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Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrecht


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 10.08.2018
Aktenzeichen VG 3 K 1922/15 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2018:0810.3K1922.15.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 Abs 2 Nr 1 BauO BB, § 80 Abs 1 S 2 BauO BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Pächter und Nutzer der in der Gemarkung B..., Flur 4 belegenen Flurstücke 268, 272, 274, 146/1. Diese werden durch einen Weg erschlossen, der von der W... über den Rohrkanal führt. Der Weg bestand schon in den 50ger Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Über den Rohrkanal befindet sich eine Brücke. Diese wurde nach 1990 baulich dadurch verändert. Es wurden auf die vormalige Holzbrücke Betonplatten aufgelegt und der Zu- und Abgang mittels Betonplatten verfestigt.

Nach Auftragserteilung durch den Beklagten erstellte das Ingenieurbüro P... (Herr H...) in der Zeit vom 21. bis 27. August 2017 einen die Brücke betreffenden Prüfbericht (2015 H) (Bl. 105 bis 117 VV). Die dort aufgenommene Schadensbeschreibung lautet wie folgt: „Stahlbetonfertigteile des Walzträgers, Betonfertigteil, gesamtes Bauteil, entspricht nicht den Vorschriften, Anzahl: 2 Stück. Auf dem Überbau wurden zwei Betonteile (alte Brückenkappen) als Fahrspuren verlegt. Die Betonteile ragen zwar aufgrund ihrer Länge über die Auflagerbereiche der Brücke hinaus, bewirken jedoch einen erheblichen Lasteneintrag, auf die bereits stark geschädigten Widerlager. Hier besteht eine akute Einsturzgefahr für das Bauwerk. Weiterhin sind durch die Verlegung der Betonteile als Fahrspuren in den Zwischenräumen Absätzen von ca. 40 cm zum maroden Holzbodenbelag vorhanden. Hier besteht eine erhebliche Absturzgefahr“. Als Bewertung wurde ausgeführt, dass die Standsicherheit des Bauteils und des Bauwerkes nicht mehr gegeben sei; sofortige Maßnahmen während der Bauwerksprüfung erforderlich seien. Ferner heißt es: „Eine Nutzungseinschränkung ist umgehend vorzunehmen“. Als Zustandsnote wurde 4,0 vergeben.

Unter dem 1. September 2015 erteilte das Landesamt für Bauen und Verkehr an das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz eine schifffahrtsrechtliche Anordnung, nach der der gesamte Schiffsverkehr auf dem Rohrkanal zwischen den Einmündungen Stilles Fließ und Buschgraben mit sofortiger Wirkung bis zur vollständigen Gefahrenbeseitigung gesperrt werde. Zur Begründung wurde auf die Standsicherheit des Bauwerks in Verbindung mit der extremen Gefährdung der Verkehrssicherheit für den Kahn- und Bootsbetrieb verwiesen.

Unter dem 7. September 2015 erließ der Beklagte jeweils eine Nutzungsuntersagung an Herrn R... und an den Kläger und setze diese unter Sofortvollzug. Mit der Verfügung wurde dem Kläger die Nutzung der Brücke über dem Rohrkanal am Ende der W..., Flur 4, Flurstück 282 untersagt und hierfür die sofortige Vollziehung angeordnet. Ferner wurde dem Kläger für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro angedroht. Zur Begründung führt der Beklagte aus, gemäß § 78 Abs. 1 BbgBO könne die Bauaufsichtsbehörde die Vorschriften dieses Gesetzes auch auf bestehende bauliche Anlagen anwenden, wenn es zur Abwehr von erheblichen Gefahren von Leben und Gesundheit erforderlich sei. Durch den vorliegenden baulichen Zustand der Brücke trete eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ein. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen der Bauaufsichtsbehörde seien geben, es bestehe eine akute Einsturzgefahr. Die Behörde könne die vorläufigen Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt richten. Die Maßnahme entspreche der Verhältnismäßigkeit. Im vorliegen Fall würde Leben und Gesundheit der Nutzer durch diese Maßnahme ausreichend geschützt.

Gegen den Bescheid legte der Kläger am 7. Oktober 2015 Widerspruch ein, mit dem Vermerk, dass die Benutzung der Brücke zur Berufsausübung erforderlich sei. Er bewirtschafte ca. 70 ha Grünland, wobei auf den Flächen ca. 70 Rinder weiden würden. Die Überquerung der vorhandenen Brücke biete die einzige Möglichkeit, die Flächen zu erreichen.

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 26. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Nutzungsuntersagung sei gemäß § 73 Abs. 3 BbgBO zu Recht angeordnet worden. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liege vor. Es sei eine akute Einsturzgefahr gegeben. Weitere Grundlage für das Einschreiten sei § 78 BbgBO. Die Einsturzgefahr ergebe sich aus dem Prüfbericht vom 27. August 2015 des Ingenieurbüros P....

Der Kläger hat am 2. Dezember 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, es handle sich um eine öffentliche Straße, so dass der Beklagte nicht zu einem Einschreiten berechtigt sei. Auch werde bestritten, dass die Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werde und eine akute Einsturzgefahr bestehe. Die sachlich und technische Richtigkeit der Ausführungen in dem von der Beklagten herangezogenen Prüfbericht würden bestritten. Dabei mag die Brücke baufällig sein, jedoch sei nicht davon auszugehen, dass der Schädigungsgrad der einzelnen Bauteile eine Instandsetzung nicht erlaube. Die Brücke weise vielmehr einen solchen Zustand auf, der die Überquerung mit landwirtschaftlichem Gerät zur Erreichung der Wirtschaftsflächen zulasse. Die Brücke ruhe auf dicken Eichenpfählen, das Kernholz dieser stehe fest und sei nicht marode oder brüchig. Deshalb und weil die Betonauflieger weit über das jeweilige Ufer hinausreichten, bestehe eine akute Einsturzgefahr nicht. Jedenfalls sei eine Instandsetzung/Reparatur möglich und billiger als ein Abriss.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, rechtliche Grundlage für die Verfügung sei § 52 Abs. 2 BbgBO. Danach sei er berechtigt, Anordnungen zu erlassen, um insbesondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Nach § 3 BbgBO seien bauliche Anlagen so instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährdet würden. Das Brückenbauwerk würde den sich daraus ergebenden Anforderungen nicht entsprechen. Die Maßnahme sei erforderlich, da ein gleich geeignetes milderes Mittel zur Abwehr der Gefahr nicht gegeben sei. Der von dem Kläger angezweifelte Prüfbericht sei insoweit nicht beanstanden und habe eine eindeutige Aussage.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 30. Juni 2017 Beweis über die Öffentlichkeit des Weges über die Brücke am Rohrkanal durch Einholung von Stellungnahmen des Kataster- und Vermessungsamtes bei dem Beklagten und des Amtes B... erhoben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist ohne Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 07. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

1. Der Beklagte ist nicht gehindert nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften vorzugehen. Ein Ausschluss vom Anwendungsbereich der Brandenburgischen Bauordnung ist hier nicht gegeben. Maßgebliche Sach- und Rechtslage ist bei einem Dauerverwaltungsakt regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 07. August 2018 – 3 L 288/18 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06. Juli 2017 – 10 N 39.17 -; differenzierend hinsichtlich der Überprüfung der Ermessensbetätigung bei Erlass einer Nutzungsuntersagung: OVG Berlin – Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2011 – OVG 10 N 25.10 -). § 1 Abs. 2 Nr. 1 BbgBO greift hier nicht. Danach gilt das Gesetz nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs, ausgenommen Gebäude und Seilbahnen. Dies umfasst auch Straßen, Wege und Plätze, die gemäß § 48 BbgStrG als gewidmet gelten (vgl. Langer in Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, Kommentar, Rn 8 zu § 1). Liegt eine Widmung nicht vor, ist der Anwendungsbereich der Brandenburgischen Bauordnung eröffnet etwa bei privaten Zufahrten und Wegen auf den Grundstücken selbst oder bei Privatstraßen.

1.1. Bei dem Weg, der sich in westlicher Richtung an die im Straßenverzeichnis eingetragenen W... in B... anschließt, handelt es sich nicht (mehr) um einen öffentlichen Weg im Sinne der straßenrechtlichen Vorschriften.

 1.1.1. Nach § 2 Abs. 1 BbgStrG sind öffentliche Straßen diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr nach Maßgabe des § 6 BbgStrG gewidmet sind. Ein förmlicher Widmungsakt dieser Art fehlt. Nach der Übergangsbestimmung des § 48 Abs. 7 Satz 1 BbgStrG gelten jedoch auch solche Straßen als nach § 6 BbgStrG gewidmet, die nach dem bisherigen Recht öffentlich genutzt wurden (sog. Widmungsfiktion). Eine solche Widmungsfiktion ist hier nicht gegeben.
1.1.2. Für das maßgebliche „bisherige Recht“ ist dabei zunächst auf die bis zum Inkrafttreten der gegenwärtig geltenden Fassung des Brandenburgischen Straßengesetzes gültige Fassung des Brandenburgischen Straßengesetzes vom 11. Juni 1992 (GVBl. I S. 186) (BbgStrG a.F.) abzustellen, die allerdings in § 48 Abs. 7 BbgStrG a.F. eine mit § 48 Abs. 7 Satz 1 BbgStrG gleichlautende Widmungsfiktion enthielt. Maßgeblich ist damit das bis zum erstmaligen Inkrafttreten des BbgStrG am 16. Juni 1992 geltende bisherige Recht. Dies war das bis dahin nach Art. 9 des Einigungsvertrags vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 885) fortgeltende Straßenrecht der DDR in Form der Verordnung über die öffentlichen Straßen - Straßenverordnung - der DDR (StrVO-DDR 1974) vom 22. August 1974 (GBl. DDR I S. 515), in Kraft getreten zum 1. Januar 1975. § 3 Abs. 1 Satz 1 StVO-DDR 1974 definierte dabei diejenigen Straßen, Wege und Plätze einschließlich der Parkplätze als öffentliche Straßen, die der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr dienen. Mit dieser Definition war zugleich geregelt, dass die bei Inkrafttreten der StrVO-DDR 1974 vorhandenen öffentlichen Straßen ihren öffentlichen Status beibehalten sollten (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 10. November 2004 - 1 B 8.04 - juris Rn. 23 m.w.N.; sinngemäß auch OVG Berlin.-Brandenburg, Urteil vom 26. August 2010 - OVG 1 B 3.10 - juris Rn. 20; Zörner, Alte Straßen in den neuen Bundesländern im Spiegel der Rechtsprechung, LKV 2000, 526 <526>). Ob eine Straße bei Inkrafttreten der StrVO-DDR 1974 bereits im straßenrechtlichen Sinn öffentlich war, richtete sich nach der (Vorgänger-) Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957 (StrVO-DDR 1957) (GBl. DDR I S. 377) und der dazu erlassenen Ersten Durchführungsbestimmung vom 27. August 1957 (GBl. DDR I S. 485).
Kreisstraßen und kommunale Straßen waren nach § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO-DDR 1957 öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen wurde. Sie wurden, wenn sie es bis dahin noch nicht waren, gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 StrVO-DDR 1957 öffentlich, wenn die Räte der Kreise bzw. die Räte der Städte und Gemeinden sie nach Zustimmung der Rechtsträger oder Eigentümer dem öffentlichen Verkehr freigaben. Die StrVO-DDR 1957 erfasste damit auch Fälle der vor 1957 liegenden „faktischen Widmung“. Fand bei Inkrafttreten der StrVO-DDR 1957 bereits ein öffentlicher Verkehr statt, galt die Straße mithin als öffentlich (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 126- vgl. zu allem: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07. Dezember 2016 – 1 B 4.16 – zitiert nach juris).
1.1.3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme handelte es sich bei dem Weg in Verlängerung der W... über die Brücke über den Rohrkanal zu den dahinterliegenden Grundstücken im Zeitpunkt des Inkrafttretens der StrVO-DDR 1957, dem 31. Juli 1957 (vgl. § 26 Abs. 1 der Verordnung), nicht um eine bestehende öffentliche Straße.
aa) Straßen, Wege und Plätze i. S. d. § 1 StrVO-DDR 1957 sind Anlagen, die dem Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr dienen, es sei denn, dass sie ausschließlich für den schienengebundenen Fahrzeugverkehr bestimmt sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 24.14 - Seite 8; OVG Magdeburg, Urteil vom 14. November 2002 - 1 L 153/02 - juris Rn. 27 und Urteil vom 19. Mai 2010 - 3 L 465/08 - juris Rn. 32). Ferner ist eine Straße dann öffentlich und damit dem allgemeinen Verkehr zugänglich, wenn sie entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten tatsächlich für jedermann ohne Beschränkung auf einen abgegrenzten, durch persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreis zur Benutzung zugelassen ist und auch so genutzt wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 24.14 – Seite 8; OVG Magdeburg, Urteil vom 14. November 2002 - 1 L 153/02 - juris Rn. 27 und Urteil vom 19. Mai 2010 - 3 L 465/08 - juris Rn. 32). Eine rechtlich nichtöffentliche Straße liegt demgegenüber vor, wenn von Seiten des Verfügungsberechtigten wirksame Vorsorge dafür getroffen wurde, dass nur Personen Zutritt erhalten, die in engen persönlichen Beziehungen zum Eigentümer des Straßengrundes stehen oder in eine solche treten wollen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 24.14 - Seite 8; OVG Magdeburg, Urteil vom 19. Mai 2010 - 3 L 465/08 - juris Rn. 32). Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, ob eine Fläche tatsächlich als öffentliche Straße bzw. als öffentlicher Weg oder Platz genutzt worden ist, können sich dabei u.a. aus der Ausübung der Wegeaufsicht, Eintragungen in Karten, Plänen und Katastern, der Beschaffenheit und der Funktion (dem Zweck) der (Wege-) Fläche ergeben (OVG Magdeburg, Urteil vom 19. Mai 2010 - 3 L 465/08 - juris Rn. 33).
Gemessen an diesen Kriterien war der Weg der über die Flurstücke 153, 152, 151, 150 und weiter in westlicher Richtung keine öffentliche Straße. Zwar ergibt sich die Existenz des Weges schon vor 1974 aus der Auskunft des Beklagten hier des Fachbereichs Kataster und Vermessung vom 21. Juli 2017. Danach wurde für die relevanten Flurstücke im Integrationsregister ein Nutzungsartenabschnitt „Verkehrsfläche“ geführt. Die Teilkopie der Liegenschaftskarte von B... Flur 4, zeigt diesen über die genannten Flurstücke führenden Weg auf. Auch dass der Weg schon früher also vor 1957 bestanden hat, ist nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht zweifelhaft. So hat etwa der Zeuge M... bekundet, er habe im Jahr 1954 geheiratet, seine Ehefrau hätte in diesem Bereich Grundstücke zu Bewirtschaftung gehabt und er sei über den genannten Weg zu den Grundstücken gelangt, sei es mit dem Fahrrad oder dem Ochsenwagen. Auch der Zeuge H... vermerkte, dass er 1942 geboren sei und solange er sich erinnern könne, die Brücke vorhanden gewesen sei.
Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Benutzung des Weges durch den Eigentümer bzw. den Rechtsträger widersprochen wurde, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO-DDR-1957.
bb) Jedoch wurde der Weg nicht im Sinne der verkehrsrechtlichen Vorschriften öffentlich genutzt. Die Öffentlichkeit der Nutzung setzt dabei zwar nicht notwendig eine Nutzung mit Kraftfahrzeugen voraus. Vielmehr genügt es, wenn der Weg vom allgemeinen Verkehr genutzt wurde und insoweit nicht auf einen bestimmten Personenkreis begrenzt war. Eine Straße ist nämlich schon dann dem allgemeinen Verkehr zugänglich und damit im straßenrechtlichen Sinne öffentlich, wenn sie für jedermann ohne Beschränkung auf einen abgegrenzten, durch persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreis zur Benutzung zugelassen ist und auch so genutzt wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 24.14 - Seite 8; OVG Magdeburg, Urteil vom 14. November 2002 - 1 L 153/02 - juris Rn. 27, Urteil vom 19. Mai 2010 - 3 L 465/08 - juris Rn. 32). Der Öffentlichkeit im straßenrechtlichen Sinne steht es dabei nicht entgegen, wenn sich die Bestimmung des Weges auf einzelne Verkehrsarten (etwa Fußgänger- oder Radverkehr) oder auf einzelne Verkehrszwecke (Weg zur Schule, Kirche, Friedhof o.ä. öffentliche bzw. private Einrichtungen) beschränkt, sofern der Weg zumindest in der einen oder anderen Weise jedermann offen steht, selbst wenn er zeitweilig nicht oder z. B. aufgrund der Witterungsverhältnisse nur beschränkt genutzt werden kann (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07. Dezember 2016 – a.a.O., m.w.N.).
Dabei genügt es für die Annahme eines öffentlichen Weges jedoch nicht schon, wenn dieser von einer nicht exakt bestimmbaren Anzahl von Personen oder aber Verkehrsteilnehmer benutzt wird. Es bedarf der (tatsächlichen) Benutzung durch die Allgemeinheit (eher weiter: OVG Berlin, Beschluss vom 10. November 2004 – 1 B 8.04 – wonach es genügt, wenn der Weg für den öffentlichen Verkehr freistand). Nach dem damaligen Verständnis der straßenrechtlichen Vorschriften waren die öffentlichen von den nicht öffentlichen Straßen abzugrenzen. Zu den letzteren gehörten nicht nur die Privatwege, sondern auch die Interessenwege, Feld- und Wiesenwege. Diese Gruppe umfasst Wege, die ein eng begrenzter Personenkreis, in der Hauptsache die unmittelbaren Anlieger des von ihnen erschlossenen und bewirtschafteten Gebiets, benutzt. Selbst wenn solche Wege auch der Benutzung durch einen unbegrenzten Personenkreis, offenstanden, ist ihnen die tatsächliche Benutzung durch einen eng begrenzten Personenkreis, etwa den Anliegern, Forstarbeitern Landwirten etc. eigentümlich. Solche Wege werden auch in keiner Form durch die Öffentlichkeit unterhalten, sondern die Unterhaltung richtet sich nach dem Bedarf des sie in der Hauptsache benutzenden Interessentenkreises (vgl. Priebe, Handbuch des Straßenwesens 1959, S. 57).
Ein derartiger „Interessenweg“ ist hier gegeben. Zwar ist nicht zu verkennen, dass dieser Weg für eine beachtliche Anzahl von Eigentümern und Nutzern (der Zeuge H... benennt 60 Personen, die ca. 60 ha Fläche) die einzige verkehrstaugliche Zuwegung darstellte, um die Flächen zu erreichen. Allerdings sprechen die Lage und die unterschiedlichen Nutzungsarten (Wald, Wiese Feld) dafür, dass nicht jeder Eigentümer seine Fläche selbst dauerhaft und intensiv bewirtschaftet, es vielmehr Zusammenschlüsse in der Bewirtschaftung (Verpachtungen) gegeben hat. Auch wurden die Flächen nach und nach in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft eingebracht, die dann die Bewirtschaftung vornahm.
Soweit die Zeugen und auch das Amt B... darauf verweisen, dass eine weitere Nutzung des Weges für das Anwesen K... erfolgte, kommt dem vorliegend eine ausschlaggebende Bedeutung nicht zu. Nach den vorliegenden Karten hat es eine durchgehende Wegeführung zu dem Anwesen nicht gegeben. Auch hat der Zeuge H... vermerkt, dass die Nutzung des Weges bis zum Anwesen etwa mit Kraftfahrzeugen allenfalls bei gutem Wetter möglich war. Soweit es um eine Nutzung des Gebäudes später als Anglerheim geht, führt auch dies nicht zu einer anderen Betrachtung. Wie der Zeuge P... bekundete, handelte es sich um ein Vereinsheim für Bewohner des Ortes L..., die das Anwesen mit dem Kahn ansteuerten.
Von daher verbleibt es bei der Einschätzung, dass es sich um einen Weg handelte, für den nicht ein allgemeiner Verkehr, sondern die vorrangige und nahezu ausschließliche Benutzung durch die Eigentümer bzw. Benutzer der sich anschließenden landwirtschaftlichen Flächen prägend war.
In Ansehung der Benutzung des Weges durch die später gebildete Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft und auch den von dem Zeugen H... dokumentierten weiteren teilweisen Ausbau des Weges durch diese Produktionsgenossenschaft ist dieser unter Beachtung der Regelungen der Verordnung über die öffentlichen Straßen-Straßenverordnung vom 22. August 1974 GBl. 1974, 515 als betrieblich-öffentliche Straße anzusehen. Nach § 3 Abs. 3 StrVO-DDR 1974 sind betrieblich-öffentliche Straßen, die überwiegend den Interessen ihrer Rechtstage oder Eigentümer und daneben der öffentlichen Nutzung dienen. Nach § 1 Abs. 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Straßenverordnung gehören zu den betrieblich-öffentlichen Straßen landwirtschaftliche Wege, die überwiegend landwirtschaftliche Nutzflächen erschließen, die landwirtschaftliche Produktion ermöglichen sowie die Zufahrt zu landwirtschaftlichen Flächen und Objekten sichern.
In Ansehung des Verständnisses der straßenrechtlichen Vorschriften der ehemaligen DDR, wonach die Einteilung der Straßen hauptsächlich aus Gründen der Verteilung der Pflichten, die mit der Instandhaltung und Unterhaltung verbunden sind, erfolgte (vgl. Bönninger/Knobloch, Das Recht der öffentlichen Straße, Leipzig 1978, Seite 8) und die Straßenverordnung 1957 eine Bestimmung der Pflichten, die mit der Instandhaltung und Unterhaltung vorrangig für bestimmte Zwecke genutzter Straßen nicht beinhaltete, allein die Verwaltung der kommunalen Straßen gemäß § 20 StrVO 1957 den Gemeinden auferlegte, ist dies ein hinreichender Beleg dazu, dass die Straßenverordnung 1974 mit den betrieblich-öffentlichen Straßen eine weitere (zusätzliche) Kategorie in das System der Straßen aufnahm, nicht hingegen einen schon vorher unter dem Begriff der öffentlichen Straße fallenden Sachverhalt lediglich konkretisieren wollte. § 3 Abs. 3 StVO 1974 bestimmte nämlich anders als unter der Geltung der StrVO 1957, dass für die betrieblich-öffentlichen Straßen der Rechtsträger oder Eigentümer für die Erhaltung und Erweiterung verantwortlich ist (vgl. § 10 STVO 1974). Die Schaffung des Begriffs der betrieblich-öffentlichen Straße verfolgte dabei den Zweck, den Begriff der öffentlichen Straße in der Straßenverkehrsordnung und der Straßenverordnung zu harmonisieren. Um diesen Zweck zu erreichen, wurde der Begriff der öffentlichen Straße um den der betrieblich-öffentlichen Straße erweitert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. November 2005 – 1 S 118.05 – Rn. 20, m.w.N., zitiert nach juris).
Die fehlende Öffentlichkeit des Weges nach straßenrechtlichen Vorschriften wird schließlich auch dadurch belegt, dass Unterlagen zu Unterhaltungsmaßnahmen seitens der Gemeinde B... nicht vorliegen und anderweitiges nicht vorgetragen wurde.
c) Der Weg hat seinen Status als (beschränkt) öffentliche Straße verloren. Nach § 48 Abs. 7 S. 1 BbgStrG gelten Straßen, die nach dem bisherigen Recht öffentlich genutzt wurden, als nach § 6 widmet. Nach S. 2 gilt dies für Straßen im Sinne des Abs. 4 (betrieblich-öffentliche Straßen) nur, wenn sie bis zum 31. Dezember 2000 in ein Straßenverzeichnis eingetragen sind. Eine derartige Eintragung liegt unstreitig nicht vor. Auch ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass ein Antrag nach § 48 Abs. 4 Buchst. a BbgStrG gestellt und noch nicht bestandskräftig beschieden wurde.
1.1.4. Soweit nach § 48 Abs. 7 S. 3 BbgStrG ein Betreten oder Befahren von landwirtschaftlichen Wegen durch Anlieger zum Zwecke der Bewirtschaftung auf eigene Gefahr bis zu einer anderen rechtlichen Regelung gestattet wurde, vermittelt dies den Anliegern lediglich ein Recht zur Benutzung, führt aber nicht dazu, dass die Eigenschaft einer öffentlichen Straße noch weiter bestünde.
1.1.5. Anhaltspunkte dafür, dass seitens der Gemeinde B... später etwa unter dem Geltungsbereich der Straßenverordnung 1974 ein förmlicher Beschluss über die Öffentlichkeit des Weges oder aber eine Entscheidung über den Anschluss des Weges an das Straßennetz getroffen wurde, sind nicht gegeben (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. August 2010 – 1 B 3.10 - zitiert nach juris). Dementsprechend wurde seitens der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass etwa im Rahmen der Baumaßnahmen auf dem Grundstück R... die Erschließung nicht etwa durch eine öffentliche Straße gesichert gewesen sei, sondern der Grundeigentümer diese noch mit etwaigen Dienstbarkeiten zu belegen hätte.

1.1.5. Es kann danach offenbleiben, ob und in welcher Weise dem Tatbestandsmerkmal, welches mittlerweile nicht mehr in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BbgBO enthalten ist, nach dem öffentliche Straßen vom Anwendungsbereich der Brandenburgischen Bauordnung unter der weiteren Voraussetzung ausgenommen waren, dass sie unter verantwortlicher Leitung einer Straßenbaubehörde hergestellt bzw. unterhalten werden (vgl. hierzu Langer, a.a.O.), vorliegend eine Bedeutung zukäme, da die Gemeinde B... hinsichtlich der Brücke jegliche Unterhaltungspflicht abgelehnt hat und weiterhin ablehnt.

2. Rechtsgrundlage der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung ist nach dem o.g. maßgeblichen Zeitpunkt, § 80 Abs. 1 Satz 2 BbgBO. Hiernach kann, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, diese Nutzung untersagt werden. Hierfür genügt grundsätzlich schon die formelle Rechtswidrigkeit der untersagten Nutzung, also das Fehlen einer Baugenehmigung. Ermessensfehlerhaft wäre eine Nutzungsuntersagung in solchen Fällen allenfalls dann, wenn die streitige Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist oder unter Bestandsschutz steht oder wenn bei atypischen Fallgestaltungen ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip vorliegt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - OVG 2 S 76.11, OVG 2 L 50.11 -, juris Rn. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Juni 2010 - OVG 2 S 15.10 -, juris Rn. 4 f).

2.1. Eine formelle Illegalität der Brücke über den Rohrkanal am Ende der W... liegt vor. Nach den seit 1990 geltenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften im Land Brandenburg war die Errichtung, die Änderung die Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig, sofern nicht aufgrund gesonderter Vorschriften das Vorhaben genehmigungsfrei war.

Vorliegend wurde nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers die von der Nutzungsuntersagung erfasste Anlage baulich dadurch geändert, dass auf die ursprüngliche Holzbrücke Betonteile aufgelegt und die Zu- und Abgänge ebenfalls baulich verfestigt wurden.

Eine Genehmigungsfreiheit bestand hierfür nicht. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um Instandsetzung- bzw. Instandhaltungsarbeiten (vgl. § 63 Abs. 4 BauO vom 20. Juli 1990 GBl. DDR I., S. 929 sowie die Regelungen in den nachfolgenden Brandenburgischen Bauordnungen, etwa § 67 Abs. 13 BbgBO vom 01. Juni 1994, GVBl. I 126, § 55 Abs. 13 BbgBO 2003, nunmehr § 61 Abs. 3 BbgBO).

Mit einer Instandhaltung sind Maßnahmen zum Schutz der baulichen Anlage vor Verfall gemeint, die den bisherigen Zustand im Wesentlichen unverändert lassen und alleine auf das Wiedererrichten zerstörter oder schadhafter Bauteile und das Beseitigen von Mängeln oder Schäden gerichtet sind. Hieran fehlt es, wenn der mit der Instandsetzung verbundene Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt und eine statische Nachberechnung des gesamten Gebäudes erforderlich macht; wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird (zu allem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2011 - OVG 10 N 98.09 - Seite 3 des Entscheidungsumdrucks m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, gehen die baulichen Maßnahmen zur Ertüchtigung der Brücke über eine bloße Instandhaltung hinaus. Nicht nur wurde durch das An- und Aufbringen massiver Betonteile erheblich die ursprüngliche Bausubstanz erweitert. Zudem ist es offensichtlich, dass die hier gewählte Konstruktion bei der auf das Walzlager mit Holzbelag (Schienenprofile als Hauptträger) massive Stahlbetonfertigteile aufgelegt wurden, eine statische Nachberechnung des gesamten Bauwerkes erforderlich ist. Dabei ist es auch nicht erforderlich, dass die Statik der gesamten baulichen Anlage tatsächlich gefährdet ist; vielmehr reicht es, wenn die Änderung ein solches Maß vermitteln, dass sich die Statik-Frage neu stellt (vgl. Urteil der Kammer vom 15. März 2017 – 3 K 1206/14 - zitiert nach juris).

Auch greifen weitere Tatbestände, die eine Genehmigungsfreiheit der hier gegebenen baulichen Veränderungen begründen könnten, nicht. Insbesondere sind etwa die Regelungen in § 63 Abs. 2 BauO, § 67 Abs. 11 Nr. 3 BbgBO 1994, § 55 Abs. 11 Nr. 3 BbgBO 2003 und nunmehr § 61 Abs. 1 Nr. 11 BbgBO nicht einschlägig.

Insoweit sind nur nichttragende oder nichtaussteifender Bauteile in baulichen Anlagen genehmigungsfrei, wobei ein Bauteil eine tragende oder aussteifenden Funktion hat, wenn es zu Erhaltung der Standsicherheit der baulichen Anlagen und ihrer Teile erforderlich ist, weil es die Last anderer Bauteile übernehmen und ableiten muss oder der Querversteifung einer baulichen Anlage dient. Dass die aufgebrachten Betonsegmente zur Erhaltung der Standsicherheit der Brücke erforderlich sind, liegt auf der Hand. Zudem handelt es sich nicht um Bauteile in baulichen Anlagen, vielmehr wurden die Bauteile auf die ursprünglich vorhandene Holzbrücke aufgelegt.

Eine Baugenehmigung für die Brücke wurde nicht vorgelegt; auch wurde nicht vorgetragen, dass die bauliche Änderung auf der Grundlage einer Baugenehmigung vorgenommen worden wäre.

2.2. Unabhängig davon, ist dem Beklagten dahingehend zu folgen, dass die in Rede stehende Nutzung der Brücke deshalb mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht, weil das Bauwerk den sich aus § 3 BbgBO ergebenden Anforderungen nicht genügt. Danach sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und Eigentum nicht gefährdet werden.

Eine das bauaufsichtliche Einschreiten des Beklagten rechtfertigende Gefahr ist vorliegend - auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung - gegeben. So hat der als sachverständiger Zeuge geladene Herr Q..., an dessen fachlicher Qualifikation keine Zweifel bestehen, ausgeführt, dass die Holzpfähle im Wasserbereich stark querschnittsgeschwächt und morsch seien; auch der Verbau teilweise morsch und innerhalb der Pfähle gebrochen sei. Ferner hätten die Balken nicht mehr die erforderliche Tragfähigkeit. Die Schienen, die auf den maroden Holzbauteilen aufliegen würden, seien ebenfalls beeinträchtigt (angerostet), wobei der Querschnitt im Auflagenbereich beginne sich aufzulösen. Die Tragfähigkeit und Verkehrssicherheit der Brücke sei nicht gegeben. Dies gelte auch deshalb, da, wenn die Unterkonstruktion wegbreche, die Brückenkonstruktion versage, da das unterhalb der Unterkonstruktion befindliche Erdreich nicht in der Lage wäre, die Brückenkonstruktion zu halten, weil die Betonteile nur geringfügig über die Unterkonstruktion hinausragten.

Ferner hat der sachverständige Zeuge auf entsprechende Frage vermerkt, ein Einsturz des Brückenbauwerkes sei durchaus möglich etwa bei einem Bremsvorgang mit den damit einhergehenden, letztlich nicht genau bestimmbaren Lasteinträgen auf das Bauwerk.

Die Einschätzung des sachverständigen Zeugen, die auch Gegenstand seines Prüfberichts 2015 H vom August 2015 ist, hat zudem die hierfür zuständige Behörde (Landesamt für Bauen und Verkehr) veranlasst, unter dem 1. September 2015 den gesamten Schiffsverkehr auf dem Rohrkanal in dem hier relevanten Abschnitt zu untersagen.

Danach war der Beklagte auch mit Blick auf die allgemeine Ermächtigungsvorschrift des § 52 Abs. 2 S. 2 BbgBO a.F. – jetzt § 58 Abs. 2 Satz 2 BbgBO - berechtigt, dem Kläger die Nutzung des Brückenbauwerks zu untersagen. Im Rahmen der genannten Vorschriften sind Anordnungen zulässig, die die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften sicherstellen, insbesondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abwehren. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ist von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt (vgl. Reimus, in Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, Kommentar, Rn. 10 zu § 58). Dabei ist die Nutzungsuntersagung als Teil eines Maßnahmepakets anzusehen, welches vorliegend darin bestand und noch besteht, den Hauptnutzern der Anlage deren Benutzung zu untersagen und die bauliche Anlage selbst vor einem Betreten Dritter durch Bauzaun oder anderweitige Absperrmaßeinrichtungen zu sichern.

Hingegen dürfte der Annahme des Beklagten, die Verfügung könne auch auf § 78 BbgBO a.F. (jetzt § 81 BbgBO) gestützt werden, nicht zu folgen sein. Die Norm regelt als Konkretisierung der Sozialbindung des Eigentums die Voraussetzungen, unter denen - unter Verdrängung und Durchbrechung des Bestandsschutzes - gleichwohl die Anpassung baulicher und sonstiger Anlagen oder Einrichtungen an veränderte ordnungsrechtliche Anforderungen bauaufsichtlich durchgesetzt werden kann. Eine Anordnung auf der Grundlage der genannten Vorschrift scheidet hingegen dann aus, wenn es nicht um die „Anpassung“ der Anlage an die jetzt (erstmalig) geltenden Vorschriften der Brandenburgischen Bauordnung geht. Eine hier maßgebliche Änderung bauordnungsrechtlicher Vorschriften dürfte deshalb zu verneinen sein, da etwa Anforderungen an die Standsicherheit bzw. hinsichtlich einer Instandhaltungspflicht zur Abwehr von Gefahren von Leib und Leben nicht erst jetzt Gegenstand baurechtlichen Bestimmungen sind, diese vielmehr von jeher zu den Grundanforderungen für die Errichtung baulicher Anlagen und deren Unterhaltung gehören.

Dies führt für sich aber nicht für zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides, da eine Falschbezeichnung hinsichtlich der von den Beklagten herangezogenen Ermächtigungsgrundlagen insoweit unschädlich ist und er die Vorschrift auch nur als weitere Grundlage für sein Handeln benannt hat.

2.3. Liegen danach die Voraussetzungen für ein Einschreiten vor, ist auch die Ermessensbetätigung des Beklagten nach dem sich aus § 114 VwGO vorgegebenen Prüfungsumfang nicht zu beanstanden. Für die Überprüfung der Ermessensentscheidung ist anerkannt, dass bereits die formelle Illegalität des Vorhabens den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt und der Bauaufsichtsbehörde insoweit ein intendiertes Ermessen eingeräumt ist (vgl. nur: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Oktober 2012 OVG 2 S 62.12 und Beschluss der Kammer vom 6. Juni 2016 – VG 3 L 163/16 - ).

Durchgreifende Ermessensfehler liegen nicht vor. Allerdings ist dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde sich nicht allein wegen der formellen Illegalität des Vorhabens zum Einschreiten entschließt, auch die materielle Illegalität eines Bauwerks bei der Frage, ob Ermessensfehler vorliegen, zu prüfen, wenn die Bauaufsichtsbehörde dies in ihre Entscheidung mit eingestellt hat (vergleiche Beschluss der Kammer vom 26. Mai 2016 – 3 L 137/16 -). Jedoch ist auch unter Beachtung des genannten Gesichtspunktes die Ermessensentscheidung des Beklagten ohne Rechtsfehler. Soweit er einen Widerspruch des in Rede stehenden Bauwerkes zu den maßgeblichen materiell-rechtlichen Vorschriften deshalb annimmt, da bei der Errichtung bzw. Instandhaltung der Brücke den sich aus § 3 BbgBO ergebenen Anforderungen nicht genügt worden sei, Leben und Gesundheit mithin gefährdet wären (vgl. § 3 BbgBO), ist dies - wie bereits oben ausgeführt - zutreffend. Die fehlende Standsicherheit und damit die Möglichkeit eines Einsturzes der baulichen Anlage sind gegeben. Dass dabei auch Leben und Gesundheit von Personen betroffen sein können, ist nicht zweifelhaft.

Ein atypischer Fall liegt nicht vor. Vielmehr hat der Beklagte als Rechtfertigung für sein Handeln sachlich richtig auf die mit der weiteren Nutzung durch den Kläger gegeben Gefahrenlage hingewiesen.

Soweit dieser darauf verweist, die Benutzung der Brücke sei für ihn erforderlich, da er landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet, die nur über die hier in Rede stehende Brücke erreichbar seien, rechtfertigt dies eine andere Ermessensbetätigung des Beklagten nicht. Unabhängig von der Frage eine Erreichbarkeit der Flächen auf andere Art und Weise - etwa für den S... typisch mit Kähnen - sind überwiegende öffentliche Interessen gegeben mit Blick einerseits auf die formelle Illegalität des Vorhabens wie auch mit der mit dem Vorhaben einhergehende Gefährdung der Person des Klägers oder aber auch Dritter. Dabei geht der Kläger fehl in seiner Annahme, eine besondere Situation könnte deshalb gegeben sein, da nur er auf sein Risiko die Brücke benutze. Dies berücksichtigt die im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten und auch noch jetzt bestehende Gesamtsituation nicht ausreichend.

Insoweit ist einzustellen, dass erkennbar Anlass des Handelns des Beklagten die Benutzung der Brücke durch Dritte war, und dass dort - auch wegen der fehlenden Verkehrssicherheit – Touristen zu Schaden gekommen sind. Eine Benutzung der Brücke durch Dritte ist auch nicht völlig ausgeschlossen angesichts dessen, dass ein Europaradweg an dem Brückenbauwerk vorbeiführt und bei einem Offenlassen der Brücke, Radtouristen die Möglichkeit der Überquerung des Fließes nutzen, um etwa die dahinter liegende Fläche zu erkunden oder zur Erholung aufzusuchen.

Von daher erschöpft sich der Zweck der gegenüber dem Kläger und Herrn R... ausgesprochen Nutzungsuntersagung nicht nur darin, die Hauptnutzer von der Benutzung der Brücke auszuschließen, sondern ist es erkennbar weiteres Anliegen des Beklagten, dass die nach Bekanntwerden der Verletzungen Dritter vorgenommene Absperrungen beibehalten und nicht durch ein ständiges Öffnen letztlich entwertet werden. Dies hat er in seinem Bescheid vom 07. September 2015 (Seite 2 der Verfügung) auch zum Ausdruck gebracht.

Vor diesem Hintergrund ist dem tragenden Grundsatz des Beklagten zu folgen, dass die Verfügung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, da die Abwehr der Gefahr für Leben und Gesundheit der Brückenbenutzer vorrangig ist und durch die Nutzungsuntersagung gesichert werden soll.

Soweit schließlich der Kläger bestreitet, es bestehe eine akute Einsturzgefahr, rechtfertigt auch dies eine andere Sicht der Dinge nicht. Zunächst konnte sich der Beklagte - wie letztlich auch das Gericht - auf die sachverständigen Äußerungen des Brückenprüfers bei seiner Entscheidung stützen. Dabei genügt es unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr, dass das äußere Erscheinungsbild der Brücke mit Blick auf die sachverständigen Erläuterungen dergestalt ist, dass die Möglichkeit eines jederzeitigen Einsturzes gegeben ist, ohne dass ein konkreter Zeitpunkt exakt bestimmt werden müsste, geschweige denn kann.

Schließlich rechtfertigt die schon angesprochene Regelung in § 47 Abs. 7 Satz 3 BbgStrG keine andere Sicht der Dinge. Insoweit wurde lediglich ein Recht zur Benutzung eines nicht mehr öffentlichen Weges auf eigene Gefahr eingeräumt. Für andere Maßnahmen insbesondere im Bereich des Baurechts oder zur Abwehr einer weitergehenden Gefahr für die öffentlichen Sicherheit und Ordnung kommt dieser Vorschrift - auch hinsichtlich des nach den anderen Vorschriften der Behörde eröffneten Ermessens – eine weitergehende Bedeutung nicht zu.

Gegen die Zwangsgeldandrohung in der Ziffer 3. der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 7. September 2015 i.H.v. 500 € im Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen in der Ziffer 1. ist nichts zu erinnern. Sie findet ihre die Rechtsgrundlage in §§ 3, 27, 28, 30 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg vom 16. Mai 2013 (GVBl. I Nr. 18) geändert durch das Gesetz vom 10. Juli 2014 (GVBl.I Nr. 32). Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 500 € ist angesichts des durch § 30 Abs. 2 VwVGBbg festgelegten Rahmens nicht zu beanstanden. Auch lagen die Voraussetzungen für eine Zwangsgeldandrohung mit Blick auf die sofort vollziehbare Verfügung des Beklagten vor. Der Aufnahme einer Frist bedurfte es nicht, da von dem Kläger ein bloßes Unterlassen gefordert wird.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.