Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 10.09.2014 | |
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Aktenzeichen | 7 W 68/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 6./8. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
I.
Studenten der Rechtswissenschaft der …Universität … gründeten den Verein „S…“, der allen Studenten dieser Universität die Möglichkeit eröffnen soll, ihr erlerntes Wissen unentgeltlich rechtsberatend anzuwenden, um sich so auf eine spätere berufliche, insbesondere anwaltliche Tätigkeit vorzubereiten und Erfahrungen zu sammeln.
§ 2 der Satzung besagt über den Vereinszweck Folgendes:
„(1) Zweck des Vereins ist es, eine unentgeltliche außergerichtliche Rechtsberatung i. S. d. § 6 RDG unter Anleitung einer zum Richteramt befähigten Person zu organisieren und durchzuführen. Die Beratung wird von Mitgliedern des Vereins durchgeführt.
(2) Das Angebot richtet sich an Studierende der …Universität … und Bürgerinnen und Bürger. Unternehmen sind von der Beratung ausgeschlossen.“
Der Antragsteller beantragt die Eintragung in das Vereinsregister bei dem Amtsgericht Frankfurt (Oder).
Das Amtsgericht hat durch Zwischenverfügung vom 6./8. Mai 2014 Bedenken gegen die Eintragung nach § 7 RDG erhoben, da die Rechtsberatung nach der Satzung alleiniger Zweck des Vereins, ferner nicht auf Vereinsmitglieder beschränkt sei und der Verein die Merkmale eines wirtschaftlichen Vereins erfülle.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 6. Juni 2014. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Zwischenverfügung ist nach § 382 Abs. 4 S. 2 und den §§ 59 f. FamFG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Antragsteller als betroffener Vorverein ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 60 Rn. 1).
In der Sache ist die Beschwerde unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die Eintragung in das Vereinsregister abgelehnt, weil der Antragsteller nicht die Voraussetzungen zur Rechtsberatung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) erfüllt.
Das Amtsgericht prüft nach §§ 55 ff. BGB die Voraussetzungen für eine Eintragung und darüber hinaus, ob der Vereinszweck materiell gegen sonstige Gesetze verstößt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 60, Rn. 1).
Zutreffend geht das Amtsgericht dabei von der Anwendbarkeit des § 7 RDG aus, der im Bereich der Beratung durch einen Verein lex specialis gegenüber § 6 RDG ist, und zwar auch dann, wenn die Rechtsberatung unentgeltlich ist und die Vereinsmitglieder von der Beitragspflicht befreit sind (vgl. Krenzler, RDG, § 7, Rn. 11). Der Antragsteller erfüllt keine der in § 7 RDG genannten Voraussetzungen:
1. Erlaubt sind nach § 7 Abs. 1 RDG Rechtsdienstleistungen im Rahmen des satzungsmäßigen Aufgabenbereichs nur für Mitglieder und dies auch nur, soweit die Rechtsdienstleistung gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung ist. Eine Ausweitung auf die allgemeine Rechtsberatung ist unzulässig. Die Rechtsdienstleistung muss insoweit eine dienende Funktion haben und darf nur Mittel sein, um den Gesamtzweck der Vereinigung zu erreichen (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 59; BGH GRUR 2012, 79, 80, Tz. 17). Bei dem Antragsteller ist die Rechtsberatung dagegen der alleinige Zweck des Vereins. Die Rechtsberatung soll nach der Satzung ohne Einschränkung der Rechtsgebiete erteilt werden sowie Mitgliedern und Nichtmitgliedern, ausgenommen Unternehmen, zu Gute kommen. Schon dies führt dazu, dass keine Eintragung möglich ist.
2. Wer nach § 7 Abs. 1 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen will, muss ferner nach § 7 Abs. 2 RDG über die erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung verfügen. Zur sachlichen Ausstattung des Vereins hat der Antragsteller keine Angaben gemacht, so dass diese Voraussetzung nicht geprüft werden kann. Die finanzielle Ausstattung scheint die Satzung nicht zu gewährleisten. Zwar ist eine Berufshaftpflichtversicherung für im Verein beratend tätige Personen im RDG nicht vorgesehen. Gleichwohl kann ein Verein nach § 7 Abs. 2 RDG nicht ins Vereinsregister eingetragen werden, wenn er nicht über eine finanzielle Ausstattung verfügt, die bis zu einem gewissen Grade das Haftungsrisiko aus einer Falschberatung auffangen kann (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 60; Krenzler, a.a.O., § 7, Rn. 61). Eine dem Risiko der Rechtsberatung entsprechende Deckung des möglichen Haftungsvolumens hat der Antragsteller nicht nachgewiesen. Die Mitgliedschaft ist unentgeltlich. Der Verein will sich aus öffentlichen Zuwendungen und Spenden finanzieren, § 4 Abs. 1 der Satzung. Dies ist keine sichere Deckung im Falle der Haftung.
3. Personell muss die Rechtsdienstleistung nach § 7 Abs. 2 RDG durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgen. Das Rechtsdienstleistungsgesetz dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, § 1 Abs. 1 S. 2 RDG. Wegen der gravierenden Auswirkungen unqualifizierter Rechtsberatung muss der Staat sicherstellen, dass die Interessen der beratenen Personen auf eine fachlich einwandfreie Rechtsberatung gewahrt werden (vgl. Krenzler a.a.O., § 6, Rn. 24), und zwar unabhängig davon, ob die Rechtsberatung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.
Die Struktur des Vereins, wie sie in der Satzung niedergelegt ist, gewährleistet nicht in jedem Fall eine qualifizierte Rechtsberatung. Die Rechtsberatung soll durch Studenten der Rechtswissenschaft erfolgen, die in die Aufgabe eingewiesen werden müssten. Eine ordnungsgemäße Einweisung setzt voraus, dass die anzuleitenden Personen mit den für ihre Tätigkeit wesentlichen Rechtsfragen vertraut gemacht werden, damit sie die zu erwartenden Sachverhalte weitgehend selbständig rechtlich erfassen können. Welchen Umfang dabei die hierzu notwendige Anleitung bzw. Grundeinweisung haben muss, hängt maßgeblich von den Vorkenntnissen der anzuleitenden Person und der Art ihrer Tätigkeit ab (vgl. Krenzler a.a.O., § 6, Rn. 32).
Eine Einweisung der Studenten in typisierte Sachverhalte ist nicht möglich, da die Rechtsberatung allumfassend erfolgen soll und unabhängig davon, ob das jeweilige Rechtsgebiet an der Universität gelehrt wird. Anders als bei einer themenbezogenen Rechtsberatung, z.B. durch Mietervereine oder Gewerkschaften, können die Berater nicht auf wiederkehrende Sachverhalte und Rechtsfragen gezielt vorbereitet werden. Die Studenten sind zudem in unterschiedlichen Ausbildungsstadien mit einem unterschiedlichen Kenntnisstand. Ziel des Studiums ist es zwar, sie zu befähigen, sich in jede Rechtsfrage einzuarbeiten. Je nach Ausbildungsstadium kann dieses Können aber nicht vorausgesetzt werden.
Hinzu kommt, dass die Studenten noch keine praktische Ausbildung durchlaufen haben und in der Regel nicht gewohnt sind, mit unklaren, unvollständigen und sich verändernden Sachverhalten umzugehen. Dies sollen sie erst, nachdem sie ihr juristisches Können im Ersten juristischen Staatsexamen unter Beweis gestellt haben, im Vorbereitungsdienst unter Anleitung eines Ausbilders erlernen, der alleine die Verantwortung für die Bearbeitung eines Rechtsfalles übernimmt.
Wie die Wissens- und Erfahrungsdefizite für eine uneingeschränkte rechtliche Beratung der Bevölkerung ausgeglichen werden sollen, wird aus der Satzung des Antragstellers nicht erkennbar. Diese sieht in § 2 Abs. 1 zwar die Anleitung einer zum Richteramt befähigten Person vor. Wer dies übernehmen soll, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise die Person bei der Beratung mitwirkt, bleibt nach der Satzung offen.
4. Selbst wenn man mit dem Antragsteller davon ausginge, die unentgeltliche Rechtsberatung losgelöst von einer Mitgliedschaft bemesse sich nach § 6 RDG, müssten diese Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 RDG gleichermaßen sichergestellt sein.
5. In der Satzung ist zudem nicht niedergelegt, wie der Antragsteller Verschwiegenheit, Datenschutz und den Umgang mit Mandantengeldern oder widerstreitenden Interessen gewährleisten will. Als Nebenpflicht gelten auch in der unentgeltlichen Rechtsberatung nach § 6 RDG solche Pflichten, die ein Rechtsanwalt stets beachten muss (vgl. Krenzler a.a.O. § 6 Rn. 39).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdebereicht erfordern, § 70 Abs. 2 FamFG. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass möglicherweise andere Vereine rechtsberatender Studenten in die von anderen Amtsgerichten geführten Register eingetragen wurden. Der Senat vermag nicht zu beurteilen, inwieweit deren Satzungen mit der Satzung des Antragstellers vergleichbar sind und den Anforderungen der §§ 6, 7 RDG genügen.