker gewesen. Bei der Untersuchung sei der Kläger in der Lage gewesen, sich mit freier Beweglichkeit und ohne besondere Schwierigkeiten oder Einnahme einer Schonhaltung an- und auszukleiden und die Haltung aus der sitzenden in die liegende Körperposition und zurück zu wechseln. Der zunächst mit 40 cm demonstrierte Finger-Boden-Abstand habe sich im Sitzen relativiert, nachdem der Kläger problemlos den Langsitz eingenommen habe. Die oberen Extremitäten mit Ausnahme des linken Schultergelenks hätten keine besondere Einschränkung der Beweglichkeit gezeigt, Schmerzen seien nicht angegeben worden. Der Kläger habe auch bestätigt, dass nach der Morbus Dupuytren-Operation bis auf eine leicht eingeschränkte endgradige Streckung des 4. Fingers eine wesentliche Funktionseinschränkung der rechten Hand nicht mehr bestehe. Auch sonst konnte der Sachverständige widersprüchliche Verhaltensweisen des Klägers beobachten, etwa ein Aufspringen und ausfahrende Armbewegungen bei Verdeutlichung seines Schwindels, die mit den angegebenen Schmerzen in der linken Schulter eigentlich nicht möglich wären. Zu dem Eindruck eines Übertreibungsverhaltens passt auch, dass der Kläger in der Selbstbeurteilung der Stärke der empfundenen Schmerzen bei der Untersuchung, wie auch bei dem Gutachter Dr. T die Schmerzstärke 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz) angegeben, andererseits aber nicht ausreichend ärztliche und therapeutische Hilfe beansprucht hat. Dies zeigt sich z. B. an dem Ergebnis der von dem Gutachter Dr. T vorgenommenen Medikamentenspiegelbestimmung, die den Nachweis der Einnahme der verschriebenen Medikamente nicht ergeben hatte, was auf eine eingeschränkte Compliance des Klägers schließen lässt. Auch der Kläger selbst hat angegeben, dass er einige der verschriebenen Medikamente, u. a. das starke Schmerzmittel Tilidin und das Magenschutzmittel, nicht eingenommen habe.

Auf neurologischem Gebiet vermochte der Sachverständige Dr. M lediglich einen Spannungskopfschmerz ohne weitere Funktionsbeeinträchtigungen festzustellen, dagegen keine Facialisparese. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich mittellebhaft bis etwas lebhaft auslösbar gewesen, wobei der Kläger aktiv gegengespannt habe. Auch habe der Kläger – widersprüchlich - zunächst im Gesicht keine Gefühlsstörung, auch nicht auf der von ihm mehrfach als beeinträchtigt bezeichneten rechten Gesichtshälfte, später dann aber eine Gefühlsminderung an der linken Kopfseite angegeben. Bewusst daneben sei auch der erste Finger-Nasen-Versuch durchgeführt worden, der beim zweiten Mal problemlos gelungen sei. Zehen-, Hacken- und Seiltänzergang seien unauffällig und sicher und ohne Hinweis auf eine Fuß- oder Zehenheberparese oder –schwäche durchgeführt worden. Zwar bestünden degenerative Verschleißerscheinungen an der Lenden- und Halswirbelsäule, jedoch hätten die bildgebenden Befunde keinen Bandscheibenvorfall und keinen Hinweis auf Funktionsstörungen und Einengung der Nervenaustrittslöcher gezeigt. Ein Bericht über eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit durch Dr. R vom 10. Februar 2011 beschreibe eine Nervenwurzelstörung C 6/C 7 links ohne Erwähnung von Funktionsstörungen, Gefühlsminderung oder Lähmung in diesem Bereich. Der Lasègue sei beidseits negativ, der Langbeinsitz sei schmerzfrei möglich gewesen. Es hätten sich auch keine für Nervenwurzelstörungen typischen Gefühlsstörungen gefunden. Die vom Kläger angegebene komplette Gefühlsminderung der linken Körperseite sei neurologisch nicht erklärbar, und auch zuvor nicht beschrieben.

In psychiatrischer Hinsicht hat der Sachverständige Dr. M überzeugend ausgeführt, dass bei dem Kläger lediglich eine Dysthymia, also eine leichte Störung unterhalb einer Depression, vorliege. Die geklagten Beschwerden hätten bei gleichzeitig vorhandenem chronisch-emotionalen Konflikt mit der Ehefrau einen psychosomatischen Hintergrund, da sie durch nachweisbare organische Schäden nicht hinreichend zu erklären seien. Unterstützt wird diese Einschätzung dadurch, dass der Kläger bei der von Dr. M erhobenen persönlichen Anamnese keinerlei belastende ungewöhnliche Begebenheiten oder Erlebnisse geschildert hat. Zwar sei sein Vater, der meist im Ausland gearbeitet habe, bereits im 6. Lebensjahr des Klägers verstorben. Die Beziehung zur Mutter und zu den fünf Geschwistern wurde aber als gut geschildert, die Frage, ob die Kindheit „schön“ gewesen sei, wurde mit „ja und nein“ beantwortet. Der Kläger sei ein guter Schüler gewesen und habe ausreichend Freunde gehabt. Nach seiner Auswanderung nach Deutschland im Jahr 1970 habe er 22 Jahre als Zimmermann und Krankführer gearbeitet, bevor er arbeitsunfähig geworden sei. Anders als noch in der 16 Monate davor liegenden Begutachtung bei Dr. T und dem anschließend ergangenen klageabweisenden Urteil vom 25. August 2010 hat der Kläger seine soziale Situation bei der Begutachtung bei Dr. M negativer geschildert. Es gehe ihm „schlecht“, er habe zu nichts Lust, habe keine Freunde mehr, leide an Schlafstörungen und habe keine Sexualität mehr. Auch die Schilderung seiner familiären Beziehungen erscheint knapper. So hatte der Kläger bei Dr. T noch mitgeteilt, dass die älteste Tochter Rechtsanwaltsgehilfin/Sekretärin sei, in Spandau lebe und drei Kinder habe, dass der Sohn auswärts als Reinigungskraft arbeite und die jüngste Tochter Tourismusmanagement studiere und vor ihrem Auszug zusammen mit den Eltern in einer 2, 5 Zimmer-Wohnung gewohnt habe. Er habe ein Anwesen in Kroatien und habe in den Jahren 2007 – 2009 jeweils einen dreiwöchigen Urlaub in seiner Heimat zusammen mit der Ehefrau verlebt. Tagsüber gehe er manchmal zum benachbarten Freizeitpark und warte dann, bis seine als Reinigungskraft arbeitende Ehefrau nach Haus komme, mit der ein bis zweimal die Woche Einkäufe erledige. Nunmehr, bei der Begutachtung bei Dr. M, betont der Kläger seine Schwierigkeiten mit der Ehefrau. Man habe getrennte Schlafzimmer, nehme teilweise getrennt die Mahlzeiten ein. Im Haushalt helfe er nicht, im wesentlichen sitze er oder laufe er nur herum. Er habe keine Hobbys, keine Haustiere, treibe keinen Sport, keine Krankgymnastik, sei in keinem Verein, in keiner Partei oder Religionsgemeinschaft aktiv. Nicht zu diesen, auf stärker beeinträchtigende und verschlimmerte psychische Störungen hindeutenden Schilderungen passt aber, dass der Kläger immer noch keine psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung mit Ausnahme der durchschnittlich einmal pro Monat durchgeführten Gespräche bei Dr. L wahrgenommen hat. Auch nimmt er keine antidepressive Medikation ein bzw. setzt eine solche, wie die von ihm erwähnten Tropfen gegen Depressionen, auch eigenmächtig ab, obwohl sein Befinden durch psychotherapeutische Maßnahmen und eine Medikation mit Antidepressiva - wie Dr. M betont hat - durchaus besserbar wäre.

In der Gesamtschau folgt der Senat mithin der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des erstinstanzlichen Gerichtes und derjenigen des im Berufungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen Dr. M dahingehend, als der Kläger noch über ein für eine tägliche Arbeitszeit von mindestens 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei üblichen Pausen ausreichendes Leistungsvermögen verfügt. Der Kläger kann noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten oder überwiegend sitzend mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Haltungswechsel überwiegend in geschlossenen Räumen verrichten. Seinen Wirbelsäulenbeschwerden wird durch einen Ausschluss von Arbeiten in Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft und Zwangshaltungen sowie Vermeidung von regelmäßigem Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg Rechnung getragen. Arbeiten, die eine durchschnittliche Fingergeschicklichkeit voraussetzen, sind zumutbar, die Belastbarkeit der Arme und Beine ist altersentsprechend gegeben. Bezüglich der Schulter liegt ein behandlungsbedürftiger Zustand vor. Zudem sind schon vom Sachverständigen wegen bestehender Beschwerden an der Halswirbelsäule und der Nacken-Schulter-Region Überkopfarbeiten ausgeschlossen worden. Die neurologisch-psychiatrischen Leiden erfordern den Ausschluss von Akkord- und Fließbandtätigkeiten, Tätigkeiten an laufenden Maschinen, in Nachtschichten, unter besonderem Zeitdruck oder mit besonderem Stress. Der Kläger ist bei der Ausübung geistiger einfacher bis mittelschwerer Arbeiten, bezogen auf seine berufliche Erfahrung und Ausbildung, nicht eingeschränkt. Das Reaktionsvermögen, die Auffassungsgabe, die Lern-, Merk-, Konzentrations-, Entschluss-, Verantwortungs- und Anpassungsfähigkeit und das Gedächtnis genügen noch leichten bis durchschnittlichen Ansprüchen. Der Kläger ist auch wegefähig. Er hat selbst angegeben, grundsätzlich in der Lage zu sein, ohne Begleitung öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Der Kläger ist hiernach nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB VI). Seine Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.