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Entschädigungsrecht; Entschädigung der mit einem dinglichen Nutzungsrecht belasteten Teilfläche eines Grundstücks Verrechnung des dem Gesamtrechtsvorgänger eines Zedenten gezahlten Lastenausgleichs in dem Entschädigungsverfahren der Zessionarin;Anfechtungs /Bescheidungs /Verpflichtungsbegehren; Klagefrist; Elektronischer Rechtsverkehr; Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung; Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis; Keine Verrechnung nach § 8 EntschG a. F.;Bestandskräftiger Verrechnungsbescheid des Lastenausgleichsamtes gegenüber dem Zedenten;Die Rechtsbehelfsbelehrung einer Behörde, die auf die Formerfordernisse des § 81 Abs. 1 S. 1 und 2 VwGO, nicht jedoch auf die Möglichkeit der Klageerhebung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 55a VwGO hinweist, ist im Sinne von § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO unrichtig


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 25.07.2013
Aktenzeichen VG 1 K 759/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 113 Abs 5 VwGO, § 44 Abs 1 VwVfG, § 44 Abs 2 VwVfG, § 55a VwGO, § 58 Abs 1 VwGO, § 58 Abs 2 VwGO, § 8 EntschG, § 81 Abs 1 S 1 VwGO, § 81 Abs 1 S 2 VwGO

Tenor

Der Beklagte zu 1. wird unter entsprechender Aufhebung von Ziffer 1. des Widerspruchsbescheides des Beklagten zu 2. vom 13. Juli 2009 verpflichtet festzustellen, dass der Klägerin wegen des Eigentumsverlustes der Eheleute Friedrich und Elise S. an der bebauten Teilfläche von 500 m² des Grundstücks K-Straße in Z./OT M. eine weitere Entschädigungsleistung in Höhe von 9.714,55 € nebst weiteren Zinsen auf diesen Betrag in Höhe von monatlich 0,5 % vom 01. Januar 2004 bis zum Kalendermonat vor der Bekanntgabe des zu erlassenden Bescheides zusteht; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte zu 1. trägt die Gerichtskosten, seine außergerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin; die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht dieser zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich aus abgetretenem Recht gegen Entscheidungen der Beklagten in einem Verfahren über die Entschädigung einer ehemals mit einem dinglichen Nutzungsrecht belasteten, bebauten Teilfläche des Grundstücks K-Straße in dem Z. Ortsteil M.

Das 2.378 m² große und unter anderem mit einem 1921 errichteten Einfamilienhaus bebaute Grundstück, Flurstück x der Flur X (ehemals Grundbuch von M., Band 6, Blatt 171, heute Blatt 3640) - dessen Einheitswert zum 01. Januar 1951 im Wege der Wertfortschreibung auf 13.600,00 M und zum 01. April 1988 auf 6.600,00 M festgestellt wurde -, stand seit dem 22. Januar 1930 zu gleichen Anteilen im Eigentum der im Westen Berlins wohnhaften Eheleute Friedrich und Frieda Elise S. (im Folgenden: den Alteigentümern). Das Grundstück wurde seit 1953 nach § 6 der Verordnung vom 17. Juli 1952 staatlich verwaltet; es war von Oktober 1926 bis zum 12. November 1969 mit 12.000,00 GM zu Gunsten der Württembergischen Hypothekenbank und seit dem 05. April 1977 mit einer Aufbauhypothek in Höhe von 39.100,00 M zu Gunsten der Kreissparkasse belastet. Am 03. Juli 1985 entzog der Rat des Kreises den Alteigentümern mit Wirkung vom 01. September 1985 unter Rückgriff auf die Bestimmungen des Aufbaugesetzes das Eigentum; am 18. Oktober 1985 wurde Eigentum des Volkes im Grundbuch eingetragen und die Aufbauhypothek gelöscht. Mit Urkunde vom 10. März 1988 verlieh der Rat des Kreises den Eheleuten W., die am 03. März 1988 das Eigenheim erworben hatten, ein dingliches Nutzungsrecht an der „Gebäudegrundfläche“.

Der 1980 verstorbene Friedrich S. wurde jeweils zur Hälfte von seiner Ehefrau und von seinem Sohn Heinz-Dieter S. (im Folgenden: dem Restitutionsantragsteller) beerbt; Rechtsnachfolger seiner 1982 verstorbenen Mutter wurde ebenfalls der Restitutionsantragsteller, der im August 1990 die Rückübertragung des Vermögenswertes beantragte. Der Beklagte zu 1. lehnte die Rückübertragung zunächst mit Teilbescheid vom 16. März 1998 ab und sprach dem Restitutionsantragsteller wegen des Eigentumsverlustes einen Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu; in Umsetzung einer Erklärung aus der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Cottbus vom 05. Juni 2002 (Verfahren 1 K 123/00) übertrug er mit Abhilfebescheid vom 28. August 2002 die nicht mit einem dinglichen Nutzungsrecht belastete Teilfläche des Grundstücks an den Restitutionsantragsteller zurück und lehnte die Rückübertragung des Grundeigentums im Übrigen ab. Am 17. März 2004 erwarb der Restitutionsantragsteller von den Eheleuten W. das Eigenheim und das Nutzungsrecht an der Gebäudegrundfläche.

Mit Vertrag vom 31. Dezember 2004 gründeten die Eheleute B. (im Folgenden: der Gesellschafter) die aus ihnen bestehende „Gesellschaft bürgerlichen Rechts B., Zweck der Gesellschaft ist die Nutzung und Verwertung des vorbezeichneten Grundstücks. Die Gesellschaft erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Mai 2005 (UR-Nr.: N 969/2005 des Notars Prof. Dr. N. aus Berlin) von dem Restitutionsantragsteller das Gebäudeeigentum (unter II. § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1a Abs. 1), die mit Abhilfebescheid des Beklagten zu 1. vom 28. August 2002 an den Verkäufer restituierte, nicht mit einem dinglichen Nutzungsrecht belastete Grundstücksfläche sowie die auf Rückübertragung oder Entschädigung hinsichtlich des benannten Grundstücks gerichteten Ansprüche des Verkäufers, soweit diese im Vermögensgesetz (VermG) und im Entschädigungsgesetz (EntschG) geregelt sind (unter III. § 1 Abs. 1); die in § 1 des Kaufvertrages genannten Ansprüche werden mit „§ 6“ – auf Grund einer Doppelung dieses Paragraphen richtigerweise § 7 - Abs. 1 des Vertrages an die Käuferin abgetreten. Mit weiterem notariellen Kaufvertrag vom 11. Juli 2006 erwarb die Klägerin auch die nicht zurückübertragene, unvermessene Teilfläche von 500 m² von der Gemeinde Z.

Unter Bezugnahme auf den Kaufvertrag vom 18. Mai 2005 beantragte der Gesellschafter namens der Gesellschaft am 22. Dezember 2005 bei dem Beklagten zu 1. die Festsetzung der Entschädigung für den Eigentumsverlust an dem Gebäude und der zugehörigen Teilfläche von 500 m². Der Beklagte zu 1. wies den Restitutionsantragsteller am 16. August 2006 darauf hin, dass im Entschädigungsverfahren die vom Landesausgleichsamt Berlin noch festzustellende Rückforderung von Lastenausgleich zu berücksichtigen sei und bat dieses Amt am folgenden Tag um eine entsprechende Festsetzung. Am 23. Mai 2007 setzte das Landesausgleichsamt Berlin den Beklagten zu 1. in Kenntnis, dass die Rückforderungsbescheide vom 08. Mai 2007 seit dem 11. Mai 2007 bestandskräftig geworden seien; mit diesen Bescheiden werden von dem Restitutionsantragsteller auf der Grundlage der §§ 349, 350a des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) und § 8 EntschG 6.149,77 € und 3.509,63 € gewährte Hauptentschädigung durch Verrechnung zurückgefordert.

Nach Mitteilung der beabsichtigten Entscheidung - in deren Rahmen der Gesellschafter darauf hinwies, dass der Entschädigungsanspruch nicht von ihm persönlich, sondern von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltend gemacht worden ist – stellte der Beklagte zu 1., soweit in dem vorliegenden Verfahren von Bedeutung, mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 fest, dass dem Gesellschafter für den Verlust der Bruchteile der Eheleute Friedrich und Elise S. an einer Teilfläche von 500 m² des Grundstücks K-Straße in Z. insgesamt ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 657,01 € zustehe, der sich aus 511,29 € Entschädigung und Zinsen in Höhe von 145,72 € zusammensetze (Ziffer 1.) und der durch Barzahlung aus dem Entschädigungsfonds erfüllt werde (Ziffer 2.). Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen aus: Der Gesellschafter sei auf Grund der Abtretung der Entschädigungsansprüche in dem notariellen Vertrag vom 18. Mai 2005 berechtigt, nachdem am „17. Juli 1952“ die verstorbenen Alteigentümer geschädigt worden seien. Die Höhe der Entschädigung berechne sich nach § 2 und § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EntschG. Ein Hauszinssteuerabgeltungsbetrag sei nach § 3 Abs. 1 S. 2 EntschG nicht zu berücksichtigen, weil das Gebäude nach dem 01. Juli 1918 im Jahr 1921 errichtet worden sei, ohne dass Erkenntnisse über gewährte öffentliche Mittel vorlägen. Für langfristige Verbindlichkeiten und Gegenleistungen oder Entschädigungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 i. V. m. § 3 Abs. 4 und § 6 EntschG sei ebenfalls nichts ersichtlich. Entsprechend dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2006 (BVerwG 3 B 148.05) sei der rechnerisch anteilige Einheitswert von 2.860,08 RM zu Grunde zu legen. Die Bemessungsgrundlage betrage 20.020,56 DM, die gekürzte Bemessungsgrundlage jeweils 10.007,20 DM, insgesamt 20.014,40 DM; hiervon seien die mit den bestandskräftigen Rückforderungsbescheiden des Ausgleichsamtes Berlin vom 08. Mai 2007 zurückgeforderten 18.892,14 DM abzuziehen, § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 8 EntschG, so dass sich ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.122,26 DM, nach § 2 Abs. 2 EntschG abgerundet 1.000,00 DM = 511,29 € ergebe.

Gegen den Bescheid erhob der Gesellschafter – auch namens der Gesellschaft - am 12. November 2008 Widerspruch, den er im Wesentlichen wie folgt begründete: Der Bescheid sei nichtig, weil die Entscheidung gegenüber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe ergehen müssen, und der Anspruch der Gesellschaft sei nicht um die Rückforderung von Lastenausgleich zu kürzen, weil er im Zeitpunkt der Abtretung weder festgestellt noch fällig gewesen sei. Jedenfalls komme eine Berücksichtigung nicht auf Grund eines „bestandskräftigen Rückforderungsbescheides“ in Betracht, weil die Gesellschaft in jenem Verfahren nicht nach § 13 Abs. 2 S. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) beteiligt worden sei. Dem Beklagten zu 1. sei die Abtretung bekannt gewesen und dieser habe das Landesausgleichsamt informieren müssen.

Mit einem an die Klägerin als Widerspruchsführerin adressierten Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2009 fasste der Beklagte zu 2. die Entscheidung unter Aufhebung von Ziffer 1. des Bescheides vom 12. November 2008 im Wesentlichen dahingehend, dass der Klägerin wegen des Verlustes der Vermögenswerte ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 657,01 € zustehe; im Übrigen wies der Beklagte zu 2. den Widerspruch zurück. Zur Begründung führt der Widerspruchsbescheid im Wesentlichen aus: Der Ausgangsbescheid sei rechtswidrig, soweit er den Entschädigungsanspruch nicht der Widerspruchsführerin, sondern dem Gesellschafter als natürlicher Person zubillige. Im Übrigen sei der Widerspruch unbegründet, weil die Höhe des Entschädigungsanspruches im Ergebnis zutreffend berechnet worden sei. Zwar habe die Ausgangsbehörde nicht auf den 01. September 1985 als korrekten Zeitpunkt der Schädigung abgestellt, durch den fehlerhaften Schädigungszeitpunkt ändere sich das Ergebnis jedoch nicht. Die 1977 eingetragene und 1985 gelöschte Aufbauhypothek über 39.000,00 M, die zur Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen gedient habe, führe nicht zu einer Fortschreibung des Einheitswertes und sei daher nach § 3 Abs. 4 S. 3 EntschG nicht zu berücksichtigen. Die Rückforderung durch das Lastenausgleichsamt Berlin sei zu berücksichtigen, weil dem Amt die Abtretung weder von Seiten des Abtretenden noch des Abtretungsempfängers angezeigt worden sei.

Der Widerspruchsbescheid ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, aus der im Wesentlichen hervorgeht, dass gegen den Bescheid des Beklagten zu 1. in Gestalt des Widerspruchsbescheides innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Cottbus, „schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“ erhoben werden könne; die Klage müsse den Kläger, den Beklagten und den „Streitgegenstand“ bezeichnen. Der Widerspruchsbescheid ist dem Gesellschafter am 15. Juli 2009 durch Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Die Klägerin, vertreten durch den Gesellschafter in seiner Stellung als Rechtsanwalt, hat mit Schriftsatz vom 14. August 2009 am 26. August 2009 Klage erhoben. Die Klageschrift, die beabsichtigte Entscheidung des Beklagten zu 1. vom 01. August 2008 und der Widerspruchsbescheid befanden sich in einem Briefumschlag, dessen Postwertzeichen am 25. August 2009 entwertet worden ist. Der Briefumschlag war mit einem Aufkleber versehen, der die Anschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und des Verwaltungsgerichts auswies. Am 26. August 2009 hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt, zu deren Begründung sie vorträgt: Die Klageschrift sei am 13. August „2008“ gefertigt und mit dem Datum vom 14. August „2008“ versehen worden. Sie sei morgens um 09.00 Uhr zur Leerung in den örtlichen Briefkasten eingelegt worden. Die Klageschrift mit einem geöffneten Briefumschlag habe sich in einem Briefumschlag der Deutschen Post AG sodann wieder im Briefkasten der Kanzlei befunden. Der Adressaufkleber, der von Seiten des Bevollmächtigten mit einem Klebestift auf den Umschlag aufgebracht worden sei, sei verloren gegangen.

In der Sache bekräftigt die Klägerin die Widerspruchsbegründung und führt ergänzend im Wesentlichen aus: Der Bescheid des Beklagten zu 1. vom 13. Oktober 2008 sei nach § 44 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nichtig, weil er nicht an sie, sondern an ihren Vertreter als einen unzutreffenden Inhaltsadressaten adressiert sei. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten zu 2. sei rechtswidrig, weil hierdurch erstmalig eine Regelung getroffen und sie nicht nach § 28 Abs. 1 VwVfG angehört worden sei. Ihr sei hierdurch die erste Stufe des Verwaltungsverfahrens entzogen worden. Mithin habe sich die Ausgangsbehörde erneut rechtsfehlerfrei mit dem Sachverhalt zu beschäftigen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. a) den Bescheid des Beklagten zu 1. vom 13. Oktober 2008 als nichtig aufzuheben,

1. b) den Widerspruchsbescheid des Beklagten zu 2. vom 13. Juli 2009 aufzuheben,

1. c) den Beklagten zu 1. zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

hilfsweise,

2. den Beklagten zu 1. unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten zu 2. vom 13. Juli 2009 zu verpflichten, die Entschädigung ohne Kürzung nach § 8 des Entschädigungsgesetzes festzusetzen,

höchst hilfsweise,

3. den Beklagten zu 1. unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten zu 2. vom 13. Juli 2009 zu verpflichten, die festgesetzte Entschädigung nach Maßgabe der gerichtlichen Entscheidung zu einer Kürzung nach § 8 des Entschädigungsgesetzes heraufzusetzen.

Der Beklagte zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist unter Bezugnahme auf die Begründung der Bescheide der Auffassung, die Klage sei unbegründet.

Der Beklagte zu 2. beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die gegen ihn gerichtete Klage sei bereits unzulässig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (2 Ordner) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. a) die Aufhebung des ihrer Auffassung nach nichtigen Ausgangsbescheides des Beklagten zu 1. vom 13. Oktober 2008 begehrt. Die Anfechtungsklage ist auch gegen einen Verwaltungsakt, der nach Auffassung des Klägers rechtsunwirksam ist, statthaft (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 42 Rn. 3) und die Klagefrist musste vorliegend nicht gewahrt werden. Zwar wäre die Anfechtungsklage grundsätzlich auch in diesem Fall nur unter der Voraussetzung des § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 30. Januar 1990 - BVerwG 1 A 36.86 - juris Rn. 35; Kopp/Schenke, VwGO, § 74 Rn. 2), die Frist zur Klageerhebung bemisst sich jedoch nach § 58 Abs. 2 VwGO, wonach die Einlegung des Rechtsbehelfs binnen eines Jahres nach Zustellung zulässig ist, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung nicht den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO entsprach. Das ist hier der Fall, weil die Belehrung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2009 insoweit fehlerhaft ist, als sie lediglich darauf hinweist, dass die Klage „schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“ erhoben werden könne und sie einen Hinweis auf die Möglichkeit des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 55a VwGO nicht enthält.

Die Rechtsbehelfsbelehrung entspricht allerdings § 58 Abs. 1 VwGO, wonach über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem dieser anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist zu belehren ist. Der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung verlangt keine Belehrung über zwingende Formvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung – und damit weder über die Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 S. 1 und 2 VwGO noch über den elektronischen Rechtsverkehr nach § 55a VwGO (die Möglichkeit der Klageerhebung im Rahmen der elek-tronischen Kommunikation nach § 55a VwGO durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur ist in Brandenburg für das Verwaltungsgericht Cottbus zum 01. Mai 2007 eröffnet worden, § 1 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 <GVBl. S. 558>, zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 08. September 2010 <GVBl. II Nr. 58 S. 1>, i. V. m. der Anlage zu § 1) - und die Bestimmung kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine Belehrung über Formvorschriften der geforderten Belehrung "über den Rechtsbehelf" immanent wäre (BVerwG, Urt. v. 13. Dezember 1978 - BVerwG 6 C 77.78 – BVerwGE 57, 188, 189 ff. u. juris; Beschl. v. 14. Februar 2000 - BVerwG 7 B 200.99 - VIZ 2000, 337; OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23. April 1998 - 18 B 437/98 - juris; Meissner in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 2012, § 58 Rn. 22 und 32; a. A. etwa Kopp/Schenke, VwGO, § 58 Rn. 10).

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist allerdings auch dann i. S. v. § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig, wenn sie von § 58 Abs. 1 VwGO nicht geforderte Angaben enthält, ihr allerdings ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der bei objektiver Betrachtung geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen, rechtzeitig oder aber formgerecht zu erheben (BVerwG, Urt. v. 13. Dezember 1978 – BVerwG 6 C 77.78 – BVerwGE 77, 188, 190 und juris). Hiervon ist das Bundesverwaltungsgericht in der vorgenannten Entscheidung für den Fall ausgegangen, dass entgegen § 70 Abs. 1 VwGO in einer Rechtsbehelfsbelehrung lediglich darauf hingewiesen wurde, dass "der Widerspruch schriftlich ... einzulegen" sei. Die Verweisung auf die schriftliche Einlegung des Widerspruchs erschwere dem Betroffenen die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise, denn es sei durchaus denkbar, dass er sich dem Erfordernis, den Widerspruch schriftlich einzureichen, nicht gewachsen fühle, er auch die mit der Hilfe durch Rechtskundige verbundenen Umständlichkeiten und Kosten scheue und deshalb von der Einlegung des Widerspruchs absehe.

Dieser Sachverhaltskonstellation ist der fehlende Hinweis auf § 55a VwGO im Ergebnis vergleichbar (OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse v. 02. Februar 2011 – OVG 2 N 10.10 – BA S. 2 und juris Rn. 3, v. 03. Mai 2010 – OVG 2 S 106.09 – BA S. 3 und juris Rn. 6 und v. 22. April 2010 – OVG 2 S 12.10 – BA S. 3; VG Potsdam, Urt. v. 18. August 2010 – VG 8 K 2929/09 – juris Rn. 22; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08. März 2012 – 1 A 11258/11 – juris Rn. 23 ff.; VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 10. September 2010 – 2 K 156.10.NW – juris Rn. 27; VG Trier, Urt. v. 22. September 2009 – 1 K 365.09.TR – juris Rn. 23 ff.; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24. November 2010 – 4 L 115.09 – juris Rn. 37; VG Magdeburg, Urt. v. 10. Mai 2012 – 4 A 261/11 – juris Rn. 15; Hessisches LSG, Urt. v. 13. April 2012 – L 5 R 154/11 – juris Rn. 31; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15. November 2011 – L 3 U 88/10 – juris Rn. 21; a. A.: Bayerischer VGH, Beschl. v. 18. April 2011 – 20 ZB 11.349 – juris; OVG der Freien Hansestadt Bremen, Urt. v. 08. August 2012 – 2 A 53/12.A – juris Rn. 24 ff.; VG Berlin, Beschl. v. 20. Mai 2010 – 12 L 253/10 – juris; VG Frankfurt/Main, Urt. v. 08. Juli 2011 – 11 K 4808.10.F – juris Rn. 23; VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 22. September 2011 – 4 K 540/11.NW – juris Rn. 22 ff.; BFH, Beschl. v. 02. Februar 2010 – III B 20.09 – juris Rn. 5; Hessisches LSG, Urt. v. 20. Juni 2011 – L 7 AL 87/10 – juris Rn. 18 ff.; Braun, Anm. zu SG Marburg, Urt. v. 15. Juni 2011 – S 12 KA 295/10 – in jurisPR—IT-Recht 15/2011, Anm. 5), weil die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides aus Sicht des Erklärungsempfängers, §§ 133,157 BGB, den Eindruck erweckt, eine Möglichkeit, bestimmende Schriftsätze auch auf elektronischem Wege bei dem Verwaltungsgericht Cottbus einzureichen, bestehe nicht.

Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass es sich bei dem elektronischen Rechtsverkehr um keinen einfach zugänglichen und unkomplizierten Weg der Klageerhebung handele (OVG der Freien Hansestadt Bremen, Urt. v. 08. August 2012 – 2 A 53/12.A – juris Rn. 27 ff.). Zwar ist zutreffend, dass, anders als bei den in § 81 Abs. 1 VwGO erwähnten Möglichkeiten der Klageerhebung, eine spontane Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 55a VwGO nicht in Betracht kommt, weil es wegen der erforderlichen qualifizierten elektronischen Signatur einer entsprechenden Signaturkarte und eines Chipkartenlesegerätes bedarf, so dass auch mit Blick auf die laufenden Kosten davon ausgegangen werden kann, dass in der Regel Unternehmen und Rechtsanwälte den elektronischen Rechtsverkehr nutzen. Das ändert jedoch nichts daran, dass der elektronische Rechtsverkehr jeder Person offen steht, die bereit ist, die technischen und finanziellen Voraussetzungen zu erfüllen, und dass in tatsächlicher Hinsicht zunehmend breitere Möglichkeiten der Nutzung - so etwa auch im e-government, im Rahmen der elektronischen Kommunikation mit dem Finanzamt oder im online-banking - mit der Folge einer Kostensenkung bestehen. Die Behauptung, es sei „eher fernliegend“, dass sich ein rechtsuchender Bürger, der über die technischen Mittel der elektronischen Kommunikation verfügt, durch den fehlenden Hinweis auf § 55a VwGO verwirren lasse (so etwa VG Berlin, Beschl. v. 20. Mai 2010 - 12 L 253.10 - juris Rn. 4), kann schwerlich untersetzt werden.

Auch die weiteren Argumente der Gegenauffassung überzeugen nicht. So kann etwa mit Blick auf die gesonderte Regelung der elektronischen Kommunikation in § 55a VwGO nicht eingewandt werden, die vorstehende Rechtsbehelfsbelehrung entspreche § 81 Abs. 1 S. 1 und 2 VwGO, wonach die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist, bei dem Verwaltungsgericht jedoch auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (so aber VG Neustadt <Weinstraße>, Urt. v. 22. September 2011 – 4 K 540/11.NW – juris Rn. 22 ff.). Auch kann die elektronische Kommunikation i. S. v. § 55 a VwGO nicht etwa als ein Unterfall der "Schriftlichkeit" i. S. v. § 81 Abs. 1 S. 1 VwGO verstanden werden (so aber etwa Skrobotz, Anm. zu VG Trier, Urt. v. 22. September 2009 – in juris-PR-IT-Recht 24/2009, Anm. 5; vgl. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, BT/Drs. 14/4987, Begründung zu § 130 a ZPO, S. 24 "das elektronische Dokument als modifizierte Schriftform"), die sich dadurch auszeichnet, dass eine Gedankenerklärung dem Gericht mittels eines Mediums übermittelt wird. Das Gebot der Schriftlichkeit bezweckt, Zweifel an der Urheberschaft für ein Rechtsbehelfsbegehren und an dem Willen, ein Schriftstück in den Verkehr zu bringen, auszuschließen, so dass grundsätzlich auch die handschriftliche Unterzeichnung eines Schriftsatzes erforderlich ist (zum Vorstehenden etwa BVerwG, Beschl. v. 30. März 2006 – BVerwG 8 B 8.06 – juris, zur Klageerhebung durch Funkfax); elektronische Dokumente zeichnen sich demgegenüber dadurch aus, dass sie nicht nur mittels Datenverarbeitung erstellt werden und auf einem Datenträger gespeichert werden können, sondern dass sie ausschließlich in elektronischer Form von einem Computer zum anderen über das Internet übertragen werden, wobei das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur bei bestimmenden Schriftsätzen der Integrität dient (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 25. April 2012 - BVerwG 8 C 18.11 - BA Rn. 17 m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, § 55a Rn. 5). Dass der Gesetzgeber elektronische Dokumente nicht als einen Unterfall der Schriftform verstanden wissen wollte, lässt sich - von dem Umstand einer separaten Regelung außerhalb des § 81 VwGO abgesehen - schon dem Wortlaut des § 55 a Abs. 1 S. 3 VwGO entnehmen, wonach eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes vorzuschreiben ist für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück "gleichstehen" (so auch BVerwG, Beschl. v. 26 Oktober 2010 – BVerwG 1 WNB 4.10 - BA Rn. 4). Auch die Argumentation, in der Rechtsbehelfsbelehrung werde kein Hinweis auf die Möglichkeit der Klageerhebung durch Telefax, Computerfax mit eingescannter Unterschrift (vgl. Beschl. des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 05. April 2000 – GmS-OGB 1/98 – juris) oder Funkfax (BVerwG, Beschl. v. 30. März 2006 – BVerwG 8 B 8.06 – juris) verlangt (so etwa VG Berlin, Beschl. v. 20. Mai 2010 - 12 L 253.10 - juris Rn. 4), verfängt nicht, weil sich diese technischen Möglichkeiten dadurch auszeichnen, dass am Empfangsort ein körperliches Medium ausgedruckt wird, so dass sie als Unterarten der „Schriftlichkeit“ im Sinne von § 81 Abs. 1 VwGO verstanden werden.

Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet, weil die Voraussetzungen der enumerativen Nichtigkeitsgründe nach § 1 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i. V. m. 44 Abs. 2 VwVfG nicht vorliegen und die Bescheidung eines Antrages gegenüber einem falschen Inhaltsadressaten ersichtlich zwar zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, nicht jedoch als ein besonders schwerwiegender Fehler – der zudem nicht offensichtlich wäre - zur Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG führt (zu den Anforderungen vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 17. Oktober 1997 – BVerwG 8 C 1.96 – juris Rn. 28: „nur ein Fehler, der den Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen, d. h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar sein lässt“).

2. Die Klageanträge zu 1. b) und c) sind unzulässig.

Die Kammer hat erwogen, ob eine erstmalige Beschwer nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO – als Regelung der Zulässigkeit der Klage verstanden - in der vorliegenden Fallkonstellation damit begründet werden könnte, dass der Widerspruchsbescheid die (nach Auffassung der Klägerseite rechtswidrig zu niedrige) Entschädigung nunmehr unter Aufhebung von Ziffer 1. des Ausgangsbescheides zutreffend einem „Dritten“ - der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nicht mehr dem Gesellschafter der Klägerin persönlich - zuspricht. Auf diese Frage kommt es nicht entscheidungserheblich an. Dem Klageantrag zu 1. b) fehlt isoliert betrachtet als auch in Zusammenhang mit dem Bescheidungsantrag zu 1. c) ersichtlich das Rechtsschutzbedürfnis, denn die „Zurückverweisung“ würde sich mit Blick auf die gebundene Entscheidung nach dem Entschädigungsgesetz und die Rechtsauffassungen der Ausgangs- und Widerspruchsbehörde vorliegend als bloße „Förmelei“ darstellen.

Ein Bescheidungsbegehren i. S. v. § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO wird in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung als nicht sachgerecht angesehen, wenn die Behörde – wie vorliegend – eine gebundene Entscheidung und keine Ermessensentscheidung zu treffen hat und auch sonstige Gründe der Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, die Sache spruchreif zu machen, nicht entgegen stehen, so dass (weitergehend) auf die Verpflichtung zum Erlass des erfolglos beantragten Verwaltungsakts geklagt werden könnte (BVerwG, Urteile v. 16. Dezember 1993 – BVerwG 3 C 55.89 – juris Rn. 36 u. v. 02. Mai 1984 – BVerwG 8 C 94.82 – juris Rn. 19; OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14. Mai 2013 – 13 A 910/13 – juris Rn. 4; a. A.: Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 201 ff., Rn. 204; i. E. auch Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 451).

3. Der erste hilfsweise Verpflichtungsantrag ist hingegen zulässig und begründet.

Der Bescheid des Beklagten zu 1. vom 13. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten zu 2. vom 13. Juli 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit die vom Ausgleichsamt Berlin mit Rückforderungsbescheiden zur Verrechnung vom 08. Mai 2007 festgesetzten 9.659,40 € von der nach § 7 EntschG gekürzten Bemessungsgrundlage abgezogen werden; der Klägerin steht daher ein weitergehender Anspruch auf Entschädigung zu, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 des Entschädigungsgesetzes in der bis zum 27. Mai 2011 geltenden Fassung (vgl. Art. 1 § 8 Abs. 7 des am 28. Mai 2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur Beschleunigung der Zahlung von Entschädigungsleistungen bei der Anrechnung des Lastenausgleichs und zur Änderung des Aufbauhilfefondsgesetzes (ZEALG) vom 23. Mai 2011 <BGBl. I S. 920>) ist von der nach § 7 EntschG gekürzten Bemessungsgrundlage der von der Ausgleichsverwaltung nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes bestandskräftig festgesetzte Rückforderungsbetrag abzuziehen, sofern der Berechtigte nach § 2 Abs. 1 VermG oder sein Gesamtrechtsvorgänger für zu entschädigende Vermögenswerte, für die ein Schadensbetrag nach § 245 LAG ermittelt oder für die ein Sparerzuschlag nach § 249a LAG zuerkannt wurde, Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz erhalten hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar mag die Klägerin als Berechtigte im Sinne von § 2 Abs. 1 VermG anzusehen sein, denn Rechtsnachfolger im Sinne dieser Bestimmung ist umfassend jeder, der kraft Gesetzes (etwa als Gesamtrechtsnachfolger in Erbfällen), kraft Rechtsgeschäfts oder kraft Hoheitsakts an dem betroffenen Vermögenswert im Wege der Universal- oder Singularsukzession an die Stelle des von der schädigenden Maßnahme Betroffenen getreten ist (vgl. etwa Neuhaus in: Fieberg/Reichenbach/Messer-schmidt/Neuhaus, VermG, Oktober 2010, § 2 Rn. 9); jedoch hat nicht die Klägerin für den zu entschädigenden Vermögenswert Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz erhalten.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Restitutionsantragsteller als Zedent des Entschädigungsanspruchs Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz erhalten hat, denn dieser ist nicht „Gesamtrechtsvorgänger“ der Klägerin. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 1 S. 1 EntschG a. F. ist zwar eine Identität in der Person des Berechtigten mit dem Empfänger des Lastenausgleichs nicht erforderlich, weil es ausreicht, dass der Gesamtrechtsvorgänger den Lastenausgleich erhalten hat; ausreichend sind damit auch schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Empfänger des Lastenausgleichs und seinem Gesamtrechtsnachfolger, etwa die Vermögensübernahme nach § 419 BGB oder ein Erbschaftskauf nach § 2371 BGB, nicht jedoch eine Einzelrechtsnachfolge, die sich etwa aus der Abtretung des Entschädigungsanspruchs nach § 398 ff. BGB ergeben kann. Hiervon ausgehend kann auch vorliegend schon deshalb eine Verrechnung nach § 8 EntschG der Klägerin gegenüber nicht erfolgen, weil sie nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der Alteigentümer ist, denen der Lastenausgleich zuerkannt wurde, sondern ihr lediglich der Entschädigungsanspruch abgetreten wurde (vgl. auch Broschat in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Januar 2012, § 8 EntschG Rn. 11).

Hiervon abgesehen scheidet eine Berücksichtigung der mit den Rückforderungsbescheiden des Landesausgleichsamtes Berlin vom 08. Mai 2007 zur Verrechnung festgesetzten Beträge in dem vorliegenden Entschädigungsverfahren aus, weil die Klägerin nicht Beteiligte, § 13 Abs. 1 VwVfG, des bei dem Landesausgleichsamt geführten Rückforderungsverfahrens war, die Bescheide nicht ihr gegenüber erlassen und bekannt gegeben wurden und von der Bindungswirkung der Bescheide daher lediglich der Restitutionsantragsteller erfasst wird. Diese Rechtsfolge wird nicht, wie jedoch der Beklagte zu 2. in dem Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2009 (Seite 5, oben) ausführt, dadurch in Frage gestellt, dass „die im Jahre 2005 erfolgte Abtretung … weder vom Zedenten noch vom Zessionar dem hier zuständigen Lastenausgleichsamt Berlin angezeigt“ worden sei. Ungeachtet der Überlegungen, dass der Zedent zunächst die Auffassung vertrat, die Entschädigungsansprüche stünden ungeachtet der Abtretung ihm zu, und auch nicht ersichtlich ist, dass der Zessionarin die Gewährung von Lastenausgleich überhaupt bekannt war, fehlt es vorliegend an einer Rechtsnorm, die diese Rechtsfolge beinhalten könnte (zu einer entsprechenden Anwendung des § 404 BGB im Öffentlichen Recht vgl. Urt. der Kammer vom 26. Januar 2012 - 1 K 725/05 – UA S. 29/30). Die Klägerin hatte dem Beklagten zu 1. vielmehr bereits mit Schreiben vom 18. Dezember 2005 am 22. Dezember 2005 (Bl. 236 der Restitutionsakte, BA I) die Abtretung der Entschädigungsansprüche angezeigt und es war daher an dem Beklagten zu 1. im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung von Amts wegen, § 12 Abs. 1 S. 1 EntschG i. V. m. § 31 Abs. 1 S. 1 VermG, den Hintergrund dieser Anzeige zu ermitteln und das Landesausgleichsamt Berlin entsprechend zu informieren. Der Beklagte zu 1. hat dem Landesausgleichsamt demgegenüber am 17. August 2006 mitgeteilt, dass der Restitutionsantragsteller Inhaber des Entschädigungsanspruchs sei, obwohl der Gesellschafter der Klägerin in einem Telefonat mit dem Sachbearbeiter des Beklagten zu 1. vom 14. Juni 2006 an die Bearbeitung des Entschädigungsantrages erinnert hatte. Hintergrund ist möglicherweise – wie das Schreiben des Beklagten zu 1. an den Bevollmächtigten der Klägerin vom 26. Juni 2007 verdeutlicht - eine fehlerhafte Würdigung der notariellen Urkunde vom 18. Mai 2005 (UR-Nr. N 969/2005 des Notars Prof. Dr. N. aus Berlin).

Im Fall der Nichtberücksichtigung der vom Landesausgleichsamt Berlin zur Verrechnung festgesetzten Lastenausgleichsleistungen in Höhe von 18.892,14 DM (= 9.659,40 €) – weitere Rechtsfehler sind weder ersichtlich noch dargelegt - ergibt sich unter Berücksichtigung der Rundung des § 2 Abs. 2 S. 1 EntschG ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 20.000,00 DM (= 10.225,84 €) und damit ein weiterer Entschädigungsanspruch der Klägerin in Höhe von 9.714,55 €.

Die Zinsforderung ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 4 und 5 EntschG, wonach die nach dem 31. Dezember 2003 festgesetzten und durch Geldleistung zu erfüllenden Entschädigungsansprüche ab dem 01. Januar 2004 bis zum Kalendermonat vor der Bekanntgabe des Bescheides mit 0,5 % zu verzinsen sind. Im Fall der Änderung der ursprünglich rechtswidrigen Festsetzung im Widerspruchsverfahren ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, im Klageverfahren der Zeitpunkt der Bekanntgabe des geänderten Bescheides maßgebend (vgl. Neuhaus in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, März 2006, § 1 EntschG Rn. 35c).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 und 3 VwGO. Mit Blick darauf, dass die Klägerin hinsichtlich ihres Entschädigungsbegehrens gegenüber dem Beklagten zu 1. voll obsiegt hat, erscheint es unter Berücksichtigung des Rechtsgedanken des § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO unangemessen, sie allein wegen des unzulässigen Begehrens gegenüber dem Beklagten zu 2. an den Gerichtskosten zu beteiligen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 709 S. 2 und § 711 S. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 135 i. V. m. § 132 Abs. 2 VwGO.