Gericht | FG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 09.09.2014 | |
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Aktenzeichen | 10 V 10043/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Vollziehung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004, beide vom 17. Juni 2013, wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung über den Einspruch vom 5. Juni 2013 insoweit ausgesetzt, als ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer von weniger als 109.545.337 Euro und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von weniger als 109.293.652 Euro festgestellt worden ist.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob nach zwei Verschmelzungen zum 31. Dezember 2004 die Verlustvorträge der übertragenden Rechtsträger gemäß § 12 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 in der Fassung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UmwStG 1995 n.F.) auf die Antragstellerin als übernehmende Rechtsträgerin übergegangen sind.
Die Antragstellerin ist eine GmbH, die im Rahmen der Zusammenführung dreier europäischer Stahlkonzerne, nämlich B…, C… und D…, die Funktion als einheitliche deutsche Zwischenholding übernehmen sollte. Zu diesem Zweck schloss die Antragstellerin folgende Verträge ab:
- Mit Vertrag vom 7. Juli 2005 übertrug die E… GmbH mit Wirkung vom 1. Januar 2005 0.00 h ihr Vermögen als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) auf die Antragstellerin.
- Ebenfalls mit Vertrag vom 7. Juli 2005 übertrug die F… GmbH mit Wirkung vom 1. Januar 2005 0.00 h ihr Vermögen als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) auf die Antragstellerin.
- Mit Vertrag vom 8. Juli 2005 übertrug die G… GmbH mit Wirkung vom 1. Januar 2005 0.00 h ihr Vermögen als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) auf die Antragstellerin.
Für die übertragenden Rechtsträger wurden auf den 31. Dezember 2004 folgende Verlustvorträge (in Euro) festgestellt:
- E… GmbH
verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer
65.299.148
vortragsfähiger Gewerbeverlust
91.605.367
- F… GmbH
verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer
15.903.237
vortragsfähiger Gewerbeverlust
16.966.821
- G… GmbH
verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer
30.095.564
vortragsfähiger Gewerbeverlust
2.474.076
Die Entwicklungen der übertragenden Rechtsträger F… GmbH und G… GmbH verliefen wie folgt:
Die F… GmbH war 1978 als H… GmbH gegründet worden. Ihr Unternehmensgegenstand bestand in der Herstellung, Verarbeitung und dem Vertrieb von Röhren, Profilen, Bändern und anderen Produkten. Die H… GmbH verfügte über ein eigenbetrieblich genutztes Grundstück in I….
Die H… GmbH alt bildete eine Organschaft mit ihrer 100 %igen Tochtergesellschaft J… GmbH, die später in K… GmbH umfirmiert wurde, als Organgesellschaft. Auch die K… GmbH war operativ tätig. Ab 1992 bestand ein Organschaftsverhältnis mit der ebenfalls operativ tätigen L… GmbH. Alle drei Unternehmen waren bis Ende 1996 in der Produktion und in dem Vertrieb von Stahlwaren, insbesondere von Spaltbändern und Fixmaßzuschnitten, tätig.
Zum 31. Dezember 1996 betrug die Konzernbilanzsumme der H… GmbH und ihrer Tochtergesellschaften 55.516.061 DM. Die Konzernbilanz wies Grund und Boden sowie Gebäude in Höhe von 8.308.772 DM, technische Anlagen und Maschinen in Höhe von 3.240.158 DM, andere Anlagen in Höhe von 947.306 DM sowie Vorräte in Höhe von 10.791.731 DM aus. Die Umsatzerlöse des Konzerns betrugen 151.141.214 DM. Es wurden 193 Mitarbeiter beschäftigt.
Die H… GmbH und ihre Organgesellschaften erwirtschafteten mit ihrem operativen Geschäft Verluste. Zum 31. Dezember 1996 wurden der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer der H… GmbH auf 35.542.718 DM und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 34.344.932 DM festgesetzt.
Ende 1996 fanden erhebliche Umstrukturierungen statt. Im Bericht zum Konzernjahresabschluss zum 31. Dezember 1996 heißt es dazu:
„Im Rahmen der geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Gruppe wird der Konzern seine bisherige Geschäftstätigkeit nicht mehr weiterführen. Ab dem 1. Januar 1997 führt die Muttergesellschaft nur noch allgemeine Verwaltungstätigkeiten für die H… GmbH, die M… GmbH, die P… GmbH, die L… GmbH und die N… GmbH aus. Dies sind insbesondere die Vermietung von Grundstücken und Gebäuden, Buchhaltung, Lohnabrechnung und andere Serviceleistungen.“
Die Firma der H… GmbH wurde in F… GmbH geändert. Der Unternehmensgegenstand bestand nunmehr in der
„Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen aller Art einschließlich der Vermietung und Verpachtung von im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücken und Gebäuden, die Übernahme von Buchhaltungs-, EDV-, Personalverwaltungs- und Finanzdienstleistungen und von Serviceleistungen zur technischen Versorgung von Grundstücken und Gebäuden“.
Die H… GmbH stellte ihre fertigende Tätigkeit ein und übertrug ihren Fertigungsbereich sowie ihre Fertigungserzeugnisse auf die neu gegründete O… GmbH.
Die H… GmbH veräußerte 95 % ihrer Anteile an der L… GmbH an einen Dritten. Der bestehende Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag wurde aufgelöst.
Der Geschäftsbetrieb der K… GmbH wurde auf zwei neu gegründete, nicht der F… GmbH gehörenden Gesellschaften, die M… GmbH und die P… GmbH übertragen.
Von 1997 bis 2003 befasste sich die F… GmbH mit der Verwaltung, Grundstücksvermietung, Buchhaltung sowie EDV- und Finanzdienstleistungen. In diesen Jahren erwirtschaftete sie fast durchgehend Gewinne, die insgesamt 3.695.209 DM betrugen. Lediglich im Jahr 2002 war ein Verlust in Höhe von 106.403 DM zu verzeichnen.
Zum 1. Januar 2003 erwarb die F… GmbH sämtliche Anteile an der Q… GmbH. Zum 1. Januar 2004 schlossen die F… GmbH und die Q… GmbH einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag.
Zum 1. Januar 2004 wurde die P… GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die F… GmbH verschmolzen.
Im Jahre 2004 veräußerte die F… GmbH ihren Dienstleistungsbereich inklusive Hardware, Software und Büroausstattung an zwei ihr nicht gehörende Gesellschaften.
Zum 31. Dezember 2004 war die F… GmbH zu 100 % an der Q… GmbH, zu 26 % an der T… GmbH und zu 6 % an der L… GmbH beteiligt. Die restlichen 74 % der Anteile der R… GmbH wurden zu dieser Zeit von einer anderen Konzerngesellschaft gehalten, die im Jahre 2005 auf die Antragstellerin verschmolzen wurde. Das Aktivvermögen der F… GmbH betrug 5.220.574 Euro (Liegenschaften 1.316.169 Euro, Anteile an verbundenen Unternehmen 3.347.832 Euro, Forderungen 221.842 Euro und liquide Mittel 163.439 Euro). Die F… GmbH erwirtschaftete Umsatzerlöse in Höhe von 1.252.192 Euro und sonstige betriebliche Erträge in Höhe von 498.097 Euro. Sie hatte Materialaufwand in Höhe von 501.987 Euro, der in Höhe von 500.693 Euro auf Aufwendungen im Rahmen der Hausbewirtschaftung entfiel. Insgesamt erzielt die F… GmbH im Jahre 2004 einen Jahresüberschuss sowohl aus ihrer eigenen Tätigkeit als auch aus dem Ergebnisabführungsvertrag mit der Q… GmbH. Sie beschäftigte im Jahresdurchschnitt sieben Mitarbeiter.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages wurden keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt.
Die G… GmbH war 1980 gegründet worden. Ihr Unternehmensgegenstand bestand zunächst in der Herstellung, Bearbeitung und dem Großhandel von Stahlblechprodukten aller Art und verwandten Produkten sowie dem Betrieb aller Geschäfte, die geeignet erschienen, den Gesellschaftszweck zu fördern. Aus diesem operativen Geschäft erwirtschaftete die G… GmbH Verluste. Zum 31. Dezember 1996 wurde ein verbleibender Verlustabzug zur Körperschaftsteuer in Höhe von 50.092.759 DM festgestellt. Ein vortragsfähiger Gewerbeverlust wurde nicht festgestellt, da die G… GmbH bis zum Jahre 2000 selbst Organgesellschaft war. Die G… GmbH führte ihr operatives Geschäft bis zum Jahre 2001 weiter. Zum 31. Dezember 2001 wurden der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf 56.303.714 DM und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 2.202.622 DM festgestellt.
Im Jahre 2001 erwarb die G… GmbH Anteile an der N… GmbH, die später zunächst in S… GmbH und sodann in T… GmbH umfirmiert wurde. Die T… GmbH war selbst operativ tätig.
Ab dem 1. Januar 2002 bestand ein Organschaftsverhältnis mit der G… GmbH als Organträgerin. Der G… GmbH wurde daraus im Jahr 2002 ein Einkommen in Höhe von 3.118.404 Euro und ein Gewerbeertrag in Höhe von 3.340.064 Euro, im Jahr 2003 ein Einkommen in Höhe von ./. 1.229.536 Euro und ein Gewerbeertrag in Höhe von ./. 1.039.925 Euro und im Jahre 2004 ein Einkommen in Höhe von 5.339.180 Euro und ein Gewerbeertrag in Höhe von 5.572.074 Euro zugerechnet.
Ab 2002 bis zum September 2003 war die G… GmbH weiterhin defizitär operativ tätig; daneben hielt sie die Beteiligung an der Organgesellschaft T… GmbH. Zum 30. September 2003 wurde das operative Geschäft der G… GmbH eingestellt. Der größte Teil des bestehenden Auftragsvolumens wurde auf die T… GmbH übertragen und von dieser ausgeführt.
Zum 31. Dezember 2002 betrug die Bilanzsumme der G… GmbH rund 39 Mio. Euro. Die Bilanz wies ein Anlagevermögen in Höhe von rund 1,7 Mio. Euro, Vorräte in Höhe von rund 8 Mio. Euro und Forderungen in Höhe von rund 3 Mio. Euro aus. Die G… GmbH erzielte aus der Verarbeitung von Stahl Umsatzerlöse in Höhe von rund 45 Mio. Euro. Sie beschäftigte 41 Arbeitnehmer. Zum 31. Dezember 2003 betrug die Bilanzsumme knapp 17 Mio. Euro. Die Bilanz wies Beteiligungen in Höhe von rund 12 Mio. Euro sowie Grund und Boden und Gebäude in Höhe von rund 500.000 Euro aus. Weiteres Anlagevermögen war nicht vorhanden. Zum 31. Dezember 2003 beschäftigte die G… GmbH vier Angestellte und sieben Arbeiter. Im Jahr 2004 verzeichnete die G… GmbH nur noch Umsatzerlöse in Höhe von 38.334 Euro. Die Belegschaft bestand aus zwei geringfügig Beschäftigten.
Am 31. Dezember 2004 war die T… GmbH zu 94 % an der L… GmbH und jeweils zu 100 % an der M… GmbH und der P… GmbH beteiligt. Zwischen der T… GmbH und den drei Beteiligungsgesellschaften bestanden jeweils Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge. Nach der Verschmelzung der G… GmbH auf die Antragstellerin erzielte diese Erträge aus dem Ergebnisabführungsvertrag mit der T… GmbH sowie aus der Verwaltung eines eigenen Grundstücks in Leichlingen. Die T… GmbH wiederum erzielte Erträge aus ihrer eigenen operativen Tätigkeit (einschließlich der von der G… GmbH übernommenen operativen Tätigkeit) sowie aus den Ergebnisabführungsverträgen mit der L... GmbH, der M… GmbH und der P… GmbH. Dabei wurden im Jahre 2009 die L… GmbH und die M… GmbH auf die P… GmbH verschmolzen, so dass nur noch Abführungen der P… GmbH zu verzeichnen waren.
Die Antragstellerin erklärte in ihren Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen 2004, dass die Verlustvorträge der auf sie verschmolzenen Gesellschaften E… GmbH, F… GmbH und G… GmbH auf sie übergegangen seien. Der Antragsgegner veranlagte die Antragstellerin zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß. Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 1. November 2007 führte der Antragsgegner sodann bei der Antragstellerin eine Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2005 durch, bei der Prüfungsgegenstand u.a. die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes war. Danach vertrat der Antragsgegner die Auffassung, dass lediglich die Verlustvorträge der E… GmbH, nicht aber die der F… GmbH und der G… GmbH auf die Antragstellerin übergegangen seien. Er stellte mit den von der Antragstellerin angefochtenen Bescheiden vom 17. Juni 2013 den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 auf 63.546,536 Euro und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2004 auf 89.852.755 Euro fest. Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin fristgerecht Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Änderungsbescheide insoweit, als der Zugang der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustvorträge der F… GmbH und der G… GmbH aufgrund der Verschmelzung versagt worden war. Über den Einspruch der Antragstellerin hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide hat er am 29. Januar 2014 abgelehnt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die zum 31. Dezember 2004 bei der F… GmbH und der G… GmbH festgestellten Verlustvorträge auf sie übergegangen seien. Sie macht geltend, dass die Voraussetzung des § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. erfüllt sei, nach der der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt werden muss.
Entscheidend sei zunächst, dass der den Verlust verursachende Betrieb oder Betriebsteil zum Verschmelzungsstichtag noch nicht eingestellt sei. Eingestellt sei der Betrieb einer Körperschaft erst dann, wenn die Körperschaft im wirtschaftlichen Ergebnis ihre werbende Tätigkeit völlig oder fast völlig aufgegeben habe. Im Einklang mit der Beurteilung im Rahmen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a.F. sei der Betrieb einer Körperschaft solange nicht als eingestellt anzusehen, wie sie mindestens eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält, jedenfalls sofern die gehaltene Beteiligung nicht wirtschaftlich wertlos sei.
Maßgeblich sei zudem, ob sich der nach der Verschmelzung fortzuführende Umfang nach den Verhältnissen am Verschmelzungsstichtag oder nach den Verhältnissen eines vor dem Verschmelzungsstichtag liegenden Zeitraumes bestimme. Die h.M. in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im steuerrechtlichen Schrifttum spreche sich für die erste Alternative aus. Betrieb i.S.d. § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. sei nicht die konkrete aktive Tätigkeit eines Unternehmens, sondern die gesamte wirtschaftliche Aktivität einer Körperschaft, unabhängig davon, ob sich während des Bestehens der Gesellschaft Art und Umfang der Tätigkeit änderten. Keinesfalls dürfe eine Verlustquellengliederung vorgenommen werden. Gegen eine solche spreche, dass das Bundesministerium für Finanzen dies zwar zunächst im Entwurf eines Schreibens vom 16. April 1999 vorgesehen habe, in der endgültigen Fassung des Schreibens (Bundessteuerblatt [BStBl.] I 1999, 455) davon aber abgerückt sei. Auch die Art der Verlustfeststellung, die eine Gesamtbetrachtung ohne Aufteilung auf Betriebsteile oder Verlustquellen vorsehe, spreche gegen eine Verlustquellengliederung.
Bei Anwendung dieser Grundsätze seien die bestehenden Verlustvorträge nicht untergegangen.
Die G… GmbH habe zum Verschmelzungsstichtag ihre werbende Tätigkeit nicht eingestellt gehabt. Sie habe eine 90 %ige Beteiligung an der T… GmbH gehalten, die ihr wiederum die Beteiligung an der L… GmbH, M… GmbH und P… GmbH vermittelt habe. Es habe sich insoweit auch nicht um wirtschaftlich wertlose Beteiligungen gehandelt. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschäftsbetrieb der G… GmbH stillgelegt worden sei. Zum Verschmelzungsstichtag habe die wirtschaftliche Tätigkeit der G… GmbH darin bestanden, die Beteiligung an der T… GmbH zu halten, ein Grundstück zu verwalten sowie übernommene Pensionsverpflichtungen zu betreuen. Diese Tätigkeit habe sie, die Antragstellerin, in den folgenden fünf Jahren in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt. Sie halte die Beteiligung an der T… GmbH unverändert; das auf sie übergegangene Grundstück der G… GmbH habe sie über den 31. Dezember 2009 hinaus gehalten und verwaltet.
Auch die F… GmbH habe ihren wirtschaftlichen Betrieb nicht zum 31. Dezember 1996 eingestellt. Sie habe vielmehr ab dem Jahre 1997 Holdingaufgaben wahrgenommen. Hinreichend für das Aufrechterhalten eines Geschäftsbetriebes sei das Halten einer wirtschaftlich nicht wertlosen Beteiligung. Die F… GmbH habe zunächst sämtliche Anteile der P… GmbH gehalten, bis diese auf die F… GmbH verschmolzen worden sei. Sie habe zudem zum 31. Dezember 1996 und darüber hinaus weitere Beteiligungen, die nicht als wirtschaftlich wertlos anzusehen seien, gehalten. Die F… GmbH habe zum Verschmelzungsstichtag Holdingtätigkeiten ausgeübt; diese habe sie, die Antragstellerin, fortgeführt. So seien die ertragsteuerliche Organschaft mit der Q… GmbH fortgeführt und die weiteren Beteiligungen gehalten worden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004, beide vom 17. Juni 2013, bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Einspruch vom 5. Juni 2013 insoweit ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, als ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer von weniger als 109.545.337 Euro und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von weniger als 109.293.652 Euro festgestellt worden ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er meint, dass im Hinblick auf die Verlustfeststellungen der F… GmbH und der G… GmbH die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. nicht erfüllt seien.
Die Fortführung eines Verlustvortrages sei nur möglich, wenn der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht habe, übernommen werde. Das sei nur dann möglich, wenn der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung noch vorhanden sei, denn nur was noch existiere, könne übernommen werden. Werde der Verlustbetrieb nicht erworben, könne der Verlustabzug nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Diese Sichtweise sei wegen des Zwecks der Regelung, den Handel mit Verlustabzügen zu verhindern, geboten.
Betrieb i.S.d. § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. sei die gesamte wirtschaftliche Aktivität eines Unternehmens. Betriebsteil im Sinne der Vorschrift sei hingegen eine abgrenzbare wirtschaftliche Aktivität, der bestimmte Ressourcen zugeordnet werden könnten.
Die Frage, ob ein verlustverursachender Betrieb oder Betriebsteil zum Zeitpunkt der Verschmelzung noch vorhanden sei, sei nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse zu entscheiden, das sich auf der Grundlage einer einzelfallbezogenen Würdigung von Betriebsmerkmalen (z.B. Umsatz, Auftragsvolumen, Aktivvermögen, Anzahl der Arbeitnehmer) ergebe.
Danach könne die Antragstellerin weder die bei der F… GmbH noch die bei der G… GmbH bestehenden Verlustvorträge fortführen. Bei der gebotenen einzelfallbezogenen Würdigung hätten in beiden Fällen die verlustverursachenden Betriebe bzw. Betriebsteile nicht mehr bestanden.
Bei der G… GmbH hätten zwei Betriebsteile, nämlich das eigene operative Geschäft und das Halten der Beteiligung an der T… GmbH, bestanden. Die beiden Tätigkeiten seien örtlich, rechnungsmäßig und organisatorisch getrennt gewesen. Der verlustverursachende Betriebsteil, das eigene operative Geschäft, sei bereits im September 2003 eingestellt worden und somit am Verschmelzungsstichtag nicht mehr vorhanden gewesen. Die Antragstellerin habe folglich diesen Betriebsteil nicht fortführen können. Dem stehe auch nicht der Vortrag der Antragstellerin entgegen, das operative Geschäft der G… GmbH sei „auf eine andere Konzerngesellschaft“ übertragen worden. Maßgeblich sei, dass der verlustverursachende Betrieb in der Person des übertragenden Rechtsträgers vorhanden sei. Die Übertragung des Betriebs auf eine andere Person vor dem Verschmelzungsstichtag sei daher für die Verlustfortführung schädlich.
Auch bei der F… GmbH sei der verlustverursachende Betriebsteil weit vor dem Verschmelzungsstichtag vollständig eingestellt worden. Verlustverursachende Betriebe bzw. Betriebsteile seien insoweit die operative Tätigkeit der H… GmbH und ihrer Tochtergesellschaften P… GmbH und L… GmbH. Diese Tätigkeiten seien nicht über das Jahr 1996 hinaus fortgeführt worden. Der Geschäftsbereich der P… GmbH sei vielmehr auf zwei nicht der F… GmbH gehörenden Gesellschaften übertragen worden. Die Beteiligung an der L… GmbH sei zu 95 % veräußert und das bestehende Organschaftsverhältnis beendet worden. Damit sei die verlustverursachende Tätigkeit eingestellt und eine neue Tätigkeit – die Wahrnehmung von Holdingaufgaben – aufgenommen worden.
II.
1. Der Antrag ist zulässig und begründet.
a) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der der beschließende Senat sich anschließt, vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bzw. des Rechtsmittels zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt nicht (BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1998 – I B 101/98, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 1999, 753; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage 2010, § 69 Rn. 86, m.w.N.)
b) Hier bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die Fortführung der für die F… GmbH und G… GmbH festgestellten Verluste zu Unrecht versagt.
aa) Für den Fall der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Körperschaft bestimmt § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F., dass die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein tritt. Das gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch für einen verbleibenden Verlustvortrag im Sinne des § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter der Voraussetzung, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird.
bb) Diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Antragstellerin hat den jeweiligen Geschäftsbetrieb der F… GmbH und der G… GmbH in dem Umfang, wie er am Verschmelzungsstichtag bestand, über fünf Jahre hinweg fortgeführt.
Maßgeblich für den fortzuführenden Umfang des Geschäftsbetriebes sind, worauf die Antragstellerin zu Recht hingewiesen hat, die Verhältnisse am Verschmelzungsstichtag (BFH-Urteil vom 25. August 2009 – I R 95/08, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2010, 940). Am Verschmelzungsstichtag waren die F… GmbH und die G… GmbH als Holdinggesellschaften tätig und verwalteten jeweils ein Betriebsgrundstück. Diese Tätigkeit hat die Antragstellerin jedenfalls fünf Jahre lang in wirtschaftlich vergleichbarer Weise fortgeführt. Der Antragsgegner ist diesem Vortrag nicht entgegengetreten; aus dem Inhalt der Akten ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem nicht so sei.
cc) Ohne Erfolg macht der Antragsgegner demgegenüber geltend, dass die Antragstellerin die Betriebsteile, die den Verlust verursacht haben, nicht übernommen und fortgeführt habe. Die Antragsgegnerin hat den gesamten Betrieb der F… GmbH und der G… GmbH übernommen und qualifiziert fortgeführt; auf das Bestehen und Übernehmen einzelner Betriebsteile kommt es dann nicht mehr an.
Soweit der Antragsgegner sich auf die Rechtsprechung des BFH beruft, nach der ein Übergang eines verbleibenden Verlustabzugs voraussetzt, dass der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung oder Spaltung beim übertragenden Rechtsträger tatsächlich vorhanden ist (BFH-Urteil vom 14. März 2012 – I R 13/11, BFH/NV 2012, 1271, Tz. 15 m.w.N.), ist dies nicht geeignet, der Antragstellerin die Nutzung der für die F… GmbH und G… GmbH festgestellten Verluste zu versagen. Die genannte Entscheidung ist, worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist, zum Fall einer Spaltung und nicht einer Verschmelzung ergangen. Zwar hat der BFH gleichzeitig ausgesprochen, dass Spaltungen und Verschmelzungen grundsätzlich gleich behandelt werden (BFH aaO. Tz. 20); er hat aber auch darauf hingewiesen, dass bei Verschmelzungen nach h.M. ein Verlustabzug auch dann übergehen kann, wenn der verlustverursachende Betriebsteil vor dem Verschmelzungsstichtag aufgegeben worden ist, aber der Betrieb als solcher bestehen bleibt (BFH aaO.). Dieser Auffassung folgt der beschließende Senat.
(1) Hier ist schon fraglich, ob die übertragenden Rechtsträger überhaupt über mehrere Betriebsteile verfügten.
Die Bestimmung des Begriffs „Betriebsteil“ wird überwiegend unter Rückgriff auf das Arbeitsrecht bestimmt (vgl. Klingberg in Blümich, EStG, KStG, GewStG und steuerliche Nebengesetze, § 12 UmwStG 1995 Rn. 47 Lfg. 121, Stand 10/2013; Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rn. 601 Lfg. 108, Stand 06/2009). Als Betriebsteil i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. wird ein räumlich bzw. organisatorisch abgrenzbarer Bestandteil des Betriebs bzw. ein relativ verselbständigter Teil des Betriebs angesehen, dem bestimmte sachliche und personelle Ressourcen zugeordnet werden können (BMF-Schreiben vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 37; Klingberg aaO.). Es muss sich um eine wirtschaftliche Aktivität einer Kapitalgesellschaft handeln, die von der Gesamtheit der anderen wirtschaftlichen Aktivitäten der Gesellschaft abgrenzbar ist und der – im Sinne einer Gewinn- oder Verlustquelle – ein Erfolgsbeitrag zugeordnet werden kann (Hofmeister, Festschrift Widmann, 2000, 413, 416). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn für die zu betrachtende wirtschaftliche Aktivität bestimmte Produktionsfaktoren (von Hofmeister aaO. als „Arbeit und Kapital“ beschrieben) eingesetzt werden und die Kapitalgesellschaft mit dieser Tätigkeit am Markt auftritt (Hofmeister aaO.). Als Betriebsteile werden z.B. angesehen die Produktionsbereiche Herren- und Damenbekleidung eines Textilunternehmens oder die Kameraproduktion eines Unternehmens der optischen Industrie, die Kinderzimmer- und die Büromöbelproduktion bei einem Möbelhersteller (Schießl aaO. Rn. 605) und das Halten der einzelnen Beteiligungen bei einer Holding (BMF-Schreiben in BStBl. I 1999, 455, Tz. 37). Ein Betriebsteil besteht danach immer neben – mindestens – einem weiteren Betriebsteil der Kapitalgesellschaft. Der Antragsgegner geht hier jedoch von sukzessiv bestehenden verschiedenen Betriebsteilen aus, indem er annimmt, dass die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit der F… GmbH und der G… GmbH bis zur Einstellung des operativen Geschäftsbetriebes einen Betriebsteil und die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dieser Gesellschaften danach, nämlich die Tätigkeit als Holdinggesellschaften, einen weiteren Betriebsteil darstellten. Schon das ist zweifelhaft.
(2) Aber auch wenn man zugunsten des Antragsgegners davon ausgeht, dass vor der Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs bei beiden Gesellschaften die Betriebsteile „operatives Stahlgeschäft“ und „Halten und Verwalten eines Betriebsgrundstücks“ und hinterher wiederum „Halten und Verwalten eines Betriebsgrundstücks“ und „Halten von Beteiligungen“ bestanden haben, hindert die Einstellung des operativen Geschäfts der F… GmbH und der G… GmbH vor dem Verschmelzungsstichtag nicht den Übergang der bei diesen Gesellschaften festgestellten Verlustvorträge auf die Antragstellerin.
Selbst wenn ein übertragender Rechtsträger über verschiedene Betriebsteile verfügt, kommt eine Aufteilung der bestehenden Verlustvorträge im Sinne einer „Ursachenforschung“ oder „Verlustquellengliederung“ auf die verschiedenen Betriebsteile nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzung des Fortführens des übernommenen Betriebs insgesamt in einem vergleichbaren Umfang nicht gegeben ist (so die heute h.M., vgl. Hofmeister aaO., 418; ebenso BMF-Schreiben in BStBl. I 1999, 455, Tz. 38, 40). Dies ist zwar nicht zwingend. Man könnte auch die Auffassung vertreten, dass die zum Verlustvortrag führenden Verluste stets den einzelnen Betriebsteilen zugeordnet werden müssten und ein Übergang des Verlustvortrags – ungeachtet der Fortführung des Betriebes als Ganzem – nur zulässig wäre, wenn die verlustverursachenden Betriebsteile noch vorhanden sind und fortgeführt werden (so wohl Füger/Rieger, Deutsches Steuerrecht [DStR] 1997, 1427, 1438 f.). Dann wäre stets eine „Verlustquellengliederung“ vorzunehmen (vgl. Bock, GmbH-Rundschau [GmbHR] 1999, 279, 280).
Für einen solchen Vorrang des Merkmals „Betriebsteil“ spricht in der Tat, dass es sich insoweit um den spezielleren Tatbestand handelt (vgl. Hofmeister aaO.). Gegen diese Sichtweise sprechen aber bereits die erheblichen praktischen Schwierigkeiten, die mit der Aufteilung der festgestellten Verluste auf einzelne Betriebsteile verbunden sind. Die Verluste einer Kapitalgesellschaft werden, wie die Antragstellerin zutreffend vorgetragen hat, einheitlich und nicht bezogen auf bestimmte Betriebsteile festgestellt (ebenso Hörger/Endres, Finanzrundschau [FR] 1998, 1017, 1018). Eine Zuordnung zu einzelnen Betriebsteilen erfordert zusätzlichen Arbeitsaufwand der Steuerpflichtigen, aber auch der Finanzverwaltung (Hofmeister aaO.).
Maßgebliches Argument gegen das vorrangige Abstellen auf die einzelnen Betriebsteile ist jedoch der Sinn des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. Die Vorschrift dient einerseits dazu, Verschmelzungen nicht dadurch wirtschaftlich zu erschweren, dass ein bestehender Verlustvortrag des übertragenden Rechtsträgers verlorengeht, andererseits soll verhindert werden, dass der übernehmende Rechtsträger einen Verlustvortrag übernimmt und in der Zukunft nutzt, aber den übernommenen Betrieb nach der Verschmelzung erheblich reduziert oder gar einstellt (Hofmeister aaO., 418 f.). Auch die Finanzverwaltung geht davon aus, dass es dem Verlustabzug entgegensteht, wenn der ursprüngliche Betrieb – hier wird man ergänzen müssen: nach der Verschmelzung – im Umfang erheblich reduziert wird (BMF-Schreiben in BStBl. I 1999, 455, Tz. 38). In diesem Sinne weist auch Müller-Gatermann darauf hin, dass der auf einen Betriebsteil eines Unternehmens gerichtete Blick eine erweiterte Möglichkeit der Verlustübernahme eröffne (Müller-Gatermann, FS Widmann, 2000, 425, 438). Betriebsverkleinerungen sowie das Einstellen oder Abstoßen einzelner Betriebsteile vor dem Verschmelzungsstichtag hindern den Übergang eines bestehenden Verlustvortrages somit nicht. Der BFH hat insoweit deutlich ausgesprochen, dass es möglich sein muss, zunächst den Versuch zu unternehmen, eine eingetretene Verlustsituation durch betriebswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen, nämlich die Verringerung bzw. Einschränkung des Geschäftsbetriebes, zu beseitigen, und erst nach dem Scheitern solcher Bemühungen eine Verschmelzung in Betracht zu ziehen (BFH-Urteil vom 25. August 2009 I R 95/08 in BStBl. II 2010, 940, 941). Auch im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass es vermieden werden sollte, die Steuerpflichtigen zu zwingen, veraltete unrentable Strukturen über längere Zeit aufrecht zu erhalten (Hörger/Endres, FR 1998, 1017, 1018). Demzufolge muss es zulässig sein, vor der Verschmelzung den Betrieb – wie hier geschehen – grundsätzlich umzustrukturieren und dabei die verlustbringende Tätigkeit einzustellen oder auf andere Rechtsträger auszugliedern, ohne dass die festgestellten Verlustvorträge verlorengehen.
Folglich stellt sich die Frage, ob der verlustverursachende Betriebsteil übernommen worden ist, nur dann, wenn der übernehmende Rechtsträger den übernommenen Betrieb nicht fünf Jahre lang in einem vergleichbaren Umfang fortgeführt hat. Ist das der Fall, bleibt dem übernehmenden Rechtsträger noch die Möglichkeit, darzutun, dass er zwar nicht den gesamten übernommenen Betrieb, wohl aber den verlustverursachenden Betriebsteil fünf Jahre lang in einem vergleichbaren Umfang fortgeführt hat, mit der Folge, dass die auf diesen Betriebsteil entfallenden Verluste von ihm genutzt werden können (Hofmeister aaO., 419; Müller-Gatermann aaO.; ebenso wohl Hörger/Endres, FR 1998, 1017, 1018). In diesem Sinne bestimmt auch das BMF-Schreiben vom 16. April 1999 (aaO., Tz. 40), dass in Fällen, in denen die Voraussetzungen für den Verlustabzug für den gesamten Verlustbetrieb nicht vorliegen und der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste einem bestimmten Betriebsteil zugeordnet werden können, die für den Verlustübergang zugelassenen Teilbeträge zu ermitteln sind.
(3) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Versagung der Fortführung des Verlustabzuges in Fällen wie dem hier zu entscheidenden auch nicht geboten, um dem Handel mit Verlustvorträgen entgegenzutreten. Ein Gleichlauf von § 8 Abs. 4 KStG a.F. und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. ist nicht zwingend. Man kann zwar vermuten, dass es Ziel des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. sei, in Anlehnung an den sog. „Mantelkauf“ den Übergang des Verlustes der übertragenden Gesellschaft daran zu knüpfen, dass deren betrieblicher Organismus zumindest zu einem wesentlichen Teil erhalten bleibt (Müller-Gatermann aaO., 437). Der BFH hat aber darauf hingewiesen, dass die Gesetzesmaterialien keinen Aufschluss darüber geben, ob der Gesetzgeber die Problematik des sog. Mantelkaufs erkannt und wie er sie ggf. beurteilt hat. Die Einfügung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. beruht ebenso wie die Ergänzung des § 8 Abs. 4 KStG 1996 auf einer Initiative des Vermittlungsausschusses (Beschlussempfehlung vom 4. August 1997, BTDrucks 13/8325); beide Maßnahmen sind im Gesetzgebungsverfahren nicht begründet worden. Deshalb sei insbesondere nicht erkennbar, auf welcher Erwägung die Unterschiedlichkeit in der Abfassung des Gesetzeswortlauts beruht. Es könne zwar zutreffend sein, dass beide Gesetzesänderungen von dem Bestreben getragen seien, einem "Handel" mit Verlustvorträgen entgegenzuwirken. Es sei aber auch nicht fernliegend, dass der Gesetzgeber an die Verwirklichung dieses Ziels im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 KStG 1996 einerseits und in Verschmelzungsfällen andererseits unterschiedliche Maßstäbe angelegt habe. So habe es ihm bei der Schaffung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. vor allem darauf angekommen sein können, dass der bis zur Verschmelzung bestehende Betrieb oder Betriebsteil im Anschluss an die Verschmelzung nicht eingestellt oder wesentlich verkleinert wird, sondern in einem vergleichbaren Umfang als Wirtschaftsfaktor erhalten bleibt (BFH-Urteil vom 27. Mai 2009 – I R 94/08, BStBl. II 2010, 937, 938 f.; ähnlich Füger/Rieger aaO., 1438).
2. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof war gemäß §§ 128 Abs. 3 i.V.m. 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil bislang, soweit ersichtlich, höchstrichterlich nicht entschieden worden ist, wie sich die Tatbestandsmerkmale „Betrieb“ und „Betriebsteil“ in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. zueinander verhalten. Es ist anzunehmen, dass die in diesem Fall anzuwendende Rechtslage auch noch eine Reihe weiterer offener Verfahren betrifft.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.