Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 09.03.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 7 U 113/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Mai 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 01.12.2003 über das Vermögen der Se… GmbH & Co. KG (Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte, die früher unter der Firma R… GmbH auftrat, betreibt einen Baustoffhandel.
Die Schuldnerin und die Firma L… GmbH & Co. KG schlossen am 03.07.2003 einen Dach-Arbeitsgemeinschaftsvertrag zur Errichtung der Kreisstraße K … - Ortsverbindung G…-…-Z… (Bl. 12- 35 d.A.). In § 20.2 dieses Vertrages ist bestimmt: „Forderungen eines Gesellschafters aus dem Dach-A…-Vertrag sind nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der übrigen Gesellschafter abtretbar“ (Bl. 24 d.A.).
Zur Durchführung des Auftrages bezog die Schuldnerin bei der Beklagten - unter Eigentumsvorbehalt - Baumaterial im Gesamtwert von 5.948,25 €, das nicht mehr bezahlt wurde.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
festzustellen, dass der Beklagten kein Aus- oder Absonderungsrecht in Höhe von 5.948,25 € an den Forderungen des Klägers gegen die A… L… aus dem Bauvorhaben Kreisstraße 7…/P… Straße L… zusteht.
Der Kläger hat sodann den Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 4.004,09 € für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigung nicht angeschlossen.
Der Kläger hat - zuletzt - beantragt,
festzustellen, dass der Beklagten kein Ersatzaussonderungsrecht in Höhe von 1.944,16 € an den Forderungen des Klägers gegen die A… L… aus dem Bauvorhaben Kreisstraße 7…/P… Straße, L… zusteht,
sowie festzustellen, dass der Rechtsstreit in Höhe von 4.004,09 € erledigt ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger fehle das Feststellungsinteresse.
Der Kläger hat gegen das ihm am 27.05.2010 zugestellte Urteil am 22.06.2010 Berufung eingelegt und diese am 20.07.2010 begründet.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der Beklagten kein Ersatzaussonderungsrecht in Höhe von 1.944,16 € an den Forderungen des Klägers aus der A… L… aus dem Bauvorhaben Kreisstraße 7…/P… Straße L… zusteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1.
Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist die Feststellungsklage als solche zulässig.
Im Streitfall ist der Anwendungsbereich des § 179 InsO nicht eröffnet. Die Vorschrift des § 179 InsO betrifft nur die Fälle, in denen ein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat, die der Insolvenzverwalter bestritten hat.
Im Streitfall ist nicht über die Forderungsanmeldung der Beklagten als Insolvenzgläubigerin zu befinden. Vielmehr wendet sich der Kläger mit seiner negativen Feststellungsklage dagegen, dass sich die Beklagte außerdem - berühmt hat, gemäß §§ 47, 48 InsO aussonderungsberechtigt bzw. ersatzaussonderungsberechtigt zu sein. Die Anspruchsberühmung, auf die der Kläger sich bezieht (Seite 2 des Schriftsatzes vom 23.09.2009 – Bl. 174 d.A. und Seite 2 des Schriftsatzes vom 11.11.2009 - Bl. 187 d.A.), hält die Beklagte auf Seite 3 der Berufungserwiderung aufrecht (Bl. 268 d.A.).
Mit Rücksicht darauf, dass die Beklagte sich eines Ersatzaussonderungsrechts berühmt, steht dem Kläger das zur Erhebung der negativen Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ohne weiteres zu.
2.
Die Feststellungsklage ist indessen unbegründet.
Es lässt sich nicht die Feststellung treffen, der Beklagten stehe kein Ersatzaussonderungsrecht zu. Vielmehr ergibt sich aus nachfolgenden Gründen, dass der Beklagten ein Ersatzaussonderungsrecht zustehen kann, was es für sich bereits ausschließt, dem Feststellungsantrag des Klägers zu entsprechen.
Nach der Vorschrift des § 48 InsO kann der Eigentümer von Gegenständen, die der spätere Insolvenzschuldner vor Insolvenzeröffnung unberechtigt - also ohne Einwilligung - veräußert hat, die Abtretung des Rechts auf die noch ausstehende Gegenleistung verlangen. In diesem Fall tritt der Anspruch auf Gegenleistung aus der Masse an die Stelle des veräußerten Gegenstandes (BGH NJW 1988, 1210, 1213).
Die Beklagte hat gemäß Ziffer 8. ihrer Allgemeinen Verkauf- und Lieferbedingungen die hier interessierenden Baumaterialien der Schuldnerin unter verlängertem Eigentumsvorbehalt veräußert. Die AGB der Beklagten waren Gegenstand der jeweiligen Auftragsbestätigungen und Rechnungen, die sich auf die Lieferungen an die Schuldnerin beziehen. Dies hat die Beklagte auf Seiten 7 – 9 des Schriftsatzes vom 02.06.2009 (Bl. 87 – 89 d.A.) hinreichend vorgetragen.
Mit der Verarbeitung des von der Beklagten an die Schuldnerin gelieferten Baumaterials ist der - einfache - Eigentumsvorbehalt der Beklagten, der ihr einen Anspruch auf Aussonderung gewährt, erloschen. Die Verarbeitung des gelieferten Baumaterials durch die Schuldnerin hat zu einer Veräußerung im Sinne des § 48 InsO geführt; eine Veräußerung ist nämlich auch dann gegeben, wenn ein Bauhandwerker unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Baustoffe als wesentliche Bestandteile eines fremden Grundstücks einbaut (BGH NJW 1988, 1210,1213).
Die „Weiterveräußerung“, nämlich der Einbau der Baustoffe durch die Schuldnerin, war allerdings unberechtigt (§ 48 InsO), weil die Schuldnerin wegen der im A…-Vertrag vereinbarten Einschränkung der Abtretbarkeit der Beklagten nicht die Forderungen aus der Veräußerung (Einbau) der von dieser gelieferten Waren verschaffen konnte.
Die Ermächtigung des Vorbehaltsverkäufers an den Vorbehaltskäufer zur Weiterveräußerung (Einbau) ist im Sinne einer Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) nur für solche Fälle als erteilt anzusehen, bei denen der Vorbehaltsverkäufer die mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt ausbedungene Sicherung auch tatsächlich erhält (BGH NJW 1988, 1210, 1213).
Die Schuldnerin hätte ohne weiteres die Folgen der in § 20.2 des A…-Vertrages vereinbarten Einschränkung der Abtretbarkeit abwenden und damit dem berechtigten Interesse der Beklagten an einer Sicherung Rechnung tragen können, indem sie, die Schuldnerin, sich zuvor die schriftliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter hätte erteilen lassen (§ 20.2 A…-Vertrag). Die vorherige schriftliche Zustimmung hätte auch erteilt werden müssen; jedenfalls hätte die Schuldnerin als Gesellschafterin der A… hierauf drängen müssen: es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, dass der Schuldnerin die Zustimmung durch die übrigen Gesellschafter hätte versagt werden dürfen, weil zum einen Bauvorhaben im Rahmen einer A… ohne Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt nicht durchführbar sind und weil zum anderen infolge des – unter Eigentumsvorbehalts - gelieferten Baumaterials ein entsprechender Gegenwert den Gesellschaftern der A… zugute kommt, so dass für diese Fälle kein vernünftiger Grund für eine Einschränkung der Abtretbarkeit ersichtlich ist.
Nach alledem war die Schuldnerin zur Weiterveräußerung der Baustoffe (Einbau) nicht ermächtigt, weil sie die von der Beklagten ausbedungene Vorausabtretung der Werklohnforderung wegen der im A…-Vertrag vereinbarten Einschränkung der Abtretbarkeit letzthin ohne sachgerechten Grund scheitern ließ, obwohl sie die Möglichkeit hatte, durch Einholung der Zustimmung der übrigen Gesellschafter dem verlängerten Eigentumsvorbehalt zum Erfolg zu verhelfen; nach allem kann der Beklagten daher ein Ersatzaussonderungsrecht zustehen (BGH NJW 1988, 1210, 1213).
3.
Der Hinweis des Klägers auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 18.02.2011 (Bl. 292 d.A.) zu der bereits zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 07.03.2006 – 17 U 73/05 (Kopie Bl. 51 – 54 d.A.) führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass in der genannten Entscheidung die klagende Partei (nur) aus abgetretenem Recht vorgegangen ist. Der Streitfall wirft demgegenüber - eben anders - die Frage auf, ob der Vorbehaltskäufer die mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt ausbedungene Sicherung - ungeachtet der Einschränkung der Abtretbarkeit - auch tatsächlich erhält.
Es besteht deshalb kein Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert im Berufungsrechtszug: 1.994,16 €.